Die Letzten ihrer Art

 
  • Deutscher Titel: Die Letzten ihrer Art
  • Original-Titel: Die Letzten ihrer Art
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  • Regie: Andreas Eisele
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2005
  • Darsteller:

    Die Suchende (Ellen Koch)
    Der Fahrer (Alexander Biadacz)
    Der Streithammel (Thomas Eisele)
    Die Streithammelin (Nadine Meder)
    Wachtmeister (Andreas Blassmann)
    Gonzalez (Rony Thomas)
    Mittagessen (Stefan Eisele)
    Die Kinospielerin (Marion Eisele)


Vorwort

Abt. Nachwuchsförderung

Nach ein paar selbsternannten Horrorspläddafilmen am Stück dürstete es Eurem Doc nach Abwechslung. Dafür bot sich der momentan singuläre noch seiner Besprechung harrende Amateurfilm an, der mir von seinem hoffnungsfrohen Macher zugeschickt wurde (er steht euch sicher gern im Forum zur Verfügung – hint, hint).

Von Andreas Eisele hatte ich bereits den Kurzfilm Rather be Dead, der auf seiner Website downgeloadet werden darf, einen interessanten Beitrag zum Vampirgenre im Westerngewand, gesehen und war anschließend durchaus positiv gespannt auf weiteres aus der Werkstatt.

Die Letzten ihrer Art, ein Titel, der nicht von ungefähr an das vielleicht beste Buch von Douglas Adams erinnert (die Connection werden wir aufklären), hat das seltene Glück, dass ich völlig unvoreingenommen herangehen kann – sollte ich vorab mal auf der Website nachgeschlagen haben, worum´s da geht, hab ich´s dank fortschreitenden Alzheimers schon wieder vergessen; ich hab also keinen Schimmer, nicht mal das Genre ist mir geläufig. Aber mit dem Titel und dem Cover wird´s sicher kein meuchelnder Maneater sein, der mich erwartet. Soll mir momentan ganz recht sein und deshalb ohne weitere Dampfplauderei direktemang zum Film, kommt ja selten genug vor.


Inhalt

Irgendwo kraucht eine Wanderin (Wandererin? Wie heißt das eigentlich korrekt?) durch eine karge und flache Provinzlandschaft auf einem Schotterweg durch die Gegend. In ihrem Beinkleid trägt sie ein nicht mehr ganz der Abteilung „Taschenmesser“ zurechenbares Schneidwerkzeug, was per se immer noch nichts besonders aufregendes ist. Ein Auto hält neben ihr an, der Fahrer bietet ihr eine Mitfahrgelegenheit an. Schlecht gefahren ist immer noch besser als gut gelaufen, auch wenn das Mobil eher den Eindruck eines fahrenden Schweinestalls (oder transportabler Doc-Bude) erweckt und der Beifahrersitz erst von allerlei Müll freigeräumt werden muss.

„Meine Wanderung dauert nun schon einige Jahre“, voiceover-narrated unsere Wandersfrau (ha), „die Tage sind öde und leer“. Auf der rechten Wange trägt sie eine Narbe spazieren, die andeutet, dass offenbar nicht alle Tage gar SO öde sind, wie sie uns gerade verklickern möchte. Als erstes reißt sie dem Wackelelvisimitiat auf dem Armaturenbrett versehentlich den Kopf ab, was den Fahrer nicht weiter stört: „Der macht das nur, um deine Aufmerksamkeit zu erregen“.

„Ich habe schon lange kein Auto mehr gesehen“, behauptet sie, aber das beruht sozusagen auf Gegenseitigkeit, denn er hat „schon lange keine Frau mehr gesehen“ (abgesehen von seinem Auto, das auf den Namen „Susi“ hört. Ob er das bei Sledge Hammer ordnungsgemäß angemeldet hat?). Namen sind übrigens Schall und Rauch in dieser Welt (zu welcher sich die auch immer noch entwickeln mag), denn der Fahrer stellt fest: „Man nennt mich übrigens Fahrer.“ Immerhin, das vereinfacht einiges, muss man sich nicht so viel merken.

