- Deutscher Titel: Diamant des Grauens
- Original-Titel: Revenge of the Stolen Stars
- Regie: Ulli Lommel
- Land: USA
- Jahr: 1986
- Darsteller:
Suzanna Love (Kelly), Klaus Kinski (Donald McBride), Barry Hickey (Gene McBride), Ulli Lommel (Max Stern), Kitty O’Shea (Lupe), Andy Lyon (Alex), James Marshall (Konsul), Tania Aija (Shace Morel), Eugene Choy (Malu), Ho Sik Pak (Prinz Kali), Joycelyn Lew (Suki)
Vorwort
Lommel.
Ich weiß nicht, ob ich so etwas wie eine persönliche Nemesis habe. Womöglich bin ich die persönliche Nemesis des ein oder anderen hier mal durch den Kakao gezogenen „Filmemachers“, aber das beruht selten genug auf Gegenseitigkeit, dafür sind mir diese Herrschaften zu wenig wichtig… Aber es gibt schon Gesellen, die mir dadurch, dass sie mehrfach und mutwillig kostbare Lebenszeit durch ganz besonders hirnrissige Filmereien gestohlen haben, in gewisser Weise ganz grundsätzlich durch ihre fortgesetzte filmische Tätigkeit auf den Keks gehen, und da gehört, bzw. gehörte der 2017 verstorbene Ulli Lommel zweifellos dazu.
Wir erinnern uns – Ulli begann seine filmischen Umtriebe im Dunstkreis der Autorenfilmerlegende Rainer Werner Fassbinder, drehte mit DIE ZÄRTLICHKEIT DER WÖLFE einen allgemein wohlwollend bis euphorisch aufgenommenen Film über den Serienmörder Fritz Haarmann, wagte auf der Basis dieses Erfolges den Sprung über den großen Teich, trieb sich eine Zeitlang im Umfeld von Pop-Art-Legende Andy Warhol herum und verfiel dann auf den Gedanken, sich als Kommerz- und Genrefilmer zu versuchen. Das war zunächst gar nicht mal so unerfolgreich und –willkommen, brachte mit TOTENTANZ DER HEXEN und BOOGEYMAN zwei Semi-„Klassiker“ hervor, aber das schien den Maestro künstlerisch nicht völlig zu befriedigen – eine Vielzahl seiner 80er-DTV-Klopper wie WARBIRDS oder I.F.O. AIR RACING signalisierten hauptsächlich, dass Ulli keine craps mehr zu geben bereit war… und er verschwand, verlacht und verspottet, in der Versenkung.
Ehe er plötzlich und unerwartet wieder auftauchte, um niemand geringerem als Daniel Küblböck ein cineastisches Opus als Star-Vehikel auf den Leib zu schneidern. DANIEL DER ZAUBERER ist wahlweise einer der schlechtesten Filme aller Zeiten (Meinung der gesamten Weltbevölkerung) oder ein missverstandenes Meisterwerk (Meinung von Ulli Lommel) – die mitleidigen bis hämischen Reaktionen vertrieben Ulli beleidigt zurück in die USA, wo er seine Rache in Form eines Trommelfeuers hingerotzter „true crime“-Filme erdachte. Hm, naja, Filme kann man das eigentlich nicht nennen, was er da im Akkord herunterholzte, waren nicht mehr als Collagen zusammenhangloser Bild- und Tonfetzen, die sich vage an realen Ereignissen wie dem Fall Kampusch (DUNGEON GIRL) oder „berühmten“ Serienkillern (CURSE OF THE ZODIAC, GREEN RIVER KILLER) orientierten und hauptsächlich dazu in der Lage waren, arglosen Zuschauern den Tag zu versauen. Dass er, wenn er wollte, durchaus noch vernünftige Arbeit abliefern konnte, stellte er mit ein paar Dokumentationen (u.a. über seine Zusammenarbeit mit Warhol) unter Beweis, aber auf dem Gebiet des narrativen Films wurde „Directed by Ulli Lommel“ ein absolutes red-flag-Alarmzeichen (inklusive seiner ständigen Androhungen weiterer BOOGEYMAN-Filme, als ob Teil 2 und 3 dieser Reihe nicht schon unterbelichtet genug gewesen wären). Nicht einmal sein unerwarteter Tod aufgrund Herzversagens scheint Lommel stoppen zu können – die IMDb listet derzeit vier Lommel-Projekte (davon zwei Dokumentationen) in der Post Production, und sein „estate“ droht weiter mit einer BOOGEYMAN-Fernsehserie (zusätzlich zu dem Sequel/Remake BOOGEYMAN: REINCARNATION, das angeblich bereits fertiggestellt ist).
Es stellt sich im Nachhinein die Frage, wann aus dem nicht unbegabten Autorenfilmer-cum-Kommerzfilmer der don’t-give-a-shit-Artist wurde, dem ersichtlich alles egal war, solange er am Ende 90 Minuten Footage hatte, die man irgendwie vermarkten konnte. Ein Argument kann wohl für DIAMANT DES GRAUENS gemacht werden, Lommels 1985er-Versuch, das Erfolgsrezept von AUF DER JAGD NACH DEM GRÜNEN DIAMANTEN (also das eines im Vergleich zur Indiana-Jones-Reihe weniger „harten“, frauen- und familienfreundlicheren Abenteuerfilms) zu kopieren. Lommel gewann dafür unser aller Lieblingspsychopathen Klaus Kinski, und Dreharbeiten mit Kinski sind, fragt nach bei Werner Herzog, jederzeit dazu geeignet, auch mental stärkere Regisseure als einen Lommel in den Wahnsinn zu treiben – und Kinski zeigte sich, wie Lommel später freimütig zu Protokoll gab, auch bei ihm von seiner „besten“ Seite. Wäre also nicht überraschend, wenn er nach diesem erschütternden Erlebnis seine Einstellung zum Thema „Filmemachen“ grundsätzlich und nicht zum Positiven hin überdacht hätte. Was also ist das Ergebnis dieser furcht- oder fruchtbaren Kollaboration?
