Die Simpsons – Der Film

 
  • Deutscher Titel: Die Simpsons - Der Film
  • Original-Titel: The Simpsons Movie
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  • Regie: David Silverman
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Drehbuch: James L. Brooks, Matt Groening, Al Jean u.a.

    Darsteller: Dan Castellaneta/Norbert Gastell (Homer Simpson), Julie Kavner/Anke Engelke (Marge Simpson), Nancy Cartwright/Sandra Schwittau (Bart Simpson), Yeardley Smith/Sabine Bohlmann (Lisa Simpson), Dan Castellaneta/Michael Rüth (Abe Simpson), Harry Shearer/Ulrich Frank (Ned Flanders), Albert Brooks/Axel Lutter (Russ Cargill) u.a.


Vorwort

Die Einwohner von Springfield schütten seit Menschengedenken sämtliche Abfälle in ihren See, der inzwischen nur noch eine stinkende Brühe ist. Durch Lisas unermüdlichen Einsatz wird aber endlich ein Gesetz dagegen erlassen und jede weitere Verschmutzung unter Strafe gestellt. Homer legt sich inzwischen, nachdem er Bart bei einem Mutprobenwettbewerb heftig gedemütigt hat, ein Schwein zu. Er ist völlig vernarrt in das Borstenvieh, während sein Sohn sich vernachlässigt fühlt und sich mit Ned Flanders anfreundet.

Marge beschäftigt eine düstere Vision, die Grossvater Simpson während eines Gottesdienstes hatte und sich schlussendlich tatsächlich zu erfüllen scheint: Um Zeit zu sparen und rechtzeitig zu einem Donut-Ausverkauf zu kommen, beseitigt Homer ein Silo voll mit Schweinefäkalien im Lake Springfield. Dadurch wird das Wasser endgültig hochtoxisch und mutiert unter anderem ein harmloses Eichhörnchen zu einem vieläugigen Monster.

Russ Cargill, Leiter der amerikanischen Umweltschutzbehörde, überredet Präsident Arnold Schwarzenegger daraufhin zu folgendem Notfallplan: Ganz Springfield wird unter einer gigantischen Käseglocke aus Panzerglas eingeschlossen um die Ausbreitung der Verschmutzung zu verhindern. Die Bürger finden heraus, wer hinter der Misere steckt und wollen den Simpsons an den Kragen, die schaffen es jedoch, aus der Stadt und nach Alaska zu flüchten. Doch dann stellt sich heraus, dass Cargill wahrlich teuflische Pläne verfolgt und nur unsere gelbe Familie ihn aufhalten kann…


Inhalt

Ich muss zugeben, „Die Simpsons“ in den letzten Jahren nicht mehr gross verfolgt zu haben, nachdem sich die Serie von ihrem Sitcom-Charakter verabschiedete und sich eher dem cartoonesken Klamauk ergab, während die Charaktere zu Stereotypen mutierten (am schlimmsten bei Homer, der sich vom liebenswerten Trottel zum Vollzeitdeppen wandelte). Trotzdem liess ich es mir nicht nehmen, mir den Film ins Kino ansehen zu gehen, warte ich doch schon lange darauf, dass die Simpsons endlich die grosse Leinwand erobern. (Die Gerüchte gingen ja schon seit Jahren um.)

Und was soll ich sagen: Der Streifen haut rein. Die Gagfrequenz ist verdammt hoch (ganz so, wie es man von der Serie gewohnt ist), die Trefferquote liegt beinahe bei hundert Prozent (Gags wie der mit den Monstermöpsen zündeten zumindest bei mir nicht, aber das sind einige wenige Ausnahmen) und die echten Brüller sind Legion. Furios! Trotz seiner tiefen Altersfreigabe kann der Simpsons-Film ziemlich böse werden, wenn gleich zu Anfang Scratchy wieder einmal grausamst von Itchy hingemetzelt wird, wie hier überhaupt nicht vor graphischer Gewalt zurückgeschreckt wird und man dem Publikum gar, Schockschwerenot, den Anblick menschlicher Genitalien zumutet. Oh, und während dem gesamten Abspann sitzen zu bleiben lohnt sich hier definitiv. Dass der eher zum Slapstick tendierende Streifen nicht immer an den subtilen Witz der besten Episoden heranreicht, ist da leicht zu verschmerzen.

