Die Filme des Joe D’Amato

 
  • Deutscher Titel: Die Filme des Joe D'Amato
  • Original-Titel: Die Filme des Joe D'Amato
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  • Regie: Andreas Bethmann
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2000

Vorwort

Das vorliegende Review behandelt die delikate Dokumentation über das Lebenswerk Joe D’Amatos, die es unter anderem auf der 2001 in Deutschland von ASTRO veröffentlichten Porno Holocaust-DVD zu bestauen gibt, während sie auf der zwei Jahre später erschienen X-Rated-Version fehlt. Damit verbunden ist die Frage nach dem Urheber dieses 30minütigen Kommentars, denn alles deutet, wie wir noch sehen werden, auf Andreas Bethmann alias Bertucci hin. Angegeben sind „(c)1999 Capital Film/Butterfly Motion Picture“ sowie „(P)2000 X-Rated Film“. Erste Hinweise auf eine Mögliche Verbindung zu Andreas Bethmann.
Wer letztendlich für das Script und den äußerst „gelungenen“ Vortrag verantwortlich ist, das ist zunächst zweitrangig. Mehr bleibt eigentlich nicht zu sagen, vielleicht noch, dass hier zahlreiche direkte Zitate – wiedergegeben nach bestem Wissen und Gewissen – unerlässlich bleiben, um den diskreten „Charme“ der Dokumentation möglichst getreu widerzugeben.

Update:
Uns wurde zugeflüstert, dass das Ding auf dem gleichnamigen „Sachbuch“ von Bethmann basiert und die Erzählstimme identisch sei mit der, welche die Extras bei Dämonenbrut erklärt. In Anbetracht dessen scheint der Fall ja klar zu sein.
Zudem finde sich die Doku noch auf weiteren ASTRO-DVDs, nämlich auf der zu Antropohagus II (da fehlt ein „p“, das fehlt aber eben auch auf der DVD) und Emanuelle in America, oder auf der X-Rated Special Edition von Emanuelle und die letzten Kannibalen – also auf allen D’Amato-DVDs, auf denen es noch Platz hatte, wie es scheint. Ein Dankeschön an SalPiro und Anime-BlackWolf.


Inhalt

Die Dokumentation ist konventionell angelegt: ein Sprecher führt uns ein in das Leben und Werk Joe D’Amatos, visuell unterstützt durch zahlreiche Ausschnitte aus den Filmen sowie einigen Privataufnahmen des vorgestellten „Kultregisseurs“. Untermalt wird das ganze mit Musik aus einigen seiner Streifen. Untertitel machen auf den gerade erwähnten und gezeigten Film aufmerksam.

Der Kommentar wird mit biographischen Details eröffnet: so dürfen wir erfahren, das Joe D’Amato alias Aristide Massaccesi bereits im Jahre 1953 über die Kontakte seines im Filmbusiness als Techniker beschäftigten Vaters zum Film gelangte – zunächst als Standbildfotograph. Er habe über die Jahre seine Erfahrungen gesammelt und die unterschiedlichsten Jobs am Filmset verrichtet: Fotograph, Kabelträger oder Elektriker. Ende der 60er Jahre erhielt, so heißt es, D’Amato durch seine großen Erfahrungen und durch Beziehungen seines Vaters die Chance, bei vielen Produktionen als Kameraassistent zu arbeiten [Nur am Rande: nach etlichen Jahren als Kabelträger zum Kameraassistenten aufzusteigen, das sollte zu denken geben]. Hier, so der Sprecher, sei die Weichenstelllung für D’Amatos späteres Schaffen als Kameramann und Regisseur erfolgt. So habe die „sehr stimmungsvolle Arbeit“ Mario Bavas in Filmen wie „Vampire gegen Herakles“ – etwa die künstlichen Kulissen und die sehr unnatürliche Beleuchtung – einen prägenden Einfluss auf D’Amato gehabt. Mitte der 60er Jahre arbeitete D’Amato in über 30(!) Produktionen als Kameraassistent mit und „im Film „Bekreuige dich Femder“ ließ es sich D’Amato nicht nehmen, sogar als Schauspieler mitzuwirken“. Man könnte es durchaus auch kritisch aufnehmen, wenn es heißt:

„Ende der 60er Jahre schaffte D’Amato nach fünfzehn Jahren Filmerfahrung endlich den Sprung vom Assistenten zum richtigen Kameramann“.