Sie (die Credits nennen sie übrigens nur „die Suchende“) interessiert sich für den Krempel, den Fahrer in seinem Blechross herumkutschiert. Es sind nach seiner Auskunft Andenken von anderen Leuten, die er mitgenommen hat, was mich als verantwortungsbewussten Hysteriker in solchen Dingen doch dezent beunruhigen würde (der ist ein Serienkiller! Get out there NOW! QUICK!), nicht aber unsere Heldin. Die sucht etwas spezielles, wie sie dem Fahrer auf Anfrage mitteilt, nämlich ein Buch (a-haaa!), das sie verloren hat, ihr aber viel bedeutet. Da sie aus noch zu klärenden Gründen nicht einfach bei amazon zweimal klicken und nachbestellen kann, ist das ein schwerwiegendes Problem – über unseren Globus ist nämlich die totale Apokalypse, das volle Mad-Max-Programm, hereingebrochen, was wir anhand eines kurzen Dialogs etablieren. Sie fragt ihn, woher er denn den Sprit habe, wo sie doch Menschen gesehen habe, die für ein wenig Gasoline getötet haben. „Das habe ich auch“, stellt der Fahrer leutselig fest. Es sind offenbar raue Zeiten und Sitten eingebrochen. Das Buch, natürlich das titelgebende Adams-Werk, findet sich seinem Kram allerdings nicht. Zum Trost schenkt er ihr ein Bonbon (die dazugehörige Tüte ist mit sein wertvollster Besitz). Sie traut dem Braten bzw. der Zuckerbombe zunächst nicht, aber der Fahrer weist jegliche böse Absicht zurück: „Was wäre das für eine Welt, in der man einem Bonbon nicht mehr trauen kann?“ (Wohl wahr). Ich hab zwar fast damit gerechnet, dass das Gutzi trotzdem vergiftet war und ihr gleich die Lichter ausgehen, alas, ich sehe scheinbar zuviele schlechte Filme und bin untauglich geworden, das Gute in manchen Menschen (auch wenn sie für Super Bleifrei killen) zu erkennen.

Wie weit er denn eigentlich hinfahre, will sie nun wissen. „Bis ich angekommen bin“, entgegnet der Fahrer mit unbestechlicher Logik, auch wenn er nicht wirklich weiß, wo dieser Ort ist. Und danach? „Dann fahr ich wieder zurück.“ Klingt nach einem soliden Plan. Sie erzählt ihm, dass er das erste menschliche Wesen ist, dass sie seit 46 Tagen gesehen habe. Entweder nimmt sie absolute Schleichwege oder das Überbevölkerungsproblem hat sich seit der unbezeichneten Globalkatastrophe wirklich drastisch reduziert… Man amüsiert sich auf der gemeinsamen Fahrt, und als der Fahrer eine Pinkelpause einlegt, pflückt sie auf einer grünen Wiese einen Löwenzahn.

„Seit langer Zeit fühle ich, dass ich am Leben bin“, vermittelt sie uns per voiceover, doch da ist immer noch diese Einsamkeit, und daran ist der Verlust des Buchs scheinbar schuld. „Ich vermisse dich“, schluchzt sie. Hm, wenn sie mit „dich“ jetzt den Schmöker meint, geht diese Liebesbeziehung vielleicht doch ein bis zwei Takte zu weit.

Man erreicht eine reichlich verlassen aussehende Stadt, wo sie sich absetzen lässt. Der Fahrer, der sich durchaus an die weibliche Begleitung gewöhnt hat, findet das zwar schade, aber man scheidet trotzdem in bester Freundschaft. Beinah hätte sie allerdings vergessen, ihm das obligatorische Andenken zu hinterlassen. Kurzes Wühlen um Rucksack und ein Damenschlüpfer wechselt den Besitzer. „Dagegen stinken sogar die Bonbons ab“, macht sich der Fahrer wohl eher irrationale bis leicht suspekte Gedanken über den zukünftigen Verwendungszweck des Textils.

In der Stadt, die verdächtig nach einem von der Besatzungsmacht aufgegebenen Kaserne aussieht (und im realen Leben auch eine solche ist bzw. war), hofft sie, wenn auch nicht gerade inbrünstig, neues Glück und streift durch die leeren Häuser. Da hört sie plötzlich Menschen! Und zwar solche, die sich gerade einen handfesten Ehekrach liegen. Wir sehen: ein sich zankendes Pärchen, welches sich gegenseitig vorhält, „nur Scheiß“ zu erzählen und den interessiert zuhörenden Gonzalez, seines Zeichens stummer Hutträger, der mittels um den Hals hängender Schiefertafel kommuniziert. Diese drei Gestalten stehen erwartungsfroh vor einem ehedem mal offiziell wirkenden Haus, in dessen zweiten oder dritten Stock eine vierte Person am Fenster steht und zu einer Rede ansetzt.

