Der Todesschrei der Hexen

 
  • Deutscher Titel: Der Todesschrei der Hexen
  • Original-Titel: Cry of the Banshee
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  • Regie: Gordon Hessler
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1970
  • Darsteller:

    Vincent Price (Lord Edward Whitman), Essy Persson (Lady Patricia Whitman), Hilary Dwyer (Maureen Whitman), Carl Rigg (Harry Whitman), Stephan Chase (Sean Whitman), Marshall Jones (Father Tom), Andrew McCulloch (Bully Boy), Michael Elphick (Burke), Elizabeth Bergner (Oona), Patrick Mower (Roderick), Quinn O’Hara (Maggie), Victoria Fairbrother (Margaret), Hugh Griffith (Mickey)


Vorwort

In einer englischen Provinzgrafschaft im 16. Jahrhundert herrscht Lord Edward Whitman hart, aber ungerecht. Speziell der Bekämpfung der Hexerei und heidnischer Kulte, die zu seinem Leidwesen noch immer Anhänger haben, hat er sich verschrieben, und mit seinem Sohn Sean und dessen Kumpeln Bully Boy und Burke hat er Komplizen, die sich nicht scheuen, arglose Dorfbewohner der schwarzen Künste zu bezichtigen und mit dem guten alten Inquisitionsargument „schuldig bis das Gegenteil bewiesen ist“ Folter und Mord legitimieren. Auch des Lords zweiter Sohn, Harry, der gerade mit dem neuen Gemeindepriester aus Cambridge angekommen ist, sieht zunächst keine Veranlassung, von den herrschenden Sitten und Gebräuchen abzuweichen, auch wenn seine Schwester Maureen glaubt, dass Papa ein bissl übertreibt in letzter Zeit… Maureen pflegt indes aber eine unmoralische Affäre mit Roderick, dem Burschen von Lady Patricia Whitman, der zweiten Ehefrau des Lords, die ihres Zeichens sowohl körperlich als auch mental eher fragil sortiert ist – Roderick, ein Waisenjunge, den Patricia irgendwann mal in freier Wildbahn aufgegabelt hat, ist der einzige, der so etwas wie einen beruhigenden Einfluss auf die Lady hat. Roderick, der dem neuen Pfaffen suspekt vorkommt, weil er ein irgendwie heidnisch wirkendes Medaillon trägt, über das Roddy allerdings nichts näheres weiß, außer, dass er es schon immer hatte, kann nicht nur mit geistig labilen Ladys, sondern auch mit Tieren gut umzugehen – er kann sogar tollwütige Hunde beruhigen.

Aber das ist momentan nicht das Thema – schon eher, dass Sean bei einem seiner spontanen such-ne-Hexe-in-der-Schänke-Abende auf die Spur eines tatsächlich echten leibhaftigen paganistischen Hexenkults kommt. Oona ist die Chefin eines Zirkels entzückend langweiliger Teufelsanbeter, die sich darauf beschränken, in den Ruinen einer alten Kirche knapp bekleidet und mit Blütenkränzen im Haar hippiemäßg herumzutanzen. Nichtsdestotrotz ist das freilich eine Verhöhnung des wahren christlichen Glaubens, die sich Lord Whitman nicht bieten lassen kann. Bei der pflichtschuldigst organisierten Razzia lässt der Lord so ungefähr die Hälfte der Hippies totschießen oder -prügeln und gibt der anderen Hälfte inkl. Oona den dienstlichen Befehl, sich beschleunigt zu verpissen und sich nie nicht wieder blicken zu lassen. Während Lord Whitman im Gefühl, eine gottgefällige Tat vollbracht zu haben, nach Hause trabt, schwört Oona selbstverständlich leberwurstmäßige Rache und lässt sich vom Gottseibeiuns persönlich einen ausführenden „Avenger“ zustellen (wenn sie Pech hat, erwischt sie Hawkeye…).

