Die jungen Tiger von Hongkong

 
  • Deutscher Titel: Die jungen Tiger von Hongkong
  • Alternative Titel: Women for Sale |
  • Regie: Ernst Hofbauer
  • Land: BR Deutschland
  • Jahr: 1969
  • Darsteller:

    Robert Woods (Rodney/Michael Anderson), Ralf Wolter (Bob), Werner Pochath (Walter Hinrichs), Veronique Vendell (Ann), Barbara Capell (Christina), Jochen Busse (Carl van Dreegen), Solvi Stübing (Gwinny), Michael Bulmer


Vorwort

Auch in Hongkong kann’s einem langweilig werden, zumindest wenn man Reiche-Leute-Sohn ist. Ein Haufen solcher Upper-Class-Kids Anfang 20 hat deshalb einen Privatclub gegründet (der Film ist sich nicht ganz einig, ob der „Sugar-Club“ oder „Shocker-Club“ heißen soll). Neben der exklusiven Edeltränke gehört zum Club auch allerhand Schabernack an mehr oder weniger groben Scherzen. Gerade erst hat die Vereinigung, deren Chef Walter Hinrichs ist, ein Mitglied durch einen bedauerlichen Russisch-Roulette-Unfall verloren…

Ein Neuankömmling in der Stadt ist der amerikanische Testpilot Michael (oder auch Rodney, je nach Sprachfassung) Anderson. Der ist auf der Suche nach seiner ehelich Angetrauten, die mit einem Schnösel namens Kramer durchgebrannt und mutmaßlich in Hongkong gelandet ist. Sein alter Bekannter Bob, bei dem’s nie für den Pilotenschein gereicht hat und der deswegen seine HK-Dollar als Einweiser auf dem Flughafen verdient, kennt Kramer – allerdings unter dem Namen Dr. Mason als regelmäßigen Pendler zwischen Hongkong und Singapur auf Kosten des schwerreichen Industriellen van Dreegen.

Bob gibt Anderson den Tipp, im Sugar-Club nach Mason zu spähen. Da Anderson allerdings nicht zu den eingetragenen Clubmitgliedern gehört, ist sein Besuch dort nur von kurzer Dauer, erst recht, als er sich mit Barmieze Ann zu gut zu verstehen scheint. Dem Rausschmiß folgt noch eine Tracht Prügel, doch Anderson versteht sich durchaus zu wehren.

Für Walter ist die Sache damit momentan abgeschlossen, zumal andere Dinge mehr Spaß verbrechen – die „Aufgabe“, die Club-Mitglied Lugosi (sic!) und die durch ein faires Losverfahren („wer hat die längsten Beine?“) zugeteilte Komplizin Gwinny erfüllen müssen – einem toten reichen chinesischen Pinkel direkt aus dem Sarg einen Smaragdring stehen. Der Trip in die Leichenhalle endet für Lugosi fatal mit einer um den Hals gewickelten Peitsche – van Dreegen, dem die Leichenhalle offenbar gehört, war von Ann, die als Spionin für ihn im Club arbeitet, gewarnt worden und hat seinen Killer Wang als Wachtposten abgestellt. Gwinny rennt zur Polizei, doch als die auftaucht, ist weder von dem Einbruch, Lugosis Kadaver noch den von Gwinny rapportierten nackten Mädchen in Särgen, die sie zuvor entdeckt hatten, etwas zu sehen. Lugosi wird später am Strand angespült…

Während Anderson über die Ann-Connection einen Fuß bei van Dreegen in die Tür bringt, um vielleicht mal für ihn nach Singapur zu fliegen und dort Mason aufzutreiben, herrscht im Club offener Unfriede. Carl van Dreegen, Unternehmerssohn und Club-Mitglied, hat von seinem alten Herrn Clubverbot erhalten und will nun am liebsten mit Ann ganz stiften gehen. Walter allerdings hält Carl für einen falschen Fuffziger und latent verdächtig, an der Entführung einer gewissen Molly, offiziös mal Carls ehemalige Matratze gewesen, beteiligt zu sein, und beabsichtigt, die Wahrheit aus Kalle rausprügeln zu lassen. Offenbar hat Carl eine schwache Pumpe und verröchelt während der Tortur.

