Die Mächte des Wahnsinns

 
  • Deutscher Titel: Die Mächte des Wahnsinns
  • Original-Titel: In the Mouth of Madness
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  • Regie: John Carpenter
  • Land: USA
  • Jahr: 1997
  • Darsteller:

    John Trent (Sam Neill)
    Julie Carmen (Linda Styles)
    Sutter Cane (Jürgen Prochnow)
    Dr. Wrenn (David Warner)
    Jackson Harglow (Charlton Heston)
    Mr. Paul (Peter Jason)
    Saperstein (John Glover)
    Robinson (Bernie Casey)
    Mrs. Pickman (Frances Bay)
    Axtschwinger (Conrad Bergschneider)


Vorwort

Wir schreiben das Jahr 1995: Der Computer ist 2 Jahre zuvor mit einem (unsäglich dummen… ja, ich mach mich gleich vom ersten Satz an beliebt *hehe*) Film für Effekte etabliert, Verfasser dieser Zeilen steht ein knappes Jahr vor der Matura (Abitur), und Regisseur John Carpenter wusste noch, wie man Horrorfilme macht, ohne dass das Publikum in hysterische Lachkrämpfe ausbricht. Es ist die Jahr des Filmes „In The Mouth of Madness“ (auf Deutsch mit dem ansehnlichen Titel „Die Mächte des Wahnsinns“ versehen).

In diesem Film verarbeitet „Assault“ und „Escape From New York“ – Johnny (Übrigens: Bin ich eigentlich der einzige, der es witzig findet, dass Snake eine KOBRA auftätowiert hat, während der Film in der Deutschen Fassung „Die KLAPPERSCHLANGE“ heißt? Ein herrlicher Bock, den die Synchro da schießt…) den H.P. Lovecrafts Mythos [Wow, erst im zweiten Abschnitt… bin beeindruckt. – der Lektor] rund um die „Großen Alten“, und jeder, der mehr als zweieinhalb Worte mit mir über das Thema Schauerromane und/oder Horror gewechselt hat (oder meine „Maelstrom – Armee des Jenseits“ – Rezi kennt), dürfte wissen, dass meine Schwäche für den alten Azathoth-Priester und Cthulhu-Erdenker durchaus als „ausgeprägt“ bezeichnet werden darf (was nichts daran ändert, dass ich den Mann wahrscheinlich nicht gerne um mich gehabt hätte, was nicht unbedingt an seinen Horrorideen liegt… jemand, der Spiele in jeder Form verabscheut, kann eigentlich kein guter Mensch sein). Dementsprechend kritisch beäugt Euer Ösi-Gastrezensent dann auch jene Machwerke, die sich – wenn auch nicht im Vor- oder Abspann – den Namen des Meisters bedienen.

Gut, dass uns‘ Johnny Zimmermann uns schon mit „Prince of Darkness“ beglückt hat, und darin zeigt, dass er mit Lovecraft’scher Symbolik durchaus etwas anfangen kann. Bereits hier arbeitet er mit hinter der Realität lebenden Wesenheiten und Traumsymbolik im Lovecraft-Stil, und verband das mit seinem Lieblingsthema, den „Eingeschlossenen“. Dass „Prince of Darkness“ zudem alles andere als ein Actionkracher war, spricht außerdem für den Meister und sein Verständnis für Howard Phillips, den Lovecrafts Storys funktionieren eigentlich nur dann, wenn absolut nichts passiert, was als „Action“ im engeren Sinne gilt. Wollte der Meister eine geradlinige 08/15 – Horrorstory erzählen, scheiterte er kläglich. Deshalb heißen seine Markenzeichen auch „Der Ruf des Cthulhu“ oder „Schatten aus der Zeit“, genau deshalb sind „Die Farbe aus dem All“ oder „Das Ding auf der Schwelle“ die Schnarcher, die sie sind [wer hat dich eigentlich wieder aus der Zelle gelassen? Hat der Wärter wieder den Schlüssel stecken gelassen? „Die Farbe aus dem All“ und Schnarcher, ich glaub, es hackt… – der Lektor], und genau deshalb werde ich mit „Schatten über Innsmouth“ auch nicht wirklich warm (gerettet hat diese Geschichte einzig und allein das Ende, und damit meine ich nicht die Tatsache, dass sie zu Ende war).

So, genug der Vorrede, vorwärts zu dem Film, der mich seinerzeit zum Lovecraft–Fan machte, ohne dass ich mir der Tatsache, jetzt einer zu sein, bewusst war[Wrxl? – der Lektor]:

(Und noch die gleiche Vorwarnung wie seinerzeit bei „Megalodon“: Das Ding ist leider noch nicht auf DVD herausgebracht worden, daher eine Fernseh-Aufnahme (diesmal von VOX), und daher bitte Nachsicht, wenn im linken oberen Eck das VOX-Logo prangt…)


Inhalt

Unsere heutige Geschichte beginnt also mal in einer psychiatrischen Anstalt… nicht die originellste Location für einen Film dieses Themas, aber zumindest eine passende. Unser Held, Versicherungsdetektiv John Trent, dargestellt von Sam Neill, einer der ersten Garde von Hollywoods zweiter Reihe, der zuverlässig dort auftaucht, wo das Budget ziemlich übersichtlich angelegt ist oder die Technik den eigentlichen Star stellt, wird gebeten, zukünftige Nächte in dieser staatlichen Anstalt zu verbringen. Die Tatsache, dass ein Fluchtversuch mit einem Glückstreffer in den Familienjuwelen eines Wärters endet, hilft nicht zwingend, ihn vertrauenswürdiger erscheinen zu lassen, und schon hockt uns‘ Johnny in einer Gummizelle. Zur Beruhigung der Patienten klimpert liebevolle Musik durch die Zellen, die mich spontan dazu verleiten würde, mich höchstpersönlich durch die Türe durchzubeißen. John Trent jedenfalls teilt meine Ansicht und bricht mit einem gequälten „Nicht auch noch die Carpenters !!!“ zusammen. (Memo an John Carpenter: Nicht jeder Inside Gag, den nur Eingeweihte kapieren, ist auch automatisch LUSTIG !!!).