Seans baldigen Tod können alle Beteiligten noch relativ unbefangen dem tollwütigen Hund, den Harry mit seiner Flinte erlegt, zuschreiben, doch als Lady Patricia in den vermeintlich sicheren eigenen vier Wänden von einer Bestie zerrissen wird, dämmert’s dem guten Lord, dass er womöglich tatsächlich den Zorn finsterer Mächte auf sich und seine Familie gezogen hat. Blöderweise lässt sich die Whitman’sche Familientradition, mit solchen Bedrohungen umzugehen, auf ein „im Zweifel noch ’ne Hexe auf den Grill schmeißen“ reduzieren und *damit* kommt man bei der Art teuflischem Rächer nun mal nicht weiter…


Inhalt

Es ist ja keine filmwissenschaftlich neue Erkenntnis, dass Filmstudios, die einmal eine Formel zum Geldmachen aufgetan haben, an einer solchen kleben bleiben, bis auch der letzte Zehntelcent potentiellem Profit erfolgreich herausgepresst ist (in den meisten Fällen ist das leider erheblich nach dem Zeitpunkt, an dem eine solche Formel aus kreativer Hinsicht erfolgreich ausgepresst ist). Und so verwundert es auch nicht, das Sam Z. Arkoff, Oberhoncho von AIP, sich durch den vernachlässigenswerten Umstand, dass Roger Corman irgendwann keine Lust mehr hatte, plüschigen Kostümhorror sehr frei nach Poe herunterzukurbeln, nicht davon abhalten ließ, weitere Poe-„Adaptionen“ in die Kinos zu schaufeln – entweder kaufte Arkoff einfach fertige Filme wie Witchfinder General, den Arkoff als „The Conqueror Worm“ mit einem kurzen neuen Prolog, in dem Vincent Price das entsprechende Poe-Gedicht rezitiert, in den Staaten herausbrachte, oder er beauftragte direkt britische Schergen wie Gordon Hessler („The Oblong Box“, Scream and Scream Again), der dann auch „Cry of the Banshee“ machen durfte, einen Film, der mit Poe mal wieder nicht mehr zu tun hat, als dass sein Name im Vorspann steht und Vincent Price drei-vier Zeilen eines Poe-Poems aufsagt.

Mit „Banshees“ im Sinne der irischen Todesankündigungsgeister hat der Film glatt noch weniger zu tun – wie sich obiger Inhaltsangabe (und dem humorlos-sachlichen deutschen Titel) entnehmen lässt, haben wir’s hier vielmehr mit einem weiteren britischen Beitrag zur kurzen Hexenfilmwelle von Ende der 60er bis Anfang der 70er zu tun, der mit einem gerüttelten Maß Werwolfhorror versetzt wurde. Dass der Originaltitel dies, ähem, nicht akkurat wiederspiegelt, liegt nach allgemeinem Dafürhalten daran, dass AIP in bester B-Klitschen-Manier Titel und Plakatmotive festlegte, bevor man sich um Lächerlichkeiten wie ein verfilmbares Script bemühte. Das, was ein gewisser Tim Kelly, der ein paar Folgen der Western-Serie „High Chapparal“ verfasst hatte und seinen künstlerischen Zenit sicherlich mit „Die schwarzen Zombies von Sugar Hill“ erreichte, vorlegte, war nach Aussage von Gordon Hessler unverfilmbarer Blödsinn, weswegen er das Script mit seinem Vertrauten Christopher Wicking („Mord in der Rue Morgue“, „Das Grab der blutigen Mumie“, „Absolute Beginners“) komplett neu schrieb (wie Keith Allison von Teleport City nicht ganz zu Unrecht anmerkt, ist jemand, der undurchschaubaren Wahnsinn wie „Scream and Scream Again“ als 1A-brauchbar durchwinkt, vielleicht nicht unbedingt derjenige, der sich über die Qualitäten von Drehbüchern einen Kopf machen sollte).

