Die Reise zum Planet des Grauens

 
  • Deutscher Titel: Die Reise zum Planet des Grauens
  • Original-Titel: Mysterious Planet
  • Alternative Titel: Star Odyssey |
  • Regie: Brett Piper
  • Land: USA
  • Jahr: 1982
  • Darsteller:

    Paula Taupier, Boyyd Piper, Michael Quigley, Bruce E. Nadeau jr., Marilyn Mullen


Vorwort

Seit einem halben Jahrhundert tobt in der Galaxis ein Krieg zwischen eher unspezifizierten Kontrahenten – Gefangene werden selten gemacht und falls doch, auf einem fluchtsicheren Planeten verklappt. Es ziemt sich also, so man die geliebte Heimatscholle wieder sehen mag, während des Transports stiften zu gehen. Einer Gruppe Kriegsgefangener, bestehend aus Captain Crane, dem hitzköpfigen Jungspund Marcus, dem Telepathen Ray, dem Alien Hank und der Ingenieurin Arnes, gelingt das Kunststück (auch wenn sich der Film nicht ganz darüber einig ist, ob es ein Asteroidensturm ist, der genügend Verwirrung stiftet – das behaupten die Dialoge -, oder doch vielleicht ein Sabotageakt/Unfall, wofür die Bilder sprechen würden), aber ihre geklaute Raummöhre bruchlandet ein paar schäbige Warpeffekte weiter auf einem abgelegenen und offenkundig unbewohnten Planeten. Guter Rat ist nicht im Sonderangebot erhältlich – was also tun? Temperamentsbolzen Marcus möchte von dem öden Brocken möglichst schnell wieder weg, was schwierig ist, da das eigene Raumschiff multi kaputti auf dem Meeresboden parkt; Crane, Hank und Ray könnten sich nach jahrelangem Soldatendasein durchaus damit anfreunden, den Rest ihres irdischen Lebens in Ruhe und Frieden zu verbringen, und Arnes… na, die ist Frau und hat eh keine eigene Meinung zu haben.
Der Planet erweist sich als nicht völlig unbewohnt – eine riesige zweiköpfige Monsterschnecke, die couragiert versucht, Marcus zu vernaschen, ist nur eines der zahlreichen Untiere (neben Riesenschlangen, Flugsaurieren und gemütlichen nilpferdartigen Viechern), die unseren Helden das Leben schwer machen.

Nichtsdestotrotz richtet sich die Rasselbande in einer Höhle (subtilerweise hat das dazugehörige Bergmassiv das Aussehen eines Totenschädels) häuslich ein und entdeckt wenig später sogar weiteres menschliches Leben – ein stummes Dschungelmädchen, an dem Crane durchaus Gefallen findet. Es stellt sich heraus, dass die Jane, zu der Crane gern den Tarzan geben möchte, vor Jahren selbst abgestürzt ist – aus den Resten ihres Raumschiffs bastelt Arnes eine Laserkanone und ein Funkgerät. Ersteres ist wegen letzterem auch dringend nötig, denn die Funksignale der Schiffbrüchigen rufen die Jagdraumschiffe von Warlo, einem ehemaligen Diktator und Schreckensherrscher, auf den Plan. Der hat den langweiligen Planeten nämlich zu seinem Hideout erkoren und legt erheblichen Wert darauf, dass dieser Umstand geheim bleibt. Es gelingt den Helden, zwei Raumer abzuschießen und aus den Wracks ein funktionsfähiges Schiff zu löten. Eile ist geboten, denn ein Asteroidensturm nähert sich bedrohlich dem Planeten…


Inhalt

Weia, worüber sind wir denn da wieder gestolpert? Da hatte ich mir doch ahnungslos die zweite Jules-Verne-Box von MiG gekauft (ohne große Erwartungen, denn das der olle Franzmann Bücher mit dem Titel „Reise zum Planet des Grauens“ oder „Reise zum Zentrum der Zeit“ geschrieben hätte, wäre mir dann doch neu), weil die erste Box doch immerhin nicht unbedingt gute, aber irgendwie charmante altmodische Heuler geliefert hatte. Und nu wird man auf einmal mit einem Streifen von Nixkönner-extraordinaire Brett Piper (dem die Welt das Trashfest „Galaxy Destroyer“, das ich unbedingt mal wieder sehen muss, und den Troma-„Klassiker“ „A Nymphoid Barbarian in Dinosaur Hell“ verdankt) behelligt, noch dazu einem, den ich, wie ich schmerzgepeinigt nach einigen Minuten realisierte, unter dem hochtrabenden Titel „Star Odyssey“ schon seit Jahren im Regal stehen habe… Naja – die zwei anderen Filme der Box dürften für mich doch noch Neuland darstellen. Schon Meat Loaf kreischte „two out of three ain’t bad“.

