Die Killerkralle

 
  • Deutscher Titel: Die Killerkralle
  • Original-Titel: Bei po
  • Alternative Titel: Kung Fu Avengers | Soul Brothers of Kung Fu | The Tiger Strikes Again |
  • Regie: Hua Shan
  • Land: Hongkong/USA/Taiwan
  • Jahr: 1977
  • Darsteller:

    Bruce Li (Wong Wei-Lung), Ku Feng (Chin Shi Po), Lo Meng (Shao-san), Carl Scott (Tom), Puishan Auyeung (Chai-yun), Susan Yam-Yam Shaw (Dora)


Vorwort

Die Freunde Wong, Shin Po und ihre Freundin Chin Yua landen mit letzter Kraft als „boat people“ in Hongkong, um dort ihr Glück zu machen. Das gestaltet sich aber nicht wirklich einfach. Nachdem sie einen jungen schwarzen Burschen namens Tom, der sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, unter ihre Fittiche nehmen, ihm Kung-fu beibringen und ihm gegen Schlägerbanden helfen, spricht sich ihr Ruf langsam herum – vor allem in Kreisen der eher kriminellen Art, die dafür sorgen, dass die Neuankömmlinge keinen rechten Fuß auf den Boden kriegen.

Mangels anderer Alternativen versucht sich Wong, der kampfsportlich begabtere der Freunde, als Profi-Fighter und kann mit den damit einhergehenden ersten Erfolgen immerhin einen Verlobungsring für Chin Yua kaufen, nicht so ganz zur Freude von Shin Po, der lieber als Zocker „arbeitet“ und eigentlich auch ein oder zwei Augen auf Chin geworfen hat. Shin Po gibt aber den fairen Verlierer.

Wong wird aufgrund seiner Kampferfolge zu einem großen Turnier in Amerika eingeladen und steht dort im Finale einem von einer Triade aufgebauten Fighter gegenüber. Er schickt den Kontrahenten in den Ringstaub, was desesn Gangsterchef unlustig findet. Eine Bande gedungener Schläger vermöbelt Wong so sehr, dass die Ärzte voraussagen, dass er nie wieder kämpfen können wird, und bringt Chin Yua um.

Wong akzeptiert sein Schicksal nicht und arbeitet mit aller Härte an seiner Rehabilitation. Indes verknallt sich Shin Po in die Barschlampe Dora und will sie heiraten. Wong findet das nicht gut, verweigert einen Kredit und treibt so einen Keil in die Freundschaft. Aber wichtiger ist ihm sowieso die Rache am Triadenboss…


Inhalt

Bruceploitation ist ein Thema, das lange als, sagen wir mal, „Sammelgebiet“ nicht sonderlich ernst genommen wurde – als Fan musste man meist mit Billigheimer-Ramsch-DVDs vorlieb nehmen, für die lieblose VHS-Rips, meist auch noch übel gekürzt, auf Scheibe geklatscht wurden. Mittlerweile ändert sich das ganz langsam, seit man erkannt hat, dass auch diese verzweifelten Versuche, posthum an Bruce Lees Ruhm finanziell teilzuhaben, filmhistorisch interessant sein können. Neulich kam über DigiDreams „Die Pranke des Leoparden“, und jetzt liegt „Soul Brothers of Kung Fu“ auf Blu-Ray vor mir, ein Liebhaberprojekt von spanischen Bruceploitation-Bloggern, die aus mindestens vier unterschiedlichen Mastern eine uncut-Fassung zusammengeschraubt haben, die in extreme limitierter Auflage (200 Stück) nun erworben werden kann.

„Soul Brothers“, auch bekannt als „Kung-Fu Avengers“, ist ein vergleichsweise unüblicher Bruceploiter – das „Anhängen“ an die legende von Bruce Lee ist hier nachrangig. Es gibt nur ein-zwei kurze Vergleiche von Bruce Lis Kampfstil mit dem von Bruce Lee und eine Ansprache von Lis Charakter, dass er wie Lee versuche, Kung-fu weiterzuentwickeln (Bruce Li spielt auch nicht unter seinem Bruceploitation-Pseudonym, sondern unter seinem echten Namen), und es geht auch weniger darum, Bruce und klassische Bruce-Plots zu imitieren. „Soul Brothers“ hat einen ziemlich eigenständigen Plot, der auch sich auch durchgängig ernst nimmt und wenn man ihn überhaupt mit anderer HK-Ware vergleichen will, am ehesten Pate für „A Better Tomorrow“ als tragische Einwanderergeschichte gestanden haben könnte.