Aber Rettung naht: Offenbar hat noch jemand denselben Musikgeschmack wie John und ich [nur, weil ihr das Gleiche NICHT mögt, heißt das noch lange nicht, dass ihr das Gleiche mögt… vielleicht steht John ja auf Blasmusik? Wie? Du auch? Okay, ich sag nix mehr… – der Lektor], und sympathischerweise mit uns armen Seelen wohl auch ein Einsehen, denn die Musik fällt aus. Die Freude auf John Trents Seite währt aber nicht lange, denn die Tatsache, dass er nicht alleine in seiner Zelle ist, ist nicht hilfreich dabei, seine Freude sehr lange anhalten zu lassen. Dafür ist die Freude des Horrorfans ob Carpenters Inszenierung umso größer. Tja, Horror wirkt nun mal am besten, wenn man ihn NICHT sieht, und so ist alles, was wir zu sehen kriegen, eine Hand am Glas der Türe, Dunkelheit und ein paar Bilder, die – voll so intendiert – für uns noch keinen Sinn ergeben. Unheimliche Stimmen wirken natürlich auch immer gut, und so hören wir außerdem die Worte „Das ist noch nicht das Ende, Du hast es noch nicht gelesen !!!“. Ah ja. Kapiert? Macht nix. Ich auch noch nicht… es schreit alles nach Flashback Movie. Eigentlich ein Fall für „Oje…“

Zuvor aber muss noch der offiziell lizenzierte Gastauftritt des in den 80ern und 90ern durch alle Zweite Reihe – Produktionen geisternden David Warner absolviert werden. Der marschiert auch auf, und zwar als Irrenshaus – Spezialist, da Trent „alle üblichen Symptome“ zeigt, was wohl bedeutet, dass er „einer von denen ist“ (was in Horrorfilmen immer gut klingt). Zielsicher lässt er sich zu Trent in die Zelle bringen… und stellt fest, John Trent hat leicht „umdekoriert“ (der Kalauer ist nicht von mir, sondern von Sam Neill. Ich bin unschuldig !!!): Ein schwarzer Filzstift, und schon hat man die Wände mit unzähligen Kreuzen verschönert, weil dadurch offensichtlich crazy und somit in Sicherheit weggesperrt. So schnell kann man seine Meinung ändern. Dies verwundert auch David Warner, dem John Trent nun mal (nach einem eher unspektakulären „Sie wollen nun sicher was über meine ‚Die‘ erfahren.“ kalauert. Ich sag’s ja immer, wenn Versicherungsleute witzig sein wollen…) nach dem fachmännischen Kommentar „Da draußen verwandelt sich langsam alles in Scheiße“ zu berichten beginnt:

Oooooooooooooookay, ein Flashback-Movie. Was diese Stilmittel angeht, verfolge ich im Normalfall dieselbe Politik wie uns‘ Doc, nämlich „Ab in den Müll damit !!!“ Aber Ausnahmen bestätigen eben dann manchmal doch die Regel, und in DIESEM Fall ist der Einsatz legitim. Dabei meine ich jetzt weniger, dass die Etikette bei Lovecraft einen Flashback verlangt (nicht alles, was in Buchform hinhaut, funktioniert auch als Film und umgekehrt), sondern die weitere Handlung wird zeigen, dass der Spannungsmoment nicht der sein wird, ob John Trent überlebt oder nicht, und außerdem enthält uns John Carpenter die wichtigste Information eben noch vor. Also flashbacken wir eben.

Gut, der Flashback beginnt relativ unspektakulär, indem man uns zeigt, wie John Trent einen Versicherungsbetrüger entlarvt, dargestellt natürlich durch John Carpenter Dauernebenrolle Peter Jason. Nachdem Peter Jason (alias Mr. Paul) abgekanzelt ist (was hauptsächlich daran liegt, dass man einen Versicherungsbetrug nicht dümmer anstellen könnte), findet sich Trent mit seinem Auftraggeber in einem Straßencafe wieder (aber nicht ohne der riesigen Einblendung eines Werbeplakates „Sutter Cane: In the Mouth of Madness“).

Der nächste Fall lauert: Ein Verlag, der den Namen „Arcane“ trägt (was verdächtig nach einem falsch ausgesprochenem „Arkham“ klingt [Oder wie das englische Wort „arcane“, was grob soviel wie „mystisch“, „übernatürlich“ oder auch „magisch“ bedeuten kann… ist ein bisschen weit hergeholt, aber möglich, oder? – der Lektor] [Viel zu naheliegend… der Autor]), behauptet, Sutter Cane, Haus- und Hofschriftsteller, Haupteinnahmequelle und Megastar der Horrorliteraturszene sei verschwunden. Das riecht nach Versicherungsbetrug. Die traute Zweisamkeit wird unterbrochen durch einen offensichtlich Irren, der durch’s Fenster bricht, und ein wenig vertrauenerweckendes Werkzeug in Form einer Axt schwingt (und in Hitchcock’scher suspense wurden wir bereits vorher auf den Mann aufmerksam gemacht). Close-up auf seine Augen… nein, der Mann ist nicht vertrauenswürdig. Manchmal ist es aber eben doch gut, dass in den USA die Polizisten zuerst schießen, und dann dumme Fragen stellen, und schon ist unser Held in spe gerettet (kann ja nicht anders sein, is ja ein Flashback… okay, ich hör schon auf.)

Abendnachrichten: Große Hysterie, der neue Sutter Cane ist nicht da, und schon demoliert eine wütende Meute den Buchladen. Davon können Stephen King, J.K. Rowling und gottlob auch Tom Clancy nur träumen. Die Frage, die sich nun aufwirft: Wann wird aus Fiktion lebensgefährliche Religion? Und: Sind Canes Anhänger gefährlich? Simple Antwort John Trents: „Nur wenn sie eine Axt in der Hand haben.“

Munter und fröhlich taucht er am nächsten Tag beim Arcane-Verlag auf, und steht dort einem schwer entnervten Charlton Heston gegenüber, der alle bis auf Trent bittet, einen größeren Bereich als sein Büro aufzusuchen, und zwar den, der allgemein als „draußen“ bekannt ist. Dafür darf Linda Styles (alias Julie Carmen) reinkommen, beste Lektorin des Verlages und ihres Zeichens ausschließlich verantwortlich für Sutter Cane. Die Frau hält Cane Literatur für den Gipfel der Intellektuellität: „Sie können sogar Stephen King vergessen. Cane schlägt sie alle.“ [Womit du Stephen King nur ein bisschen unter den Gipfel der Intellektualität stellst, das ist dir aber schon klar, gell? – Der Lektor] [Ooooops… so war’s natürlich nicht gedacht… Der Autor] Würde sie diesen Satz heute loslassen, würde ich ihr angesichts des Schundes, den der King of Horror seit 1999 auf die Welt an sich und sein Fandom im speziellen loslässt (abgesehen von den letzten drei Dark Tower–Romanen natürlich), fröhlich und mit fliegenden Fahnen zustimmen. Im Sinne von 1995 aber muss ich an dieser Stelle lauthals rufen „FREVLERIN !!!“

