Die 8 Meister der Shaolin

 
  • Deutscher Titel: Die 8 Meister der Shaolin
  • Original-Titel: Ba da men pai
  • Alternative Titel: The 8 Masters | 8 Masters of Shaolin | Der Bronzeschwur der Shaolin | Das Bronzeschwert der Shaolin | Shaolin - Die 8 Meister des Kung-Fu |
  • Regie: Joseph Kuo
  • Land: Taiwan
  • Jahr: 1977
  • Darsteller:

    Carter Wong (Lin Chi), Lung Chuh Erh (Yuen), Judy Lee (Ming), Su-Chen Ping, Liu Ping, Phillip Ko, Wong Fei-Lung, O Yau Man


Vorwort

Nach dem Ende der Ming-Dynastie haben die Mandschus die Herrschaft in China übernommen und unterdrücken nach Kräften die Bevölkerung. In der Proving Kwantung hält sich ein Zirkel namens „Die 8 Mächtigen“ für das Unterdrücken zuständig. Chen Chow, einer der Mächtigen, killt einen Abtrünnigen, und weil man in China seinerzeit eben so tickt, will er auch noch dessen vielleicht zehnjährigen Kurzen kalt machen. Einem loyalen Diener gelingt es allerdings, den kleinen Lin Chi in ein Shaolin-Kloster zu bringen. Zwar unternehmen die Mächtigen sporadische Versuche, Lin Chi auch dort umzubringen, doch gegen die die hohe Kampfkunst beherrschenden Mönche ist kein Kraut gewachsen.
Lin Chi verbringt zwölf Jahre im Kloster, lernt Kung-fu und absolviert mit Bravour sämtliche Prüfungen der Kammern der Shaolin (aha!) inklusive der Bronzemänner (oho!). Trotzdem will der Abt ihn nicht als Mönch aufnehmen, fürchtet er doch, Lin Chi möchte noch der Rache für seinen ermordeten Vater frönen (das Risiko würde vielleicht kleiner, wenn ihn der Abt nicht buchstäblich alle fünf Minuten dran erinnern würde). Deswegen soll Lin erst mal in die Welt hinausziehen und beweisen, dass er NICHT gleich Chen Chow und die anderen Mächtigen umbringen wird.

Mit seinem Jutebeutel Marke Swastika macht Lin sich also auf, verkloppt da und dort ein paar Schergen der Mächtigen und findet schließlich seine Mutter wieder, die vor Kummer und Gram mittlerweile erblindet ist, dafür aber Yuen aufgenommen hat, Chen Chows Tochter! Der sei nämlich mittlerweile hin und als Sühne für seine Untaten habe Yuen sich bereit erklärt, die blinde alte Schachtel zu pflegen. Ist natürlich Tinnef, denn Chen Chow erfreut sich bester Gesundheit, wurde lediglich von den anderen Mächtigen verstoßen (weil seine Killereien den Unmut des Kaisers auf sich gezogen haben), will nach wie vor Lin Chi tot oder tot sehen und hat hierfür Yuen als Undercover-Agentin in den mütterlichen Haushalt eingeschleust. Zu ihrer Ehrenrettung – Yuen hält von den Plänen ihres Daddys überhaupt nix, um so mehr jedoch von der maskulinen Anziehungskraft Lin Chis.
Weil die acht Mächtigen mit durchaus gewaltttätigen Mitteln versuchen, Lin Chi dazubringen, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach er auf den väterlichen Anspruch auf einen Platz im Kreise der Acht zu verzichten, Lin Chi aber nicht unterschreiben mag (obwohl ihn der Anspruch nicht im Geringsten interessiert ), flieht die Familie in die Berge. Doch auch da lassen weder die Mächtigen noch Chen Chow Lin und Co. in Frieden. Chen Chow killt Lin nur deswegen nicht, weil der sich nicht wehrt und das dann gegen Chens Schurkenehrenkodex ginge.

Die Mächtigen haben aber andere Sitten – sie kidnappen Lins blinde Mum, und als der versucht, sie auszulösen, bringt die Alte sich lieber um. Jetzt hat Lin Chi die Faxen dicke und macht sich daran, sich die Mächtigen systematisch vorzuknöpfen. Da gibt’s nur zwei Probleme – seinen heiligen Eid, keine tödliche Rache zu üben und den Umstand, dass er nur sieben der acht Mächtigen kennt…


Inhalt

Obwohl ich ja genau der bin, der es besser wissen sollte (und ja auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit davor warnt), bin ich auch genau der, der IMMER die X-Filme-auf-Y-DVDs-Boxen, die irgendein Billigheimer-Label in irgendein Supermarktregal stapeln lässt, kauft. Natürlich stets im Bewusstsein, dass die Chance, der Inhalt jener Box könnte auch nur andeutungsweise etwas taugen, bestenfalls in Promille gemessen werden kann. Wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich sagen, ich bin doof.

