Die Bronx-Katzen

 
  • Deutscher Titel: Die Bronx-Katzen
  • Original-Titel: Switchblade Sisters
  • Alternative Titel: The Jezebels | The Warriors II | Playgirl Gang |
  • Regie: Jack Hill
  • Land: USA
  • Jahr: 1975
  • Darsteller:

    Lace (Robbie Lee)
    Maggie (Joanne Nail)
    Patch (Monica Gayle)
    Dominic (Asher Brauner)
    Crabs (Chase Newhart)
    Muff (Marlene Clark)
    Donut (Kitty Bruce)
    Bunny (Janice Karman)
    Hook (Don Stark)
    Guido (Don Marino)
    Cherry (Helene Nelson)
    Fingers (Bill Adler)
    Mr. Clutch (Paul Lichtman)
    Principal Weasel (J.S. Johnson)
    Mom Smackley (Kate Murtagh)
    Parker (Bob Minor)
    Rizzo (Clint Young)
    Hammer (Michael B. Miller)


Vorwort

Wie obiges Banner schon fett ankündigt, will ich die kurze Pause in der Neuversorgung mit verreissbarem DVD-Material dazu nutzen, ein paar alte Faves, die ich teilweise schon seit Jahren nicht mehr gesehen habe, in die Mangel zu nehmen – schliesslich erweitert man täglich seinen Horizont, nimmt neue Einflüsse und Aspekte auf, was sich natürlich auch auf die Wetschätzung früher mal gern gesehener Streifen auswirkt. Also im Laserdisc-Stapel gewühlt, da wo die ganzen alten Schatzis auf dem „wollt-ich-schon-lang-mal-wieder-ankucken“-Berg liegen…

Für das erste Retro-Review hab ich auch einen halbwegs aktuellen Anlass, denn Switchblade Sisters bezieht einen Grossteil seiner Popularität daraus, einer der erklärten Lieblingsfilme von Quentin Tarantino zu sein – es war der erste, den QT auf seinem eigenen Videolabel „Rolling Thunder Pictures“ veröffentlichte (leider schlief dieses Projekt nach 4 Releases relativ sang- und klanglos ein, sehr schade). Und wenn Quentin grad was neues ins Kino bringt, kann ich ja mal einen seiner Einflüsse, gerade auch, was einen Film wie Kill Bill angeht, besprechen, schliesslich ist Switchblade Sisters ein Musterbeispiel für einen späten Drive-in-/Grindhouse-Exploiter.

Ein kleiner historischer Abriss zu Regisseur Jack Hill – nachdem er für AIP und Corman einige semi-classics wie The Big Doll House oder Coffy inszeniert hatte, machte Hill sich selbständig und brachte mit The Swinging Cheerleaders seinen ersten Drive-in-Klopfer in eigener Regie in den circuit. Der Streifen machte ordentlich Kasse, also musste unmittelbar neuer Stoff nachgeschoben werden. Schnell entstand The Jezebels und machte an den Drive-in-Kassen keinen Eindruck – die Kinobetreiber vermuteten, der Titel sei zu intellektuell. Also änderten Hill & Konsorten den Titel in das reisserischere Switchblade Sisters und strickten ihr Promo-Material um. Dumm nur, dass ausgerechnet beim letzten Einsatz unter dem alten Titel die Leute nur so ins Kino flockten… Mit der Folge, dass Kinozuschauer, die The Jezebels empfohlen bekommen hatten, den Film unter seinem neuen Titel nicht finden konnten und der Streifen so in beiden Inkarnationen zum sprichwörtlichen Ofenschuss wurde. Bis eben ein Videobuff namens Quentin Tarantino auftauchte, ein paar spektakuläre Filme drehte und dadurch Zeit und Geld hatte, sich seinen alten Heroen zu widmen – und so kam Switchblade Sisters 1995 in die regulären Kinos (und Roger Ebert verpasste dem Film ein Ein-Stern-Review…).

Und jetzt zum Film.


Inhalt

Nach einer für 70er-Verhältnisse recht „stylishen“ Opening-Sequenz mit coolem Funk-Themesong betrachten wir Lace, ihres Zeichens die Chefin der lokalen Girl Gang „Dagger Debs“ (wer hat sich diesen Namen ausgedacht?), die sich für ihren heutigen Ausgang zurechtmacht, was mit taffen Lederklamotten und einer extrem hässlichen Schiebermütze – ja, das sieht heftig nach Gang aus. Lace selbst sieht irgendwie aus wie Linda Blair (und zwar in ihrer Kinderstar-Phase… in zukünftigen Filmszenen wird zumindest mir manchmal mulmig, weil Darstellerin Robin Lee oft keinen Tag älter als vierzehn oder fünfzehn wirkt) und erscheint zumindest mir Nixchecker nicht übermässig attraktiv, aber, ich hab ja bekanntlich in der Hinsicht keinen Plan… Bevor Lace sich ihren Gang-Aktivitäten widmen kann, stehen häusliche Probleme an. Ein Repo-Man droht die Rückführung des auf Raten gekauften Familienfernsehers an und Mama Lace kann den fetten Wiederbeschaffer nicht mal mit der Aussicht auf Sex kaufen (man kann´s verstehen…), ergo muss sie in den sauren Apfel beissen und grüne Scheine rüberschieben. Repo-Man Hammer hat die Rechnung aber ohne Frau Wirtin gemacht, und die heisst in diesem Fall Lace. Im – mit „Dagger-Debs“-Graffiti verzierten – Fahrstuhl sieht sich Hammer nämlich bald der nahezu vollständigen Gang unter Laces Führung gegenüber (wie Lace ihre Truppe so schnell organisiert hat, ist mir ein mittleres Rätsel – Handys waren noch nicht erfunden, e-mail auch nicht… vielleicht ist Lace Brieftaubenzüchterin mit ein paar Preisgewinnern im Schlag). Und obwohl Hammer sichtlich nicht abgeneigt gewesen wäre, EINES der Mädels zu vernaschen, sind ihm sieben oder acht doch ein paar zuviel… dafür geht´s jetzt ihm sprichwörtlich an die Wäsche, erst geht sein Anzug perdü, dann mopsen ihm die aufmüpfigen Teenies die Kanone und zu guter Letzt klaut Lace ihm auch noch die Brieftasche. Dann dürfen die Girls noch ihren Spass haben und sich auf ihn stürzen…

Kein Wunder, dass Lace und ihre lustigen Gesellinnen in ziemlicher Hochstimmung sind, als sie im Anschluss an dieses Techtelmechtel den örtlichen Hamburger-Fresstempel aufsuchen und sich dort mit ihren männlichen Kontraparts, der „Silver Daggers“-Gang unter der Führung von Laces Gspusi Dominic (der wie alle männlichen Vertreter in diesem Film mindestens fuffzehn Jahre zu alt aussieht, um auf eine High School zugehen) zu treffen. (Ich sollte vielleicht an dieser Stelle noch ausführen, dass die Gegend reichlich desolat aussieht – Jack Hill erklärt, dass der Streifen „futuristisch“ gedacht ist und weiterdenken will, wie die Städte aussehen, wenn Leute wie Nixon weiter an der Macht sind – sogesehen ist der Film also auch noch Science Fiction.