Jedenfalls hat Arcane das große Problem, dass Sutter Cane nur ein Luftloch hinterlassen hat, und das, bevor er seinen neuen Roman raus gelassen hat. Sein Agent hat ein paar seiner Kapitel zwar lesen dürfen, hatte aber danach den eindeutigen Makel, dass er sich seines Verstandes entledigt hat. Wir ahnen es: Unser Axtschwinger war Canes Agent. Da staunt Johnny aber Ziegelsteine, schließlich sei zu erwarten, dass „ein Autor, der sich besser verkauft als Stephen King, auch besser gemanagt wird.“ Diesen Kommentar nun nimmt unsere Miss Styles sehr persönlich, und erst nach einer lieben, süßen Entschuldigung erfährt Trent den ersten Plotpoint: Canes Werke haben auf weniger gefestigte Leser „negative Auswirkungen“ wie Desorientirung, Paranoia und sogar Gedächtnisverlust. Ein Jahr vor Canes Verschwinden nun wurde seine Arbeit paranoider, er war der Meinung, seine Arbeit sei Realität. Juhuuuuu, der Film hantiert offenbar mit der „Was ist Wirklichkeit, was Fiktion?“ – Frage!!! Ich bin in meinem Element !!!

Der Verlag postuliert definitiv: Sutter Cane muss her. Oder zumindest sein Buch. Trent, seines Zeichens Versicherungsmann, wittert bösen Schwindel, denn offenbar bedeutet das Verschwinden des Verlagsgoldesels, dass die Versicherung Entschädigung zahlen muss. Und um sich mit der Materie beschäftigen zu können, muss man sich natürlich einlesen. Zuerst aber findet man ein Loch in einem „Sutter Cane: Hobb’s End Horror“ Plakat mysteriös genug, um stehen zu bleiben, und da wir ja in einer Großstadt der USA sind, muss man auch noch sehen, wie ein Polizist einen Graffiti – Sprayer vermöbelt. Danach muss noch der Auftraggeber beruhigt werden („Ist sicher alles nur in Szene gesetzt. Ich weiß nur noch nicht, wie…“), bevor man sich darüber wundern kann, dass die Buchhandlung ein einziges Schlachtfeld ist, und dass einer seiner Fans einen etwas seltsamen Eindruck macht (ist aber sicher alles in Szene gesetzt). Danach kann man aber in Ruhe lesen, um dann zuzugeben: „Einerseits der übliche Horror-Blödsinn, andererseits besser, als man erwarten könnte.“ Ich persönlich frage mich nur noch, ob es wirklich Zufall ist, dass Canes Bücher „The Feeding“, „Hobb’s End Horror“ (kennen wir schon vom Plakat) und „Haunter out of Time“ heißen. Wir lassen schließlich keine Referenz aus, die sich mittels Vorschlaghammer aufdrängt.

Nun gut, was brauchen wir in einem Film noch dringend, der von sich behauptet, sich auf H.P. Lovecraft zu berufen? Genau: Eine Traumsequenz. Wird auch prompt geliefert: Das böse löchrige Plakat hält wieder her (wieder ohne Hint, was genau jetzt eigentlich dahinter so faszinierend ist), der prügelnde Bulle hat sein Aussehen nicht unbedingt zum Vorteil verändert, und prompt stehen auch noch ein paar böse Buben rund um unseren Helden, die allesamt nicht den friedlichsten und normalsten Eindruck machen. Darunter ist natürlich auch Canes Agent inkl. Handwerkszeug. Dieser meint unheilschwanger (was man eigentlich nicht betonen müsste, weil’s in der Umgebung eigentlich gar nicht anders geht, als unheilschwanger): „Er sieht Dich. Er sieht Dich genau.“, bevor er von seinen Kumpels verhackstückt und verspeist wird. Übrigens: Im Gegensatz zum Italo-Schotter „Maelstrom – Armee des Jenseits“, der sich nicht entblödet, Lovecraft im Titel zu creditieren, hat Carpenter schon mal mindestens 27 Oscars allein in der Kategorie „Beste Adaption“ gemacht, und das, ohne HPL im Vorspann zu nennen. Ich wollt’s nur mal sagen…

Jedenfalls ist auch der schönste Alptraum einmal zu Ende. Und zwar JETZT. Und da man nach dem Erwachen ja bekanntlich die wachsamsten Sinne hat (sofern man kein Ösi ist, der dumme Reviews für *CENSORED BY THE DOC* Seiten schreibt, die haben nämlich die Angewohnheit, nach dem Erwachen eher als „Ich kenn‘ Dich zwar nicht, aber die Zähne putz‘ ich Dir trotzdem“ unterwegs zu sein), erkennt uns‘ Johnny auch gleich des großen Rätsels Lösung: Sutter Cane hat die Gestaltung der Umschläge selbst in die Hand genommen, und wenn man nun die Motive schön ausschnipselt und aneinanderpuzzelt, kommt der Staat New Hampshire raus. Ein roter Punkt ist natürlich in dieses Puzzle inbegriffen, und der deutet auf, da ist Trent sich sicher, Hobb’s End, eine in keiner Karte verzeichneten Stadt. Kein Problem, es gibt viele vergessene Städte in Amerika. Da ist es doch logisch, anzunehmen, dass sich Sutter Cane dort aufhält. Mit Erlaubnis des Verlages würde man dann auch gerne dort hinreisen. Arcane stimmt zu, allerdings unter einer Bedingung: Miss Styles reist mit. Ist abgemacht – es ist schließlich immer gut, einen Spezialisten bei sich zu haben. Mein Kompliment übrigens an John Trent für die Lösung des Rätsels. Ich hab für ein Bilderrätsel zum 30er wesentlich länger gebraucht.

Man reist also durch die weiten Weiten der Kornfelder, nur leider hat sich unser Johnny, wie könnt’s anders sein, verfahren (nein, ich mache jetzt selbst unter Androhung von Waffengewalt keine „Männer können nie nach dem Weg fragen“–Kommentare). Unsere Cane-Expertin meint, es könnte daran liegen, dass ein Ort namens Hobb’s End nicht existiert. Nächster Shot: Nachtfahrt. Tintenschwarz. Dazu philosophische Gespräche: „Wenn’s irgendeine kaputte Idee gibt, wird die auch ausgeführt. Je schneller wir von diesem Planeten verschwinden, umso besser.“ (Trent) „Jetzt klingen Sie wie Cane.“ (Styles) Ich bezweifle, dass er DAS hören wollte. Am schönsten ist aber „Von Ihrem Standpunkt heraus ist es nicht die Wirklichkeit, und das bestätigt die Realität, aber wissen Sie, was mir Angst macht: Was passiert, wenn sich die Wirklichkeit auf Canes Seite schlägt?“ Wie schön man fortgeschrittene Sinnlosigkeit doch verpacken kann. Tarantino hätte es aber cooler gemacht. Und prophetisch werden wir zudem auch noch: „Sie würden sich ganz alleine in einer Gummizelle wieder finden, und sich fragen, was schief gelaufen ist.“ – „Nein, das würde mir niemals passieren.“ Wollen wir wetten? (Obwohl: Allein isser ja nicht, David Warner is ja bei ihm…)