Inhalt
Wir steigen ein am Swimming Pool des fetten Konsuls von Sindanao (James Marshall), der uns in den folgenden kurzen 75 Minuten permanent per platitüdenhaftem voice-over begleiten wird und sich bei seinen Pool-Gästen höflich erkundigt, ob es ihnen denn etwas ausmache, wenn er die Geschichte ihres großen Abenteuers erzählen würde. Es macht nichts, und so steigen wir in die eigentliche Geschichte ein (lustig genug, dass der Film auf ersichtlich auf bookends hinaus will, aber später vergessen wird, mit einem solchen auch abzuschließen).
Sindanao, doziert des Konsuls voice-over, ist eine Insel im südchinesischen Meer, die bislang von Tourismus und allgemeiner Zivilisation vergleichsweise unbeleckt geblieben ist (aber offensichtlich eine selbständige Republik ist, sonst hätte sie ja wohl keinen Konsul). Speerspitze westlichen Einflusses ist die Villa des Großgrundbesitzers Donald McBride (Klaus Kinski, AGUIRRE – DER ZORN GOTTES, JACK THE RIPPER), dem nicht nur eine umfängliche Plantage, sondern auch eine Rubinmine gehört (womit wir auch geklärt hätten – der deutsche Titel ist grober Dummfug, denn es geht exklusiv um Rubine, nicht um Diamanten). McBride ist gerade mit einer Schachpartie mit seinem Geschäftspartner Malu (Eugene Choy, GEBALLTE LADUNG, BALLS OF FURY) beschäftigt und kann daher seine soeben eingetroffenen Gäste Lupe (Kitty O’Shea) und Alex (Andy Lyon) nicht persönlich empfangen und überlässt diese leidige Pflicht daher seiner Sekretärin Kelly (Lommels Muse und damalige Ehefrau Suzanna Love, BRAINWAVES, TOTENTANZ DER HEXEN) und seinem rechtlichen Berater Max Stern (Meister Lommel himself), der sich allerdings sachlich ziemlich unzuständig fühlt. Lupe und Alex fordern nämlich die vertraglich zugesicherte Herausgabe eines gewissen Rubins, widrigenfalls die Rückzahlung einer geleisteten Anzahlung von 50.000 Dollar, und weder Kelly noch Max haben irgendeine Ahnung, wovon zum Geier das schräge Pärchen denn da eigentlich redet.
Meinungsverschiedenheiten gibt es auch eine Etage weiter oben, denn McBride beschuldigt Malu, einen Rubin gestohlen zu haben. Malu streitet zwar nicht ab, dass er mal im Besitz eines Rubins war, aber den habe er leider irgendwo im Dschungel verloren. Dies ist natürlich eine einigermaßen unbefriedigende Antwort und McBride wäre kein Kinski-Charakter, hätte er nicht eine hinsichtlich solcher Problemstellungen kurze Zündschnur und zückte eine Kugelgebe. Malu ist aber auch nicht unbewaffnet, hat er doch ein zünftiges Brotmesser eingepackt. Und ehe sich’s vor allem die Belegschaft im Erdgeschoss versieht, haben die beiden Kontrahenten sich gegenseitig abgemurkst (und ich leichtsinniges Kerlchen glaubte schon, Mr. Kinski hätte es hier erfolgreich schon nach sechs Minuten Spielzeit hinter sich gebracht. Little did I know…).
Diese fatale Kalamität bringt nun unseren eigentlichen Protagonisten ins Rennen – Gene McBride (Barry Hickey, VEGAS GAMES, SPACE CHASE), Donalds tumben, in San Francisco ansässigen und dort hauptsächlich den Zudringlichkeiten seiner dicken Vermieterin (die Mietrückstände durch, nun, sagen wir mal, intime Dienstleistungen auszugleichen bereit wäre) zu entziehen versucht. Gene erhält ein Telex aus Sindanao, das ihn über das Ableben des Onkels (mit dem Gene offenbar tatsächlich freundschaftlich verbunden war) unterrichtet und zum Konsul der Insel schickt, um das weitere Vorgehen zu klären. Also tut Gene, wie ihm geheißen und stellt fest, dass der Konsul seine Amtsgeschäfte durchaus zu pflegen imstande ist, während er von zwei asiatischen Schnuckis massiert wird. Gene wird informiert, dass er zwecks Antritts seines Erbes nach Sindanao pilgern muss, das passende Visum hat der Konsul schon ausgestellt, und da man zutreffend davon ausgegangen ist, dass unser Held bestenfalls das Budget für eine Reise auf Schusters Rappen zur Verfügung hat, hat Max Stern einen Scheck für die Reisekosten beigefügt. Gene hüpft noch in den nächsten Flieger.
Uns Ulli hat die Indy-Filme gesehen und blendet eine Landkarte ein, aber für die Animation der Reiseroute reicht’s dann nicht mehr – eine Überblendung von USA-Westküste auf Philippinen (von wo aus die Reise mit einem wurmstichigen Kutter fortgesetzt werden muss) muss uns genügen.