Dieweil es Anderson und Bob gelingt, mit einer List die üblichen Singapur-Piloten auszuschalten und als Ersatz angeheuert zu werden, wird van Dreegen senior wegen des mysteriösen Verschwinden seines Sohnes nervös. Er lässt Ann kidnappen und foltern, im sicheren Glauben, dass Walter und sein Club etwas mit der Absenz seines Erben zu tun haben. Indes entdeckt Anderson bei einer Im-Flug-Inspektion seiner Luftfracht das schreckliche Geheimnis hinter van Dreegens vornehmer Fassade – in den Särgen werden Mädchen außer Landes geschmuggelt und später in Singapur einer Gehirnwäsche unterzogen…


Inhalt

Als in der zweiten Hälfte der 60er Jahre der deutsche „Exotik-Krimi“ für volle Kinokassen sorgte und besonders ein ganzer Schwung Blacky-Fuchsberger-, Heinz-Drache- oder „Kommissar X“-Abenteuer den fernen Osten und insbesondere die damalige britische Kronkolonie Hongkong als Backdrop für mehr oder weniger gewagte Action-Abenteuer für sich entdeckten, könnten natürlich auch nicht Exploitation-Papst Ernst Hofbauer und Parade-Schmutz-Schmierfink Rolf Olsen nicht an sich halten und karrten ein paar Langnasen um die halbe Welt, um in Hongkong einen kleinen Reißer für die Bahnhofskinos herunterzukurbeln.

Und, das muss der Neid ihnen lassen, sie stellten einen interessanten (nicht unbedingt „guten“) Cast zusammen – Italo-Western-Haudegen Robert Woods, Paradeekelbolzen Werner Pochath („Die Engel von St. Pauli“, „Mosquito – Der Schänder“), den damals noch in manchem Exploiter zu findenen späteren Kabarettisten Jochen Busse („Perrak“), den ewigen Karl-May-Komiker Ralf Wolter, sowie ein attraktives Damentrio mit Veronique Vendell („Das Mädchen von Hongkong“, „Steiner – Das eiserne Kreuz“), Barbara Capell („Nacht der Vampire“, „Lemmi und die Schmöker“) und Solvi Stübing („Ich spüre deine Haut“, „Der geheimnisvolle Killer“). Man fragt sich, wozu es bei einer derartigen Zusammenrottung europäischen Talents nötig war, in Flugtickets nach Hongkong zu investieren, macht die Story doch einen solchen Aufwand nicht zwingend notwendig und hätte auch als „St. Pauli“-Story sicher realisiert werden können, aber es war nun mal so, Hongkong war in, Hongkong versprach Kasse, also fliegt man nach Hongkong.

„DIESER FILM IST HART“, plärrt dem geneigten Zuschauer die erste, vom Off-Erzähler, der versucht, aus der Plotte ein morality play zu machen, gesprochene Line entgegen, um uns anschließend darüber zu informieren, dass das nachfolgende Rührstück auf echten Verfahrensakten der Hongkonger Polizei (die auch noch gemeinsam mit der Royal Air Force einen On-Screen-Dank abstaubt) basiere. Dies verweise ich ohne weitere Nachprüfung ins Reich der Fabel, aber es macht auch schon klar, dass wir’s hier nicht unbedingt mit einem logisch gescripteten, kohärenten Thriller zu tun haben werden, sondern doch eher mit einem zynischen Kolportage-Klopper, die Sorte Film und Drehbücher, für die Rolf Olsen ja durchaus berühmt-berüchtigt ist. Das kann schon mal ordentlich unterhaltsame Randale werden, bei den „jungen Tigern“ ergibt sich aber das Problem, dass Hofbauer und Olsen im Bemühen, möglichst viel „schockierendes“ (was heute natürlich nicht mehr wirklich schockt) unterzubringen, stellenweise ganz heftig den Fokus der „Story“ verlieren.

Gerade unser hauptsächlicher Protagonist, Anderson, und seine Suche nach der Angetrauten, stehen über weite Strecken des Films auf recht verlorenem Posten, weil das Script noch nicht wirklich eine Idee hat, wie sie die diversen nebeneinander her laufenden Plots miteinander in Verbindung bringen will. Auf der anderen Seite baut der Film schon mit seiner Eröffnungs-Narration die „jungen Tiger“, also die Mitglieder von Walters Club, als Popanz auf, den es im Sinne von Recht und Ordnung niederzuknüppeln gilt, nur um dann einen Großteil des Films aus ihrer Perspektive zu erzählen und sie dann noch contra den *eigentlichen* Filmschurken, van Dreegen senior, in Stellung zu bringen – kurioserweise haben in Konsequenz die titelgebenden „jungen Tiger“ mit der vorgeblichen Handlung, dass Anderson seine vermisste Frau sucht, gar nichts zu tun!