Nun, man kann immerhin zu Hesslers und Wickings Verteidigung sagen, dass das Horror-Potential der klassischen Banshee-Todesfeen limitiert ist (sie kündigen den baldigen Tod ja nur an, führen ihn aber nicht aus) – statt dessen zeitgeistig die ein oder andere Hexe zu foltern, war für die kommerziellen Aussichten nicht die allerdümmste Idee (zumal die lustige Hexenfolterei ja auch Gelegenheit bietet, diverse an weiblichen Körpern befindliche Textilien zu zerfetzen und die darunter verborgenen anatomischen Attribute freizulegen – was dann auch reichlich erledigt wird). Der Plot entwickelt sich dabei so vorhersehbar wie eine abgefahrene Bahnsteigkarte – es gibt praktisch keinerlei Überraschungen (sicherlich wird niemand, der obiges gelesen hat, genuin verblüfft sein, dass Roderick der Lykanthrop ist. Daraus macht auch der Film keine Sekunde lang ein Mystery. Oona verlangt von ihrem Chef einen Killer, und sofort tritt Roderick mit einem „da bin ich, was liegt an?“ aus dem Schatten). Anstelle also einer raffinierten Geschichte will man die Zuschauer mit einem Rudel ziemlich finsterer Charaktere an den Film binden. Die Whitmans sind, da macht der Streifen kein Gewese drum, eine „böse“ Familie. Lord Edward Whitman mag zwar seine Momente haben, in dem man glauben könnte, er sei tatsächlich auch um die Sicherheit seiner Untertanen besorgt (so schmeißt er z.B., nachdem der tollwütige Hund, der vermeintliche Killer, getötet wurde, ein Fest für die Dorfbewohner, um die davon zu überzeugen, dass hier kein übernatürlicher Zauber im Spiel war – dass die Party zu einem Ofenschuss ersten Ranges wird, ist nicht seine, sondern Lady Patricias Schuld…), aber wenn man sich den Meister so ansieht… nein, er ist ein übler Bursche, der im Vergleich zu Prices Matthew Hopkins, „Witchfinder General“, noch nicht mals die Ausrede hat, von der Richtig- und Wichtigkeit seines Tuns voll überzeugt zu sein, nö, selbst sein nicht minder niederträchtiger Sohn Sean stellt fest, dass seinem alten Herrn das Foltern und Töten vermeintlicher oder echter Heiden Spaß und Entertainment ist (die hatten halt auch kein Kabelfernsehen damals). Sean und seine Kumpane sind Arschlöcher ersten Ranges, die ihre hochwohlgeborene (bzw. „hochwohl-by-association“) Position in aller selbstherrlichen und -gerechten Widerlichkeit ausleben, und Rückkehrer Harry mag zwar gebildet sein und die ganze Sache, auch mit dem Foltern unschuldiger Frauen, etwas kritischer beurteilen, stellt aber letztlich Familienloyalität über Moral; man *kann* eine Lanze für Maureen brechen, andererseits hüpft die unbefangen mit einem hergelaufenen Typen wie Roderick ins Bett und missbraucht das Vertrauen ihres Vaters und ihrer Stiefmutter – nach mittelalterlichen Moralvorstellungen ist das auch nicht gerade die vorbildlichste Schule). Besonders interessant im Whitman-Clan ist allerdings Lady Patricia – die (vor allem psychisch) hauchzarte „neue“ Frau des Lords, die ein wenig wie ein okkulter Wetterhahn auf die Vorkommnisse reagiert. In der vielleicht besten Szene des Films – auf dem erwähnten Fest – rastet sie beim Anblick des toten Hundes völlig aus und wird selbst fast „zum Tier“. Roderick muss sie mit Kommandos, wie man sie auch einem aufgescheuchten Tier gibt, beruhigen. Ich hatte fast erwartet, dass der Film aus diesem Aspekt noch etwas entwickelt, aber dafür bringt er Patricia zu schnell um…