Nun, jedenfalls bin ich seit gestern auch stolzer Besitzer der „Shaolin – Die unbesiegbaren Kämpfer“-Box aus dem mir bis dato unbekannten Hause Paragon Movies, das mir sechsfachen Martial-Arts-Spaß auf zwei DVDs verspricht. Anhand meiner Erfahrungswerte erwarte ich in einer solchen Box Klopper wie Shaolin – Die tödliche Vergeltung oder, wenn man viel Glück hat, etwas in der Kragenweite eines John-Liu-Vehikels wie Todesgrüsse aus Shaolin. Ich war daher doch gelinde positiv überrascht, als sich „Die 8 Meister der Shaolin“, der erste Film, der mir per recht ramponiertem Widescreen-Print entgegensprang, als kleiner Klassiker entpuppte.

Wie sich der obigen Inhaltsangabe (die wie üblich bei Martial-Arts-Filmen nur als grobe Annäherung gesehen werden sollte, versteht ja kein Mensch im Westen, diese Plotten) entnehmen lässt, handelt es sich bei diesem Film um einen recht offensichtlichen Nachzieher zu zwei der größten Erfolge des Shaolin-Booms der 70er – den „36 Kammern“ einerseits (nach wie vor einer der wohl größten Kampfkunstfilme aller Zeiten) und den „18 Bronzemännern“ (die, wie auch die „Kammern“, diverse Sequels nach sich zogen) – jedoch um einen aus berufener Hand, denn Regisseur Joseph Kuo zeichnete schon für die Bronzemänner-Filme verantwortlich und holte sich auch gleich deren Hauptdarsteller Carter Wong wieder an Bord.
Der erste Akt der „8 Meister“ spielt sich dann auch beinahe wie ein direktes Remake des ersten Bronzemännerfilms. Wieder wird ein Kind vor Mandschu-Schergen in Sicherheit gebracht, lernt über Jahre hinweg die Geheimnisse des Shaolin-Kung-fu und muss die Prüfungen der Shaolin-Kammern über sich ergehen lassen (und sogar die sind teilweise identisch – was andererseits dafür spricht, dass wir uns „im gleichen Universum“ und in der gleichen Continuity befinden). Das ist per se aber auch kein Grund zur Verdammnis, sind die Kammern und die Bronzemänner doch aus gutem Grund klassische Shaolinfilm-Motive geworden.

Wer die Bronzemänner noch nicht persönlich kennt, sondern nur die insgesamt wohl bekannteren „36 Kammern“, dem sei gesagt, dass sich die Kammern bei den Ersteren doch ein wenig anders spielen – es sind nur sieben (wenn ich richtig mitgezählt habe), doch dafür muss man sie am Stück absolvieren. Akut lebensgefährlich sind sie allemal, geht es doch nicht nur darum, seine Kampfkunst, Geschicklichkeit und Schnelligkeit unter Beweis zu stellen, sondern auch gern mal simpel um die schlichte Schmerz(un)empfindlichkeit (wenn man sich von den Bronzemännern verprügeln lassen muss, ohne sich wehren zu dürfen, z.B.). Jedenfalls aber ist die Kammer-Sequenz eine memorable Angelegenheit – nicht nur wegen der üppigen Swastika-Dekoration (das „Highlight“ ist sicher die Kammer, in der Lin Chi *auf* einem riesigen Hakenkreuz, unter dem spitze Pfähle angeordnet sind, gegen Bronzemänner kämpfen muss), sondern auch wegen der fiesen Fallensysteme und bösartigen Waffen, die gegen den tüchtigen Shaolin-Eleven eingesetzt werden.