„Basieren“ tut die ganze Chose „sehr frei“ (wie sogar der Vorspann zugibt) auf Vernes „Die geheimnisvolle Insel“, dessen werkgetreue TV-Adaption mit Omar Sharif wir vor einiger Zeit ja schon mal besprachen. Was in Pipers Resterampe-Version von der klassischen Geschichte übrig blieb, ist nicht viel – streng genommen nur das Motiv „Kriegsgefangene landen auf der Flucht auf abgelegenem Eiland/Planeten und erleben Zeuch“. Figurenkonstellation, Charakterisierungen, Storyaufbau, das alles hat mit Verne herzlich wenig zu tun (ich kenn den ein oder anderen Leser, der das schon mal grundsätzlich als Qualitätsindiz hernehmen würde). Prinzipiell ist das als set-up für eine schlichte Abenteuergeschichte natürlich einigermaßen tauglich, zumal Piper sogar daran denkt, gewisses Konfliktpotential innerhalb seiner Protagonistengruppe aufzubauen (im Klartext natürlich das Rangeln von Marcus und Crane um die Alphamännchenposition – letztlich ordnet sich Marcus zwar stets unter, lässt aber selten Zweifel aufkommen, dass er im Falle eines Falles so ziemlich alles anders machen würde) und mit dem ausschließlich auf telepathischem Wege kommunizierenden Ray und dem von Haus aus eher gemütlichen, aber provozierbaren Alien Hank hat er auch an zwei potentiell interessante Nebenfiguren gedacht; letztlich kommt bei der ganzen Chose, so rein vom Spannungsgehalt der Story aus gesehen, nicht viel rum.

Ähnlich wie in Vernes Romanvorlage (ohne dass ich die schreiberischen Qualitäten Pipers mit denen Vernes, so angestrengt man über letztere auch debattieren kann, auch nur annähernd vergleichen will) ist Pipers hauptsächliches Problem, dass er keine wirkliche, durchgängige Story erzählt, sondern die Geschichte in mehr oder weniger (mehr weniger) aufregende Episoden zerfällt. Nach einem hysterisch unübersichtlichen Auftakt mit mucho Weltraumeffekten (zu deren Güte ich mich noch auslassen werde) beschränkt sich die Dramaturgie darauf, recht trübsinniges Gelabere der Protagonisten (meist ausgelöst durch einen cholerischen Anfall Marcus‘) mit vermeintlichen FX-set-pieces abzuwechseln, ohne dass eine echte Geschichte im Wortsinne sich entfalten könnte. Das ist oft genug herzlich doof und albern – so darf Marcus im Maul der zweiköpfigen Riesenschnecke zappeln, ohne dass seine Kleidung dabei Schaden nimmt, rangelt Arnes an einem Seil hängend mit einem Flugsaurier oder heilt das namenlose Dschungelmädchen in einem der rätselhafteren Mini-Plötchen der Chose die in Folge ebenjenes Saurierkampfs verletzte Ingenieurin durch ein wenig magischen Handauflege-Mumbojumbo, für den sich Brett Piper nicht mal eine schlechte Ausrede als Pseudoerklärung einfallen lässt (genausowenig dafür, warum Arnes‘ Genossen vor dieser kleinen Doktorspielstunde auf übersinnliche Weise ohnmächtig werden). Da und dort scheint Piper tatsächlich Anläufe zu unternehmen, seine Charaktere entwickeln zu wollen, vergisst das aber zwei Schnitte weiter wieder (nach der Heilung ist Arnes seltsam abweisend und schroff gegenüber Crane, aber die Phase dauert, wie gesagt, so ziemlich genau eine Szene und ist dann wieder vergessen).