Zwei Mainland-Typen, eine Frau, die zwischen ihnen steht, die Schwierigkeiten, die sich ihnen in den Weg stellen, obwohl sie nur ihren Lebensunterhalt bestreiten wollen und, SPOILER, letztlich der eine der Freunde, der sich auf die falsche Seite schlägt… ja, sowas ähnliches hab ich schon gesehen. „Soul Brothers“ spielt sich dabei aber nicht als Heroic Bloodshed mit massivem Gunplay-Einsatz, das wurde erst Jahre später erfunden, sondern als reinrassiger Kung-fu-Film mit etlichen, überraschend guten Fights, in denen Bruce Li zeigt, dass er tatsächlich was drauf hat, wenn er nicht nur den großen Bruce imitiert (im „Bruder-gegen-Bruder“-Fight übernimmt ein junger Yuen Biao unkreditiert für Ku Feng).

Tatsächlich sitzen die meisten dramatischen Momente auch ziemlich gut, auch wenn Shin Pos Turn auf die dunkle Seite der Macht ein wenig sehr simpel vorgenommen wird, da hätte etwas mehr an Motivation eingeführt werden können, aber, vergessen wir nicht, wir sind in einem billigen HK-Action-Film aus der zweiten bis dritten Liga, da ist man dankbar, wenn das Ende des Films ansatzweise was mit dem Anfang zu tun hat.

Technisch ist der Film nicht immer überzeugend (was manchmal aber auch lustige Folgen hat, wenn z.B. auf einen aerial shot von New York auf einen establishing shot der Long Beach Arena geschnitten wird. Da der Film selbst auf jede Art comic relief verzichtet, ist so ein bisschen unfreiwilliger Spaß durchaus willkommen), aber, wie gesagt, die Fights sind nicht von der Eleganz eines Jet Li oder der komödiantischen Innovation von Jackie Chan, aber ordentlich ruppig, gut choreographiert und mit einigen soliden originellen Einfällen (auch für Visualisierungen von Knochenbrüchen o.ä.).

Der Score ist solide zusammengeklaut, u.a. aus „Tag des Delphin“ oder „Rocky“ – auch Silver Convention kommen mit „Fly Robin Fly“ zu Wort.

Bruce Li und Ku Feng sind ein durchaus glaubhaftes BFF-Duo, Carl Scott, der Ende der 70er eine kurze HK-Karriere als „schwarz-gelber Panther“ machte, spielt den schwarzen Sidekick und zeigt auch ein paar gute Moves. Regie führte übrigen Hua Shan, dem die Welt den großartigen „Invasion aus dem Innern der Erde“ verdankt.

Der hauptsächlich verwendete Print ist eine 35mm-Rolle, die schon einiges mitgemacht hat, Szenen, die nicht mehr verwendbar waren, wurden durch mindestens drei verschiedene Video-Quellen ersetzt (4:3, 1.66:1 und 1.85:1 im Format, im Gegensatz zum 2.35:1 der Kino-Fassung). Das Aspect Ratio wechselt also fröhlich, daran muss man sich gewöhnen. Zinemaxploitation legt spanischen, englischen und O-Ton vor, Untertitel gibt’s nicht, dafür noch zwei Trailer als Bonus und ein spanischsprachiges Interview mit Bruce Li. Zu erwähnen ist natürlich noch, dass der Film in zwei Varianten auf den internationalen Markt losgelassen wurde – mit einem „traurigen“ und einem „happy end“, wahlweise. Die Blu-Ray beinhaltet beide Fassungen. Der, hüstel, künstlerischen Intention dürfte wohl das „traurige“ Ende entsprechen.

Sicher nicht der spaßigste Bruceploiter, aber für einen HK-B-Film ein überraschend zielsicheres Kung-fu-Drama. Durchaus sehenswert für Genrefreunde.

3/5
(c) 2017 Dr. Acula


mm
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