- Deutscher Titel: Die Jagd zum magischen Berg
- Original-Titel: Race to Witch Mountain
- Regie: Andy Fickman
- Land: USA
- Jahr: 2009
- Darsteller:
Dwayne Johnson (Jack Bruno), Anna Sophia Robb (Sara), Alexander Ludwig (Seth), Carla Gugino (Dr. Alex Friedman), Ciarán Hinds (Henry Burke), Tom Everett Scott (Matheson), Chris Marquette (Pope), Billy Brown (Carson), Garry Marshall (Dr. Donald Harlan), Kim Richards (Tina), Ike Eisenmann (Sheriff Anthony), Tom Woodruff jr. (Siphon), Cheech Marin (Eddie)
Vorwort
In der Nähe von Las Vegas bruchlandet ein UFO – sehr zur Freude von Henry Burke und seiner supergeheimen Men-in-Black-mäßigen Geheimtruppe, die endlich mal wieder was zu untersuchen hat. Allerdings stellen Burkes Mannen rasch fest, dass zwei Aliens dem Absturz entkommen sein müssen… und in Las Vegas entdeckt Taxifahrer, Ex-NASCAR-Pilot und -Kleinganove Jack Bruno auf dem Rücksitz seines Cabs zwei Teenager mit einer unverschämten Menge Bargeld und dem dringlichen Wunsch, an den sprichwörtlichen Arsch der Welt gefahren zu werden. Wenn’s irgendwo in den USA einen Ort gibt, wo Cash Money lacht, dann ist es Vegas und einer lukrativen Fuhre schaut der Taxler nicht in den Auspuff. Die sich auf dem Highway entfaltende Verfolgungsjagd versteht Jack aber völlig falsch – es ist nicht sein ehemaliger Gangsterboss (der es nämlich sehr gerne sehen würde, schlösse sich Jack wieder seiner Organisation an), der aufdringlichen Blechkontakt veranstaltet, sondern Burkes Truppe. Dass die Kids, Sara und Seth, ihm die Verfolger mit erstaunlichen Fähigkeiten von der Pelle halten, fällt Jack im Eifer des Gefechts nicht auf…
Sara und Seth lassen sich zu einer abgelegenen Hütte karren. Bei Jack setzt ob 600 % Trinkgeld das schlechte Gewissen ein – er folgt den Kids (durch eine Geheimtür im Kühlschrank) in eine Art unterirdisches Tropenhaus, und keine Sekunde zu spät, denn da ist JEMAND, der Sara und Seth ganz gerne umbringen möchte – und der gehört nicht zu Burkes Leuten. Nach einer weiteren halsbrecherischen Verfolgungsjagd geben die Kids zu, Außerirdische zu sein und eine für zwei Planeten überlebensnotwendige Mission zu verfolgen. Die Militärs ihres umweltverseuchten Heimatplaneten halten nämlich die Erde für ein ideales Ausweichquartier und planen eine unmittelbare Invasion. Die Eltern der Teenaliens haben allerdings bei Experimenten auf der Erde herausgefunden, dass die Umweltverschmutzung umkehrbar ist – und damit kein Invasionsgrund mehr vorhanden ist. Nur wenn es Sara und Seth gelingt, die Beweise zurückzubringen, kann der Angriff gestoppt werden; dafür brauchen sie allerdings ihr von Burke abgeschlepptes Raumschiff – und als kleines Zuckerl haben die fiesen Bösaliens den Kiddies einen gnadenlosen Auftragskiller (der „Jemand“, der schon in der Hütte attackierte) auf den Hals gehetzt. Jack erinnert sich an die Zufallsbegegnung mit der Wissenschaftlerin Dr. Friedman, die zu ihrem Leidwesen ihre Vorträge über außerirdisches Leben vor ob der Trockenheit der Materie persönlich enttäuschten Spacken, Nerds und Cosplayern auf einer gerade stattfindenden UFO-Convention halten muss. Die schnell überzeugte Dokteuse requiriert vom spinnerten Ufologen und Verschwörungstheoretiker Dr. Harlan die notwendigen Informationen – das UFO kann nur im supersonderspezialgeheimen Stützpunkt „Witch Mountain“ versteckt sein. Der ist bestens bewacht und gesichert, schließlich ist’s Burkes Hauptquartier – und da wäre noch der Killer vom anderen Stern…
Inhalt
Wer nicht nur meine Reviews liest, sondern auch weiß, was ich mir sonst so ankucke, der ist darüber im Bilde, dass ich ein Fan von The Rock, äh, Dwayne Johnson bin. Man kann über seine Wrestling-Vergangenheit lästern wie man will – er hat’s geschafft und ist von der Startposition des WWE-Superstars erfolgreich in den Mainstream und zumindest die A2-Liste der Hollywoodstars eingebrochen. Man kann vielleicht darüber enttäuscht sein, dass Johnson nach dem vielversprechenden Start mit „Scorpion King“, „Walking Tall“ und „Welcome to the Jungle“ nicht den vorgezeichneten Weg einschlug und der Schwarzenegger für das 21. Jahrhundert wurde, aber man kann’s ihm schlicht nicht verübeln, dass er sich nicht auf die Rolle des reinen Action-Stars festlegen lassen will und von psychedelischem Nonsens wie Richard Kellys „Southland Tales“ über Crime-Dramen wie „Gridiron Gang“, voice-acting in Animationsfilmen („Planet 51“) bis hin zu Komödien wie „The Game Plan“ die ganze Bandbreite ausprobiert – auch wenn man dann mal bei Disney landet…