Für den Schlussakt wird dann wieder „Äktsch’n“ ausgepackt, wenn Warlos Raumjäger die kleine Bergfestung unserer Helden attackieren und die sich mit ihrer mundgehäkelten Laserkanone wehren. Ich will an der Stelle nur kurz auf den wohl blödesten Plotpoint der SF-Geschichte eingehen, den Piper hier leichtfüßig einbaut. Warlo hockt also – vermutlich auch nur in Form einer Holo-Projektion o.ä., auch hier sind Erklärungen des Maestros Sache eher nicht – in einer Höhle auf einem abgelegenen Planeten, auf dem sich Brontosaurier und Schleimschnecke gute Nacht sagen, hält sich ein paar gedungene Alienpiloten, die darauf warten müssen, dass irgendein Schiffbrüchiger mal ein Notsignal sendet, um ihn dann alle zu machen, ist tunlichst darauf bedacht, dass niemand erfährt, dass er hier hockt und hält sich, dutzendfach ausgesprochen, trotzdem für den „Herrscher des Universums“? Sieht da noch jemand den, äh, Denkfehler in seiner Argumentation? Dagegen ist meine Selbstproklamation zum Kaiser der Milchstraße ja regelrecht faktisch untermauert.
Egal – dass Piper kein Storyteller ist, weiß jeder, der eins seiner anderen Werke gesehen hat (ich kenne zugegebenermaßen nur „Galaxy Destroyer“ und halte den für einen Schlager ersten Ranges, aber sicherlich nicht wegen seiner raffinierten Plotte – obwohl der Käse eine geradezu grotesk-faszinierend-abstruse Schlusspointe hat), Piper-Filme glotzt man wegen der liebevoll zusammengestümperten nicht-so-speziellen-Spezialeffekte (womit einher geht, dass „Mysterious Planet“ sich trotz charmant kurzer 70 Minuten Laufzeit schon ganz schön zieht und die technischen Belange jenseits der FX-Arbeit den Charme enthusiastischer, aber insgesamt doch unfähiger Amateure versprüht – das gilt für die fragwürdige Kameraarbeit und den rumpligen Schnitt), und Herrgott nochmal, da wird einiges geboten: Die Weltraumeffekte, in denen Piper zu Beginn schwelgt und sie gerne noch mal in Flashback-Sequenzen verbrät, sind nicht nur herzhaft unübersichtlich (was wem warum und wie passiert, bleibt recht undurchschaubar), sondern auch von einer schon wieder irgendwo liebenswerten Unbeholfenheit – die Modelle sehen aus wie aus Legosteinen und Fischertechnik kombiniert und erschaffen nicht mal die Illusion der Illusion von „Echtheit“ – da weiß man, was man an der guten alten Battle Beyond the Stars-Stock-Footage in den Gazillionen Corman-SF-Epen (die aber, selbst wenn sie chronisch unterfinanziert waren, ein vermutlich um Zehnerpotenzen höheres Budget hatten als Pipers launiges „Independent“-Produkt) – wenn selbst Wizard of Mars von David Hewitt überzeugendere Space-FX bieten kann, sollte man sich das mit der Weltraum-SF-Filmerei wohl doch nochmal überlegen (zumal der ganze Space-Part ja für die eigentliche „Geschichte“ nichts zur Sache tut – als kostenbewusster Halbamateur hätte man die Vorgeschichte bequem per Textcrawl oder voiceover erzählen können und sich im Kontext billiger SF-Abenteuerfilme sicher nicht dafür schämen müssen).
Aber der wirkliche, äh, Spaß liegt in den Creature FX. Piper ist ein Freund der Stop Motion – da rennt er bei mir durchaus offene Türen ein, aber seine Knetgummimonster – die in keiner Sekunde anders aussehen als Knetgummimonster -, die in Nahaufnahmen von notdürftig zusammengeklebten Pappmaché-Dummys gedoublet werden, regen in erster Linie die Lachmuskeln an – der Pterodactylus geht für die spärlichen Peseten, die in seine Entwicklung verbraten wurden, noch in Ordnung, das „Hippo“ und die Schnecke… naja, wenn ich Euch sage, dass Fred Olen Rays Saurier-Effekte in Insel der Dinosaurier dagegen wie „Jurassic Park“ aussehen, wisst Ihr, denke ich, so ungefähr Bescheid. Für einen kommerziell vermarkteten Film Baujahr 1982 ist das selbst für Independent-No-Budget-Filmer-Verhältnisse objektiv gesehen untragbar, unter Trash-Gesichtspunkten allerdings schon ein ziemlicher Brüller (wenngleich auch hier festzustellen bleibt, dass nach dem Pterodactyl-Kampf auch effekttechnisch nicht mehr sonderlich viel geboten wird). Recht erheiternd ist auch die äußerst schlichte Alien-Maske für Hank und die nicht minder primitiven Masken für die diversen anderen außerirdischen Gestalten. Die Matte Paintings verdienen sich immerhin ein kleines Fleißkärtchen für Bemühen. Ich find’s allerdings insgesamt schon sehr lustig, dass Brett Piper, wenn er nicht gerade selbst filmt, für andere Indie-Filmer als FX-Mann tätig ist (u.a. für den ehemaligen „erotic death video“-Filmer William Hellfire). Drängt sich schon irgendwie auf…

Recht enervierend ist der düdelfrüpende „Elektronik“-Score, für den ein schlappes halbes Dutzend Komponisten nötig war. Die schiere Anzahl von ausführenden Musikologen ist ungefähr genauso rätselhaft wie die FSK-16-Freigabe in einem Film, der sprichwörtlich nix an auch nur halbwegs graphischer Gewalt und/oder nackten Tatsachen zu bieten hat (das Dschungelgirl-Outfit ist ein handesüblicher Bikini, mehr gibt’s nicht zu sehen).