Der Burgerbrater freut sich, dass Laces gerade erfolgter Raubzug dazu beiträgt, dass die von den gesammelten Daggers verspeisten Buletten tatsächlich mal bezahlt werden und sieht so gnändig drüber hinweg, dass die juvenile delinquents in seinem Laden reichlich Schabernack treiben – Lace quält just for fun das winterspeckmässig übergut ausgestattete (sprich „fette“) Gang-Girl „Donut“ (subtil, subtil) ob ihrer Leibesfülle, dann verscheuchen die jungen Tunichtgute auch noch die reguläre Kundschaft aus dem Laden – bis auf ein blondes Girl namens Maggie, das new girl on the block, das sich von Lace und ihrer augenklappenden Adjutantin Patch nicht ins Bockshorn jagen lässt. Ein paar Provokationen und ein paar Handgriffe und ein entwundenes Schnappmesser später ist die blutgierige und Todesverwünschungen krakeelende Patch am Boden und Lace sichtlich von der Resistance beeindruckt. Sie stellt sich und ihre Gang vor und fragt nach Maggies Gangzugehörigkeit – die aber gehört zum gehobenen Erstaunen der Dagger Debs keiner Bande an, wo doch „jeder in einer Gang sein muss!“ Bevor die Sache ausdiskutiert werden kann, rauschen allerdings die Cops, angestiftet vom leicht zerzausten Hammer, an und arrestieren die ganze Mädchenblase, inklusive Maggie, obwohl die ihre Unschuld beteuert (ihr Standpunkt wird eventuell leicht dadurch untergraben, dass sie mit aufgeklapptem Schnappmesser und in Angriffspose rumsteht) – und weil die ganzen Schnecken minderjährig sind, wandern sie nicht in den Knast, sondern für ein paar unbeschwerte Tage in eine Jugendbesserungsanstalt, womit wir einen ersten erfolgreichen Gerneschnörkel hinlegen und uns für ein paar Minuten in die wunderbare Welt des WIP-Films entführen lassen…

Denn selbstredend wird auch ein Jugendknast von einer hässlichen, dicken, sadistischen Lesbe geführt (muss wohl irgendwo in den job requirements stehen) und die, in Persona von „Mom Smackley“ so wissen die in dieser Hinsicht schon erfahrenen, da schon öfter eingefahrenen Dagger Debs, hat Appetit auf Frischfleisch. Wie das aussieht, muss Maggie bald am eigenen schmucken Leib erfahren, aber sie weist tapfer die Avancen des „fat pig dyke“ zurück, was Smackley erwartungsgemäss auf die Palme bringt und sie den Gummihandschuh für die „innere Untersuchung“ überstreifen lässt. Maggie lässt sich nicht lumpen und kickt die Matrone in die Magengrube, was ihr eine prompte Abschleppung zur Toilette und die allseits beliebte Kopfdusche in der Schüssel einbringt (immer wieder lecker). Nachdem die Dagger Debs sich das Drama ein Weilchen anhören und respektvoll feststellen, dass sich Maggie trotzdem nicht unterkriegen lässt, blasen die Girls zur Attacke und fallen, bevorteilt durch schlichte numerische Überlegenheit, über Smackley und ihre Wärterinnen her, was einen multiplen Catfight (sofern man Smackley als „cat“ und nicht als „Nilpferd“ einstuft) auslöst, in dessen die gefangenen Girls auch einen schlichten Pümpel zur effektiven Nahkampfwaffe umfunktionieren (der spezielle Einsatz dieses sanitären Hilfsgeräts gibt den unsterblichen Worten „suck my face“ eine völlig neue Bedeutung) – and, by the way, you bet, dass mindestens einem der Girls im wilden Kampfgetümmel die Brüste aus der Bluse fallen. Mit der dezenten Drohung, dass die Debs, wegen der bewussten Minderjährigkeit nicht langfristig verknackbar und demzufolge bald wieder auf freien Füssen, Smackleys outside-loverin üble Dinge antun könnten, erringt Lace den Punktsieg.

Gemeinsamer Kampf gegen die Staatsgewalt verbindet und so sind Lace und Maggie rasch beste Freundinnen, was soweit führt, dass Maggie, die vorzeitig (und in einem absolut HEISSEN outfit, bestehend aus Jeans-Weste, Jeans-Hot-Pants und kniehohen Stiefeln) entlassen wird, von ihr mit einem Liebesbrief an Dominic versorgt wird, den sie doch bitte überbringen möge. „Ich würde für den Kerl töten,“ haucht die liebestolle Lace und gibt uns einen hint auf things to come.

Dominic hängt mit seinen Silberdolchen, seiner Gang, mein ich, in seinem Hauptquartier, ersichtlich einem alten verlassenen Lagerhaus, herum und macht sich Sorgen. Weniger um seine Herzensgute, sondern um einen gewissen Crabs, seines Zeichens ein Rivale auf dem Gebiet der Zuständigkeiten der typischen Streetgang, also was Drogenhandel etc. angeht. Die Frage muss aber vertagt werden, da Maggie reinplatzt (bzw. reingeführt wird) und Dom das Liebesbriefchen zusteckt… Dom muss den wohlmeinenden Spott seiner Getreuen ertragen und wird dazu verdonnert, die Schreibe laut vorzutragen, peinliche Situation, da Lace ihren Brief mit dem sülzigen „Mein geliebter Nicky“ beginnt. Dom muss gute Miene zum bösen Spiel machen – während sich die knallharten Gangmember nassmachen, als Dom ein Liebespoem seiner Holden zum Besten geben muss und sich sinnvollerweise (so er sich ein wenig Respekt seiner Gefolgsleute erhalten wall) auch darüber lustig macht, platzt Maggie ob der Missachtung weiblicher Gefühle der Kragen, sie haut Dom eine runter und dampft aufgebracht ab nach Hause.