Ja, „Race to Witch Mountain“ ist eine Walt-Disney-Produktion (die auch nicht unter dem Banner einer der „erwachseneren“ Dependancen des Maus-Imperiums läuft), und als solche das Re-Imagening einer bereits zweimal (1975 von John Hough, mit Sequel, und 1995 von Peter Rader) verfilmten juvenile-SF-Geschichte von Alexander Key. Den ’75er-Streifen bilde ich mir (mittlerweile) sogar ein, mal gesehen zu haben (der lief im ZDF, meine ich mich zu erinnern), aber das wusste ich wie üblich vorher nicht – ich ging davon aus, einen Fantasyfilm für ein jugendliches Publikum zu bekommen (den ich nur unter der Maßgabe auslieh, dass ich The Rock wahrscheinlich auch beim Vorlesen – oder eher Zerreißen – des Berliner Telefonbuchs Band A-E zukucken würde; allerdings fürchte ich momentan, für sein nächstes Werk „Tooth Fairy“ von dieser Regel Abstand zu nehmen), meine positive Überraschung, statt dessen eine vergleichsweise seriöse SF-Action-Komödie serviert zu bekommen,
Sicher ist selbst die komödiantische Verpackung der Story (die vorhergehenden Verfilmungen der Geschichte waren „ernsthaft“ erzählt) nicht neu – im Endeffekt ist „Race to Witch Mountain“ nichts anderes als die Aufpäppelung des bewährten „harmloses-Alien-will-zurück-nach-Hause“, wie es „E.T.“ für die ganze Familie oder Carpenters „Starman“ für ein etwas erwachseneres Publikum schon zelebrierten, mit einer etwas stärkeren Gewichtung zugunsten der quasi-“Men in Black“, die deutlicher personalisiert werden als in den genannten Vorbildern, und oben drauf gibt’s dann ein Blockbuster-kompatibles Topping aus solider Action und Humor. Erfreulich ist, dass der Streifen trotz der humoresken Auslegung und der Figurenkonstellation mit Johnson als „Ersatzvater“ für zwei Teen-Aliens sich einerseits soweit im selbstgewählte Rahmen möglich „ernst“ nimmt und auf übertriebene Zuckerguss-Süßlichkeiten verzichtet (und dies durchaus bewusste Entscheidung war, wenn man die auf deleted scenes auf der DVD ansieht – auf Witz angelegte Passagen, die im Storykontext unpassend gewesen wären, blieben ebenso auf der Strecke wie – zum obligatorischen Happy-End hin – eine tränenreiche Abschiedsszene). Sara und Seth verhalten sich weitgehend reif (dass sie intellektuell Jack Bruno überlegen sind, ist von Haus aus klar, schließlich fliegen sie mit dem UFO rum und nicht er) und verantwortungsbewusst. Wenn man sich vor Augen hält, dass „Race to Witch Mountain“ ein Disney-Film ist und die in Sachen Charaktere, speziell Kindercharaktere, gern die grobe Kelle raushauen, ist den Autoren Matt Lopez (bisher nur mit der Sandler-Komödie „Bedtime Stories“ auffällig geworden) und Mark Bomback („Godsend“, „Stirb langsam 4.0“) Lob zu zollen – der Spagat zwischen familienfreundlicher Unterhaltung und interessantem Genrebeitrag gelingt ihnen erstaunlich gut. Lediglich den unnötigen Subplot um Jacks ehemaligen Gangsterboss, der ihn gern wieder in seinen Dienst pressen würde, hätten die Jungs sich sparen können; dafür gibt’s Pluspunkte für die satirische, aber nicht bösartige Darstellung von UFO- und SF-Nerds und den Klimmzug, durch die Bedrohung der Alien-Invasion einerseits etwas höhere „stakes“ aufzubauen als nur „die Aliens müssen nach Hause“ und andererseits recht unaufdringlich eine ökologische und anti-militaristische Botschaft einzubauen (jetzt könnte man mal fies James Cameron zuzwinkern und ihm sagen, dass es, wenn’s Disney schafft, seine „Botschaften“ subtiler zu verpacken, vielleicht doch Zeit für die Rente ist. Aber dann zeigt er mir seinen Kontoauszug und ich müsste mich entleiben). Großartige Charakterstudien sind nicht zu erwarten – alle Figuren funktionieren gut genug für das Storykonstrukt (einzig, dass Jack und Dr. Friedman „sich kriegen“, obwohl der Streifen neunzig Minuten lang erfreulich die Klischees einer love story umschifft, ist ein wenig unschön, aber offenbar fiel den Autoren nichts besseres ein, um den Epilog, der kurzfristig noch in „Bonussequenzen“ während des Abspanns umgearbeitet wurde, vorzubereiten).