Auf Sindanao angekommen amüsiert Gene zunächst mal die einheimische Bevölkerung mit seinen tollpatschigen Versuchen, von Schiff aufs trockene Land überzusetzen (es ist, zugegeben, nicht einfach, weil das Boot nicht direkt am Pier anlegt, sondern der arme Passagier mit einer Art Holzpalette übergesetzt wird). Auf dem McBride-Anwesen herrscht gewisse Überraschung, denn mit einer so zeitigen Ankunft des Erbes hat niemand, auch nicht Max, gerechnet. Man beschränkt sich daher zunächst darauf, dem Neuankömmling das weitere Personal vorzustellen – Hausmädchen Suki (Joycelyne Lew, FATAL BEAUTY, SAMURAI COP 2), stilecht im French-Maid-Dress, dessen Röckchen nicht mal über die Pobacken reicht, und Koch Alfred (…), der noch aus jedem Nagetier ein ungenießbares Mahl zu zaubern weiß. Aber primär möchte Gene sich nach der langen Reise doch erst mal frisch machen, oder? Man möchte, und so stürzt sich Gene in die Fluten der Dusche, was dem voice-over, nicht zum ersten Mal, wohlgemerkt, aber nun auch gewinnbringend, Gelegenheit bietet, sich über den unspezifizierten Fluch auszulassen, der auf Sindanao bzw. den McBrides lastet, und dem wohl auch der Onkel zum Opfer gefallen ist (ich würde ja sagen, es war die Messerklinge, aber wer wird schon kleinlich sein?). Der Fluch äußert sich in Form von unangenehmem Getier, das Gene widerrechtlich in der Dusche Gesellschaft leistet – ein Skorpion, der auf dem Duschwannenrand balanciert, eine Vogelspinne, die zwischen Bürste und Seifenschale herumspaziert, und zwei ekligen Hirschkäfern, die sich an Genes Adoniskörper heften. Als Gene die ungebetenen Mitduscher bemerkt, ist das Geschrei natürlich groß…
Aber es ist eben eine Dschungelgegend, da muss man mit animalischen Zaungästen rechnen. Kein Grund zur Veranlassung also. Gene begehrt anschließend Auskunft über einen mit einem Vorhang vom Rest der Wohnstatt abgetrennten Bereich und nun, das ist ein kleines Heiligtum, das letztwillig nur an Donalds Todestag geöffnet und betreten werden darf. Aber so ein letzter Wille ist am Ende des Tages Schall und Rauch und muss nicht sonderlich ernst genommen werden, und wo Gene schon mal da ist, wird der gefallene Onkel ja sicherlich nichts dagegen haben, wenn man ihm den Geheimraum mal zeigt. Dort drin parkt auf einer kleinen Säule, bewacht von zwei Mumien, die ihm der örtliche Eingeborenenstamm dereinst geschenkt hat, die Asche Donalds in einer schlicht-schmucken Urne. Sowas hat man doch gern im Wohnzimmer…
Am nächsten Tag besichtigt Gene sein neues Reich und dabei insbesondere die Rubinmine, wo die Eingeborenen schuften. Prinzipiell, kunftet Kelly aus, gehören die Erträge der Mine nunmehr ihm, praktisch gibt es allerdings eine Ausnahmeregelung hinsichtlich sogenannter Sechs-Sterne-Rubine. Keine Ahnung, was die Bezeichnung soll (ist das sowas wie das Fünf-Sterne-Hotel unter den Rubinen?) und wie sich diese Differenzierung faktisch äußert, aber Sechs-Sterne-Rubine gehören, so ist’s ausgemacht und der Väter bzw. Onkel Sitte, den Eingeborenen für rituell-religiöse Zwecke. Ist nicht weiter tragisch, führt Kelly weite raus, weil die Dinger sind seltener als die Pest, so dass das im Gesamtertragsergebnis nicht weiter ins Gewicht fällt.
Wohl aber ins Gewicht fallen Sechs-Sterne-Rubine hinsichtlich gewisser übernatürlicher Flüche, und, wenn man so will, Bestandteil dieses ominösen Fluchs sind neben Alex und Lupe, die unbürokratisch davon ausgehen, dass Gene die Verpflichtung zur Lieferung eines Rubins, ersatzweise Auskehrung der Anzahlung, mitgeerbt hat, vor allem die stichfreudigen Moskitos, auf die Gene ausgesprochen algerisch reagiert. Diese übernatürlichen Flüche sind irgendwie auch nicht mehr das, was sie waren.
Nach dem zweifelhaften Erlebnis, Nadelkissen für Moskitos zu spielen, plagt Gene ein verständlicherweise eher unruhiger Schlaf, aus dem er durch unbefugtes Rumoren geweckt wird. Urheber des Radaus ist… Donald McBride! Der Onkel kann allerdings nicht behaupten, dass Nachrichten über sein Ableben stark übertrieben gewesen wären, nein, es handelt sich bei der Erscheinung um Donnies Geist! Das haut den stärksten Neffen um. Ghost-Uncle teleportiert munter durch den Raum und verkündet, dass es mit dem Fluch mehr oder minder schon seine Richtigkeit habe, weil er, gierig, wie er zu Lebzeiten gewesen wäre, drei der ihm verbotenen Sechs-Sterne-Rubine gemopst habe. Und, naja, bis die Klunker nicht ihrem rechtmäßigem Eigentümer, dem Barischa, sprich Medizinmannschamanenhäuptling, des Eingeborenenstammes zurückgegeben wurden, wird der Fluch sein Möglichstes tun, um nun auch Gene ins frühe Grab zu bringen. Zwei der Steine habe Donald verkauft- eine an eine gewisse Shace Maron, den anderen an einen Prinzen Kali. Problematisch ist die Sache hinsichtlich des dritten Steines, das ist nämlich derjenige, wegen dessen ungeklärten Verbleibs Donald und Malu sich gegenseitig ermördert haben. Mit diesen Informationen und frommen Wünschen verabschiedet sich Geisterdonald und lässt einen verdutzten Gene zurück. Kelly hält seinen nachfolgenden Bericht über den jenseitigen Auftrag zur Apportierung der Klaurubine natürlich zunächst für höheren Blödsinn, lässt sich aber breitschlagen, Gene zum Barischa zu führen.