Irgendwann darf sie schließlich fahren, denn ob so viel Weisheit muss Trent erst mal büseln. So sei ihm gegeben. Und dass sie einen Teenager-Radfahrer mit schicken Knatter-Karten überholt, beunruhigt zwar ein bisserl, aber nicht markerschütternd. (Sind die Karten eine Hommage an Kings „It“? So provokant, wie sie in Szene gesetzt sind, drängt sich ein Zusammenhang auf. Die Antwort aber weiß wohl nur John Carpenter. Und Stephen King, denn die beiden sind ja angeblich befreundet, auch wenn ich mich dann frage, wie Carpenter ihm dann „Christine“ antun konnte). Erst als der Radler plötzlich wieder vor unseren Helden erscheint, und diesmal um geschätzte 327 Jahre gealtert ist, macht frau sich Sorgen. Und besonders dann, als er auf die Motorhaube knallt. Nach einem unheilverkündenden „Sie lassen mich nicht raus“ radelt man aber weiter, und somit ist das vorerst auch gegessen. Was noch weit weniger beruhigt, ist aber die Tatsache, dass plötzlich die Straße verschwunden ist, und der eine oder andere Blitz außerdem darüber Auskunft gibt, dass das Auto über den Wolken schwebt. Eine kurze Fahrt durch einen Tunnel folgt, und schon findet man sich bei strahlendem Sonnenschein in einem Städtchen wieder findet, dass sich mittels Schilds als… wir geistig regen Lovecraftianer ahnen es, aufgeweckt, wie wir nun mal sind… Hobb’s End identifiziert. Nun hat diese Stadt den offenkundigen Makel, offenbar frei von jeglicher Bevölkerung zu sein. Das bedeutet natürlich, dass sofort eine Horde Kinder mit mindestens einem Hund um die nächste Ecke, die sich anbietet, laufen muss. Wird auch prompt geliefert. Danke, das wäre auch erledigt.

Was also tut man als erstes, wenn man in einer fremden Stadt ist? Richtig, man sucht sich ein Hotel. Tun auch unsere Helden (natürlich aber erst nach einem Close-Up auf eine blutige Axt, die zumindest den Zuschauern, die die Zeit bisher auf den von Douglas Adams definierten Punkt C verbracht haben, mitteilt, dass in dieser Stadt definitiv BÖSES ist), und landen prompt im… Achtung, Insider voraus… Pickman-Hotel. John Trent wundert sich, woher Styles alles hier so schnell findet, aber unser Lockenköpfchen kennt Canes Werk schließlich in- und auswendig. Daher weiß sie auch, wo das Hotel ist, und erst recht, was Böses sich dort zugetragen hat.

An der Rezeption kümmert sich eine… seien wir charmant und sagen „Ältere Dame“ anstelle von „Alte Runzel“ um etwaige Gäste. Und an allzu vielen Gästen scheint das Hotel nicht zu leiden. Trent spielt mal den Ultra-Subtilen und meint, dass man gerne mal in dieser „berühmten Stadt“ eine Pause gemacht hätte. Leider weiß Mrs. Pickman nichts von einem Sutter Cane, was wohl mit einem „Wer bitte ist Stephen King?“ gleichgesetzt werden dürfte, und schon gar nicht hat sie eine Ahnung davon, dass ihre Stadt Sutter Canes Arkham ist (wenn man mir diese Metapher jetzt einfach einmal zugesteht). Styles indes ist mal wieder beunruhigt: Sie kann aus dem Stegreif ohne hinzusehen sagen, dass hinter ihr ein Gemälde hängt, und zwar, weil Sutter Cane es so beschrieben hat. Dass dem so ist, würde mich jetzt nicht so ungeheuerlich beunruhigen, wenn ich bedenke, dass so ziemlich jedes Hotel, in dem ich bisher war, freie Wandflächen mit Gemälden abdeckt. Aber das Drehbuch hält uns sichtlich an, das für „äußerst mysteriös“ zu halten, also tun wir ihm doch einfach den Gefallen. Immerhin schiebt sie noch ein „Da ist eine lose Diele“ hintennach, und pardauz… da ist auch wirklich eine. Gut, DAS geht als mysteriös durch.

Noch mysteriöser ist natürlich, dass sich die Figuren auf dem Bild bewegen, was von Chefrationalisten Trent natürlich sofort als Halluzination abgetan wird (wunderschön hierbei der Satz „Manchmal bilden man sich ein, Dinge gesehen zu haben, die man gar nicht gesehen hat, und man hat sie doch gesehen.“). Das würde unter anderem bedeuten, dass Mrs. Pickman, unsere nette, alte Dame von der Rezeption, eine Wahnsinnige ist, die Ihren Ehemann kleingehackt im Kohlsalat verarbeitet. (Wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, hat sich Lovecraft SOLCHE Albernheiten verkniffen, aber ich hab auch nicht immer alle seine Stories schussbereit.) Und um endgültig zu beweisen, dass man nicht in einer Sutter Cane – Geschichte ist, legt der Mann dar, dass man, wenn man von diesem Zimmer aus aus dem Fenster sieht, eine Kirche mit Zwiebeltürmen sehen müsste. In Wirklichkeit hat aber die Scheune, die man vom Fenster aus sieht, wenig mit einer Kirche mit Zwiebeltürmen gemein. Doch schon bekommt John Trent seine „Leg‘ Dich nie mit einem freaky fan an“ – Lektion, denn Styles berichtigt fachgemäß: „Sie haben nicht gründlich genug gelesen. Der Blick geht nach OSTEN.“ Und viola… Kirche mit Zwiebeltürmen. Da schaut unser John Trent aber doof aus der Wäsche.

Eine solche Offenbarung kann natürlich nur bedeuten, dass eben diese Kirche einer sofortigen Untersuchung unterzogen werden muss, am besten mit Canes Werk in der Hand, das alles minutiös beschreibt. So zum Beispiel ein Mosaik Jesu, dass über der Eingangstür hängt… also mich hätte es eher gewundert, wenn jemand anderer abgebildet wird, aber okay, ist es halt mysteriös. Aber der Hinweis, dass diese Kirche die „Alte Kirche geschluckt hat, wie sie unseren Verstand geschluckt hat“ *schluck*, klingt nach Plotpoint. (Isser auch). Immerhin zeigt die Kirchentüre aber auch einen Erzengel Michael, der „eines dieser Wesen“ bekämpft (auch wenn das Vieh zu Michaels Füßen eher nach einem stinknormalen schwarzen Drachen aussieht).