Disney hält sich traditionell über die Budgets vergleichsweise bedeckt – „Race to Witch Mountain“ dürfte nicht in der allerhöchsten Liga spielen, ich schätze mal auf einen Etat von rund 60 Millionen Dollar (was der Streifen in amerikanischen Theatern auch locker wieder einspielte). Dafür sieht das Ding, dirigiert von Andy Fickman (lieber Leser, bitte betrachten Sie sämtliche mögliche Witze/Wortspiele/Kalauer mit diesem Namen als vom Schreiber dieser Zeilen bereits durchprobiert und selbst für diese Seite als zu niveaulos befunden), der sich mit „Reefer Madness: The Musical“ erstmals bemerkbar machte und Dwayne Johnson bereits in „Daddy ohne Plan“ unter der Fuchtel hatte (wo The Rock einen Ex-NFL-Profi mimte. Hier ist er Ex-NASCAR-Pilot, in „Tooth Fairy“ NHL-Spieler. Bald hat er alle wesentlichen amerikanischen Sportarten durch) durchaus gut aus – die CGI sind größtenteils überzeugend (einzige Ausnahme ist ein Bullet-Time-Effekt, der sich weniger auf der Wachowski- denn auf der Boll-Seite einpendelt) – speziell eine Sequenz, in der die Aliens für Dr. Friedman eine Art holographische 3D-Projektion ihres Heimatplaneten erzeugen, sieht richtig richtig gut aus -, das Siphon-Outfit und die dazugehörenden Creature-FX halten jeden Vergleich aus, die Action ist, trotz PG-Rating und dem erkennbaren Bemühen, trotz hochoktanigen Geballers im Finale nicht mal andeutungsweise Tote zu zeigen (was allerdings heftigst impliziert wird – ich meine, der Siphon ballert im Showdown ungefähr ölfzighundert Soldaten um, da wird der ein oder andere schon ins Gras gebissen haben), knackig, was auch auf ein paar kurze Kampfszenen für Johnson zutrifft, ebenso wie auf die rasant inszenierten Verfolgungsjagden. Abstriche sind zu machen bei den praktischen on-set-Effekten: die Pyros sehen manchmal etwas feuerwerkskörpermäßig aus, aber es stört nicht enorm.
Fickman treibt das Prozedere auch energisch und energetisch voran – Zeit für Leerlauf gibt’s da nicht (auch hier lohnt sich aus handwerklicher Sicht ein Blick auf die deleted scenes; sämtliche geschnittenen Szenen flogen aus gutem Grund, wenn nicht der Humor oder die Rührseligkeit dem Ton des Films nicht geschadet hätten, hätten diese erweiterten oder ersatzlos gestrichenen Szenen das Pacing enorm gestört). Action, Charakter- und Expositionssequenzen sowie die nie übertriebenen, sondern hauptsächlich auf Situationskomik, one-linern und reaction shots abzielende Komik halten sich die Waage und sorgen für ein ausgesprochen kurzweiliges Filmvergnügen auf handwerklich hohem Niveau; bei der Kameraführung kann ich mich nur mit der gelegentlich ausgepackten Handkamera-Zappelei für Kampfszenen nicht ganz anfreunden (aber im Gegensatz zu Michael Bay hält der Kameramann wenigstens grob den Fokus auf die Aktiven). Das Tempo wird hoch gehalten, wenn die Action mal Pause macht, gibt’s eben Humor und zum Ende hin wird’s durch die Doppelbedrohung außerirdischer Jäger/irdischer Geheimdienst auch ordentlich spannend, ohne jüngeres Publikum zu überfordern.
Trevor Rabin steuert einen gelungenen Score bei, der sich nicht in den Vordergrund drängt, aber glänzend auf den Film selbst abgestimmt ist und ein paar schöne Las-Vegas-Aufnahmen, bei mir immer ein Plus, hat’s dann auch noch.