Dort versucht Gene sich unter der Maßgabe, dass er mit den krummen Geschäften seines Onkels ja nichts am Hut habe, aus der Sache rauszuwinden, doch der Meister der Magie ist unnachgiebig. Entweder Rubine zurück oder Fluch bleibt bestehen, ist die klare Ansage. Weil der Barischa sich nun aber auch nicht nachsagen lassen will, vernünftigen Argumenten völlig unzugänglich zu sein, drückt er Gene wenigstens einen mystischen Talisman in die Hand. Das Ding erfüllt einen – genau einen – Wunsch, also soll Gene sich gefälligst gut überlegen, wofür er den Talisman einsetzt (okay, ich wäre jetzt frech genug, an Ort und Stelle: „Ich wünsche mir die drei Rubine herbei“ zu murmeln, aber soweit denkt von den hiesigen Helden natürlich wieder keine alte Sau).
Bleibt also nix übrig, Gene muss sich wohl oder übel auf die Selbstgestrickten machen und kucken, ob und wie er die Steine wieder zurückbekommt. Kelly offeriert sich als Begleitschutz, und da Gene, so rein intelligenztechnisch, eine eher trübe Tasse ist, wird das sicherlich notwendig und nützlich sein. Shace Maron residiert augenscheinlich irgendwo in einer Bumskneipe in Manila. Jedenfalls, so ergibt sie Nachfrage gegen Bargeld beim Pagen des ausgewählten Hotels, ist Shace offensichtlich Vorsteherin eines Clubs, in den, wie sich der Page umständlich ausdrückt, Weibsvolk als Gast unerwünscht ist. Dauert ein bisschen, bis bei Gene der Groschen fällt… Shace (Tania Aija) hat als Geschäftsmodell ausgekuckt, ihre Freier umzulegen und sie postmortal der Wertsachen zu berauben. Aus meiner Sicht etwas fraglich, wie man ein Gewerbe auf dieser Basis langfristig erfolgreich betreibt („Weiterempfehlung“ durch zufriedene Kunden kommt ja in diesem Fall eher nicht in Frage), aber jedem Tierchen sein Plaisierchen. Wenigstens ist Shace eindeutig weiblichen Geschlechts, damit kann man ja in Freudenhäusern im fernen Osten ja auch nicht von Haus aus ausgehen. Kelly tarnt sich als echter männlicher Mann mit aufgemaltem Bartwuchs, aber als Gene nach Shace fragt, macht ihm die Dame des Hauses durchaus klar, dass „eine Nutte, zwei Freier“ nach den Regeln des Etablissements nicht funktioniert – „ein Kerl, zwei Frauen“ oder „zwei Kerle, zwei Frauen“ sind dagegen stets im Rahmen des monetär Verhandelbaren. Da Kelly sich aber auf keine passende weibliche Begleitung festlegen kann, muss Gene wohl oder übel allein mit Shace in die Kemenate. Dieweil hochgradig raffiniert getarnt auch Lupe und Alex den Club aufsuchen, vergisst Gene angesichts der weiblichen Reize Shaces ganz und gar seine Mission – so intim ist ihm das andere Geschlecht, soweit es attraktiven Zuschnitts ist, wohl noch nicht nahegetreten. Da Genes Gehirn von allen guten Geistern und natürlich jeglicher Blutversorgung (so’n Ständer braucht schließlich Kraft) abgeschnitten ist, könnte Shace ihn nun beinahe mit ihrem auffällig rubingeschmückten Dolch abmurksen, doch der Tumult ruft Kelly, Alex und Lupe auf den Plan, und Kelly gelingt es, die mordlustige Shace zu überwältigen und den Stein zu requirieren.
Indes, im Mc-Bride-Anwesen, macht sich der Fluch bemerkbar. Suki, die dienstbeflissene Maid, ignoriert das Verbot, den geheimen Raum mit Donalds Urnen-Schrein zu betreten, in hygienischer Absicht. Tja, ich hab’s immer geahnt, Abstauben tötet. Nicht gleich, zugegeben, aber der Zorn des Übernatürlichen schlägt in Form von Moskitos zu, die unser armes Hausmädchen auf Genes Bettchen zu Tode stechen. Da hilft auch das Moskitonetz nichts mehr.