Als erste eigene Regiearbeiten werden „Heroes in Hell“ sowie „Die Mörderbestien“ vorgestellt. Über letzteren erfährt der Zuschauer in einer kurzen Inhaltsangabe, dass Kinski hier einen Arzt spielt, „der nach einem Unfall das Rätsel einer Frau lösen will, die wahrscheinlich schon einmal tot war und zu den Lebenden zurückkehrte“ [Aha…]. Interessanter wird es, wenn wir in diesem Zusammenhang hören dürfen:

„D’Amato spielte hier seine Wurzeln mit den filmischen Elementen des italienischen Horrorfilms der 70er Jahre voll aus und garnierte das ganze mit einigen netten Spezialeffekten“ – gezeigt wird hierzu eine Szene, in der einer Frau eine Nadel in den Augapfel gestochen wird.

Nach einem kurzen Geplänkel zu „Die Rotröcke“ gibt es eine nähere Beschreibung zum „Aufsehen erregenden“ Film „Foltergarten der Sinnlichkeit“:

„Der Film war der Beginn einer langen Reihe dieser Art, wo (sic!) D’Amato sein sein wahres Talent unter Beweis stellen konnte: extreme Szenen von Perversionen, Erotik, Horror und etwas Hardcore in einem Film waren zuvor noch nie dagewesen. Trotzdem bot die deutsche Fassung den meisten Sex. Im Ausland war hingegen mehr von den kannibalistischen und gewaltverherrlichenden Szenen enthalten“.

So langsam entwickelt sich ab diesem Zeitpunkt ein neuer Grundton in den Ausführungen des Sprechers – wir sind Zeuge zunehmenden Niveauverlusts in den Beschreibungen der Filme. So kriegen wir zur Filmreihe „Black Emmanuelle“ zu hören: „Erst als sie [Laura Gemser] in dem Film „Black Emanuelle“ von Albert Thomas bekannter wurde, führte D’Amato die Reihe von Emmanuelle, der bisexuell veranlagten Reporterin, die immer geil ist, fort.“

Bei derartigen Ausrutschern bleibt es, wie zu erwarten, aber nicht. Man staunt nicht schlecht, wenn es heißt: „Der Film „Emanuelle in Amerika“ war sicher der beste und erfolgreichste Film der Serie, doch auch der umstrittenste. In fast allen Ländern der Erde waren bis teilweise zwanzig Minuten Material zensiert worden. In Deutschland wurde immerhin die zweitbeste Version veröffentlicht. Neben Hardcore-Einlagen an vielen Stellen wurde auch Tiersex praktiziert [An dieser Stelle, so scheint es zumindest, muss der Sprecher sich offensichtlich das Lachen verkneifen. Eine wahrlich enthüllende Dokumentation – in jedem Sinne.] In einem Stall holte eine Frau vor den Augen lüsternder Gäste einem Pferd einen runter. So etwas war noch nie dagewesen.“

Der Zuschauer darf im Anschluss an diese Ausführungen besagte Szene, gefolgt von zahlreichen pornographischen Ausschnitten aus „Emanuelle in Amerika“, genießen. „Black Emanuelle“ erhält im Rahmen dieser Dokumentation auffallend große Aufmerksamkeit. So gibt es neben der Fülle an Bildmaterial auch weitere Bemerkungen:

„Am meisten geriet D’Amato aber ins Kreuzfeuer wegen der Snuff-Szenen, die aber laut seinen Aussagen eindeutig gestellt waren. Doch die gezeigte Brutalität und auch die sehr realistische Darstellungsweise dieser Aufnahmen sind eindeutig am Rand des menschlichen (sic!) Erträglichen .[Wieso hält der Kommentator hier ganz offensichtlich wider besseren Wissens eine konkrete Aussage zurück? Wunschdenken etwa?] Insgesamt ist der Film ebenfalls wieder eine Mischung aus Horror, Hardcore und Erotik.“