Hat Lin Chi die Kammern erst mal hinter sich gebracht und schreitet frohen Mutes in die Welt hinaus, entspinnt sich die nahezu üblich undurchschaubare „der Urgroßvater-deines-Stiefonkels-hat-meinen-Schwippschwager-dritten-Grades-verraten“, für die man sich eine Charakter-Flipchart anlegen oder einfach das Hirn abschalten und sie an sich vorbeiziehen lassen sollte. Mit einer auf Slapstick angelegten Wirtshausschlägerei verabschiedet sich dankenswerterweise auch der von mir befürchtete typisch unlustige HK-Pansenhumor ins buddhistische Nirvana und überlässt storytechnisch einer Großen Tragödie (TM) den Platz. Spätestens, wenn Lin Chis Mutter sich lieber entleibt als zuzusehen, wie der den Wisch, dessen Inhalt ihn eigentlich nicht interessiert, unterschreibt, wissen wir, dass die ganze Chose vermutlich nicht wirklich gut ausgehen wird (und irren uns, denn für die Verhältnisse eines tragischen chinesischen Historienstücks ist das, was „Die 8 Meister“ uns als Ende präsentiert, schon beinahe „happy“).
In der Tat zaubert das Script einen ziemlich fiesen Twist aus dem Ärmel (SUPERDUPERSPOILER IMPERIAL DELUXE: Yuen ist Lin Chis Halbschwester, weil Mama es nicht nur mit Papa, sondern auch mit Chen Chow getrieben hat… SPOILERENDE), der aus dem bis dato bloßen „politischen“ Verrat nun auch noch einen persönlichen macht, weil für den durchschnittlichen wackeren chinesischen Helden ein Unglück allein selten genug ist.

Aber wie üblich ist die Story nicht sonderlich wichtig, sondern nur Mittel zum Zweck, um ’ne halbwegs glaubhafte Begründung zu haben, warum die diversen Figuren sich prügeln (und dabei wieder mal gerne spektakulär unpraktische Waffen, wie z.B. eine Eisenhand am Stiel, verwenden). Lin Chis Handicap, seine Gegner nicht töten zu dürfen, wäre ein interessantes moralisches Dilemma, wenn es wirklich ausgespielt werden könnte, aber da seine Gegner ihre Niederlagen stets klaglos akzeptieren (die 8 Meister kommen nicht auf die Idee, sich mal zusammenzutun oder, nachdem von Lin Chi besiegt, ein Rückspiel zu verlangen – nein, wer vom Helden k.o. geschlagen wurde, hält sich ganz im Sinne des fair play fürderhin aus der Chose raus), tut es nicht wirklich etwas zur Sache.

Was etwas zur Sache tut, sind die Kampfszenen, und die sind erstens reichlich und zweitens verdammt gut. Joseph Kuo hat die Modernisierungen des Martial-Arts-Films in den 70ern offensichtlich verinnerlicht – man kann, wenn man will, sogar eine Art Symbolik darin erkennen, dass der erste Kampf (zwischen Chen Chow und Lin Chis Vater) nach alter Väter Sitte (also mit Totalen, extrem am linken und rechten Bildrand positionierten Kämpfern) funktioniert, während die weiteren Fights dann, wie von Bruce Lee gelehrt, nahe ran gehen – nicht so nahe, dass man die Moves, die, „Ästhetik“ der Kämpfe nicht mehr verfolgen kann, aber eben nahe genug, um ihre Härte und Dynamik einzufangen. Wire-Einlagen gibt’s eigentlich nur in den eher auf Spaß angelegten Kämpfen mit den hilflosen Henchmen der Bösewichter, ansonsten liegt der Schwerpunkt auf Faust-Gefechten, ggf. mit Hilfsmitteln wie Schwertern, Zweizacks oder eben der erwähnten Eisenhand.
Da die deutsche Kinofassung sich auch nicht mit mehr Handlung aufhält als unbedingt notwendig ist, um die Beziehungen der diversen Charaktere zueinander halbwegs zu erfassen, ist das vorgelegte Tempo teuflisch hoch – streng genommen ist der ganze letzte Akt, in dem Lin Chi gegen die Meister vorgeht, eine einzige, ununterbrochene Kampfszene mit einem geradezu unglaublichen Höhepunkt, denn der ultimative Oberbossgegner unseres tapferen Helden hat in weiser Voraussicht so etwas wie seine eigenen Shaolin-Kammern errichten lassen und zaubert als Bronzemann-Ersatz sogar Zombies (!) aus dem Hut (ich nehme Godfrey Ho auf einmal seine übernatürlichen Eskapaden in „Todesgrüße aus Shaolin“ gar nicht mehr so übel). Hier kommt man wirklich in allen Belangen auf seine Kosten…

Überdies profitiert der Film von seinen großartigen Sets und den damit korrespondierenden schönen taiwanesischen Landschaftsaufnahmen. Die Kameraarbeit ist adäquat – ein paar der üblichen HK-Mätzchen wie sinnfreie Zooms oder dramatische Zeitlupen für nicht unbedingt dramatische Moves stören nicht weiter.