Getreu den Ehrenkodexen eines typischen Gangleaders kann Dom diesen Affront so nicht stehen lassen, folgt Maggie nach Hause, drängt sie, obwohl hörbar Maggies Mom, eh, im Schlafzimmer beschäftigt ist, in ihr Zimmer und schreitet zu sofortiger Satisfaktion in Form von unbürokratischer Vergewaltigung. Mit dem aus männlicher Sicht unvorhergesehenen Resultat, dass Maggie die gewaltsame Besteigung letztlich durchaus gefällt. Maggies Mama, die von den verdächtigen Geräuschen angelockt wird, wird vom Störungen nicht zugeneigten Dom kurz weggeschubst (was die hysterische Ziege als „er wollte mich umbringen“ überinterpretiert), ihr eigener Bettgefährte Fred (der Vermieter, kassiert gerade die Miete in Naturalien) kennt Dom allerdings und verspürt kein Bedürfnis auf eine Tracht Prügel seitens des Jungkriminellen. Maggie kauert etwas, hm, unlustig auf ihrem Bett rum und hat ersichtlich some issues. „You asked for it,“ grumpft Dom doppeldeutig, ehe er seinen Ranzen schnürt und sich vom Acker macht, was ihm noch ein freundliches „sonofabitch“ seitens der soeben Geschändeten einbringt.

Am nächsten Tag treibt Dom auf dem Schulhof seine Geschäfte (neben dem Dopehandel treibt man gar lustige Zockereien wie Wetten, welches Girl es länger aushält, einen brennenden Zigarettenstummel zwischen den Fäusten zu halten. Donut verliert. Autsch), bis Direx Weasel (das ist mal ein treffender Name) den King des Pausenhofs um eine Audienz bittet. Dom gewährt grossmütig – Weasel hat schlechte Nachrichten für die Daggers. Da die Schule, die Crabs und seine Gesellen bevölkern, geschlossen wird, werden der Rivale und seine Gang auf Doms Schule verlegt – und Weasel möchte, um zukünftigen Ärger zu vermeiden, eine 50/50-Aufteilung der Territorialrechte, „Student-Patrol“-Gänge (ist doch nett, wenn die örtliche Gang selbst für die Sicherheit sorgen darf) etc. vorschlagen (ganz offensichtlich ein eher pragmatischer Zeitgenosse, unser Wiesel), womit er bei Dom auf Granit beisst. Weasel zieht mit eingekniffenem Schwanz ab, Maggie und Lace spielen beste Freundinnen und Patch ist sauer bis eifersüchtig darauf, dass sie bei Lace ziemlich abgemeldet ist. Daher empfiehlt sie Dom, Maggie aus dem Weg zu schaffen, doch Maggie ist „hands-off“, wie Dom erläutert. „Sagt wer?“ zähneknirscht Patch unbeantwortet.

Patch muss also zur Selbsthilfe greifen, also setzt sie Lace den Floh ins Ohr, Maggie hätte den bewussten Brief laut vorgelesen und Lace so der Lächerlichkeit preisgegeben. Lace kauft ihr die Geschichte nicht ab, da sie Maggie vertraut. „Vertraust du Dom?“ düstert Patch und schwarzmalt eine nahe Zukunft, in der Dom Lace zugunsten Maggies in den Wind schiesst – „und dann warten zwei Dutzend Mädchen auf dich, die mit dir eine Rechnung begleichen wollen“. „Sie ist meine Freundin“, keift Lace trotzig, aber Patch weiss: „Du kannst dir keine Freunde leisten“. There´s some nasty stuff going to happen, I tells ya.

Im Gang-HQ… Dom lädt Maggie auf ein Date ein, aber die lehnt loyal zu Lace ab – „ich würde Lace nie betrügen“. Wie von Patch vorausgeahnt, schlägt Dom unbürokratisch vor, er könne Lace ja abservieren, aber das soll er dann erst mal tun, blafft Maggie und die mithörende Lace ist´s zufrieden (anstatt Dom eine zu schmieren oder ihm wenigstens den Schwanz abzuschneiden) und schmeisst Patch einen „wusst-ich´s-doch“-Blick und ein „shut up“ hin.

Was den zu erwartenden Einzug der Crabs-Gang angeht, gibt Dom die Parole aus, sich erst mal „cool“ zu verhalten, nur wenn Crabs und seine Leute Stress machen sollte, gibt´s auf die Glocke. Lace führt Maggie offiziell als neuestes Mitglied der „Dagger Debs“ aus, aber Patch gräbt die antike Regel aus, dass jedes Neumitglied eine Mutprobe bestehen muss und schlägt vor, Maggie solle das von Crabs getragene Medaillon beschaffen. „Wie hättest du´s gern verpackt?“ knurrt Maggie und macht sich vom Hof.

Crabs umgibt sich als verantwortungsbewusster Gangchef von Welt mit einem Gutmenschenimage und betreibt unter dem Firmennamen „Teen Post 12“ eine Beratungsstelle für sozial benachteiligte Jugendliche, z.B. solche mit Drogenproblemen (und wenn wir nach den Postern gehen, die in der Bude hängen, handelt es sich um eine streng republikanische Institution – cool music cue: eine Art Funk-Version von „America the Beautiful“). Unter dem Vorwand, für „meine Schwester“ eine Drogenberatung vereinbaren zu wollen, verschafft sich Maggie eine Audienz bei Crabs (der seine Klamottenkollektion beim selben Designer wie Elton John und Steven Seagal geordert haben muss… orangenes Hemd, Karohose und Hosenträger) – die Drogenberatung scheint üblicherweise in der Form stattzufinden, dass Crabs´ Organisation die zukünftige Lieferung der Rauschmittel übernimmt (wie schon Bambi in Linie 1 zu sagen pflegte: Einen guten Dealer hat Gott lieb). Nun, erst mal in seinem Privatbüro angekommen, lässt Maggie das Cover fallen und richtet aus, dass sie von Dom geschickt sei – der sei mit dem von Weasel propagierten Deal einverstanden und sie selbst sei „the icing on the cake“, eine Geste des guten Willens. Crabs ist begeistert, wenngleich ein wenig in Eile und daher nur zu einem oralen Quickie aufgelegt (Maggies Plan bestand wohl darin, Crabs zum Aus-den-Klamotten-Fahren zu bewegen und sich so des als Hemdbrosche einsetzten Medaillons zu bemächtigen). Nun gut, Maggie improvisiert – ein gut gezielter Biss (AUA!), Crabs windet sich vor Schmerzen, Maggie grabscht das Medallion, zerdeppert mit einem Stuhl die Pappmache-Wand des Büros und flüchtet… in Doms HQ kann sie dem Daggers-Chef unter allgemeinem Jubel (und Patchs heruntergeklappter Kinnlade) das Medaillon um den Hals hängen – die Geste legt Patch Maggie natürlich prompt als Annäherungsversuch aus.