Unser Heldenpärchen führt der Weg nunmehr nach Zwei-Teile-Wasser-ein-Teil-Land, sprich Bangkok, wo Prinz Kali (der legitime Kampfsport-Großmeister Ho Sik Pak, KARATE TIGER IV – BEST OF THE BEST, 3:15 – DIE STUNDE DER COBRAS) residiert. Das mit dem Hofprotokoll muss sich seit unserem letzten Besuch bei den thailändischen Royals (der Roy-Black-Schnulze WENN DU BEI MIR BIST) stark liberalisiert habe. Will man mit einem Prinzen parlieren, latscht man einfach zum Palast, fragt den nächstbesten rumstehenden Wächter, wo der denn sein Quartier aufgeschlagen hat, und bekommt die Antwort, dass Kali im Keller residiert, „weil er Angst vor der Sonne hat.“ Mir deucht das dezent unrealistisch (zumal in Thailand, wo der Respekt vor der königlichen Familie Gesetzeskraft hat und ein Wachtposten, der eine solche Auskunft gibt, wahrscheinlich für den Rest seines Lebens selbst keine Sonne mehr sieht). Sei’s drum. Gene und Kelly (eh. Gene Kelly? Das fällt mir ja erst jetzt auf…) erreichen ohne weiteres Kalis Thronraum, wo der gut gelaunte Prinz zum Besten gibt, dass er nicht nur Prinz, sondern auch Hellseher und Zauberer sei. Das mit der Hellseherei kaufe ich ihm nicht ohne weiteres ab, weil er sich tatsächlich nach dem Grund des Besuchs erkundigen muss. Team Rocket, eh, will sagen Lupe und Alex sind natürlich ebenfalls vor Ort und haben sich unauffällig an einen Katzentisch gepflanzt, wo sie der weiteren Entwicklungen harren. Die weiteren Entwicklungen sind, dass Kali auf das Ansinnen der Rubinrückgabe feindselig reagiert, hat er doch den zum besonderen Schmuckstück seines Turbans gemacht. Kali demonstriert seine Zauberkünste und zaubert Kelly erst mal weg, und auf Genes zaghaften Protest nur in Form eines Wildschwein-Frischlings wieder herbei. Der Mini-Oinker nimmt Reißaus und Kali hat Geschmack am Schabernack gefunden und zaubert Lupe und Alex ebenfalls in animalische Form (Ziege und Schlange. Ob das irgendwelche symbolische Bedeutung hat? Und was sagt das dann über Kelly?). Interessanterweise findet Kalis freiflottierende Zaubershow die Missbilligung seines eigenen Personals. Mit strenger Miene weist ihn einer seiner servilen Dienstboten darauf hin, dass Ihre Prinzlichkeit die magischen Fähigkeiten nicht für Jux + Dollerei missbrauchen dürfe und als der Prinz darauf hinweist, dass er als Prinz macht, was er will, schmeißen sich die Wächter in ihrer Martial-Arts-Posen und greifen den Prinzen an. Der hat aber nicht nur Spaß am Zaubern, sondern auch am Kämpfen – er könnte die renitenten Diener ja mit seinen Magic Powers wohl mühelos in Getier verwandeln, aber sie zu verkloppen ist auch lustig, dieweil Gene versucht, das ausgebüxte Minischwein einzufangen. Wenigstens verliert Kali beim wohl jämmerlichsten Martial-Arts-Fight der dokumentierten Filmgeschichte seinen Turban, was nun wieder Gene die Möglichkeit bietet, nicht nur das Schwein, sondern auch den Rubin einzufangen.
Auf Sindanao flucht’s währenddessen wieder kräftig vor sich hin. Leidtragender ist heute Alfred, der Küchenchef, dem plötzlich vor dem geistigen Auge ein mächtiger Rubin freischwebend im Raum erscheint. Da jemand, der Ratten poschiert und als Leckerbissen zum Dinner serviert, nicht klar sein kann, dass Rubine selten frei im Raum herumschweben, hält er den roten Brummer für den real deal und versucht, ihn sich anzueignen. Dabei gelingt es ihm, wie auch immer man das anstellen mag, seine Rübe zwischen die Rotorblätter des sanft vor sich hin rotierenden Ventilators zu halten und aus diesem kühnen Grunde nicht nur an Ort und Stelle zu verscheiden, sondern auch bis zu seiner Entdeckung fröhlich Karussell zu fahren. Wer die Glasknochenkrankheit hat, muss halt aufpassen, wo er seine Murmel hinsteckt.
Gene hockt mit seinem neuen Sparschwein im Hotelzimmer und bläst ob der Verwandlung der Grazie Trübsal, bis ihm des Barischas Talisman einfällt. Mit dessen Hilfe ist Kelly in Nullkommanix wieder in die deutlich attraktivere Gestalt von Suzanna Love zurückverwandelt, nur bis die Gerettete sich das schweinische Quieken wieder abgewöhnt hat, dauert’s noch ein paar Minuten. Schwein muss man haben (offensichtlich verwandelt der Wunsch auch Alex und Lupe zurück in ihre menschliche Form. Oder Kalis Verwünschungen haben von Haus aus ein Ablaufdatum).
Allerdings beißen Maus und Schweine keinen Faden ab, Gene und Kelly haben zwei Rubine erbeutet, brauchen aber drei. Gene spekuliert auf des Barischas mildtätige Nachsichtigkeit, doch wie die sich pflichtschuldigst abgespulte Audienz beim großen Schamanen ergibt, hegt der zwar gewisses Verständnis für die Bredouille, in der Gene sich befindet, aber am Ende des Tages ist Dienst Dienst, Schnaps Schnaps und ein einmal gefluchter Fluch Fluch. Will sagen – drei Rubine oder gar nix, und die Frist läuft heute um Mitternacht ab! Schluck!