Trent würde jetzt gerne mal nach Cane fragen, nur leider entpuppt sich die Fuhre Schrotgewehrschwinger, die gerade vorfährt, als nicht sonderlich auskunftsfreudig. Stattdessen schwingt man böse die Gewehre vor der Kirchentüre, und der Redelsführer verlangt seinen Sohn zurück. Die Tür schwingt auf, und wer steht da? [Sutter Cane?] Nein, noch nicht… [Mist… – dL] erst noch ein Knäblein von geschätzten 7 oder 8 Jahren. Bevor Cane selbst in der Türe steht, müssen noch die Kirchentüren böse flattern. Doch dann sehen wir erstmalig: Sutter Cane, alias Jürgen Prochnow (zu einer Zeit, als er gute Drehbücher noch als solche erkannte. Obwohl, „The Seventh Sign“ war 1988… ich nehm‘ alles zurück).

Und was lässt so der durchschnittliche, dämonische Horrorfilm-Bösewicht natürlich als Bodyguards auffahren? Klar: Hunde. Böse garstige Dobermänner, die die Gewehrwedler sehr wirkungsvoll in die Flucht schlagen… zumindest diejenigen, die es schaffen, rechtzeitig ins Auto zu flüchten. Ein paar der Aufrührer dürfen das Schicksal unzähliger Briefträger teilen.

Nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Mysterious Child – Auftritt schäumt John Trent im Hotelzimmer vor Wut. Warum? Naja, Madam Styles hat den gesamten Vorfall vor der Kirche vorhergesagt, ergo ist das ganze inszeniert und weiterergo ist alles Betrug. Er soll offenbar allen von Canes verfluchter Stadt erzählen, und das würde natürlich die Auflage ins Unermessliche steigen lassen. Styles entgegnet, deshalb alles vorher zu wissen, da sie es gelesen habe, und zwar in den ersten zugänglichen Kapiteln von Canes neuem Buch „In the Mouth of Madness“. Prinzipiell sei sein Verdacht auch nicht unberechtigt: Cane wollte verreisen, der Verlag wollte es ausschlachten. Leider sind zwei Dummheiten zugleich passiert: Erstens kehrte Cane nicht wieder, und zweitens haben Trent und Styles gefunden, was sie nie hätten finden dürfen: Hobb’s End, eine Stadt, die es eigentlich nicht geben dürfte. Und nun wird uns endlich offenbart, worums in Canes neuem Schmöker eigentlich gehen wird: Um das Ende an sich. Und alles beginnt in Hobb’s End. Tröstlich. Ein Ausweg kann nur in dem Buch gefunden werden. Logische Konsequenz: Man konzentriert sich nur auf das Ende.

Hmmmm, irgendwas fehlt noch? Genau: Die offizielle Liebesszene. Bitte sehr, Liebesszene für die Zuschauer, bitte hier unterschreiben. Danke. Trent teilt Styles Gefühle nicht so wirklich, er denkt eher an Abreise. Also ab an die Rezeption, in der nicht nur das Gemälde plötzlich anders aussieht, auch Mrs. Pickman kommt mal wieder ins Bild. Nur sieht sie diesmal aus, als hätte sie so zirka seit 1986 nicht mehr geschlafen, was mit „Man liest hier viel“ ausreichend erklärt scheint. Etwas misstrauisch ist uns‘ Detektiv dennoch, besonders nachdem er feststellt, dass sie nach unten tritt. Was mag da wohl sein? Wie gut für Mrs. Pickman, dass Styles sich genau diesen Augenblick aussucht, um geheimnisvoll durch die Halle zu huschen. Da muss Johnny doch glatt hinterher. Und somit entgeht ihm, was wir längst ahnen: An Mrs. Pickmans Bein gekettet kauert ihr Mann, der ja, glaubt man Sutter Cane, im Kohlsalat enden wird (find‘ ich auch jetzt noch dämlich…)

Styles jedenfalls hat sich das Auto geschnappt und düst auf direktem Weg zur Kirche. Trent indes bewegt sich zur nächsten Bar (ist immer eine gute Taktik) und deduktiert sich zusammen, wie die „Hobb’s End Charade“ wohl inszeniert wird. Das der oberste Gewehrwedler von vor 10 Filmminuten ihn mit gruseligen Texten zuquatscht, tut er ebenfalls ab. Seine Meinung steht fest, bitte verwirren Sie ihn nicht mit Tatsachen.

An der Kirche steht Styles zunächst vor unserem Rudel Kinder, die sie unbürokratisch als „Mami“ bezeichnen, und danach vor der Warnung „Jeder, der es wagt, diesen unheiligen Ort zu betreten, sei für immer verbannt !!!“ Diese wird (horrorfilmlike) in den Wind geschlagen, was darin endet, dass Styles in stylisch befackeltem Innenraum der Kirche mit eingebauter Zweitkirche mit verändernden Räumen und einem auf der Schreibmaschine tippenden Sutter Cane landet: „Jahrelang habe ich geglaubt, dass ich das alles nur erfinde. Aber DIE haben mir gesagt, was ich schreiben soll. Sie haben mir die Macht gegeben, alles wahr werden zu lassen. Und jetzt IST es wahr.“ Jawoll, Was ist Realität. Was Fiktion… habe ich schon erwähnt, dass ich in meinem Element bin? Und übrigens: DIE, das sind Wesen, die hinter einer gemeinen Holztür darauf lauern, dass diese geöffnet wird.

Linda jedenfalls darf mal unbürokratisch ins Manuskript sehen, wodurch sie den weiteren Film im Schnellauf zu sehen kriegt. Natürlich können wir uns unter den Bildern noch nichts vorstellen, was auch gut so ist, aber Styles‘ blutende Augen sind in einem solchen Fall wohl nicht unbedingt ein gutes Vorzeichen. (Obwohl: Blutende Augen hätte ich wohl auch gehabt, wenn ich Kollege Kings „Duddits“ nicht bei der Hälfte abgebrochen hätte, aber wohl aus geringfügig anderen Gründen.) Wen kümmert da noch ein kleines Monster, dass Cane offenbar aus dem Rücken wächst.

Trent indessen müht sich ab, telefonische Verbindung nach draußen zu kriegen. Leider sind die Telefonverbindungen von fiktiven Orten, die plötzlich Realität wurden, stets durch eine eklatante Nichtexistenz definiert. Immerhin fällt Styles plötzlich durch die Tür. Die Tatsache, das Trent 2 Sekunden vorher genau dort hingesehen hat, wo Styles offenbar stand, bevor sie das Zimmer „betrat“, will ich jetzt mal nicht als eklatanten Fehler, sondern als Horroreffekt deuten. Styles jedenfalls ist schwer hysterisch, weswegen Trent die Hilfe Mrs. Pickmans in Anspruch nehmen möchte. Doch, oh Schreck: Das Gemälde sieht schon wieder anders aus, und diesmal weist es sogar die böse Kirche auf.