In der Schule geht alles seinen Gang – Doms rechte Hand Hook zockt mithilfe der herausragenden Eigenschaften seines Girlfriends Bunny die Nerds ab – für nur 5 Dollar dürfen sie mit Bunny ne kurze Nummer schieben (mir passierte das nie…). Es nahen aber Crabs und seine Gang aus soliden Mittdreissigern (die sind aber oft sitzen geblieben) – Doms Leute unterziehen Crabs Leute einer Leibesvisitation (allerdings sind Crabs und Co. auf Zack und schmuggeln Waffen in den Schulbüchern ein… boah, clever… selbst Jack Hill gibt zu, dass sein Film in der Hinsicht „pathetic“ sei). Dom provoziert Crabs noch kurz mit dem Medaillon, aber der Rivale lässt sich zunächst noch auf keine Konfrontation ein… er hat einen anderen Plan. Und so fährt wenig später ein Van vor, aus dem Doms Kumpel Guido beschossen und in den Bunny hineingezerrt wird – und im bang bus (pardon the pun) wird Bunny einem gepflegten Gangbang unterzogen.

Das ist natürlich nun ein Affront, den Dom nur schwerlich auf sich sitzen lassen kann. Rache ist angesagt und Lace würde am liebsten zu einer sofortigen Vergeltungsaktion blasen. Maggie allerdings schlägt vor, Crabs auf „neutralem“ Gelände, wo er keine Attacke erwarten würde, anzugreifen – jeden Freitag gehen Crabs und seine Leute nämlich rollerskaten (man merkt´s, seventies). Trotz Patchs Proteste befindet Dom den Plan für gut und Lace fühlt sich übergangen – ein klärendes Gespräch muss her und in dem offenbart Lace dem verblüfften Dom, dass sie schwanger sei. Findet Dom gar nicht gut, denn der hat nun sowas von keinen Bock auf einen nervenden „tit-sucking“ Blagen, für den er am Ende auch noch sorgen müsste. Dat Ding muss weg, so seine sympathische Meinung. „Das ist alles Maggies Schuld“, blökt Lace, „bevor sie kam, war alles gut.“ Au contraire, meint Dom: „Es war alles lausig, die Gang war lausig, du warst lausig!“ Sprachs, packt seinen Kram und lässt Lace sitzen – Lace greint: „Wenn du jetzt gehst, wird es SCHLECHT ausgehen!“ Und ihr Blick fällt auf Doms vergessenes Trophäen-Medaillon…

Am Freitag, in der Rollerbahn… Crabs, his gang und ihre respektiven Girls skaten sich den Wolf und auch Dom und seine Schergen mischen sich unters rollende Volk (und wenn Dom und Lace in dieser Szene ein Herz und eine Seele sind, ist das weder Falschheit der beiden noch ein Fall von Off-Screen-Versöhnung, sondern schlicht bad continuity… die Szene wurde vor der eben geschilderten Konfrontation gedreht und niemand dachte daran, dass Dom und Lace eigentlich spinnefeind sein müssten). Das friedliche Rollen rollt nicht lang – Maggie und die Dagger Debs bringen Crabs Leute mit gezückten Ketten-Gürteln zu Fall – doch… Crabs war gewarnt! Seine Leute zücken die schweren automatischen Waffen und veranstalten ein zünftiges Massaker, dem zahllose innocent bystanders zum Opfer fallen. Lace wird umgerissen und brutal in den Magen getreten (soll während Schwangerschaft ungesund sein) und Crabs himself nietet Dom mit der Schrotflinte um. Operation misslungen, Bandenchef tot.

Und Lace findet sich im Krankenhaus wieder – zwar einigermassen okay, aber jetzt eindeutig unschwanger, und das verkraftet das Mädel nicht wirklich gut und erzählt den sie lieb und nett besuchenden Gangkolleginnen, von denen sie auch einen Plüschteddy geschenkt bekommt, dass alles doch furchtbar tragisch sei, wo Dom ihr doch kurz vor seinem Ableben Heirat und Happily-Ever-After-Leben versprochen habe usw. usf. Jup, bei Lace sind die Sicherungen nun endgültig durchgeknallt und Patch kommt das grad recht. Auch wenn Patch beim Gespräch unter vier Augen nicht ganz unverständlicherweise ein wenig überrascht ist, dass Lace herself Crabs den Tipp gegeben hat, allerdings hat der grobe Lackel sein Versprechen gebrochen und nicht Maggie, wie von Lace eigentlich verabredet, sondern eben Dom geplättet und das ist mit der präzisen Sicherheit, mit der Vollbekloppte nun mal argumentieren, ganz sicher auch Maggies Schuld und dafür muss sie ZAHLEN….

