Die Musketiere

 
  • Deutscher Titel: Die Musketiere
  • Original-Titel: The Musketeers
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  • Regie: Andy Hay, Nicholas Renton, Farren Blackburn, Richard Clark, Toby Haynes, Saul Metzstein, Edward Bennett, Marc Jobst, John Strickland, Roger Goldby, Udayan Prasad, Susan Tully
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 2014-2016
  • Darsteller:

    Luke Pasqualino (D’Artagnan), Tom Burke (Athos), Santiago Cabrera (Aramis), Howard Charles (Porthos), Hugo Speer (Treville), Ryan Gage (King Louis), Alexandra Dowling (Queen Anne), Tamla Kari (Constance), Maimie McCoy (Milady), Matthew McNulty (Lucien Grimaud), Peter Capaldi (Cardinal Richelieu), Marc Warren (Rochefort), Thalissa Teixeira (Sylvie), Matt Stokoe (Captain Marcheaux), Charlotte Salt (Marguerite), Bohdan Poraj (Bonacieux), Robby Fisher (The Dauphin), Rupert Everett (Marquis de Feron), Tom Morley (Cadet Brujon), Chelsea Grant (Arabella), Andre Flynn (Gaston) ect.


Vorwort

Abt.: a true classic never goes out of style.

Die Musketiere also. Nicht nur, dass diese Thematik in gefühlt Millionen von Filmen und Serials verwurstet wurde, so fühlte man sich bei BBC auch noch dazu berufen, eine „modernisierte“ Serie daraus zu stricken. Nun, im Zeitalter der „Was, den Film gibt es jetzt auch als Serie?“-Ausrufe mutet das nicht ungewöhnlich an. Und gerade klassische Geschichten sind ja irgendwie zeitlos und eignen sich durchaus für wöchentlichen Serienstoff bzw. für Binge-Watching-Sessions. Ich habe „The Musketeers“ (Originaltitel, wer hätte das gedacht) durch Zufall auf Netflix erspäht und dachte mir, versuchen wir das mal, diese Serie ist wohl an mir vorbei gegangen.


Inhalt

Zwei Staffeln später bin ich irgendwie zwiegespalten, aber wurde dennoch ganz nett unterhalten. In der Tat ist es erstmal merkwürdig, dass diese Serie so wenig beworben wurde; im Falle von Ausstattung und Aufwand ist sie, wie von BBC gewohnt, eine echte Pracht und wenn auch sicher nicht immer historisch akkurat, so ist sie doch im ganzen Kontext authentisch, auch die Kostüme, es ist ein stimmiges Ganzes.

Die drehbuchtechnische Herangehensweise: auf Nummer Sicher. Lieber ein Klischee zuviel als zu wenig. Das kann durchaus funktionieren, schließlich hat man gewisse Erwartungshaltungen.
Die Darsteller machen weitestgehend eine gute Figur, die Musketiere selber sind schön bunt besetzt und die Rollen werden allgemein gut ausgefüllt. Insbesondere Peter Capaldi, seines Zeichens „Dr. Who“-Replacement, bringt ordentlich Klasse als Quasi-Villian in der Figur des Kardinals mit hinein. Auch Ryan Gage als König Louis ist mit seiner „irgendwie leicht neben der Spur“-Performance jedes Mal ein echter Crowd-Pleasure. Und selbst Luke Pasqualino, der die undankbare Rolle des soften Frauenhelden D’Artagnan spielt, verleiht seinem Charakter Glaubwürdigkeit und Charme und nicht den befürchteten Kitsch.