Als Retter in der Not offeriert sich Max Stern, der sich daran erinnert, dass Gene durchaus willens war, die ganze Plantage mit allem Drum und Dran meistbietend zu verhökern. Unser Maxe mit dem Panamahut könnte sich als Käufer anbieten, sein Angebot ist allerdings, nun, sagen wir, selbst am Black Friday lächerlich. Tausend Dollar plus ein Rückflugticket in die Staaten, das ist Maxens erstes und letztes Wort, und wenn Gene nicht will, dann hat unser lieber Herr Stern einen erstklassigen Argumentationsverstärker in Form einer Wumme. Ich hab’s immer gewusst, trau keinem „rechtlichen Berater“. Alles Verbrecher. Der falsche Hund ist natürlich hinter der Rubinmine her und wir nehmen noch Wetten an, ob Max es auch ist, der hinter dem Verschwinden des dritten Rubins steckt. Aber mit dem Setzen beeilen, denn das wird sich in wenigen Sekunden klären.
Die Auseinandersetzung verlagert sich in das McBride’sche Allerheiligste, in das Gene sich zurückdrängen lässt. In Ermangelung irgendwelcher besserer Ideen schlägt Gene auf den dort günstig herumstehenden Gong ein, und das scheint insoweit zu helfen, indem sich plötzlich ein Stammeskrieger materialisiert und Stern einen Pfeil durch den Hals jagt, ehe er sich wieder in Luft auflöst. Damit wäre zwar ein Problem gelöst, aber ein anderes offenbart sich praktisch sofort, alldieweil nun die Mumien lebendig werden und auf Gene und Kelly losgehen. In seiner Verzweiflung schleudert Gene den Gong in die Gegend, trifft die Urne und zerdeppert sie in tausend Stücke. Der Inhalt ist, hat man noch nie einen Film gesehen, eine echte Überraschung – anstelle der staubigen Asche des seligen Onkels parkt in den Trümmern der dritte Rubin, den mutmaßlich Max dort versteckt hat. Jubel! Trubel! Käsekuchen!
Damit könnten wir Gene und Kelly eigentlich in ein mehr oder weniger verdientes Happy End entlassen, aber, damit habe ich nicht ernstlich gerechnet, Lommel kümmert sich tatsächlich noch um den friedlich herumbaumelnden losen Faden namens Lupe und Alex. Dieweil die Gene-Kelly-Kooperation offensichtlich die Plantage verkauft hat, begeben sich die bislang so oft Geschassten auf die Suche in San Francisco bei Genes Vermieterin. Die gibt zu Protokoll, dass Gene seine Mietrückstände auf einmal beglichen und sich dann verpisst habe, letztes Lebenszeichen eine Postkarte aus Colorado Springs (dies, weil Kelly in einem der von mir grob vernachlässigten „character moments“ ausgeplaudert hatte, dass sie ein Rocky-Mountain-Mädel ist). In Colorado Springs liegt zwar ne Menge Schnee (und Geldverschwender Lommel hat, wenn man dem Nachspann glaubt, sogar tatsächlich einen 2nd-Unit-Shoot vor Ort durchführen lassen – für DREISSIG Sekunden, die man nun wirklich auch mit stock footage hätte füllen können), aber weder ein Gene noch eine Kelly. Ein plauderbereiter Hotel-Conscherge teilt Alex und Lupe mit, dass das Pärchen sich nach Acapulco abgeseilt habe.
Also auf nach Mexiko, wo Gene sich am Strand die Wampe bräunen lässt und ein wenig genervt ist, dass Kelly sich nicht zwei Minuten lang auf ihren hübschen Hinterns setzen und entspannen kann. Statt dessen macht sich Kelly auf zurück zur Unterkunft. Als Gene ein Weilchen später folgt, bemerkt er, dass Kelly an die Tür gefesselt ist. Urheber der kleinen Bondage-Nummer sind natürlich Alex und Lupe, die einmal mehr, wenn auch nur pro forma, Rubin oder Geld verlangen, ehe sie damit herausrücken, dass sie eigentlich mächtig beeindruckt von Genes und Kellys Leistungen bei der Apportierung der Rubine sind (die haben offenbar wenig Vergleichswerte) und schlagen künftige gemeinsame Aktivitäten vor. Kelly hat sogar schon zugesagt (obwohl sie noch gefesselt und geknebelt an der Tür hängt. Die steht da drauf, Gene, nutz das im Schlafzimmer!). Da kann dann auch Gene nicht mehr nein sagen und mit dem Start per Flugzeug in ein neues Abenteuer endet dieses… Herrjemine!
Uffza. Wie fangen wir an? Vielleicht damit, dass DIAMANT DES GRAUENS mit einer Laufzeit von grad mal 76 Minuten zumindest kurz genug ist, um dem Zuschauer nicht wirklich gravierend auf den Zeiger zu gehen (etwas, was Lommels Werke von jenseits des Jahres 2000 ja mit geradezu spielerischer Leichtigkeit vollbrachten). Oder damit, dass DIAMANT DES GRAUENS bei aller gezeigten Inkompetenz noch aussieht wie ein echter „Film“ (auch das kann man von Lommels Spätwerk ja nicht guten Gewissens behaupten). Oder damit, dass DIAMANT DES GRAUENS sich durchaus beabsichtigt als Komödie versteht (auch wenn’s furchtbar wenig zu lachen gibt) und vielleicht deshalb mit etwas milderem Blick beurteilt werden kann als wenn’s nach eigenem Selbstverständnis ein „seriöser“ Film wäre.
Das alles macht den Film allerdings nun auch nicht entscheidend besser – denn unbestritten ist, dass DIAMANT DES GRAUENS ein ziemlich mieser Haufen Gülle ist, der nicht schon deswegen gnädiger bewertet werden darf, weil Meister Lommel in der Folge mit Fleiß unter Beweis stellte, das hier gezeigte Niveau im Sturzflug unterbieten zu können.