Maggie erweist sich während Laces Hospitalisierung als fähige Ersatz-Bandenchefin, die z.B. Donut aus einer Polizeiklemme befreit – in deren Verlauf übrigens der Cop eine der grössten kinematischen Untertreibungen der Filmgeschichte zum besten gibt, bezüglich des roller-rink-Missgeschicks: „Es ist mir egal, wenn sich zwei Gangs gegenseitig verprügeln!“ Eh, Meister… das war ein MASSAKER! Mit dutzenden Toten, und die meisten davon unschuldige Nicht-Gang-Angehörige… verdammt, in die Stadt zieh ich nicht, die Bullen dort sind ja noch dämlicher als unsere eigenen…
Im Dagger-HQ ist die Stimmung dennoch recht mies – von den „Silver Daggers“ gibt´s nur noch drei und die sind wenig tatendurstig, auch wenn Maggie darauf besteht, dass man Crabs nicht kampflos das Feld überlassen könne. Hook fühlt sich zu Doms Nachfolger berufen, aber die Dagger Debs, nunmehr numerisch in der Überzahl, votieren basisdemokratisch für Maggie. Hook zieht auch in einer direkten Konfrontation den Kürzeren, ist sich aber trotzdem macho genug, um „keiner Braut“ zu folgen. Mit Bunny am Arm will er abziehen, aber die outet ihn als „cripple dick“ (jetzt wissen wir, woher der Name „Hook“ auch kommen kann) und die offizielle Palastrevolte ist on the way – die Kerle werden handgreiflich aus dem HQ geschubst. Patch lächelt sardonisch: „Gut gemacht, jetzt haben wir die Hälfte unserer Muskeln verloren“. Das ist Maggie aber wurscht, denn die will sich von den Kerlen tutti kompletti trennen (kein Wunder, ich wär auch froh, wenn ich diese Idioten los wäre) – einen neuen Namen hat sie auch schon für die Gang, frisch aus dem Wörterbuch gesucht (wirklich!): „Jezebels“ – unmoralische Frauen! Gruslig, findet Patch, Crabs wird sicher vor Angst zittern…

Aber in der Tat hat Maggie nicht nur Verbesserungen in der Namensgebung auf der Pfanne, sondern weiss auch, wo man zusätzliche Feuerpower herbekommt – in einem noch übleren Teil der Stadt, wo die Polizei längst aufgegeben und ihr Revier verlegt hat („on accounts of getting your ass kicked, pigs“, wie ein Graffiti-Zusatz zur entsprechenden Infotafel stolz vermeldet). Blaxploitation übernimmt das Kommando, denn Chef im Ring ist hier die lokale all-girl-black-power-revolutionary party („wir sind eine politische Diskussionsgruppe“) unter der Führung der Maobibel-wedelnden Muff, die nicht nur Maggie von früher kennt („Ich bin mit ihrem Bruder gegangen, bevor die Bullen ihn „geoff´ed“ haben“, führt Maggie erklärenderweise aus), sondern beglückwünscht sie auch zur Entscheidung, die Sackträger in die Wüste zu schicken, und wenn´s dann auch noch gegen Crabs („dieser kapitalistische Gangster!“) gehen soll, der schändlicherweise das schwarze Jungvolk mit seiner fahrbaren Suppenküche mit allerlei Drogen versorgt, sind Muff und ihre black-panther-Damen gern dabei, mit Frau und Material (M-16 rules) helfend einzugreifen.

Lace wird indes aus dem Krankenhaus entlassen und will die von Maggie besetzte Nr.1-Position umgehend wieder ausfüllen. Gar kein Problem, denn das erste, was Maggie tut, als sie Lace im Guerillakriegs-Trainingslager spottet, ist ihr den Chefhut entgegenzuschmeissen: „Das ist die Anführerin der ´Jezebels´“, stellt sie Lace bei Muff vor. Laces motivational speech ist nicht nur nearly incomprehensible (´cuz Lace nuschelt durch die zusammengekniffenen Zähne, dass es eine Pracht ist… Kommentar von Jack Hill: „Nach 20 Tagen ging mir ihre Stimme auf die Nerven!“), sondern auch sehr persönlich, mehr oder weniger zentral um „Rache für meinen Dom“ kreisend, findet aber bei den Geschlechtsgenossinnen grossen Anklang. Maggie möchte Crabs gerne lebend haben, damit endlich aufgeklärt werden kann, wer den Verrat am roller-rink eingefädelt hat. „Wie clever,“ heuchelt Lace. Patch würde Maggie am liebsten sofort aus dem Weg räumen, aber Lace will´s dezenter machen – Maggie soll beim morgigen Grossangriff auf Crabs HQ einen „Unfall“ erleiden.

Na dann – der grosse Angriff beginnt mit einer Art Essensschlacht an Crabs mobiler Suppenküche, die den Gangchef selbst auf den Plan ruft – ihm passt der Ärger gar nicht: „In 25 Minuten kommt der Bürgermeister!“ Nun, der wird warten müssen, denn die Schlacht am kalten Büffet ist natürlich nur ein Ablenkungsmanöver, damit ungesehen die black-powerpuff-girls aufziehen können und zum fröhlichen Scheibenschiessen blasen können. Insert Big Action Set Piece Here. Es wird geballert, getreten, gebissen, gekillt und gemeuchelt, dass die Schwarte kracht und wie kaum anders zu erwarten mischen die Girls mit den unfähigen Boys den Asphalt auf. Crabs wird von Maggie in die Enge getrieben und wäre angesichts einer auf ihn gerichteten M-16 zu gern bereit, jegliche gewünschte Information zu liefern, aber bevor er den entscheidenden Namen rausrücken kann, wird er von Patch über den Haufen geballert. „Pretty convenient,“ zischt Maggie sauer, aber da die Cops (nun, wo alles vorbei ist und die Leichen im Dutzend auf der Strasse liegen, kommen die daher) anmarschieren, müssen die persönlichen Animositäten zunächst zurückgestellt werden.

Die Jezebels veranstalten eine zünftige Siegesparty mit Logo-Torte. Nicht in Feierlaune sind allerdings Maggie, Patch und Lace – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Lace fühlt sich seit Doms Tod „leer“ (und sichtlich ziemlich kindlich, ihr Outfit ist eher peinlich), Maggie ist nicht schlauer als vorher und Patch droht Lace damit, sie mit „untergehen zu lassen“, sollte Lace sich nicht am Riemen reissen und Maggie aus dem Weg schaffen. Solchermassen geprepp´ed stürzt sich Lace ins Partygetümmel, versucht ihre natural leader-Position wieder aufzugreifen und überrascht die versammelten Jezebels mit der Erklärung, Maggie sei die Verräterin, ein entsprechendes „Geständnis“ ist aus der wabbeligen Donut schnell herausgepresst. Patch greift sich Maggie und Lace schreitet zur Folter – eine Zigarette wird in Maggies Bauchnabel ausgedrückt. I guess that hurts pretty much. Doch die restlichen Jezebels haben die Schnauze voll – Bunny, Cherry, Jenny: sie lehnen sich gegen Lace auf, doch als die ihr Messerchen zückt und eine freundliche Einladung ausspricht, dass jede, die sich traut, gern gegen sie antreten dürfe, meldet sich doch wieder nur Maggie zu Wort, bewaffnet sich und schreitet zum finalen Duell bis zum Tod…

