Die Braut des Gorilla

 
  • Deutscher Titel: Die Braut des Gorilla
  • Original-Titel: Bride of the Gorilla
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  • Regie: Curt Siodmak
  • Land: USA
  • Jahr: 1951
  • Darsteller:

    Barbara Payton (Dina van Gelder), Lon Chaney jr. (Police Commisisoner Taro), Raymond Burr (Barney Chavez), Tom Conway (Dr. Viet), Paul Cavanagh (Klaas van Gelder), Carol Varga (Larina), Paul Maxey (Van Heusen), Woody Strode (Nedo)


Vorwort

Irgendwo auf Borneo (zwar behauptet die IMDb, der Film spiele im südamerikanischen Dschungel, das macht aber keinen Sinn) – die van Gelders sind Besitzer einer Gummi-Plantage. Klaas ist ein alter Sack mit junger, hübscher blonder Frau – Dina heißt die Gute, und auf die hat Plantagen-Vorarbeiter Barney Chavez ein Auge oder zwei geworfen. Chavez ist nicht gerade ein Sympathikus – er trauert den Zeiten nach, als man noch Sklaven hatte und die Arbeiter nicht auch noch bezahlen musste. Klaas hält nun wiederum nicht viel von den Methoden Barneys und für seinen Geschmack ist sein Vorarbeiter auch verdächtig oft nicht im Bilde, wenn Unfälle bei der Arbeit passieren.

Eines weniger schönen Abends kommt es zu einer mächtigen Auseinandersetzung zwischen Plantagenbesitzer und Vorarbeiter, und am Ende ist Klaas van Gelder tot. Polizeichef Taro (gemimt von Lon Chaney jr., der hier unfaßbarerweise einen eingeborenen Bornesen spielen soll!) ist sich vom Bauchgefühl her relativ sicher, dass Barney seinen Boss auf dem Gewissen hat, allein, es fehlen die schlagkräftigen Beweise und nur für aufdringliche Arschlöchrigkeit hat noch kein Gericht jemanden des Mordes für schuldig befunden.

Barney verliert keine Zeit und macht Dina den Turbo-Hof. Blöd, wie die Blonde ist, sagt sie ja. Damit allerdings zieht sich Barney den heiligen Zorn von Lorena, dem eingeborenen Hausmädchen der van Gelders zu, die nämlich selbst mit Barney eine Affäre pflegte und eigentlich hoffte, er würde sie ehelichen und in die große weite Welt mitnehmen. Nun hat Lorena den gegenüber anderweitig sitzengelassenen Liebschaften gravierenden Vorteil, eine Oma zu haben, die der schwarzen Hexenkunst fähig ist. Die Kombination aus Mord am beliebten Plantagenchef und Sitzenlassen der Enkelin (oder Tochter, wer weiß das so genau) veranlasst die Hexe, einen Fluch über Barney auszusprechen.

Der äußert sich justament, als Barney die Hochzeitsurkunde unterschreiben soll – vor seinen Augen verwandelt sich seine Schreibflosse in eine pelzige Pranke – PANIK! Nun, dem örtlichen Doktor Dr. Viet (selbst verknallt in Dina) gelingt es, Barney davon zu überzeugen, hier einer prä-ehelichen Halluzination unterlegen zu sein, und so wird Barney Chavez zum neuen Boss der van-Gelder-Plantage.

Doch Ruhe findet er so schnell nicht – nicht nur, dass Taro und Viet sich einig sind, dass van Gelder ermordet wurde und alles dafür spricht, dass Barney der Täter war, die Plantage wird plötzlich von einem unheimlichen Tier, das die Einheimischen „Sukaro“ nennen, heimgesucht und Barney, der sich auf einmal erstaunlich und auf eher unnatürliche Weise zum Dschungel hingezogen fühlt, hat verstärkt Grund zur Annahme, dass dieses Tier niemand anderes ist als er selbst…


Inhalt

Nachdem „The White Gorilla“ wohl den absoluten Tiefpunkt des Affenfilms markierte, ist ein Streifen wie „Bride of the Gorilla“ wohltuende Erholung. Was natürlich auch daran liegt, dass hier ganz anderes Talent im Spiel war als bei Frasers stock-footage-Orgie.