Auf der Gegenseite haben wir Oona, die Teufelsanbeterin (wobei Satanskult hier ohne weiteres mit den alten paganistisch-druidischen Religionen gleich gesetzt wird), die etwas anachronistisch mit Voodoo-Puppen hantiert, die prüdesten Orgien seit der Erfindung der Togaparty feiert (zum Tittenquotienten tragen die Heiden nur sehr begrenzt bei), und der nach der Niedermetzlung der Hälfte ihrer „Kinder“ nichts anderes einfällt, als die Attacke retroaktiv durch den satanischen Racheauftrag noch zu rechtfertigen – mit Roderick, dem Patricia-Handler und Maureen-Popper als willigem Werkzeug. Man sieht, wo das storytechnisch hinführt – der Film hat nicht wirklich einen echten Protagonisten, einen klassischen Helden, irgendjemanden, den man anfeuern könnte. Ja, die Whitmans sind erwiesenermaßen miese adelige Mistforken, aber jetzt auch nicht mieser und mistforkiger als vergleichbare Adlige. Man wünscht ihnen, bzw. wenigstens Edward und Sean, ihre wohlverdiente come-uppance, aber Maureen, Patricia und Harry kann man nicht viel mehr zur Last legen, als dass sie nicht offen gegen ihre Familie rebellieren. Ihnen gegenüber steht mit Oona eine tatsächliche Hexe, die sich zwar von ihren Anhängern mit Sprüchen wie „Oona ist Liebe. Oona ist Frieden“ feiern lässt, aber bei ihrem Kult gegenüber – nicht wirklich verblüffender – aufgefahrener Härte auch nichts anderes einfällt als Gewalt mit Gegengewalt zu vergelten (die nicht nur, wie schon erwähnt, Whitman-Familienmitglieder trifft, die nur schwerlich für Edwards Taten verantwortlich zu machen sind, sondern auch durch den sicherlich auch von Oona zu antizipierenden Vergeltungswillen des Lords Unschuldige im Dorf tötet). Und auch Roderick fällt aus, weil der ein reines Werkzeug ist (zumindest aber, was ich schon wieder recht angenehm finde, nicht über irgendein Liebe-überwindet-jeden-Fluch-Gedöns erlöst wird) und keine eigenständige Persönlichkeit aufweist. Die Folge ist zwangsläufig, dass man als Zuschauer zum reinen Beobachter wird – sich emotional auf den Film einzulassen, ist mangels einer Identifikationsfigur extrem schwierig (zum Vergleich: „Witchfinder General“ hat und braucht mit Ian Oglivys Charakter einen „klassischen“ Helden – nur weil er dem entspricht, was wir als Identifikationsfigur sehen, kann der Schluss-Schock seine Wirkung entfalten. Hexen bis auf’s Blut gequält versucht das mit Udo Kiers Charakter nachzuahmen); es beschränkt die „Spannung“ auf ein „wer-stirbt-wann“ (fast schon ein Giallo-Ansatz…). Es ist allerdings wohl auch ganz gut, dass das Script darauf verzichtet, mit doppeltem Boden und Twists zu spielen, denn schon die geradlinige Version, mit der wir’s zu tun haben, verzettelt sich ab und an (wieso sind einige Whitmans überzeugt davon, verflucht zu sein, bevor Oona überhaupt ins Spiel kommt? Was meint Edward damit, dass „wir nun endlich das Haus verlassen können“, als er und Harry glauben, das Problem gelöst zu haben? Von einer Bindung des Fluchs an das materielle Haus war nie die Rede…).

Hessler weiß, was er seinem Publikum bieten muss, damit es vielleicht gar nicht erst merkt, dass es hier keine Helden gibt und das Script trotz und/oder wegen der Simplizität niemandem vom Hocker reißen wird – von Gerichtsverhandlungen, in denen das Brandeisen geschwungen wird über Auspeitschungen und Pranger, von schmucken Leibern gerissene Kleider, heidnischen Riten in Kirchenruinen und unterirdischen Katakomben, das volle Programm des Hexenfilms wird aufgefahren – nicht in der nur auf Sadismus ausgelegten Manier eines reinrassigen Exploiters, freilich. Die groben Abgefeimtheiten bleiben off-screen, Hessler reicht es, anzudeuten, er muss nicht voll draufhalten, was die Gewalt angeht (bei den nackten Tatsachen ist er liberaler). Das ist aber ganz gut so – der Film ist, wie gesagt, schon an und für sich ziemlich nihilistisch, wäre er dann auch noch graphisch explizit in der Gewaltanwendung, täte man sich mit dem Etikett „Unterhaltungsfilm“ schon ziemlich schwer, und bei aller Begeisterung, die ich über „Witchfinder General“ ausschütte, braucht man nicht viele solcher filmischen Schläge in die Magengrube…