Maggie entlockt Lace, dass sie es selbst war, die die Rollschuhbahn-Aktion an Crabs verpfiffen hat, dann geben sich´s die Mädel wie die Kesselflicker (und ohne Stuntdouble) und schlitzen sich mit ihren switchblades gegenseitig auf. Die entscheidende Phase des Fights zeigt uns Jack Hill nur als Schattenspiel (was übrigens sehr gut wirkt) – Maggie rammt Lace das Messer in die Kehle. Nun endlich trauen sich mal wieder die feigen Bullen, die sich das Schauspiel zunächst mal von draussen angekuckt haben („wenn sie sich gegenseitig umbringen, sparen sie mir Arbeit“), ins Gang-HQ und arrestieren die komplette Gang, die noch mal kurz die gute alte Spartacus-Nummer durchzieht („Wir sind ´Jezebels´“) und die arme Patch dumm stehen lässt: „Die haben wir noch nie gesehen!“ Patch ist damit zwar aus´m juristischen Schneider, aber eben auch einsam, verlassen und die grosse moralische Loserin… die blutüberströmte Maggie gibt während ihrer Verbringung in die grüne Minna noch eine herzergreifende „we´ll be back“-Rede (und nach der sollten die Bullen ihre fetten Ärsche dann gefälligst in Sicherheit bringen, so sie an selbigen irgendwie hängen) zum besten und dann ist Schluss.

Ihr merkt schon, ich musste in der zweiten Hälfte wieder ein wenig auf die Tube drücken, um dieses Review in einem halbwegs akzeptablen Rahmen zu halten. Switchblade Sisters könnte fast schon ein Hongkong-Movie sein – so viel bemerkenswertes passiert. Es wundert mich irgendwie gar nicht, dass Quentin Tarantino an dem Film einen Narren gefressen hat…

Jack Hill kombiniert hier beinahe jedes in den 70er Jahren angesagte Exploitation-Genre – Jugendgangs, Frauenknast, Blaxploitation, Sexkomödie, Elemente all dieser Themen finden sich im Film wieder und das erstaunliche, das ganze funktioniert! Es funktioniert wohl hauptsächlich deswegen so gut, weil der Streifen von Anfang an dieses gewisse „Paralleluniversum“-Flair ausstrahlt – man kommt nie auf den Gedanken, der Film könnte im „hier und jetzt“ spielen, so dass die Genrevielfalt nie gekünstelt, verkrampft oder exzessiv gewollt wirkt, sondern einen fast folgerichtigen, natürlichen „flow“ aufweist. Resultat: trotz so unterschiedlicher Plotelemente kommt nie das Gefühl auf, man würde mehrere unzusammenhängende Filme, die nur zufällig die selben Charaktere aufweisen, betrachten – vielmehr schafft es Jack Hill, dem Film einen einheitlichen Tonfall zu geben.

Das Drehbuch an sich ist dabei sicher nicht weiter bemerkenswert – es ist nicht mehr als eine Ausrede für die verschiedensten exploitation-Auswüchse, wobei ich jetzt dem obigen Absatz nicht unbedingt widerspreche, wenn ich behaupte, dass das SCRIPT an sich nicht gerade zusammenhängend wirkt. Die Stärke des Films liegt in Jack Hills Regiearbeit, der die vorhandenen Schwächen, die Episodenhaftigkeit des Scripts, das übrigens eine recht freie, aber dennoch erkennbare Interpretation von Shakespeares oft und gern als Vorlage hergenommenen Dramas Othello verkörpert, zu übertünchen und aus dem Sammelsurium von wilden Ideen einen koherenten, ganzheitlichen Film strickt. Ich denke, ich habe es früher gesagt und ich sage es auch heute – Jack Hill ist von all den Exploitation-Regisseuren, die ihr Handwerk bei AIP und Corman gelernt haben, einer der talentiertesten und es ist verdammt schade, das ausgerechnet er nie den grossen Durchbruch geschafft hat und nie die Gelegenheit erhielt, sein Talent in einer aufwendigeren A-Produktion in die Waagschale zu werfen. Ich bin sicher, Hill hätte uns einige ganz grosse Filme bescheren können.

Eines dieser Talente spielt er in Switchblade Sisters ganz besonders aus: er schafft es, aus einem vom Grundgerüst her ziemlich simplen Exploiter, nun, ich will nicht gerade sagen „klassisches Dramä zu machen, aber mehr Tiefgang in einen Film zu legen, als man es gemeinhin von einem Werk dieser Handelsklasse erwarten mag. Switchblade Sisters ist nicht dieser „light-heartedly“ fun-romp, den man von einem Mid-Seventies-Drive-in-Klopper erwarten mag – es wäre ein leichtes gewesen, vor allem für einen Mann vom Schlage eines Jack Hill, der dies durchaus schon bewiesen hatte, den Film durch eine durchgängige „tongue-in-cheek“- und over-the-top-Attitude zu leichtverdaulichem Genrekintopp zu verarbeiten, der ein paar cheap thrills verteilt (sorry, dass ich heute mal wieder in Anglizismen wate) und sich ansonsten auf den Weg des geringsten Widerstands, nämlich eben dem des „ihr sollt das alles nicht ernst nehmen“-Standpunkts zurückzieht – der Film mag auf den ersten Blick so rüberkommen und er verfügt ganz gewiss über ein gerüttelt Mass an Szenen, die so konstruiert und so gespielt sind (die teilweise stark übertriebenen Dialoge tragen dazu bei… normale Menschen bzw. Gang-Mitglieder sprechen ganz bestimmt nicht so, aber dadurch bleiben einige Lines heftig im Gedächtnis; manches erinnert schon ein wenig an spätere QT-Ergüsse. Sicher schreibt Tarantino qualitativ in einer ein paar Klassen höher angesiedelten Liga, aber man erkennt, woher der Meister einige seiner Einflüsse hat), aber Hill durchbricht dies ganz bewusst dadurch, immer wieder ein paar oberflächlich vielleicht vollkommen unpassende, ernsthafte und eindringliche Szenen einzubauen – Maggies Vergewaltigung durch Dom kommt zwar storytechnisch folgerichtig, scheint aber den Ton des Streifens zunächst nicht zu treffen (wie QT anmerkt, wenngleich in etwas anderem Zusammenhang, aber ich eigne mir mal die Argumentation des Meisters für meine Zwecke an, unterbricht Hill den Rhythmus des Films gezielt durch eine absichtlich gesetzte „falsche Note“) – wenn wir dann aber später den „Gangbang“ Bunnys (ebenfalls absolut „unwitzig“ gespielt) oder einige stark charakter-getriebene Szenen mit Lace und Dom, später mit Lace und Patch sehen, erkennen wir die Methode, die dahintersteckt – das sind essentielle Szenen, die deutlich machen, dass hier mehr gespielt wird als nur der drive-in-Flick der Woche, dass hinter der Oberfläche des Teen-Exploiters echtes menschliches Drama mit komplexen Interaktionen der Charaktere untereinander (was auf den ersten Blick nach einer Dreiecksbeziehung zwischen Maggie, Lace und Dom aussieht, mutiert bald zu einer solchen zwischen Maggie, Lace und Patch – gerade letztere macht eine fast schon beängstigende Entwicklung von einem ursprünglich vielleicht mal als Farbtupfer gedachten Nebencharakter zu DER zentralen Figur) – sicher wird das niemand mit einem Ingmar-Bergman-Film verwechseln können, aber es zeigt, dass Jack Hill eben mehr in der Birne hat als nur die wahllose Aneinanderreihung von Sex- und Gewaltszenen.