Der Fenstersteher hat erkennbar nicht mehr alle Murmeln im Beutel und sülzt von göttlicher Strafe. Gonzalez spendet artig Applaus, aber die Zankerin ist der Ansicht, dass die gestrige Predigt besser war. Was willkommener Anlass für eine weitere verbale Auseinandersetzung mit ihrem Gatten (will ich zumindest hoffen, newa) ist, der sich schließlich sogar um Nichtigkeiten wie das aktuelle Datum dreht. Das steuert unsere Heldin hilfreich bei, die seit Beginn der Katastrophe tägliche Tagebucheinträge führt und sich daher ziemlich sicher ist, dass man den 12. Juli 2011 aschreibt. Der Preacherman bittet gefälligst um Ruhe und darum, seinem Beispiel zur Erlösung zu folgen: „Ist doch eh alles scheiße hier!“ Da hat er nicht ganz unrecht, aber was genau sein Beispiel ist, verrät er uns nicht. Das Pärchen streitet weiter und Gonzalez nimmt über Schiefertafel Kontakt mit unserer Heldin auf. Die erkundigt sich nach einem Buchladen oder einer Bibliothek. Auf Gonzalez´ hingemalte Frage, warum, gibt sie keine befriedigende Antwort, dafür erhält sie vom Zankepärchen eher gegenläufige Tipps (was begreiflicherweise zu einer weiteren Meinungsverschiedenheit bei den Streithammeln – so werden sie auch kreditiert – führt). In der sicheren Erkenntnis, keine weiteren gewinnbringenden Informationen zu erhalten, latscht unsere Heldin vom Hof und flüchtet sich in ihren Narative: „Es ist wie in einem schlechten Traum. Nur, wenn ich es aufschreibe, wird es beständig.“

Preacherman, nebenberuflich der „Wachtmeister“ der überschaubaren Gemeinde, macht eine dramatische Ankündigung: „Ich werde den Sprung wagen!“ Womit auch klar ist, was er mit der „Erlösung“ mein – Selbstmord. Gonzalez applaudiert – auf den Moment wartet man im gespannten Publikum scheinbar nicht erst seit gestern. Der Selbstmordkandidat überlegt es sich allerdings dann doch anders – wohl auch nicht zum ersten mal, denn „das hab ich ja gleich gesagt“, stellt die Zankerin fest. Derlei Besserwissertum führt natürlich sofort zum nächsten Disput…

„Diese Stadt ist fast noch toter als die letzten, die ich durchsucht habe,“ resümmiert die Heldin traurig, aber noch trauriger ist der kleine Hunger, der sich einstellt. Mit Dönerbude oder McDonalds-Drive-in sieht´s eher schlecht aus, also muss man kucken, was sich mampfbares auftreiben lässt. In einer Fabrikhalle wird sie fündig. Da liegt ein toter Jüngling rum. Ehe wir noch „Let´s build a snowman“ anstimmen können, hat sie bereits ihr Messer gezückt. Man darf in harten Zeiten nicht wählerisch sein. Gorehounds, die vermutlich angesichts der bisherigen Inhaltsschilderung eh entweder eingeschlafen oder einen Ittenbachfilm nach Wahl eingelegt haben, dürfen ruhig weiter weghören. Tranchiert wird off-screen, dafür brutzelt schon nach dem nächsten Umschnitt auf dem improvisierten Grillrost ein schmackhaftes Steak. Scheint lecker zu durften, denn da erscheint schon Gonzalez, gibt schriftlich zu Protokoll, dass er ihr gefolgt sei, „weil du so hungrig ausgesehen hast“ (was natürlich ein hervorragender Grund ist, jemanden zu verfolgen) und „du so hübsch bist“ (nicht, dass die Konkurrenz vor Ort gigantisch wäre), und lädt sich zum Essen ein (hm, WEISS der, was da grillt?) „Ich war mal Vegetarierin,“ gesteht sie zwischen zwei kräftigen Bissen (ich hab´s immer gewusst, im Krisenfall ist´s aus mit der „aber das sind doch ganz arme Tiere“-Nummer, dann siegt der schnöde Kohldampf), was Gonzalez lustig findet. Dann erkundigt sie sich nach Gonzalez´ „seltsamen“ Freunden, speziell dem verhinderten Selbstmörder. Der fühlt sich nutzlos, kunftet der Stumme schreibenderweis aus, weil es keine Gesetze mehr gibt (der war wohl also schon vor der Katastrophe Gesetzeshüter). Gonzalez outet sich als Westentaschenphilosoph: „Ein guter Grund zu leben ist auch ein guter Grund zu sterben.“ Da ist möglicherweise was dran. Jetzt stellt Gonzalez die Fragen und zwar die Gretchenfrage schlechthin: Warum sucht sie das Buch? (Wobei sich mir die Frage aufstellt, woher er weiß, dass sie EIN bestimmtes Buch sucht. Hat sie doch vorhin nicht erwähnt, oder war ich da wieder so mit Notizenschreiben beschäftigt?).