Anspielungen auf Filme von „Titanic“ über „Spider-Man“ bis „Bambi“ und andere popkulturelle Phänomene (wunderbar die Szene, in der Homer „Grand Theft Walrus“ spielt und dabei auch gleich den Pinguin-Tanzfilm „Happy Feet“ wortwörtlich aufs Korn nimmt) sind ebenso zu finden wie Seitenhiebe auf Politik und Umweltverhalten der Amerikaner, wobei letztere teils vielleicht etwas plump geworden sind (wenn beispielsweise der Präsident als eine leicht beeinflussbaren Marionette dargestellt wird oder Cargill nebenher erwähnt, dass die Käseglocke von seiner Firma gebaut wurde, ist das nicht unbedingt der Gipfel der Originalität), aber glücklicherweise bald völlig in den Hintergrund treten. (Alles in allem haben Trey Parker und Matt Stone solcherlei inzwischen besser drauf.)

Was den Film auch ein bisschen bremst, ist der dramatische Moment vor dem Showdown (jede Komödie braucht so einen), in dem wieder einmal Familienwerte verhandelt und bestätigt werden (so dysfunktional die Simpson-Familie auch sein mag, schlussendlich rauft sie sich immer wieder zusammen) und Homer auf einen Selbstfindungstrip geht. Hat andererseits aber auch den Vorteil, dass die Charaktere an der Stelle eine Tiefe erreichen, die ihnen in der Serie in letzter Zeit etwas abgeht, also will ich mich nicht allzu sehr beschweren.

Die Story ist abgefahren und ausgearbeitet genug, um sie nicht zu einem notwendigen Übel neben den Gags verkommen zu lassen. Gleichwohl gibt es ein paar Logikfehler und auch wenn man da bei einem Werk, das auf „Comic-Realität“ aufbaut, nicht unbedingt den Über-Beckmesser raushängen lassen sollte, fällt es einem schon auf, wenn die Simpsons auf dem Jahrmarkt ihr letztes Geld ausgeben, sich aber wenig später in einer Tankstelle mit Proviant eindecken können, oder wenn in ganz Springfield kein Schwein auf die Idee kommt, einen Tunnel unter der Käseglocke hindurch zu graben! (Der Fluchtweg der Simpson-Familie zeigt ja, dass es funktionieren würde.)

In Sachen Animation beweist der Streifen, dass zweidimensionale Trickfilme, trotz dem starken Trend hin zu dreidimensionalen Abenteuern à la „Shreck“ und „Nemo“, immer noch voll überzeugen können. (Wobei der Computer sichtlich bei der einen oder anderen Szene unterstützend eingesetzt wurde.) Wenn die Käseglocke über Springfield gestülpt wird, die Bürger sich zu einem riesigen, wütenden Mob formieren oder die Simpsons im schönen Alaska eintreffen, ist für Eye Candy gesorgt, und auch im kleineren Rahmen, was beispielsweise Gestik und Mimik der Figuren angeht, wird eine Qualität erreicht, die in der wesentlich kostengünstigeren Fernsehserie kaum möglich ist. (Überhaupt ist es eindrücklich, die TV-Figuren mal im epischen Kinoformat zu sehen.)

Die deutschen Sprecher machen ihre Sache tadellos und hauchen den Charakteren das nötige Leben ein (nach zwanzig Jahren Beschäftigung mit diesen aber auch kein Wunder), mal abgesehen von der für die verstorbene Elisabeth Volkmann eingesprungene Anke Engelke, die etwas zu monoton und ausdruckslos rüberkommt. Das wird dann am augen…, äh, ohrenfälligsten, wenn Marge auf der Leinwand Homer anschreit, Engelke aber kaum die Stimme hebt. Der Score von Hans Zimmer („Rain Man”, „Gladiator”, „Pirates of the Caribbean: Dead Man’s Chest“) ist aber wunderbar gelungen und spielt natürlich mehrmals in varriierenden Einsätzen das berühmte Simpsons-Thema von Danny Elfman an. Eine Version desselben wird hier auch von Green Day dargeboten, die zudem einen kurzen Auftritt im Film haben. (An bemerkenswerten Gastauftritten wurde hier ansonsten aber leider gespart.)

Fazit: Wenn auch nicht völlig perfekt und nicht ganz an die Höhepunkte der Serie heranreichend (zumindest, was den Witz betrifft, animationstechnisch waren die Gelben nie besser), so ist „The Simpsons Movie“ doch eine herausragender Zeichentrickfilm geworden, der zum Beispiel den nahe liegenden Vergleich mit „South Park: Bigger, Longer and Uncut“ nicht zu scheuen braucht und zumindest in meinen Augen auch einen „Shrek“ in die Schranken verweist (erst recht den im Vergleich lauen Furz „Shrek the Third“, der ja auch grad in den Lichtspielhäusern läuft). Maggie fragt im Abspann unschuldig nach einer Fortsetzung (und da die Einspielergebnisse die Erwartungen übertrafen, steht die Chance gut), die Antwort kann nur lauten: Ja! Acht von zehn extrafetten Krustyburgern.

(c) 2008 Gregor Schenker (manhunter)


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