Wie schon oben gesagt ist DIAMANT DES GRAUENS der verzweifelte Versuch, auf das vermeintlich kassenträchtige Fahrwasser von AUF DER JAGD NACH DEM GRÜNEN DIAMANTEN aufzuspringen und einen weitgehend „leichtgewichtigen“, humorig gemeinten und mit RomCom-Elementen aufpepeppten Abenteuerfilm für ein breites Publikum zu kreieren. Lommel und sein ansonsten nicht aufgefallener Drehbuchkompagnon Ben A. Hein vergaßen aber bei aller Begeisterung über den vermeintlich todsicheren Plan, irgendeine der notwendigen Zutaten für ein solches Unterfangen ins Drehbuch zu schreiben. Das Script hat weder mögbare Charaktere (Gene ist ein Idiot und Kelly so eigenschaftslos, dass sie durch eine Schaufensterpuppe ersetzt werden könnte – die meiste Personality hat ihre Figur tatsächlich noch, wenn sie in ein Ferkel verwandelt wird), eine glaubhafte Romanze (dass Gene und Kelly sich am Ende „kriegen“, ergibt sich weniger aus bis dahin zwischen den Charakteren geflogenen Funken denn vielmehr der Konvention, dass das Paar sich in solchen Filmen halt kriegen „muss“), spannende abenteuerliche Situationen oder zündende Witze. In allen diesen Abteilungen – totale Fehlanzeige. Ist schon auch wieder ein Kunststück, ein Script so dermaßen blah hinzurotzen, dass nicht mal aus Versehen eine Szene ´bei rumkommt, die der selbstwählten Aufgabenstellung ansatzweise entspricht.
Wie schon gesagt – die Figuren sind total larifari. Gene soll der „lovable bumblin‘ fool“ sein, der trotz begrenzter physischer und intellektueller Fähigkeiten in ein Abenteuer hineingezogen wird, in dem er über beide Ohren hinweg überfordert ist, aber im Ergebnis ist er einfach nur ein Depp („bumblin‘ fool“ allemal, am „lovable“ hapert’s mächtig). Kelly ist charakterlich mehr oder minder unsichtbar und nicht viel mehr als ein wandelndes expository dialogue runterrasselndes Plot Device. Die Schurkenfraktion ist aber auch nicht besser besetzt – Lupe und Alex greifen in die Handlung ja überhaupt nicht ein, sind nur Beobachter und gelegentliche Kommentatoren, und Max ist auch eine Non-Entität (am Ende ist es schlicht und ergreifend das Ausschlussverfahren, weil ja niemand anderes mehr da ist, der in Betracht kommt, das ihn für die Position des luschigen Endgegners qualifiziert). Die Situationen, in die Lommel seine Figuren schmeißt, sind auch denkbar langweilig – wenn schon eine Moskitoattacke als ernstliche Bedrohung herhalten muss, wissen wir ja, mit wie wenig Wasser der Autor hier kocht. Die zwei „Abenteuer“, die Gene und Kelly tatsächlich erleben – der Puffbesuch bei Shace Morel und die Audienz beim Prinzen Kali – sind dann auch nicht gerade das, wofür Indiana Jones sich morgens den Hut aufsetzen würde. Nicht mal aus dem Umstand, dass Magie im hiesigen Filmuniversum existiert und praktisch einsetzbar ist, macht Lommel irgendwas aufregendes (zumal sich selbst Dreijährige ohne Begleitung ihrer Eltern ausmalen können, dass, sollte wirklich eine knifflige Situation eintreten, des Barischas Wünsch-dir-was-Talisman das wieder in Ordnung bringen wird. Was er dann ja auch tut). Witzig ist dann auch nicht wirklich etwas – was immer auch der Film versucht, als Gag zu zelebrieren, geht entweder mangels Timing in die Hose oder ist von geradezu gediegener Unwitzigkeit (die Tierverwandlungen z.B). Gewissen Unterhaltungswert bringen tatsächlich nur die zwei mit der Hauptstory eigentlich nicht weiter in Verbindung stehenden Kills am Hauspersonal, und da vor allem Alfreds Abgang per Ventilator: der ist so hilariös doof und unpraktikabel, da muss man dann echt schon mal lachen…
Von der filmischen Seite her ist DIAMANT DES GRAUENS genauso langweilig wie von der inhaltlichen Seite her. Lommel ist, da würde er mir wahrscheinlich posthum zustimmen, nicht wirklich der Typ für komödiantische Stoffe (obwohl ich mir ein endgültiges Urteil vorbehalte, bis ich sein satirisches Comedy–Musical ROCK AMERICA angesehen habe, was bald der Fall sein wird). Lommel inszeniert das mit dem geringstmöglichen „künstlerischen“ Aufwand uninspiriert vor sich hin, schlichtes Abgefilme ohne Drive, ohne Dynamik, ohne Zug. Die einfallslose Kameraarbeit von David Sperling (OLIVIA – IM BLUTRAUSCH DES WAHNSINNS, CRYING FIELDS) und Jürg W. Walther (BLOOD DINER, ZOMBIE NATION) bringt dem Film auch keine Pluspunkte – langweiliger hat noch niemand Travelogue-Footage von Bangkok, normalerweise selbst noch im letzten Mistfilm für etwas Scope und Grandeur sorgend, eingebaut (und das, obwohl Lommel, wie gesagt, auf Archivaufnahmen verzichtet hat und tatsächlich 2nd-Unit-Shoots in Thailand, Mexiko, San Francisco und Colorado organisierte). Der Schnitt ist hanebüchen, die Musik von Bob Thiele – immerhin der Co-Komponist des verfickten Mega-Klassikers „What a Wonderful World“ (man fragt sich, wie zum Geier Lommel an DEN rankam) öde, die Special FX (immerhin u.a. von John Eggett, der später an MANIAC COP 2, ALLIGATOR II oder RAPA UI werkelte – aber auch an THE THIRD SOCIETY, ähm) amateurhaft.