Ich sagte es bereits – ich bin ein Fan von Dwayne Johnson, und das nicht mal aus alten Wrestling-Zeiten (ich war zur Attitude Era WCW-Loyalist), der Mann hat einfach eine unwiderlegbare Screenpräsenz, ein erstaunliches Charisma und den erkennbaren Willen, auch schauspielerische Herausforderungen anzugehen (vergleiche seinen hinreißenden Boxer Santoro in Richard Kellys katastrophal-unterhaltsamen „Southland Tales“). Im Gegensatz zu den 80er-muskelbepackten Action-Helden ist er nicht nur reine Physis, sondern hat auch erstaunliches komödiantisches Timing und, nicht zu unterschätzen, vermutlich die momentan besten facial expressions in Hollywood. Ohne zu grimassieren, kann er mit einem Blick klar und glaubhaft machen, verwirrt, amüsiert, schockiert oder mightily pissed-off zu sein, was einem Film, der zu einem gerüttelt Maß von den Reaktionen Jack Brunos auf die Fähigkeiten der Aliens, die Angriffe des Siphon und die Attacken von Burkes Goons lebt, ungeheuer weiter hilft. Daumen einmal mehr nach oben für den Mann, den sie Rock nannten.
Carla Gugino („Spy Kids 1-3“, „Rise: Blood Hunter“, „Nachts im Museum“) ist als Johnsons sympathisch-lieber Sidekick nicht sonderlich gefordert (eine ihrer schauspielerisch besten Szenen blieb leider auf dem Schneideraum-Boden), aber sie erledigt ihren Job routiniert und mit einigen prägnanten Pointen. Die Rolle des Bösewichts liegt Ciarán Hinds („Rom“, „München“, „Miami Vice“, „Der Anschlag“) glänzend – klar, es ist eine eindimensionale Rolle, mit der man keine Academy Awards gewinnt, aber Hinds hat seinen Spaß damit, ohne zu übertreiben, ohne cartoonesk zu werden (den komischen Sidekick des Bösen gibt Chris Marquette [„Freddy vs. Jason“, „Alpha Dog“, Infestation, „Fanboys“). Der langjährige TV-Produzent und -Schreiber Garry Marshall („Happy Days“, „Mork vom Ork“) absolviert einen amüsanten extended cameo als UFOloge Dr. Harlan.
Netter Zug am Rande: Kim Richards und Ike Eisenmann, die Darsteller der Alien-Kids im 75er-Original, wurden mit kleinen, aber nicht unwichtigen Nebenrollen gewürdigt.
Ich hab zu den Kinderdarstellern (naja, sie sind 16 bzw. 17) noch nichts gesagt – Ihr wisst, ich bin da normalerweise überkritisch, aber hier habe ich nichts zu motzen. AnnaSophia Robb („Jumper“, „The Reaper“, „Charlie und die Schokoladenfabrik“) und Alexander Ludwig („Air Bud 3“, „MVP 3“) liefern überzeugende Leistungen ab. Ich persönlich fand Ludwig etwas stärker in der vielleicht knapp vielschichtigeren Rolle des Seth, prophezeihe aber Robb noch ’ne amtliche Karriere, zumindest im TV.
Zu Bild und Ton der Disney-DVD nur in Kürze (Ihr wisst ja, bei Leih-DVDs nehme ich mir nicht so viel Zeit, sonst lohnt sich das Lovefilm-Abo nicht mehr…). Perfektes Bild, ausgezeichneter Ton, umfangreiche Extras. Der Sinn der „fast play“-Funktion (die faktisch nur alle Titel der DVD nacheinander abspielt, ohne dass der Konsument „umständlich“ übers Menü gehen muss), erschließt sich mir nicht, zumal man trotzdem alle Zwangstrailer ansehen muss…
Schlusswort: „Race to Witch Mountain“ ist beste Unterhaltung – ein Streifen, der keinen Kunstanspruch vor sich her schiebt oder behauptet, irgendetwas, sei es Technik oder Storytelling, revolutionieren zu wollen. Es ist nicht mehr, aber eben auch nicht weniger als flott erzähltes, sauber inszeniertes und im Genre-Rahmen überzeugend gespieltes Familienentertainment, getragen von einem einmal mehr formidablen Dwayne Johnson, soliden Effekten, rasanter Action und nie übertriebenem oder aufgesetztem Humor. Das ist heutzutage schon fast wieder mehr, als man vom Hollywood-Mainstream erwarten kann und daher aller Ehren Wert. Ein Gute-Laune-Film, dem ich deswegen mit dem ein oder anderen kleinen Sympathiepunkt frohen Herzens vier Punkte spendiere.
4/5
(c) 2010 Dr. Acula