Was uns nahtlos zu den eigentlichen Exploitation-Elementen bringt – und schlussendlich stellen wir ein wenig überrascht fest, dass der Streifen in dieser Hinsicht bei nüchterner Betrachtung ziemlich zahm bleibt – Hill bewerkstelligt nämlich gekonnt eines der grössten Kunststücke der Filmemacherkunst: er lässt uns vieles im Kopf erleben, so dass wir letztlich glauben, mehr gesehen zu haben, als wirklich über die Leinwand bzw. Mattscheibe geflimmert ist (das sind Momente, die Legenden wie den Kopf in der Kiste bei Sieben oder Michael Madsens Ohrabschneidung in Reservoir Dogs entstehen lassen – Leute schwören Stein und Bein, dass sie das tatsächlich gesehen haben, und doch war es nur ihre durch den Film geweckte Einbildungskraft). Zwar ist sich auch Jack Hill für ein wenig full-scale-Mayhem bei den beiden grossen Action-Szenen Roller-Rink und finale Schlacht zwischen den Jezebels und Crabs Gang nicht zu schade (und gerade, was den Shoot-out auf der Rollschuhbahn angeht, war Hill sogar traurig, dass er aus Zeitgründen nicht mehr Material filmen konnte – die Szene war also grösser angelegt), doch der Rest des Films suhlt sich nicht in seiner Exploitation – wir haben es mit sehr wenig nudity zu tun, die Vergewaltigung und der Gangbang überlassen die schmutzigen Einzelheiten der ebensolchen Fantasie des Zusehers und das Showdown-Duell zwischen Maggie und Lace findet, eindrucksvoll, wie schon gesagt, aber nichtsdestotrotz grossteils in Form eines Schattenspiels statt – so verkommt die durchaus eingesetzte sexuelle Gewalt (Hill meint, dass er aufgrund der political-correctness-Bewegung so manche Szene heute nicht mehr drehen könnte und auch nicht mehr würde) nie zum Selbstzweck, sondern eher zur „Botschaft“ des Films – es nimmt nicht Wunder, dass Switchblade Sisters von Feministinnen in Beschlag genommen wurde; der Film schildert auf seiner Nicht-Othello-Ebene streng genommen wenig subtil den Wandel der „Dagger Debs“ cum „Jezebels“ von submissiven unterwürfiogen Girls, die für ihre Macker alles tun und sich auch mal gern öffentlich demütigen lassen, zu widerspenstigen, aufmüpfigen und selbstbewussten Frauen, die das Heft und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen – Männer haben im Film sichtlich wenig zu Lachen, wer immer seine Hand an eine Frau legt, muss teuer dafür bezahlen. (Etwas überraschender ist dagegen die Vereinnahmung des Films durch lesbische Kreise, denn der Streifen impliziert keinerlei gleichgeschlechtlichen Liebesbeziehungen zwischen den Protagonistinnen – die Beziehungen zwischen Lace, Maggie und Patch sind von einer asexuellen Qualität der Loyalität, des „bonding“ – nicht zu verwechseln mit „bondage“, hehe).

Vom technisch-handwerklichen Standpunkt aus gesehen gibt´s nix zu meckern. Wer bei Corman in die Schule ging, der lernte seinen Job von der Pieke auf und mit seinen vier Pam-Grier-Filmen (The Big Doll House, The Big Bird Cage, Foxy Brown, Coffy) hatte Hill seine Gesellenjahre längst hinter sich gelassen. Hill war zu diesem Zeitpunkt bereits ein Routinier, der wusste, wie er aus geringem Budget (der Film kostete etwas über 300.000 $) und wenig beeindruckender Drehzeit (20 Tage, was für Hill Grund für ein mittleres Freudenfest gewesen sein musste, hatte er doch sonst meist nur 12 Tage Zeit) das Maximum erzielen konnte. Hill verzichtete konsequent auf Dreh on location, sondern arbeitete mit Soundstages und auf dem Studiogelände von Hal Roach, um seine Zeit nicht mit technischem Firlefanz verschwenden zu müssen, sondern sich schlicht auf seinen Dreh konzentrieren zu können. Das tut dem Film gut, ebenso die für die Verhältisse eines Low-Budget-Reissers gute Kameraarbeit (Hill und sein Kameramann entschieden sich sogar dafür, um den Film seinen „unwirklichen“ Look zu verleihen, zu einer recht neuen Technik, bei der der verwendete Film vor Aufnahme kurz belichtet wurde) und der schlichtweg übercoole Soundtrack.