Das macht einen Flashback notwendig. Sie hatte sich das Buch auf Empfehlung einer Freundin (keiner sehr guten, sie kann sich nicht mal mehr an den Namen erinnern) in einer Buchhandlung (leuchtet ein) gekauft (ja, es IST das Adams-Buch). Der Verkäufer behauptet zwar, es wäre „scheiße“ (steinigt ihn, den Schuft), aber sie kauft´s trotzdem. Und findet zu ihrer Überraschung eine handschriftliche Notiz im Schmöker – die Telefonnummer des Verkäufers, der auf diese umständliche, aber scheinbar wirkungsvolle Tour bei ihr zu landen versucht. Trotz des minderwertigen Literaturgeschmacks des Herrn (der später zugegeben hat, das Buch nie gelesen zu haben… also, ICH täte den feuern) kommt eine Liebesbeziehung in Fahrt, aber da der Loverboy die Katastrophe offenkundig nicht überlebt hat, wäre das Buch, so sie es denn fände, die einzige Erinnerung an ihn und die gemeinsamen schönen Zeiten. Gonzalez ist so ergriffen, dass er auf seiner Tafel eine Kuh malt (? Die einzige Assoziation, die mir dazu einfällt, ist nicht gerade schmeichelhaft für die Heldin…).

Kuh oder nicht Kuh, Gonzalez durchschaut die Ambitionen unserer Heldin und verpaßt ihnen einen empfindlichen Dämpfer: Das Finden des Wälzers macht den verblichenen Liebhaber auch nicht wieder lebendig. „Es ist das einzige, was mir in dieser bekloppten Welt Kraft gibt,“ verteidigt sie sich, aber auch diesbezüglich wird sie von Gonzalez ausargumentiert – die Welt war auch früher bekloppt (da geb ich ihm völlig recht) und auch vor der Katastrophe soll´s schon vorgekommen sein, dass man liebe Menschen verloren hat. Die Welt, rekapituliert er, hat sich nicht geändert – man hat jetzt nur mehr Platz. Das ist zweifellos nicht ganz das, was sie hören will, weswegen Gonzalez ihr die Sache auch noch mal ausbuchstabiert – sich an eine sinnlose Hoffnung zu klammern hält er für vergebene Liebesmüh: „Hör auf zu hoffen – LEBE!“ Klingt zwar ein bisschen nach Dale Carnegie, ist aber auch nicht von der Hand zu weisen. „Ich kann nicht,“ greint sie und muss von Gonzalez getröstet werden.

Ich will gar nicht wissen, was während des Umschnitts alles so vor sich gegangen ist, jedenfalls verabschiedet man sich wenig später voneinander. Gonzalez malt ein Smileyface auf seine Tafel, dann zieht jeder seiner Wege. Während wir beiläufig etablieren, dass es seit der Katastrophe a) kalt ist und b) früh dunkel wird (Finnland??), marschiert die Heldin weiter durch die verlassene Stadt und räsonniert über Gonzalez. Der hätte sich nämlich durchaus als Begleitung aufgedrängt, aber „ich brauche niemanden, der mir gute Ratschläge gibt, ich komm allein zurecht“. Kleiner Sturschädel, unsere Suchende.