Obschon die mir vorliegende Shaolin-Box-Fassung wohl der deutschen Kinofassung entspricht und damit um ca. 14 Minuten gekürzt ist, dürften die Kampfszenen nach meiner bescheidenen Ansicht ungeschnitten sein (ein-zwei etwas seltsame Schnitte dürften weniger an Zensur-Cuts denn vielmehr dem Willen des Editors geschuldet sein). Total uncut gibt’s den Streifen übrigens als Hartbox von NEW.

Darstellerisch lässt Shaolin-Spezialist Carter Wong nichts anbrennen – er beherrscht das Fight-Handwerk und geht auch in den wenigen dramatischen Szenen, die die hiesige Fassung übrig lässt, nicht aus dem Leim. Neben den Bronzemann-Filmen ist er u.a. in dem kuriosen IFD-Eurotrash-/Kung-fu-Hybriden „Ninja Killer“, neben Jackie Chan und Sammo Hung in John Woos Frühwerk „Dragon Forever“, „Vier stahlharte Fäuste“, „Kickboxer the Champion“ und „Big Trouble in Little China“ zu sehen.
Lung Chun Erh, als Yuen ganz schnuckelig und prinzipiell für die dramatische Tränenausbrüche zuständig, findet sich auch in Master of the Flying Guillotine, „Zwei gelbe Höllenhunde“, Karate Bomber oder „Shaolin Deadly Kicks“.

Für die meisten weiteren Darsteller erkläre ich mich ob meiner erklärten Unfähigkeit, einen Chinese vom anderen ohne Hilfsmittel zu unterscheiden, sachlich unzuständig, möchte aber nicht unerwähnt lassen, dass, wer immer den bösen Chen Chow spielt, seine Sache wirklich gut macht, und der Darsteller des Shaolin-Abts für mich den Oscar für die Besten Augenbrauen Aller Zeiten verdient.
Namentlich bekannt ist mir dann nur noch Judy Lee, eine verdiente Kick-Ass-Braut des 70er-HK-Martial-Arts-Films, die eine kleine, aber nicht unwichtige Gastrolle übernimmt und einen guten Fight mit Wong bestreitet. Zu Lees weiteren denkwürdigen Credits zählen Thousand Miles Escort, „Kung Fu – Die Karateteufel“, „Das tödliche Duell der Shaolin“ und „Revenge of the Drunken Master“.

Bildqualität: Der 2.35:1-Print (anamorph), den Paragon hier aufgetrieben hat, hat sicherlich schon bessere Zeiten gesehen, aber bei diesen 1,66 Euro/Film-Boxen will ich auch nicht überkritisch sein. Die Farben sind schön, die Verschmutzungen vorhanden, aber nicht extrem störend, und jump cuts aufgrund fehlender Frames halten sich in argen Grenzen. Da hab ich schon wesentlich Schlimmeres für wesentlich teurer gekauft…

Tonqualität: Ausschließlich deutscher Synchronton (Dolby 2.0), aber da der Film aus der Zeit stammt, als noch der letzte Misthobel vom Rektum der Welt eine anständige Synchronfassung bekam, ist sprechertechnisch nichts auszusetzen und rauschfrei, wenn auch nicht gerade etwas, um die Heimkinoanlage auszureizen, ist die Sache auch.

Extras: –

Fazit: Schöne Überraschung, wenn gleich der erste Film aus einer unter „erwarten-se-nix“-Gesichtspunkten erstandenen Multifilmbox eine richtige Fuhre Spaß macht. „Die 8 Meister der Shaolin“ hat genau die richtige Mischung aus ernsthafter Kampfkunstexpertise und couragiertem Wahnsinn, die einen traditionellen Martial-Arts-Film aus der „tausendmal-gesehen“-Schublade in die „der bleibt im Gedächtnis“-Abteilung hievt, ohne dies durch Debilhumor oder Inkompetenz zu erreichen (was, zugegeben, auch funktionieren kann). Da verzeihe ich sogar dem Klappentext (und der OFDb-Inhaltsangabe), nicht mitgekriegt zu haben, dass Lin Chi kein Mädchen ist (aber der deutsche Verleiher hat ja auch nicht geschnallt, dass die 8 Meister ja eben KEINE Shaolin sind)…

Ich hatte jedenfalls richtig Freude am Film – und da vom gleichen Team mindestens noch „Flammende Tempel der Shaolin“ (auch ein am Rande dem Bronzemann-Kanon zuzuordnendes Werk) in der Box anliegt, ist die Erwartungshaltung jetzt doch deutlich angestiegen. Ich will nicht sagen, dass allein schon dieser Film den Zehner wert war, aber wenn noch ein zweiter dieser Qualität geboten wird, empfehle ich die Box uneingeschränkt weiter…

4/5
(c) 2013 Dr. Acula


mm
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