Abstriche machen muss man naturgemäss bei den darstellerischen Leistungen – ohne die helfende Hand von Roger Corman standen Hill kaum namhafte Darsteller zur Verfügung (wobei mich schon wundert, dass er für seinen alten Spezl Sid Haig keine Rolle einbaute). Robbie Lee probierts mit hemmungslosem overacting und ihrer gezischt-genuschelten Stimme, die einem im Schlaf nachgehen kann (und so manchen ihrer Texte über die Grenze der Unverständlichkeit hinausschiebt), bringt aber dafür von ihrem Erscheinungsbild wenigstens das eigentliche Kind-cums-tough-chick gut rüber (Hill selbst spricht von einer Mischung aus Linda Blair und James Cagney… könnte was dran sein), während Joanne Nail die Maggie vergleichsweise straight und ernsthaft gibt (in der Schlussszene ist natürlich aber auch sie des Wahnsinns fette Beute). Ausgezeichnet agiert Monica Gayle, die ihre Patch, die Schlüsselrolle des Films, vergleichsweise „underplayed“ interpretiert. Die Männerfraktion stinkt dagegen schon heftig ab – Asher Brauner soll angeblich ein passabler Bühnenschauspieler sein – dumm nur, dass ich von seinen Filmwerken nur dieses und den absolut unterirdischen Treasure of the Moon Goddess kenne und anhand dieser beiden Exempel würde ich normalerweise zu einem Berufswechsel raten. Okay, das war ein wenig übertrieben – Brauner macht seine Sache hier noch halbwegs anständig, ebenso wie Don Stark als sein Chef-Henchman Hook – die Herren der Schöpfung haben halt auch erheblich weniger, um damit zu arbeiten, im Vergleich zu ihren weiblichen Counterparts. Chase Newhart probierts mit Exaltiertheit pur und was einen QT zu einem „he cracks me up“ hinreisst, kann ich guten Gewissens ja nicht schlecht finden… Trivia am Rande: die fette Donut wird von Kitty Bruce verkörpert, der leibhaftigen Tochter des Starkomikers Lenny Bruce, Repo-Man Hammer dagegen von Michael Miller, der seinerseits den cult classic Jackson County Jail mit einem gewissen Tommy Lee Jones in erster tragender Rolle inszenierte.

Wer diesen Streifen in seiner heimischen Sammlung haben will, muss allerdings zum Import greifen – in Deutschland ist der Film nie gelaufen, nie erschienen. Tarantinos Rolling Thunder Pictures legte den Film auf Laserdisc und später auf DVD auf und im Gegensatz zu nachfolgenden Labelreleases wie Mighty Peking Man wäre die Ausstattung dieser Scheibe(n) allein einen grossen Artikel wert. Die mir vorliegende Laserdisc-Fassung, inhaltlich identisch mit der DVD, kommt als Doppel-Silberling und umfasst neben dem Film Video-In- und Outros featuring the man QT himself, der im Intro ein paar grundsätzliche Infos zum Film liefert und im Outro dann ein wenig in die Analyse einsteigt, natürlich in seinem üblichen blabbermouth-Modus. Es finden sich desweiteren eine gute Stunde Trailer und Filmausschnitte aus schlichtweg ALLEN Jack-Hill-Filmen von Spider Baby bis The Sorceress – wer sich einen repräsentativen Querschnitt über das Ouevre Jack Hills verschaffen will, ohne sich den kompletten Katalog gleich anzuschaffen, kommt hier gar nicht vorbei (und das sich ein Grossteil der vorgestellten Filme umgehend auf meiner Einkaufsliste wiederfand, war keine Frage). Nächstes Goodie ist Hills Uni-Abschlussfilm The Host, eine fünfundzwanzigminütige Fantasy-Western-Geschichte mit Sid Haig (und schon allein deswegen praktisch ein Pflichttermin). Herzstück der Ausstattung ist aber der Audiokommentar mit Quentin Tarantino und Jack Hill themselves. Wie kaum anders zu erwarten, bestreitet Motormouth QT mindestens 70 % der Unterhaltung und verblüfft nicht nur Jack Hill mit erstaunlicher Kenntnis des Streifens – Hill versucht ab und an, mit eher praxisbezogenen Äusserungen durchzudringen, aber Quentins beinahe ständige Einwürfe „this is my favourite scene“ und „this guy was in XYZ, ZYX und ABC“ lassen den armen KERL KAUM ZU Wort kommen. D.h. dass der Kommentar nicht unbedingt der allerinformativste ist, wenn man auf harte szenenbezogenen Fakten Wert legt, aber auf jeden Fall einer der unterhaltsamsten – Quentin steigert sich in eine solch ekstatische Begeisterung und interpretiert in den Film hinein, was Jack Hill in seinen kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten hätte (der bei der Bang Boom Bang-DVD verwendete Kniff, per multiple angle die Kommentatoren einzublenden, wäre hier ganz charmant gewesen – ich schätze, Jack Hill kuckte während der 90 Minuten ein ums andere Mal wie ein Fahrrad), dass man förmlich mitgerissen wird (vielleicht hat das auch dieses positive Review zur Folge, wer weiss… aber ich fand den Streifen schon ohne Kommentar gut und stellte nachher, ich sah mir den Film gestern zweimal, einmal ohne, einmal mit Commentary an, dass ich zu 99% ähnliche bis identische Beobachtungen wie QT machte… macht mich entweder auch zum filmgeek extraordinaire oder there´s a bit of Tarantino in each of us). Wer seine Dosis Tarantino-Wortschwall braucht, MUSS die DVD (bzw. die Laserdisc) einfach seiner Sammlung implantieren – im Zusammenhang mit dem soeben anlaufenden Kill Bill sei vielleicht noch angemerkt, dass Tarantino im Kommentar anmerkt, wie sehr er Hills Fähigkeit bewundert, vier-fünf verschiedene Genres in einen Film einzubauen – ein Schelm, wer jetzt noch arges denkt….

Nun, nach all dem braucht Ihr kaum zu erwarten, dass ich im letzten Absatz nun alles wieder umschmeisse und mich zu einem „naja, ganz nett“ umentscheide – neee… Switchblade Sisters ist in vielerlei Hinsicht der perfekte Exploiter, er ist lustig, wenn er lustig sein muss, ernsthaft, wenn´s angebracht ist, dramatisch, wenn´s kaum zu erwarten ist, und mit mehr Tiefgang als manche seelenlose Hochglanzproduktion aus den Majorstudios. Eine Sammlung 70er-Grindhouse-Classics ist ohne diesen Film schlichtweg nicht komplett, Tarantino-Enthusiasten brauchen´s ohnehin. Und auch abgesehen davon ist Switchblade Sisters einfach ein verdammt guter Film.

(c) 2003 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 8


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