Auf der Suche nach einem Schlafplatz stößt sie auf ein altes Kino, und wider Erwarten gibt´s dort Programm. Zwar nicht in 6-Kanal-Surround und in Cinemascope, dafür aber eine Ein-Personen-Aufführung von Das Imperium schlägt zurück. Ein Mädel ist tatsächlich gerade dabei, den klassischen „Luke, ich bin dein Vater“-Monolog von Darth Vader dramatisch zu rezitieren. Die Suchende ist amüsiert, man kommt ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass die Kinotante eine wandelnde Film- und Drehbuchenzyklopädie ist und bietet, als die Heldin angibt, durchaus gern wieder mal einen Film zu sehen, ein reichhaltiges Filmklassikerprogramm im Solo-Stil zum besten(erinnert mich ein bissl an Fahrenheit 451). „Sie ist nicht gerade eine gute Schauspielerin“, befindet die kritische Heldin, „aber wen kümmert´s?“.

Nach dem Filmprogramm führt die Kinomaid auch stolz ihre umfangreiche Sammlung an Filmpostern vor, fährt aber dabei vorsichtshalber die Krallen aus: „Das sind MEINE!“, zischt sie klarstellend, als die Heldin etwas in der Collection blättert, aber übernachten darf sie trotzdem gerne hier. Kinogirl hortet in ihrer Schlafecke auch einen Stapel Bücher und auf was fällt der Heldin ungetrübter Augen Blick? „Die Letzten ihrer Art“, zwar reichlich zerfleddert und ramponiert, aber immerhin. Wider Erwarten, da ich sie eher für ein besitzergreifendes Wesen gehalten habe, lässt sich das Kinomädel das Buch ohne weitere Umstände aus dem Kreuz leiern: „Es ist doch nur ein blödes Buch!“ (* Doc slaps her *).

Aber schon bald muss die Heldin feststellen, dass, was auch immer sie vom glorreichen Ende ihrer Suche erwatet hat, nicht eintritt. „Was habe ich erwartet?“, fragt sie sich am Lagerfeuer, „es ist doch nur ein blödes Buch!“ (* Doc slaps her too *). Und überhaupt ist sie sich jetzt nicht mal mehr sicher, ob´s überhaupt das richtige ist (Frauen…). Sie schielt schon mal zum Feuer rüber (WAGE ES NICHT!), blättert aber doch noch mal durch ihr Tagebuch – und findet dort eine Notiz von Gonzalez! (Das macht man doch nicht, in fremder Leute Tagebücher schmieren…). In seinem früheren Leben muss Gonzalez mal Monty-Python-Fan gewesen sein, denn er schließt seine Bemerkung mit den sinnstiftenden Worten: „Das Leben ist ein Witz, also lach drüber.“ Und abgesehen davon soll sie keinen Illusionen nachlaufen. Die Worte sacken und entfalten Wirkung. Und schon landet Douglas Adams bestes Buch im feurigen Grab (GRRR! Wenn ich dich erwische…), ein eindeutiger Akt der Katharsis und der Befreiung. Oder?

Denn die Suchende wandert weiter: „Gonzalez hatte nicht recht. Meine Suche geht weiter!“ Wonach sie sucht, wird ihr Geheimnis bleiben. Gonzalez kuckt ihr kopfschüttelnd nach und kann sich ein Lachen nicht verkneifen…

Ach, könnten nicht mehr Filme wie Die Letzten ihrer Art sein? Kurze Laufzeit, knapp zusammenfassbarer Inhalt, ein feuchter Traum für einen Reviewer, der immer dreimal soviel schreibt wie nötig wäre 🙂

Aber nicht nur deswegen stehe ich dem Film durchaus positiv gegenüber, denn es ist ja bekannt, dass der Doc immer wohlwollend goutiert, wenn ein Amateur-/Independentfilmer nicht das allseits beliebte und vielfach durchexerzierte (und oftmals eben auch nicht besonders erfreuliche) Thema „irrer Killer metzelt in einem Wald“ aufgreift, sondern etwas vielschichtigeres.