Im Keller verhackstückt Mrs. Pickman den Ehemann, der schreiend seinen Unmut darob kundtut. Und so was lockt natürlich Versicherungsdetektive an, was wiederum bedeutet, dass diese neugierig in den Keller schleichen, und dort sehen dürfen, dass sich Mrs. Pickman in ein Monster mit gar garstigen Tentakeln verwandelt hat. Leider war das Monster 1995 in der Carpenter – Preisklasse wohl nur als Plastikding zu erhalten, weshalb das Pickman–Monster leidlich gruselig wirkt. Vielleicht hätte man einfach die Tentakel weglassen sollen? Eine Silhouette mit Knurrgeräuschen und beispielsweise einer Hand mit Krallen hätte vielleicht eine bessere Wirkung erzielt. Aber ein Lovecraft–Film ohne Tentakel? Nein, das geht nicht. Schade. Die Szene hätte wesentlich besser ausfallen können.

Damit ist aber zumindest einstimmig beschlossen: Man muss Hobb’s End verlassen. Die Stimme kommt übrigens von John Trent. Der meint aber auch, ohne Styles geht gar nix, also rauf zu ihr. Leider hat sich die ins Badezimmer bewegt und hat ebenfalls einen seltsamen Überschuss an Tentakel anzubieten, wenn auch nur hinter Milchglas (SO wirkt das anständig, Herr Carpenter !!!). Die Styles, die wieder rauskommt, befördert Trent fliegenderweise ins Treppenhaus. Geschlossene Türen sind da kein Hindernis mehr. Dann eben alleine zum Auto… und noch einen Blick auf eine Wesenheit geworfen, die nicht mehr allzu viel menschliches hatte, und das in einem Teil des Hotels herumnölt, dass schon in „Hobb’s End Horror“ herhalten musste.

Leider ist die Hauptstrasse derzeit wegen erhöhter Kultaktivitäten gesperrt. Diese Aktivitäten sehen so aus, dass ein paar Anhänger mit Fackeln rund um Styles herumschleichen. Das treibt Trent mal wieder in die Bar, in der immer noch unser Gewehrwedler hockt. „Spezialeffekte, versteckte Lautsprecher, Ihr Typen seit wirklich Profis, das muss man Euch lassen.“ Ähm, wie vernagelt kann man sein? Na gut, auch ein John Trent kann überzeugt werden, und wenn man sich mit seinem Gewehr eine Kugel in den Kopf jagen muss, weil „er mich so geschrieben“ hat. Damit hat auch uns‘ Johnny jetzt endlich begriffen, dass hier nicht Industrial Light and Magic, sondern echte Magic am Werk ist, rennt zum Wagen, schnappt sich Styles, die „zufällig“ grad dasteht (und ihm eine schmiert, was Johnny nicht sonderlich ins Wanken bringt) und düst los. Also losdüsen will er zumindest, und zwar wenn möglich, noch bevor die Kultistenmeute ihn zu Hackfleisch verarbeitet. Nur dumm, dass sich Styles den Schlüssel nicht nur gekrallt hat, sondern auch noch verschluckt, aber der gemeine Mann kann ja bekanntlich jedes Auto mit einem Schraubenschlüssel notstarten.

Mein persönliches Problem wäre nun, dass Styles bei mir im Wagen sitzt, da die Dame die Fronten ja offensichtlich gewechselt hat. Das hindert sie aber nicht daran, endgültig sexuell zudringlich zu werden. Wär ja nix Schlimmes, die Gute ist zwar kein Supermodell, aber als „unappetitlich“ würd‘ ich sie nicht gerade bezeichnen. Der Satz „Cane hat geschrieben, dass ich sie küssen will“ nimmt aber doch ein bisschen die Romantik raus, weswegen Trent etwas unfreiwillig anhält (und zwar dort, wo – Überraschung Überraschung – das uns bereits bekannte Fahrrad auf der Straße und sein Fahrer in der Telefonzelle daneben herumstehen) und Styles nun eindeutige Anweisungen gibt, das Gefährt sofort zu verlassen. Gut, ICH hätt‘ sie gar nicht erst mitgenommen, aber ich bin ja auch kein Versicherungsdetektiv. Dies aber gibt uns die Chance, nach der Abreise unseres Radfahrers das mit ziemlichen Abstand übelste und lächerlichste Monster zu zeigen, dass Carpenter vor die Kamera zerren konnte: Styles mit verdrehtem Kopf, die als Spinne auf allen Vieren aus dem Auto kriecht. Sorry, Mr. Carpenter, aber das Vieh ist zwar effekttechnisch solide gelöst, aber in seiner Wesenheit weder schrecklich noch schauerlich, sondern einfach nur PEINLICH und im höchsten Maße lächerlich. Gottlob hat das Vieh nur einen kurzen Auftritt und taucht auch nie wieder auf. Und aufgrund seiner Lächerlichkeit könnte man fast übersehen, dass das Monster noch meint „Cane hat eine Aufgabe für sie.“ Gut, Plotpoint, und zugleich Rechtfertigung für den – wir erinnern uns – Flashback, denn dass John Trent überlebt, steht ja außer Frage. Die Frage ist eben: Welche Aufgabe hat er, und vor allem: Wird er sie ERFÜLLEN? John Trent interessiert’s nicht wirklich, der zieht lieber von hinnen nach dannen, und das so schnell wie möglich. Das Unternehmen „Flucht“ scheitert aber leider an der Tatsache, dass uns Johnny nach wenigen Kilometern wieder auf den Hauptplatz von Hobb’s End zurückgebeamt wird. Dass er außerdem wieder mal am Radfahrer vorbeifährt, überrascht uns genauso wenig, wie die Tatsache, dass Styles nun am Rad hinten drauf sitzt. Nach zwei Wiederholungen wird’s dem Mann jedenfalls endgültig zu dumm, und er düst durch die Menge. Leider steht am Ende… Ihr ahnt es… Styles mitten auf der Straße herum. Und da man die Frau auch dann nicht überfahren kann, wenn sie noch so böse ist, sucht Trent sein Heil in der Umfahrung. Dumm, dass ausgerechnet dort jemand sein Auto geparkt hat.