Der Film geht nicht so weit, die „Tiger“ noch zu „Helden“ zu machen (morality play, you remember – etwas, was auch die Schluss-Narration nicht vergisst, uns nochmal ins Hirn zu planieren), und natürlich kann man den Standpunkt vertreten, das „echte Leben“ schreibe seine Geschichten eben nicht nach den Gesichtspunkten logischen Plottings, aber letzteres ist mir wurscht, wenn ich einen FILM sehe, der denknotwendigerweise IMMER etwas Fiktives erzählt, und ersteres führt zum Problem, dass „Die jungen Tiger“ keinen wirklichen Protagonisten hat, mit dem man als Zuschauer mitfiebern könnte. Anderson ist dafür zu wenig im Film und dann auch kein sonderlicher Sympathiebolzen, die Club-Mitglieder sind allesamt Arschlöcher und die Mädchen… nun, die sind größtenteils dumm wie Brot (und sei’s, weil sie mit den anderen Figuren abhängen). Der chinesische Inspektor wäre ein Kandidat, aber der ist dem Film SO unwichtig, dass der arme Bursche nicht mal kreditiert wird…

Hofbauer bringt dann auch nicht so viel an Action wie erhofft/erwartet – klar, da mal eine Prügelei, hier eine Verfolgungsjagd und da mal ein Shoot-out, es gibt diverse Morde (wenngleich manchmal von der recht lächerlichen Art, so postuliert der Film unfreiwillig, dass Frauen ungleich härter sind als Männer, denn während ein Peitschenhieb z.B. Walters Kumpel Tushingham direkt in die nächste Welt befördert, kann Ann voyeurfreundlich ein ganzes Weilchen ausgepeitscht werden und nicht mehr als ein paar blutige Striemen davontragen), aber bei allem Bemühen um Rasanz, viele Schauplatzwechsel und den Einbau von nackten Tatsachen bekommt der Film nie wirklich so viel Momentum, dass einem die einen Absatz weiter oben geschilderten Macken einerlei werden und man sich einfach dem Filmfluss hingibt.

Für Frohsinn sorgt zumindest der beschwingte Score von Gert Wilden (irgendwie fehlt mir noch ein gesungener Schlager… aber das kann Festivalnachwirkung sein).

Die darstellerischen Leistungen sind… okay. Woods ist mir als nomineller Held zu steif, zu ausdruckslos, zu uncharismatisch. So ’ne Stoneface-Nummer kann im Italo-Western, wo wir erwarten, dass die Protagonisten emotionslose Arschlöcher sind, funktionieren, hier glauben wir *nie*, dass ihm wirklich etwas daran liegt, seine Frau zu finden (und wenn, dann höchstens, um ihr persönlich den Hals umzudrehen). Ralf Wolter als sein Comedy-Partner (in zumindest sozialverträglicher Manier) lockert die Anderson-Szenen etwas auf.

Werner Pochath ist ganz sein schmieriges Ekel-Selbst, was sich ein wenig damit beißt, dass der Film offenbar doch will, dass wir ein ganz kleines bisschen *für* ihn empfinden, aber für „mögbare Charaktere“ heuert man keinen Pochath an… Jochen Busse ist recht gut als mißratener Millionärssohn. Den alten van Dreegen spielt nach meiner Vermutung Michael Bulmer, ein Hongkong-„Experte“, der die gesamten drei Filme seiner Vita in diesem Sujet absolvierte (u.a. auch im Drache-Abenteuer „Ein Sarg aus Hongkong“).

Die Mädels sind allesamt sehr knusprig anzuschauen – Veronique Vendell überzeugt mit vollem Körpereinsatz, Barbara Capell bringt den natürlichen girl-next-door-Charme ein und Solvi Stübing darf die hysterische Drogenschlampe spielen.

Die Filmjuwelen-DVD bietet ordentliches Bild (wird aber auf dem großen Flachbild schon ein wenig pixelig), pasasblen Ton und nur den Trailer als Extra.

Insgesamt hatte ich mir von „Die jungen Tiger von Hongkong“ etwas mehr erhofft – mehr Sleaze, vielleicht, mehr Action auf jeden Fall, mehr Abenteuer. Für eine Hofbauer/Olsen-Kollaboration ist „okay“ vielleicht das Maximum, was man an „Qualität“ erwarten kann, aber augenscheinlich verhedderte sich der Film im Widerspruch zwischen „was er sein wollte“ und „was er sein konnte“ – er bleibt „watchable“, aber man hat das Gefühl, dass da mehr Spaß drin war…


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 6


mm
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