Die Letzten ihrer Art könnte man hochgestochen ein „philosophisches Science-fiction-Drama“ nennen, wobei das „Science fiction“ einzig allein für das Setting nach einer undefinierten apokalyptischen Katastrophe stet. Die Intention des Films ist klar und hätte streng genommen des utopischen Aufhängers gar nicht bedurft – es geht um die Suche nach dem Sinn, was sich aber in einem postapokalyptischen Szenario sehr schön darstellen lässt. Alle im Film auftretenden Charaktere – bis auf einen – sind damit beschäftigt, ihrer nunmehr komplett sinnentleerten Existenz eine Bedeutung zu geben. Der Fahrer greift dabei eher den zen-buddhistisch-existentialistischen „Der Weg ist das Ziel“-Gedanken auf, der Wachtmeister flüchtet sich in religiös motivierte Selbstmordfantasien, die Kinospielerin füllt die Leere mit dem Auswendiglernen von Filmen. Das zänkische Pärchen streitet, weil es offensichtlich die einzige Gemeinsamkeit ist, die ihrer Beziehung noch geblieben ist, tja, und unsere Heldin ist auf der Suche nach dem, was ihr von der großen Liebe geblieben ist – ohne wirklich zu wissen, was sie erwartet, wenn sie das gesuchte Objekt tatsächlich findet. Der einzige, der sich mit der „neuen Welt“ arrangiert zu haben scheint, ist ausgerechnet der gesellschaftliche Außenseiter Gonzalez (stumm und, obwohl ich nicht weiß, ob das ein Plotpoint ist, offenkundig auch Ausländer), was allein schon einen interessanten Intepretationsansatz darstellt.

Interessant ist auch, dass der Film letztlich keine entschiedene Aussage trifft – Gonzalez´ Argumente haben durchaus etwas für sich, dennoch stellt die Verbrennung des Buches, als Symbol der Katharsis, der Befreiung der Heldin, nicht die „versprochene Erlösung“ dar. Das kann man z.B. durchaus als Ausdruck der Individualität (puh, schweres Wort…) sehen – es gibt keine allgemeingültigen Lösungen, jeder muss seinen Weg selbst finden, und insofern ist Gonzalez´ Philosophie vielleicht auch nur ein Selbstbetrug, wie sich ihm Wachtmeister, Fahrer und Kinospielerin in unterschiedlichen Ausprägungen hingeben.

Es ist ein leiser, ein kleiner, ein (wenn man vom durchaus anhörbaren rockigen Soundtrack, der mir aber, ehrlich gesagt, etwas zu laut für den Film ist) recht intimer Streifen, der mit sparsam eingesetzten Dialogen (manchmal wäre mir etwas weniger voiceover lieb gewesen)

Gut zu Gesicht steht dem Film die Location – in der Tat eine leerstehende und mittlerweile abgerissene Kaserne der französischen Armee, die genau das richtige „Flair“ verbreitet. Es wirkt trostlos, verlassen und abgewirtschaftet, aber nicht spekulativ-zerstört (was im Filmkontext für eine eher schleichende Katastrophe spricht). , von Andreas Eisele auch gut in Szene gesetzt. Kein eye candy, aber eben exakt auf die Geschichte passend.

Eiseles Regiearbeit gefällt – selbstredend kann eine derart stille Geschichte nicht als Tempogranate inszeniert werden. Die Bilder sind ruhig, bedächtig, unterstreichen die Story anstatt von ihr abzulenken. Die Kameraführung ist, wie schon erwähnt, gelungen, mit den in diesem Budget-Bereich üblichen Einschränkungen der verhältnismässig statischen Einstellungen (aber durchaus um Abwechslung bemüht), der Schnitt ansprechend und auch der Einbau der Rückblenden-Sequenz (obwohl ich die nicht unbedingt bildlich gebraucht hätte – für mich persönlich hätte es auch ein entsprechender Monolog getan, aber so gibt´s filmisch halt doch mehr her) ist gelungen. Auch was Licht und Beleuchtung angeht, oftmals auch ein dünnes Eis, auf das sich ein Amateurfilmer begibt, gibt´s hier keinen Grund zur Klage. Ein echter Spannungsbogen wird bewusst nicht aufgebaut – der entscheidende Plotpoint (als die Suchende das Buch tatsächlich findet) geschieht eher beiläufig-zufällig.

Ich hab´s bereits angesprochen, auch das Ende gefällt mir von der dramaturgischen Seite (in Rather be Dead war der Schluss der Part, mit dem ich ein paar kleine Probleme hatte, aber das ist ein anderes Thema), er entlässt den Zuschauer zwar nicht unbedingt reicher an Lebensweisheit, aber dafür mit einer gepflegten Mischung aus Depri-Stimmung und verhaltenem Optimismus, es ist also trotz des insgesamt düsteren Themas kein reiner Downer.