Trent kommt zu sich, und zwar im Beichtstuhl der bösen Kirche. In der anderen Zelle hockt Sutter Cane und labert ihn damit voll, dass dieses Buch nun IHNEN den Weg in unsere Welt eröffnet, wenn die Menschen die Fähigkeit verlieren, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden, und dass die Verkaufszahlen seines Buches beweisen, dass mehr Menschen an sein Werk glauben als an die Bibel. Diese Stelle möchte ich dazu nutzen, bekannt zu geben: Wir Schauerromanfans MÖGEN Geister, Vampire und Dämonen, aber (im Normalfall) GLAUBEN wir nicht daran. Ich zumindest bin fest überzeugt, das Vlad Tepes NICHT als Vampir durch Rumänien zieht, dass nirgendwo in New York eine Rose steht, mit deren Hilfe man in andere Welten reisen kann, und dass nirgendwo in der Nähe von Neuseeland eine Stadt mit verkehrter Geometrie in den Tiefen des Meeres auf eine bestimmte Sternenkonstellation lauert. Soviel zum Thema „Gläubige“. Aber mich fragt Sutter Cane ja nicht.

Im großen Raum der Kirche, in dem auch – wie könnt’s anders sein – Styles dekorativ in der Gegend rumsteht, dürfen wir dabei sein, wie Cane sein Buch „In the Mouth of Madness“ vollendet. Und damit erhält John Trent auch gleich seinen Auftrag: John Trent soll das Buch in die Welt tragen, denn dieses Werk bereitet IHNEN den Weg. Nebenbei erfährt er noch, dass auch SIE nicht da waren, bevor Cane sie erfand, und dass Cane auch TRENT erfunden hat. Deshalb wollte Canes Agent ihn auch töten: Er hat das Buch gelesen, wusste dadurch, Trent würde das Unheil in die Welt bringen, und wollte ihn aufhalten.

Cane öffnet die Passage zu Trents Welt, die wir unschwer als den Tunnel identifizieren, durch den Styles gefahren ist, bevor man überraschend in Hobb’s End ankam. Cane steht vor der Türe, hinter der SIE lauern, greift sich an die Nase und reißt sich selbst von der Wand wie eine Buchseite (sieht durchaus passabel aus). Hinter ihm, undurchdringliche Schwärze, doch Styles schnappt das Buch und liest vor, wie Trent an den Abgrund tritt und sah, wie die „Scheusale nach oben taumelten“. In bester „Wir zeigen nix außer Schwärze“ – Suspense bewegt sich Trent nun weg von diesem Loch, und zwar in Richtung des Tunnels. Und wir erschauern darüber, dass Styles jede seiner Bewegung vorliest (Nein, das ist NICHT sarkastisch gemeint, die Szene ist WIRKLICH gut inszeniert.). Schließlich erscheinen SIE, Styles drückt Trent das Buch in die Hand, und der will gehen, aber mal wieder nicht ohne Styles. Sie kann aber nicht mit, sie „hat das Ende gelesen“.

Also rennt Trent alleine, die Monstren hinterher. Diese Monstren zeigt uns Carpenter nur in Sekundenshots, sei es aus Budgetgründen, sei es wegen der Suspense. Jedenfalls wirken Monster bekanntlich bedrohlicher, wenn man sie nie wirklich erkennt, und diesen Effekt haben auch Carpenters „In the Mouth of Madness“ – Monster. Wie könnte es anders sein, als dass Trent stolpert und am Boden liegt. Die Monstermeute bewegt sich auf ihn zu, beugt sich über ihn (und sieht dabei nie anders aus als ein paar Figuren, deren Arme von Puppenspielers gesteuert wurden, während sie auf einem rollenden Untersatz stehen, was prinzipiell daran liegen dürfte, dass die wahrscheinlich GENAU DAS waren) und John Trent erwacht in unserer Welt. Inklusive Buch in der Hand.

Hier wird Trent nun von einem etwa 12jährigen Zeitungsausträger aufgegabelt, der ihn zum Highway leitet und außerdem bestreitet, jemals von Hobb’s End gehört zu haben. Das Buch entsorgt er zwar, es wird ihm aber in sein Hotel (in dessen Zimmer er sich übrigens „Robot Monster“ ansieht, ein Film, der John Carpenter im Knabenalter angeblich schlaflose Nächte bereitet haben soll) nachgeschickt. Auch wenn keiner wissen kann, dass er hier wohnt. Das wird übel enden, sag ich jetzt mal so… auch wenn Johnny jede Seite einzeln verbrennt.

Im Bus folgt die nächste Heimsuchung: Anstatt einer unermüdlich plappernden alten Lady hockt plötzlich Sutter Cane neben ihm, der sich nun einen tüchtigen Gott-Komplex angeeignet hat. Und zur Beweisführung lädt er Trent dazu ein, sich „mal umzusehen, wenn Sie aufwachen. Habe ich Ihnen jemals erzählt, dass meine Lieblingsfarbe BLAU ist.“ Trent erwacht… und unser Schnittmeister hat den Knopf für den Blaufilter betätigt. Der daraus folgende Schreikrampf weckt den ganzen Bus… der wiederum Trent weckt, denn so wie es aussieht, war auch die blaue Welt ein Traum. Aber: Ab diesem Moment haben alle Figuren des Filmes, und ganz besonders die Besessenen, blaue Augen. Traum oder nicht? Howard Phillips, schau runter. Du würdest es lieben !!! (Es gibt auch Leute, die diese Szene für die Beste des Filmes halten. Die Szene IST verdammt gut, aber mich beeindruckt der schwarze Schlund offen gesagt mehr…)

Die Behörden von New Hampshire bestreiten vehement, dass es ein Hobb’s End gibt. Die Behauptung „Es wird auch nie eines geben.“ Halte ich prinzipiell für kühn, doch wir werden noch erleben, dass dies stimmt. Wenn auch nicht aus Gründen, die die Beamte voraussehen konnte…

Wieder in heimatlichen Gefilden geht John Trent an dem zu Beginn des Filmes so strapazierten Plakat vorbei, und endlich lüftet Carpenter das Geheimnis darum: Das Bild auf dem darunter klebenden Plakat hat frappante Ähnlichkeit mit – John Trent. Das treibt Trent zum Arcane–Verlag zurück, und hier fällt der nächste Hammer: Das Buch ist bereits auf dem Markt, Trent selbst hat es vor Monaten vorbeigebracht. Eine Linda Styles kennt niemand, er war alleine auf der Reise. Trent fordert die sofortige Rückrufung… und stößt auf taube Ohren. Im nächsten Monat kommt die Verfilmung in die Kinos.