Womit wir entspannt zum immer wieder erfreulichen Thema Schauspielerei übergehen können, und da natürlich in allererster Linie zu Klaus Kinski. Wie sich Lommel in einem von ihm später veröffentlichten YouTube-Video erinnerte, war Kinski in der Vorbereitungsphase des Films total charmant und kooperativ, wovon beim eigentlichen Dreh nicht viel übrig bliebt. Kinski erschien stockbesoffen am Set, behinderte die Arbeit nach Kräften und weigerte sich z.B. für Szenen, die aus verschiedenen Winkeln aufgenommen werden sollten, wieder an die gleiche Position zurückzukehren. Continuity einzuhalten war damit unmöglich. In seiner Verzweifelung erdachte Lommel spontan den Kniff, aus McBride senior (der wohl, wie ich mir das zusammenreime, in der ursprünglichen Scriptfassung seinen Tod nur vorgetäuscht hatte und Gene als Eminenz aus dem Hintergrund auf seinem Quest leitet) einen Geist zu machen. Kinski fand die Idee –auch das überrascht mich nicht – superknorke, erlaubte sie ihm doch, während des Shoots überall da rumzulümmeln, wo es ihm gerade konvinierte. Irgendwie brachte Lommel den Dreh über die Bühne (er hätte halt vorher mal bei David Schmoeller anrufen sollen…); als Kinski und Lommel sich später über den Weg liefen, überschüttete der Exzentriker den Regisseur mit Komplimenten und tat kund, künftig nur noch und ausschließlich mit ihm zusammenarbeiten zu wollen. Der entnervte Lommel beließ es bei einem geheuchelten „danke, Klaus“ als Antwort und nahm von weiteren gemeinsamen Projekten tunlichst Abstand.
Im Klartext hat Kinski, wie so oft in solchen Fällen, zwei Szenen und vielleicht fünf-sechs Minuten Screentime. Wie auch so oft in solchen Fällen ist er natürlich trotzdem das singuläre darstellerische Highlight des Films, obwohl er – was dem Dämon Alkohol zu verdanken sein dürfte – ersichtlich nicht auf der Höhe ist. Aber wer von einer Horde totaler Vollnulpen umgeben ist, fällt halt auch positiv auf, wenn er auf 30 % seiner Kapazität arbeitet (die Leber arbeitete sicher auf 100 %…). Okay, Suzanna Love ist auch keine ganz schlechte Schauspielerin, aber die Rolle der Kelly ist sicher nicht auf ihre speziellen Stärken hin zugeschnitten. Es ist, wie wir bereits ermittelt haben, eine Rolle ohne wirkliche Substanz, die auch Moni von der dritten Laterne links hätte spielen können. Immerhin – mit Brille ist Suzie ganz besonders süß… Barry Hickey ist ein totaler Nasenbär ohne Ausstrahlung oder komisches Talent, Lommel selbst trägt seine von ihm selbst präferierte Screen-Persona als leicht aus der Zeit gefallener Hustler mit Panama-Hut (selbst in DUNGEON GIRL hat er sich ja einen solchen Auftritt gegönnt) spazieren und müht sich im Finale zumindest um gewisse Intensität. Kitty O’Shea und Andy Lyon, die wohl als eine Art comic-relief-Duo gedacht sind, sind schier unerträglich, und Ho Sik Pak sollte seine Kampfkunstgürtel aus purem Prinzip für seine hiesige Darstellung abgeben.
DIAMANT DES GRAUENS lungert, falls jemand das dringende Bedürfnis verspürt, sich dieses grandiose Werk einigermaßen kostenneutral zu Gemüte zu führen, auf amazon prime rum. Der 4:3-Print ist angemessen ausgeleiert und verwaschen… Die bei Starmedia erschienen DVD dürfte auch nicht besser aussehen (aber ihr Cover-Blurb „Das größte Abenteuer der Menschheit hat begonnen“ ist in seinem Hyperbole schon irgendwie drollig, wenn man den Film tatsächlich sieht). Eine etwas neuere Auflage, vermutlich aber mit dem gleichen Inhalt, gibt’s unter dem Original-Titel von edel.
Also, wie sieht’s denn nun final aus? Ja, die oben erwähnte Theorie, dass DIAMANT DES GRAUENS als Markstein in der Karriere von Ulli Lommel auf dem Weg vom viel versprechenden Talent zum geradezu boshaft unfähigen Rotzefilmer dienen kann, hat was für sich. Zwar ist der Streifen noch als kommerziell verwertbar gedachter Film zu erkennen, aber er ist bereits so lieblos geschrieben und heruntergekurbelt, als hätte ein Zeitreisender Lommel schon künftige DANIEL DER ZAUBERER-Kritiken in die Hand gedrückt. Langweilig, doof, witz- und reizlos… aber wenigstens noch einigermaßen nachvollziehbar und mit dem gewerkschaftlich vereinbarten Mindestmaß an „Handwerk“ gearbeitet. Faint praise indeed.
© 2019 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 8
BIER-Skala: 3
Review verfasst am: 03.12.2019