Wo wir gerade bei „düster“ sind – im Gegensatz zur Thematik ist die filmische Umsetzung sehr „hell“, der komplette Film spielt bei Tageslicht, was ich auch rein filmtechnisch für eine gute Entscheidung halte, da Nachtszenen mit dem Equipment, das ambitionierten Amateuren gemeinhin zur Verfügung steht, nur schwer überzeugend zu realisieren sind und dann auch meist dementsprechend aussehen.

Es ist sicherlich schon allen klar – Die Letzten ihrer Art ist kein Effektfilm, es ist ein Charakter-Drama. Schön, dass sich Eisele nicht den vermeintlichen Konventionen der vermuteten Amateurfilmklientel gebeugt hat und den einzigen „FX“ (die kannibalistische Einlage) nicht ausschlachtet, sondern vielmehr größtenteils offscreen gestaltet und diesen nicht krampfhaft einbaut, sondern schlüssig aus der Story heraus entwickelt – es sind halt harte Zeiten, in denen man nicht zimperlich sein darf.

Den Soundtrack hab ich bereits angesprochen – er ist rockiger Natur und durchaus kompetent von der Band „Hidden Trails“ eingespielt, passt m.E. aber nicht ganz so zur Stimmung des Films – andererseits kann das natürlich durchaus auch ein gewollter Kontrast sein und in dem Fall halte ich ganz schnell meine vorlaute Klappe :-).

Darstellerisch gibt´s wenig zu bemängeln. Ellen Koch (auch in Rather be Dead zu sehen, wie Eisele überhaupt mit einem recht festen Team zusammenarbeitet, was im Indie-Bereich auch nicht die falscheste Entscheidung ist. Wer sich kennt, kann unter den verschärften Bedingungen eines Amateur-Drehs besser zusammenarbeiten als ein „Fremdkörper“, sofern das nötige Grundtalent vorhanden ist) bekommt die zentrale Figur der „Suchenden“ ziemlich gut hin, Rony Thomas als Gonzalez ist für mich aber das Highlight – er zeigt in seiner stummen Rolle, dass „schauspielen“ im entymologischen Sinne (hoffe ich zumindest) von „spielen“ und nicht von „sprechen“ abstammt (sonst hieße es ja auch „Schausprecher“, newa), ohne dabei ins Grimassieren zu verfallen – mit leiser Mimik, kleinen Gesten erzielt er gute Wirkung. Die weiteren Nebendarsteller erledigen ihre Aufgaben ebenfalls klaglos – Andreas Blassmann z.B. gibt einen hübsch mittelschwer durchgeknallten Wachtmeister ab.

Zur Besprechung lag mir der Film sozusagen „bare bones“ vor. Die Bildqualität (anamorphes – ! – Widescreen) ist zugegeben etwas grobkörnig, was aber zur Atmosphäre des Films passt (gedreht wurde auf Digital 8), und, jubelhurraundamen, ist ja in dem Bereich keine Selbstverständlichkeit, man kann problemlos jeden Dialog verstehen. Es geht doch!

Wer nun sofort und auf der Stelle diesen Film seiner Sammlung einverleiben will, kontaktiere seinen Macher über dessen Website.

Kommen wir also zum Fazit – Die Letzten ihrer Art ist ein im Amateurbereich ungewöhnliches, aber gut gelungenes Experiment: eine reizvolle Grundidee, eine angemessen, beinahe lyrische Umsetzung, gute schauspielerische Leistungen, technisch auf gutem Niveau. Gefällt mir gut und ist ein weiterer Beweis für die These, dass jenseits der Splatter- und Gorefilmer durchaus eine lebendige Szene ambitionierter Filmemacher auf ihre Entdeckung wartet. Bitte mehr davon! Prädikat „sehenswert“ für die Freunde des nicht-ganz-so-leichten Entertainments.

Äh, und klar, die vom Film im Nachspann ausgesprochene Empfehlung für das Douglas-Adams-Buch trage ich natürlich vollumfänglich mit. Go and read it now!

(c) 2005 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 3

BIER-Skala: 6


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