Drehbuch und Regie lagen in der Hand von Curt Siodmak, und es gab bekanntlich jede Menge schlechterer Leute, denen man in den 40ern und 50ern den Auftrag zu einem kleinen, phantastisch geprägten Kommerzreißer geben konnte. Siodmak, der mit dem Drehbuch zu „Der Wolfsmensch“ ganz en passant 90 % des bis heute gültigen Regelwerks zum Thema Lykanthropie in Film und Fernsehen aufstellte, betrachtete „Bride of the Gorilla“ als günstige Gelegenheit, eine andere Herangehensweise an die Werwolfsgeschichte auszuprobieren – denn Gorilla hin oder her, letztlich ist es eine solche.

Bereits spätere „Wolfsmensch“-Sequels aus der monster-mash-up-Zeit bei Universal hatten zur Verwissenschaftlichung des Mythos die These herangezogen, dass der Lykanthropismus quasi eine Geisteskrankheit ist, in deren Verlauf das Opfer so fest davon überzeugt ist, ein Werwolf zu sein, dass tatsächlich eine physische Transformation erfolgt. „Bride of the Gorilla“ geht den konsequenten Schritt weiter und legt nahe, dass die vermeintliche Verwandlung zur Bestie *komplett* in Barneys Gehirn stattfindet (der Auslöser, das bornesische – wie ist eigentlich das korrekte besitzergreifende Adjektiv für „Borneo“? – Äquivalent zum Zigenuerfluch, bleibt aber intakt. Es ist also keine Schramme, die Barney von selbst entwickelt, sondern zumindest insoweit ein übernatürlicher, schwarzmagischer Eingriff in seinen Geist). Das schiebt „Bride of the Gorilla“ natürlich vom Horroriflm deutlich in die Ecke „psychologisches Drama“, und Siodmak inszeniert den Film auch als solches.

Etwas, das man technisch als in irgendeiner Fom „expliziten“ Horror (so explizit der 1951 eben sein könnte) klassifizieren könnte, sucht man in „Bride of the Gorilla“ vergebens. Viel mehr macht sich Siodmak Gedanken darüber, wie Barney mit seiner Veränderung umgeht, wie sie ihn von allem und jedem entfremdet, wofür er eigentlich mal gekämpft (und Klaas umgebracht) hat. Natürlich hat Siodmak in den knapp 65 Minuten, die er zur Verfügung hat, nicht wirklich die Chance, in die Tiefe zu gehen, aber wenn man „Bride“ mit anderen zeitgenössischen Genrefilmen vergleicht, spielt er intellektuell schon in einer ganz anderen Liga, kombiniert „echte“ schwarzmagischen Hokuspokus mit Eingeborenen-Aberglauben, mentalem Zusammenbruch und dem Versuch, die Ratio zu erhalten (personifiziert in dem Polizisten Taro, der als Einheimischer – glauben wir’s mal – durchaus mit den ganzen Mythen und Legenden aufgewachsen ist, aber als Cop nur glauben „darf“, was er beweisen kann). Ein bisschen unglaubwürdig im Script-Kontext wirkt allenfalls Dina van Gelder, deren anscheinend „echte“ Liebe zu Barney nicht wirklich glaubhaft rüberkommt – außerdem verschwendet Siodmak ein wenig Potential durch die fehlende Ausbeutung des potentiellen Subplots um Viet als zusätzlichen Verehrer Dinas.