Darstellerisch ist das Bohren dünner Bretter natürlich erste Bürgerpflicht – immerhin ist der Hobel, was anzumerken ist, da den DVD-Veröffentlichungen kein Originalton beiliegt, die ziemlich professionelle deutsche Sprachfassung; nicht unbedingt lippensynchron, aber mit vernünftigen Sprechern, die ihr Handwerk einigermaßen verstehen, besetzt. Da mir keine Quelle zugänglich ist, die Rollen und Schauspieler einander zuordnet, agiere ich in Sachen Schauspielerschelte im Blindflug. Der Marcus-Darsteller würde sich mit seiner Fönmähne sicherlich in Gesellschaft von Poison oder Stryper wohler fühlen als auf einem fremden Planeten mit ungewaschenen Kollegen, ist aber zumindest recht lebhaft, was mehr ist, als man vom Crane-Darsteller sagen kann, der dafür, dass er nominell so etwas wie der „leading man“ ist, wenig zu tun hat und das auch mit entsprechender Motivation erledigt.
Der Ray-Darsteller schlägt sich unter der Maßgabe, dass er seine Texte drehbuchgemäß nur „denkt“ und daher auf Mienenspiel o.ä.. gleich mit verzichtet, noch einigermaßen erträglich, die Arnes-Darstellerin versucht sich an einer tough-girl-Performance, die für Handelsklasse D-minus ganz manierlich ausgefallen ist.
Was der Hank-Darsteller unter seiner Maske treibt, bleibt sein Geheimnis, und das Dschungelgirl muss eigentlich nur im Fellbikini ganz schnucklig aussehen und tut dies zu allgemeiner, sprich meiner, Zufriedenheit.

Bildqualität: Der Print, den MiG hier ausgegraben hat, ist unter aller Kanone – ich stehe dem Laden schon aufgrund seiner Veröffentlichungspolitik (wer Space Mutiny, Jäger der verschollenen Galaxie und ähnlichen Krams rausbringt, ist offiziell in meinem Buch cooler Leute) mit unverhohlener Sympathie gegenüber, aber das Ding ist ’ne Frechheit – Vollbild ist natürlich das intendierte Format, da gibt’s nix zu meckern, aber alles andere ist schlichtweg bodenlos – unscharf, verschmutzt, mit Nachzieheffekten, die die Milch im Tiefkühlfach sauer werden lassen. Das würde ich bei Best Entertainment nicht durchgehen lassen (müsste glatt mal mit meiner Best-„Star Odyssey“-DVD vergleichen, ob der Print schöner aussieht), aber bei MiG stelle ich andere Ansprüche, auch wenn’s eine Budgetveröffentlichung ist.

Tonqualität: Der ausschließlich deutsche 2.0-Mono-Ton ist einigermaßen brauchbar, der Musikmix ist ziemlich fürchterlich (aber das ist die Musik auch, so no harm done there), die Sprachqualität verdient sich aber ein knappes „geht so“.

Extras: Keine. Dafür gibt’s auf der gleichen Disc noch „Reise ins Zentrum der Zeit“, einen Heuler des oben erwähnten David Hewitt und auf der zweiten Scheibe, damit auch ein bisschen Qualität in der Verne-Box II zu finden ist, der tschechische Semiklassiker „Die Stadt aus Stahl“.

Fazit: Auf nüchternen Magen ist „Mysterious Planet“ ein ziemlich, eh, schlaffes Filmerlebnis – siebzig Minuten geballter Inkompetenz auf allen Ebenen, leider auch ziemlich transusig inszeniert; ich hab in der Tat etliche reinrassige Amateurfilme gesehen (und auch hier besprochen), die professioneller gewerkelt sind und mehr Drive entwickeln. Weil Piper den ganzen Sums halt ziemlich fad und tempolos runterleiert, ist der Streifen noch nicht mal ein idealer Trashpartyfilm – klar, man kann sich über die primitiven Tricks schon beömmeln, aber selbst die nur mit Wohlwollen abendfüllend zu nennenden 70 Minuten Laufzeit füllt das halt nur bedingt; eher ein Film für fortgeschrittene Trashkucker als Einsteiger und diejenigen, die mit einem schlechten Film einfach nur Spaß haben wollen. Objektiv ist das Ding absolut wertlos und erheblich unlustiger als „Galaxy Destroyer“, ganz zur Tiefstwertung kann ich mich aber nicht durchringen – dazu sind die Knetfiguren irgendwie zu drollig (und wer weiß, mit drei Promille fänd ich den Hobel womöglich zum Totlachen)…

2/5
(c) 2011 Dr. Acula


mm
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