Warum also zwiespältig fühlen?
Die Kameraarbeit gibt sich redliche Mühe und umschifft so gut es geht die Serienherkunft. Lediglich bei den Kampfszenen wird man daran erinnert, es hier mit dem TV-Medium zu tun zu haben, denn spektakulär sieht anders aus; die Dynamik wird mehr schlecht als recht von der hektischen Kamera vorgegaukelt, raffinierte Kämpfe gibt es nicht. Dafür viel Geballer und Szenen mit beachtlichem Statistenaufwand. Nur das kindgerechte Rating steht den flotten Scharmützeln manchmal im Weg, denn Blut fließt selten bis gar nicht, was manchmal doch groteske Formen annimmt; die Gegner werden zu Dutzenden aufgeschlitzt, doch Kleidung und Degen bleiben stets sauber. Soviel also zur optischen Form.
Zudem: Anfangs kommt die Serie schwer in die Gänge und das bleibt auch die meiste Zeit der ersten Staffel so. Case of the week-Episoden, bei der ein roter Faden und aufeinander aufbauende Folgen weitestgehend ausbleiben, wirken nach all den Superserien in unserer heutigen Zeit irgendwie altbacken und antiquitiert. Man ist es nicht mehr gewohnt und somit ist es gerade für Binge-Watcher eher anstrengend und frustrierend. Manchmal erlahmt die Serie regelrecht, wenn sich Folgen der Hintergrundgeschichte einer der Musketiere widmen, denn diese fallen weit weniger interessant aus, als man hofft. Erst gegen Ende der Staffel kann man die Folgen in der vorgegeben Reihenfolge gucken, vorher ist es beinahe egal. Man fühlt sich zurück in die Zeit von „Xena“ und Co. versetzt – nur natürlich hochwertiger und besser. Das kann man charmant-klassisch nennen oder überholt – Geschmackssache.

Die zweite Staffel reißt das Ruder dann etwas herum und nimmt im Verlauf die Wendung zu einer durchgehende Geschichte. Das Case of the week wird fallen gelassen – und das tut der Serie plötzlich richtig gut. Zwar wird der ehemalige Gegenspieler non-chalant aus der Handlung bugsiert (die Staffel beginnt mit seiner Beerdigung – Peter Capaldi musste sich zwecks „Dr. Who“-Engagement leider verabschieden) und das ist erstmal arg holprig, schließlich wurde in der letzten Folge vorher noch Großes vom Kardinal angekündigt – aber an seine Stelle tritt ein 101%iger Bilderbuch-Bösewicht, die Musketiere müssen im Bogen der gesamten Staffle die Bedrohung und das Komplott abwenden. Es wird tatsächlich spannend und nun möchte man immer weiterschauen um zu erfahren, wie es ausgeht (auch wenn das vorherzusehen ist). Auch hier regieren Klischees und es läuft meist so ab, dass die Musketiere es nie verhindern können, dass ein schreckliches Verbrechen passiert – nur um in Folge dann jedesmal zu Meisterdetektiven und unverwundbaren Kämpfern zu werden, bei denen jeder Schuss und Streich stets perfekt sitzt und die Gegner natürlich niemals treffen. Diese Diskrepanz muss man hinnehmen und vervollständigt das Retro-Bild. Hinzu kommt, dass der Charakter der Königin ein einziges Ärgernis darstellt, da sie immer das Falsche gegen jede Vernunft tut und dann alle ganz doll entsetzt sind, wenn sie mal wieder mit ihren Schnapsideen auf die Nase fliegt. Weiterhin ist der Gegenspieler mit seinem Komplott auch ein einziges Stereotyp, bei dem man sich schon beim Casting vornahm, dass es ein Blinder erkennen muss. Im Ernst, es ist nicht zu begreifen, wie der König und auch die anderen nicht merken, was der Mann da veranstaltet; es ist, als wäre „The evil guy“ in großen Lettern auf seine Stirn tätowiert. Hatte ich das Wort Retro bereits erwähnt? Ich tue das nochmal.
Trotz dieser Dinge tut es der Spannung glücklicherweise keinen Abbruch. Man bleibt dran, man will es zu Ende schauen. Und so ist die zweite Staffel die deutlich stärkere.

Fazit: ein wie gesagt durchwachsendes Erlebnis, das ganze Unterfangen hat starke Hochs und Tiefs, die zweite Staffel weiß eher zu gefallen. Man sollte natürlich ein Faible für das Mantel-und-Degen-Genre und eine sehr klassische, familienfreundliche Serienmachart mitbringen, um „Die Musketiere“ vollständig genießen zu können. Sattsame Klischees und zu perfekte Helden geben sich die Klinke in die Hand. Keine Serie, die man sich auf seine Must-See-Liste setzten sollte, aber für nette Unterhaltung oder den kleinen Serienhunger zwischendurch nicht zu verachten. Die dritte und letzte Staffel ist gerade bei BBC angelaufen und ich bin gespannt, ob das Niveau nochmal angehoben wird.


BOMBEN-Skala: 2

BIER-Skala: 6


mm
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