Gezeigt werden hierzu die umstrittenen Szenen des Films. Nach „Emanuelle in Amerika“ fogt eine kurze Behandlung der Sequels. Es ist wirklich erstaunlich und geradezu lächerlich, wenn der Kommentar nach dem bereits Gezeigten und Gesagten fortfährt:

„In den Folgefilmen „Emanuelle – Alle Lüste dieser Welt“ und „Emanuelle in Afrika“ ließ die Ernsthaftigkeit dieser Serie etwas nach. Plumpe Erotik zu (sic!) Selbstzweck ohne viel Handlung war hier die Devise.“ Auch hier bleibt dem Hörer/Zuschauer der Eindruck nicht verwehrt, dass der Sprecher kaum das Lachen verkneifen kann. Ist das Kapitel „Emanuelle“ abgeschlossen, werden im Schnelldurchlauf einige weitere Filme aus D’Amatos Werk vorgestellt. An weiteren überaus sinnigen Kommentaren wird aber nicht gespart:

„Mit dem Film (sic!) „Hospital der Sexy Schwestern“ und „Mondo Erotico“ war D’Amato am absoluten Tiefpunkt angekommen. Ende der 70er Jahre fing D’Amato im Zuge der Horror-Welle aus Kommerzgründen damit an, in seine Erotikfilme neben Hardcore- auch wieder Horror-Elemente einzubauen.“

Filme wie „Voodoo-Baby“ oder „Papaya – Liebesgöttin der Kannibalen“ konnten den Horrorfan aber keineswegs überzeugen, denn der Erotikgehalt wäre noch zu hoch gewesen, so der Kommentator.

„Nach der Produktion reiner Pornofilme wie zum Beispiel „Heisse Räder heisse Lippen [Der angegebene Untertitel lautet übrigens „Heisse Lippen heisse Räder“] die gleichzeitig auch als Spielfilme funktionierten, widmete sich D’Amato voll dem Horrorfilm. Der sehr erfolgreiche „In der Gewalt der Zombies“ bot neben Splatter-Szenen und den momentan so beliebten Zombie-Einlagen [Ach wirklich?!] auch zwanzig minuten Hardcore- und Erotikmaterial, welches aber fast nie veröffentlicht wurde.“

In welchem Land der Erde diesmal die „beste“ oder „zweitbeste“ Version veröffentlicht wurde, entzieht sich aber scheinbar der Kenntnis des Kommentators. Zu „In der Gewalt der Zombies“ folgt eine überaus passende Inhaltsangabe: „Die jetzt sehr populäre Laura Gemser spielte die Hüterin der Katzeninsel, auf der ein reicher Kaufmann eine Hotelkette errichten will. Entgegen aller Warnungen betreten er, der Bootsmann und ein paar geile Begleiterinnen die Insel.“

Sind die durchaus belanglosen Softsex-Auschnitte aus „In der Gewalt der Zombies“ überstanden, widmet sich die Dokumentation D’Amatos filmischer Handwerkskunst im Subgenre „Kannibalenfilm“:

„Auch dem Kannibalenhorror frönte D’Amato nach und schuf mit „Emanuelle und die letzten Kannibalen“ eine perfekte Mischung aus Thriller, Horror und Softerotik. Leider war dieser Film auch in vielen Ländern geschnitten und wies mal mehr Erotik und mal mehr Horror auf.“

Dieses Thema ist (zum Glück) schnell erledigt und es gibt danach in äußerster Kürze wenig Interessantes zu D’Amatos „Killer Mission“. Unterhaltsamer und einer Erwähnung wert ist dagegen die darauf folgende Besprechung des Films „Imagino di un Convento“. Hier ist der Sprecher in seinem Element, wenn er zu berichten weiß:

„Mit dem Film „Imagino di un Convento“, der leider in Deutschland nie veröffentlicht wurde, drehte D’Amato einen pikanten Nonnenfilm, bei dem in einem Kloster durch den Einfluss einer dämonischen Statue die geilen Unterstübchen der Nonnen in Extase geschrubbt werden. Man beauftragt schließlich einen Exorzisten der dem geilen Treiben unter dem Einfluss von Belzebub Einhalt gebieten soll. Ein seltener Film mit sehr unmoralischen Szenen.“

Wenn dem Film „Imagino di un Convento“ sehr unmoralische Szenen bescheinigt werden – zu sehen ist jedenfalls nur seichte Softerotik – so ist der Zuschauer [zumindest ich] etwas verwundert, hat man in dieser Dokumentation doch schon Einblicke in Filme ganz anderen Kalibers bekommen. Ein Film, der sehr lobende Erwähnung findet, ist Buio Omega. Hier heißt es:

„Mit dem Film „Buio Omega“ sollte D’Amato endlich auf der ganzen Welt – vor allem bei den Horrorfans – bekannt werden und den langverdienten Ruhm ernten.“

Wie nicht anders zu erwarten, erhält die Problematik der drastischen Darstellungsweise besondere Erwähnung:

„Der Film bietet einen Haufen expliziter Gewaltdarstellungen und bekam deshalb in Italien einige Probleme. In Deutschland landete der Film auf der Liste der verbotenen Filme und ist seitdem ein beliebtes Sammlerstück geworden.“

Parallel dazu darf man einigen dieser „expliziten Gewaltdarstellungen“ des Films beiwohnen. Ähnlich wird der Film Absurd gehanhabt: Nach dem Hinweis, dass er hierzulande verboten sei, dürfen wir einer Schädelöffnungssequenz zuschauen. Ein weiteres Machwerk, das großes Lob erfährt, ist „Antropophagus“:

„Mit dem Film „Antropophagus“, kurz: „Maneater“ [Ähm… *kicher*] setzte D’Amato seinem Bekanntheitsgrad noch einen drauf.“

Nach einer erneuten Schilderung der gröbsten Handlungsstranges gibt es natürlich wieder eine „spezielle“ Hintergund-Info:

„Auch dieser Film fand bei uns ein Verbot. Im Ausland sorgte der Film wegen der berühmten „Embryo-Szene“, wo (sic!) der Maneater der schwangeren Frau das Kind herausriß, für großes Aufsehen. In den USA hingegen erschien eine ganz andere Schnittfassung, die auch einen völlig anderen Soundtrack aufwies.“

Tja, soviel dazu. Weiter geht es mit D’Amatos Arbeit in den Folgejahren. Erwähnung finden Filme wie „Endgame“ oder „2020 Texas Gladiatoren“, nicht jedoch deren offensichtliches Vorbild „Mad Max“, dessen mehr oder weniger gelungene Rip-Offs sie darstellen. Ebenso werden bei der Betrachtung von D’Amatos „Ator“-Reihe wesentliche Punkte dezent verschwiegen:

„Mit der Trilogie um „Ator – Herr des Feuers“ [Das ist eigentlich nur der Titel des ersten Teiles, was „geschickt“ unterschlägt, dass diese Filme nur rudimentär eine Trilogie im herkömmlichen Sinne darstellen] schuf D’Amato ein tragisches Fantasy-Epos, in der (sic!) Miles O’Keeffe den Krieger Ator spielt, der auserwählt wurde, sein Volk von der Dynastie der großen Spinne zu befreien. Dabei hat er viele Kämpfe und spannende Abenteuer zu bestehen. Insgesamt war die Sage um Ator, den (sic!) D’Amato unter seinem Pseudonym „David Hills“ drehte, ein großer Erfolg gewesen.“

Es ist schon erstaunlich, was dem gemeinen Volk so alles vorgeschwätzt wird – weder spielte Keeffe in allen drei Teilen mit, noch war irgendeiner dieser Filme spannend oder großartig erfolgreich. Eher wäre zu erwähnen, dass sie alle durchweg erbärmliche Rip-Offs von „Conan – der Barbar“ darstellen. Aber die Lobhuldigungen gehen weiter:

„Mit der Zeit war Joe D’Amato zu einer Ein-Mann-Fabrik avanciert und war Regisseur, Effektmann, Kameramann und Produzent in einem.“

Ob das ein gutes Zeichen ist, bleibt fraglich. Zumindest produzierte D’Amato, so erfährt man, auch Filme italienischer Nachwuchsregisseure. Bei einigen habe aber D’Amato im Laufe der Produktion selber die Regie übernommen, so bei „Raptors“, der „nicht nur sehr atmospärisch ist, sondern auch recht harte Effekte aufweist. Die deutsche Fassung war leider sehr stark zensiert worden.“ Erstaunlich, dass der ganz offensichtliche und unseelige „Jaws“-Rip-Off Deep Blood eine ernüchternde Bewertung bekommt:

„Leider nur ein mäßiger Erfolg, der sich durch den Verkauf zahlreicher Fernsehrechte doch bezahlt machte. Insgesamt war der Film aber nur ein mäßig gutes Plagiat von der „Weiße Hai.“

Am Ende der 80er Jahre brach, so der Kommentator, die italienische Filmindustrie zusammen und es wurden keine Horrorfilme mehr produziert. Interessant wäre die Frage, welche Rolle bei dieser Entwicklung drittklassige Rip-Off- und Billigsplatter-Regisseure wie D’Amato hatten. Aber allein das Aufstellen einer derartigen Frage wäre im Rahmen einer „Dokumentation“ wie dieser eindeutig zuviel verlangt. Wenden wir uns also lieber den, auf angenehm niedrigen Niveau angesiedelten Flachgeistigkeiten zu. Laut Sprecher war Joe D’Amato nun gezwungen, sich forciert dem „Erotik“-Film zu widmen. Eine Unmenge an Titeln habe Joe D’Amato in jenen Jahren produziert, wobei einige von ihnen „beachtliche Erfolge“ aufweisen konnten. So seien die Filme in nahezu allen Ländern auf Video erschienen, manche hätten es ins Nachtprogramm der Fernsehsender gebracht:

„Auch der Film „Forbidden Affairs“ wurde ein ziemlich großer Erfolg und wurde sogar in den USA gezeigt. Die Filme strahlten einfach eine ganz besondere Erotik aus, die mit der Einfachheit der Geschichte [Ganz klar eine reife Leistung!] , gut gecarsteten Frauen und auch der Art und Weise zusammenhing wie D’Amato die Sexszenen einfing. Leider sind bei dieser Anzahl von Produktionen auch hier einige Filme nicht in Deutschland veröffentlicht worden. Zwei der erotischsten Beispiele sind auf jeden Fall der Film „Il Diavolo nella Carne“ aus dem Jahre 1991, der sich neben viel nackter Haut auch durch stark voyeuristische Szenen und einem guten Soundtrack auszeichnete, und der Film „La Casa del Piacere“ aus dem Jahre 1993 der so erotisch wie selten ein Film zuvor fotographiert wurde.“

Es ist wirklich interessant, wenn in diesem Zusammenhang erwähnt wird, dass herkömmliche Erotik-Filme immer größere Konkurrenz durch Hardcore-Produktionen erfuhren und dadurch immer weniger Geld mit ihnen eingespielt werden konnte. D’Amato habe sich dann mit dem italienischen Porno-Produzenten Lucca Damiano zusammengeschlossen, um von da an nur noch Porno-Filme zu drehen. Spätestens hier dürfte sich jedem normal denkenden Menschen der Gedanke aufdrängen, dass es sich bei D’Amato um einen miesen Billigregisseur mit nahezu ausschließlich finanzieller Orientierung gehandelt haben dürfte. Aber auch hier wird nicht hinterfragt, sondern erneut gelobt:

„Seine Pornos unterschieden sich von anderen Filmen dieser Art dadurch, dass sie unheimlich viel Handlung aufweisen konnten und fast immer geschnitten auch als normale Spielfilme funktionierten. Außerdem glänzten seine Filme immer durch aufwendige Kulissen und Kostüme.“

Wirklich, ein großartiger Regisseur, dieser Joe D’Amato. Ganz dicke kommt es, als der gute Mann auf die Zusammenarbeit D’Amatos mit Rocco Siffredi zu sprechen kommt:

„Dabei übernahm Porno-Darsteller Rocco Siffredi die Hauptrollen, der darüber hinaus auch ein guter Schauspieler ist und dadurch mittlerweile ein echter Star in dieser Branche wurde. Der Film „Tarzan X“ war sein schauspielerischer Höhepunkt, bei dem er mit seiner Freundin Rosa Caracciolo als Jane vor der Kamera stand. Und er stand! Er stand immer!“

Wundert es jemanden, wenn der Sprecher auch hier wieder fast am Lachen ist? Mich wundert gar nichts mehr. Auch nicht, dass man im Anschluss an diese (zumindest für den Sprecher) äußerst unterhaltsamen Ausführungen eine ausgiebige Sammlung aus Pornofilm-Szenen serviert bekommt, so, als wollte man dem Gesagten Nachdruck verleihen. Doch trauriges muss man erfahren: auch als Porno-Regisseur fand D’Amato keinen Frieden vor den Schikanen der Medienwächter, denn:

„Die drei Teile von „Frauengefängnis“ wurden vor allem im letzten Teil bei uns in Deutschland stark entschärft. Sorgfältig wurden per Computer sämtliche Hakenkreuze im Bild wegretuschiert. Das war ein großer Aufwand, der eigentlich nur unnötige Kosten verursacht hat. Einige Szenen waren aber einfach nicht in der Lage (sic!) einfach nur entschärft zu werden. In einer Einstellung wichst einer der Offiziere mitten auf eine Hakenkreuzfahne. Diese Szene wurde in Deutschland komplett herausgeschnitten.“

Scheinbar als Belohnung dafür, sich diesen hirnlosen Schmarrn bereits 29 Minuten angehört zu haben, darf man im Anschluss auch dieser Szene beiwohnen. Als krönenden Abschluss dieses pseudodokumentarischen Schmierentheaters gibt es noch eine Art Nachruf auf D’Amato, den ich euch ebenfalls nicht vorenthalten will. Untermalt von den traurigen Klängen einer Akkustik-Gitarre folgen die letzten Worte:

„Im Januar 1999 starb D’Amato leider an einem plötzlichen Herzversagen bei einer seiner neuesten Porno-Produktionen. Das Resümee sind 259 Filme bei denen er Kameramann, Produzent oder Regisseur [oder Kabelträger] war. Viele dieser Filme werden ewig Leben, einige sind schon jetzt in der Versenkung verschwunden. Tatsache ist aber, dass man an dem Werk von D’Amato nicht einfach vorbei kommen kann – gewollt oder ungewollt.“

Amen!

Analyse

Puh! Das waren sie, die 30 Minuten Dokumentation über das Schaffen eines vielleicht nicht unbeding berühmten oder talentierten, dafür aber eines der seltsamsten Regisseure der Filmgeschichte. Was bleibt zu sagen?

Zunächst sollte ich darauf hinweisen, dass man nicht im Geringsten die Lächerlichkeit und Primitivität dieser „Dokumentation“ erahnen kann, wenn man den Typen, der dieses dumme Zeug vorliest, nicht mit eigenen Ohren sprechen gehört hat. Grausam! Wirklich! Allein die Art und Weise des Sprechens verraten das Bildungsniveau dieser Person: ein völlig dumpfer Mundatmer. Hinzu kommt noch, dass der Erzähler hier und da ein Lachen kaum noch verkneifen kann oder seine Stimme plötzlich heller wird, so als hätte die Person an den jeweiligen, meist „pikanten“ Passagen große Freude gehabt. Wie ich schon sagte, eine äußerst enthüllende Doku. Die Frage ist: wer mag der Schreiber und vielleicht auch der Verleser dieser Zeilen gewesen sein? Nun, wer schon einmal in die X-Rated, einem in Niveau äußerst niedrig angesiedelten Gore&Splatter-Magazin, hereingespitzt hat, dürfte unweigerlich über den Namen Bethmann gestolpert sein. Die X-Rated-Schnittberichte ähneln in Stil und Aussage dem hier verlesenen Script. Nimmt man hinzu, dass Bethmann bekennender D’Amato-Fan und Amateur-Splatter-Regisseur ist, dann liegt es nahe, ihn als den Verfasser und womöglich Verleser der geschilderten Zeilen zu vermuten. Ich zumindest gehe stark davon aus.