Also alles zu spät. Trent kann das Ende nicht mehr aufhalten. Cane’s Buch, auf dessen Cover das schicke Bildnis John Trents prangt, erreicht Rekordzahlen, parallel dazu explodiert die Zahl der Gewaltverbrechen Paranoid–Schizophrener. Trent kann jetzt nur noch eines tun: Canes Gläubige mit der Axt killen, und das bringt ihn schließlich in die Gummizelle, in der wir den Film begonnen haben. Der Seelenklempner rekapituliert: „Er denkt, er ist Fiktion. Und er glaubt, Sutter Cane ist die Ursache der Epidemie.“ Tja, dumm, dass die Ärzte auch Sutter Cane lesen…

Von seiner Zelle aus erlebt Trent in Form fröhlicher Schattenspiele, wie sich die Insassen und Ärzte gegenseitig ausradieren. Urplötzlich ist alles vorbei, Trents Tür öffnet sich auf etwas unorthodoxe Weise selbst. Die Welt ist leer und still, nur ein dunkler Schatten huscht durchs Bild. Eine Notsendung im Radio berichtet, dass es keine Notdienste mehr gibt und dass sich das Feuer immer weiter ausbreitet. Das Massenmorden hat sich auf jedes Land übertragen, Menschen mutieren, und niemandem, auch keinen nahen Verwandten und Freunden, dürfe man mehr trauen.

Im nächsten Shot steht Trent nun vor einem Kino, und in dem wird gespielt: „In the Mouth of Madness“, natürlich „directed by John Carpenter“. Das kann sich Trent nicht entgehen lassen… und sieht sich selbst und die Geschichte, die er erlebt hat. Wir sehen Szenen des soeben endenden Films, davon X mal John Trent schreien „Das ist NICHT die Realität !!!“ Das treibt Trent nun ebenfalls endgültig in den Wahnsinn… Ende. Und das Herz des Lovecraftianers lacht.

H.P. Lovecraft, Objekt zweier Paradoxa:

1. Lovecraft verabscheute jede Art von Spiel. Die Liste der Spiele, die sich auf ihn beruft, geht in die Meter.

2. Jede Lovecraft-Verfilmung, die Lovecraft in den Credits anführt, hat letztendlich versagt (auch wenn der Ansatz oft so übel nicht wahr, wie etwa beim spanischen „Dagon“). Den Geist und das Wesen von Lovecrafts Horror trifft aber ausgerechnet der Film, der ihn NICHT in den Credits anführt.

Jeder Versuch, abzustreiten, dass „In the Mouth of Madness“ eine in Film gepresste Version von Lovecrafts Mythos um die Großen Alten ist, ist ungefähr so sinnlos, wie zu behaupten, Stephen Kings „Salem’s Lot“ hätte überhaupt nichts mit „Dracula“ zu tun: Wesen hinter der Realität, die lauern, die Herrschaft über die Erde anzutreten; böse Träume, von denen man nicht immer weiß, ob es Träume waren; Menschen, die übernommen werden; das Ende im Wahnsinn… Eindeutiger geht’s nicht. Und die Handlung? Ein Tröpfchen „Der Ruf des Cthulhu“, ein Hauch „Schatten aus der Zeit“ und ein kräftiger Schuss „Schatten über Innsmouth“, und schon ergibt das Ganze „In the Mouth of Madness“, einen Film, der aufgrund der Tatsache, dass er seine Einflüsse GUT verarbeitet, einen wunderschönen Horrorfilm abgibt. Ich habe es bereits erwähnt: Ich mochte den Film schon, da habe ich von H.P. Lovecraft gerade mal gewusst, dass es ihn gab, und dass er Stephen King beeinflusst hat.

Von dem Moment an, in dem Trent und Styles die Kirche inspizieren und uns endlich Sutter Cane präsentiert wird, strahlt der Film bis zum Ende eine beklemmende, apokalyptische Atmosphäre aus, die ein Film, der letztendlich im Ende der Menschheit gipfelt, braucht. Echte Schwachpunkte sind hier nur teilweise im Bereich der Texte zu vermerken. Abgesehen von dem etwas dick aufgetragenen Schreibstil der immer wieder vorgelesenen Cane–Texte spreche ich in erster Linie von so manchem Dialog zwischen Trent in Styles. (Originalfassungskenner an die Front: Sind Sätze wie der ober erwähnte „Manchmal bilden man sich ein, Dinge gesehen zu haben, die man gar nicht gesehen hat, und man hat sie doch gesehen.“ auch im Original so mühsam, oder haben hier die Synchronisierer gepfuscht?)

Die Tatsache, dass der mit 80 Minuten sympathisch kurze Film nicht an Klischees spart (Hunde, die auf Geheiß des dämonischen Bösewichtes agieren; Horden von Kindern, die von ebendem unter Kontrolle gehalten werden) tut der Wirkung des Filmes keinen Abbruch. Klischees können eben auch unterhaltsam und wirkungsvoll sein, wenn man sie dementsprechend präsentiert. Was die Effekte angeht, so waren die 1995 in der Preisklasse wohl nicht besser zu haben. Sonderlich viel mehr als Make Up–Effekte brauchte John Carpenter auch nicht, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Die Monster, die das Pendant zu den „Großen Alten“ darstellen sollen, sind nicht lang genug im Bild, um wirklich unangenehm aufzufallen. Wohl aus gutem Grund beschränkt sich Carpenter hier auf Sekundenshots. Unangenehm fällt hauptsächlich das Pickman-Monster auf, dem auch nicht hilft, dass es rein in Dunkelheit präsentiert wird. Zu offensichtlich sind die Maschinenbewegungen, um die gewünschte Wirkung zu verleihen. Und was ich von der verdrehten Styles–Spinne halte, habe ich oben hoffentlich ausgeführt. Ja, hab ich. Gut, dass ich nachgesehen habe.

Fazit: „In the Mouth of Madness“ lässt über die Tatsache, dass John Carpenter nun Filme wie „Escape from L.A.“, „Village of the Damned“ oder *Gottbeschützeuns* „Ghosts of Mars“ dreht, tief darüber trauern, dass er offenbar alles verlernt hat, was Filme wie „Halloween“, „The Fog“, „Assault on Precinct 13″ oder „Prince of Darkness“ ausgemacht hat. („Vampires“ halte ich für einen positiven Ausrutscher und „Christine“ (1983) und „Starman“ (1984) seien ihm verziehen. 1983 und 1984 hat er wohl schlechtes… ähem… Rauchmaterial). Schwelgen wir in der Vergangenheit und ignorieren wir die Gegenwart. Grund: Reiner Selbstschutz. Es erspart viel Schmerzen.

Ach ja, und was die Gewinner der Bilderrätsel angeht: Macht Eure Preise mit dem Doc aus. Ich ziehe mich elegant aus der Affäre…

(c) 2008 Poes Rabe


BOMBEN-Skala: 3

BIER-Skala: 7


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