Nichtsdestotrotz – Siodmak bringt den Film kurzweilig und im Rahmen eines kleinen, billigen B-Films in sich recht schlüssig über die Strecke, und muss dazu nicht mal auf Effekte oder Gorillakostüme zurückgreifen. Ein-zwei Überblendungstricks, ein Einsatz von Pelzhandschuhen und genau EINE Einstellung eines ganzen Gorillakostüms (und die nur als Reflektion) sind alles, was er an technischen Mätzchen benötigt.

Er hat aber auch einen ziemlich guten Cast zur Verfügung. Lon Chaney jr. ist, mal ganz beiseite gelassen, wie überzeugend er einen eingeborenen Indonesier spielt, gut aufgelegt und augenscheinlich auch mal trocken – dass der Film nicht auf ihm lastet, obschon er zweites Star-Billing erhält, nahm wohl einiges an Druck von ihm (und mit ihm in der Barney-Rolle… es wären wohl zu viele Querverbindungen zum Werwolf gewesen). Den Gorilla-Werwolf-Part übernimmt daher der junge Raymond Burr, der ewige Perry Mason, hier noch praktisch gertenschlank und als sort-of-jugendlicher Liebhaber glaubhaft. Es gelingt ihm auch, Barney nicht zu unlikable zu halten, ihm eine gewisse Tragik mitzugeben. Tom Conway („The Falcon“, „Katzenmenschen“) hat als Dr. Viet nicht sehr viel zu tun, ist aber eine willkommene routinierte Präsenz. In der kleinen Rolle als Taros Polizei-Assistent taucht Woody Strode auf.

Noch nichts gesagt habe ich zur weiblichen Hauptdarstellerin, der topgebillten Barbara Payton; dies, weil es zu ihr eben gerade einiges zu sagen gibt, gilt sie doch als eine der großen tragischen Hollywood-Schicksale. Von Universal als Starlet aufgebaut und langsam auf größere Aufgaben vorbereitet, kam ihr ihr Lebenswandel immer wieder ins Gehege, sie pflegte zahllose Affären – auf ihrer Abschussliste stehen Namen wie Gregory Peck, Gary Cooper, Guy Madison und John Ireland, aber auch Howard Hughes und Gangster-Legende Mickey Cohen. Schlagzeilen machte ihre Doppel-Affäre mit dem französischen Starschauspieler Franchot Tone und dem B-Film-Akteur Tom Neal, der in einer Prügelei eindete, die Tone ins Krankenhaus und ein 18-stündiges Koma beförderte. Später heiratete Payton Tone, nur um ihn nach 53 Tagen für Neal wieder zu verlassen. Auch am Set von „Gorilla“ hatte sie wohl Spaß – mit Tom Conway UND Woody Strode, und besonders die „interracial“-Beziehung mit Strode brach ihr im Business das Genick. Drogenexzesse und Festnahmen wegen Scheckbetrug, Ladendiebstahl und Prostitution folgten. 1967 starb sie im Alter von nur 39 Jahren an Herz- und Leberversagen.
In „Bride of the Gorilla“ ist sie zumindest noch ausgesprochen ansehnlich (ihre Figur und ihre Gesichtszüge wurden durch ihre späteren Eskapaden ruiniert) – in Sachen Schauspieltalent stand ihr sicher keine A-Lister-Karriere bevor, aber mit dem, was sie konnte und ihrem blendenden Aussehen hätte sie, ihre privaten Dämonen im Griff habend, eine solide B-Karriere hinlegen können.

Schlusswort: „Bride of the Gorilla“ ist ein schöner kleiner psychologischer Chiller unter dem Deckmantel eines Gorillafilms – eine echte Überraschung, die ihrer amtlichen Wiederentdeckung noch harrt (was zumindest den Vorteil hat, dass man den Film bei den einschlägigen Public-Domain-Vertickern für praktisch nix abstauben kann. Der Print, den Alpha Video z.B. in seiner unschlagbar günstigen „Sons of Kong“-10er-Box verwendet, ist absolut ansehbar).

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 7


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