Überhaupt ist die Verfahrensweise der Dokumentation ganz die eines niveaulosen Gore-Bauern: es werden drastische Details aneinandergereiht, deren Schilderung sich manchmal üppiger ausmacht als die jeweilige Inhaltsangabe. Ganz im Stil des Splatter-Subgenres geht es auch hier um Fassungen, gekürzte Szenen und Länge des geschnittenen Materials. Entlarvend sind denn auch Erwähnungen „bester“ oder „zweitbester“ Versionen. Dabei nimmt sich ein sinnloses Schwadronieren über selbstzweckhafte Hardcore-Erotik wie ein schlechter Witz aus, wird doch wenige Minuten später eine perfekte Mischung aus Splatter, Horror und Erotik gelobt. Wirklich ganz debiler Käse, das alles. Absolut ärmlich… aber nun genug hierzu.

Die Intention der Dokumentation ist völlig klar: hier wird Joe D’Amato, einem drittklassigen B-Movie-Regisseur ein dokumentarisches Denkmal in Kleinformat errichtet. Ganz apologetisch erscheint D’Amato als ein verkannter Künstler, der seine relative Unbekanntheit durch die Zahl seiner Produktionen wettgemacht hat. Aber Masse ersetzt nicht Klasse, das dürfte auch dem Verantwortlichen dieses 30minütigen Desasters klar sein (vor allem, wenn er Bethmnann heißen sollte). Verschwiegen wird vieles, etwa die Tatsache, dass über die Hälfte der erwähnten Filme D’Amatos lediglich Rip-Offs sind – die meisten noch dazu schlechte oder gar kathastrophale. Von daher muss die Bewertung D’Amatos nüchterner ausfallen, sieht man sein Schaffen mal im Licht reiner, ideenloser Geldmacherei. Ob D’Amato mit seinen Filmen allzu viel Geld gemacht hat, sei dahingestellt. Ein anderer Aspekt ist der, dass es sich hier nicht um reine Lobhudelei handelt, die manche anderen, noch schlechteren Filme, v.a. aber Amateur-„Filme“ (man denke nur an die deutschen Produktionen dieser Art) in besserem Licht dastehen lassen will. Sehr plausibel und äußerst naheliegend ist die Annahme, dass es ganz offensichtlich auch ein vor allem werbetechnisch angelegter Versuch ist, den auf ASTRO erschienenen D’Amato-Vehikeln eine gewisse Lebens- und damit Kaufberechtigung zuzusprechen. Das einzige, was ich dem ganzen zugute halten kann, ist, dass es recht gut zusammengeschnitten wurde – völliges Versagen also nicht attestiert werden kann. Dennoch langt das Gesehene und vor allem das Gehörte, um rundweg die zweitschlechteste Wertung zu vergeben.

FAZIT: Eine fürwahr groteske Dokumentation. Für eine trashologische Gruppensitzung bestens zu empfehlen, denn unterhaltsam ist sie allemal!

(c) 2007 The Magician


BOMBEN-Skala: 9

BIER-Skala: 6


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Daniel
Daniel
15. September 2020 16:01

Die ersten beiden Absätze sind doppelt.
Ansonsten gutes Review zu einer zweifelhaften „Doku“ ;D

Mad Mike
Mad Mike
15. September 2020 16:19
Reply to  Daniel

Danke, ist korrigiert.