Handwerklich ist das alles okay – Hessler ist sicher kein Visionär, Innovator oder auch nur halbseiden interessanter Stilist, sondern eben Auftragsarbeiter. Während Corman zu seinen besten Zeiten immer in der Lage war, einen Low-Budget-Film zehnmal teurer aussehen zu lassen als er wirklich war, merkt man bei Hessler eben schon, dass die Mittel nicht üppig waren (die IMDb spekuliert auf 500.000 Dollar, und davon dürfte schon einiges für Vincent Prices Antrittsgage draufgegangen sein). Die Ausstattung ist nicht so üppig, die Kostüme wirken irgendwie nicht ganz richtig für die Periode, in der der Film spielen soll, und auch wenn Hessler viel on location drehen konnte, beraubt das den Streifen eher der typisch „andersweltlichen“ Atmosphäre des Corman-Poe-Zyklus als dass er aus dem zusätzlichen Scope und der Authenzität (das mittelalterliche Dorf ist mal richtig schön dreckig) wirklich Gewinn zieht. Die Kameraarbeit von John Coquillon (der, nachdem er einige Filme für Hessler fotografiert hatte, zum Stammkameramann von Sam Peckinpah avancierte) ist nur selten bemerkenswert – im Finale gibt es Ansätze, den fortschreitende Hysterie der Whitmans auch optisch umzusetzen, aber überwiegend ist es herkömmliches point-and-shoot. Zugegeben sei aber auch, dass es einen verdammt guten Shot gibt, wenn die Kreatur im Folterkeller, wo Maureen sich verbarrikadiert hat, mit rotleuchtenden Augen hinter ihr auftaucht – der Shot funktioniert aber auch deswegen so gut, weil das detaillierte Aussehen des Werwolfs hier verborgen bleibt. Das Wolfs-Make-up selbst ist dann auch eher mittelgut – für einen sparsamen AIP-Film grad noch so erträglich. Vor einer Transformationssequenz drückt man sich mehr oder minder elegant – die einzige „on-screen-Verwandlung“ wird über ständige Zwischenschnitte auf Maureens Reaktion unterbrochen, so dass jeder neue Schnitt auf das Monster eine weitere „fertige“ Transformationsstufe zeigen kann.

Der Score von Routinier Les Baxter („Der Rabe – Duell der Zauberer“, „Der Mann mit den Röntgenaugen“) ist adäquat. Der animierte Vorspann stammt übrigens aus der flinken Feder von Terry Gilliam und wer seine Monty-Python-Cartoons kennt, wird sich nicht darüber wundern.

Auf Darstellerseite liefert Vincent Price eine seiner besseren Schurkendarstellungen ab – nicht so eindimensional (wenn auch eindrucksvoll) wie sein Matthew Hopkins, sondern mit den Facetten eines Charakters, der zu Beginn mit sich, seiner selbsteingestandenen Boshaftigkeit, der Gottgewolltheit derselben und der Welt an und für sich völlig im Reinen ist, aber dann zunehmend zu zweifeln beginnt, ob an der ganzen Hexerei und heidnischen Flüchen nicht doch etwas dran sein könnte – und das Schöne daran ist, dass Price einmal mehr der Versuchung des Overactings weitgehens widerstehen kann, sondern bei allem Wahn, in den er sich seine Figur hineinsteigert, immer noch glaubhaft bleibt. Als ätherisch-fragil-halbwahnsinnige Schönheit an seiner Seite erfreuen wir uns am Anblick von Essy Persson, die wir Trashfreunde hauptsächlich aus der hirnig-doof-missglückten Perry Rhodan-Verfilmung, dort als abweisende Arkonidin Thora, kennen. Ihr großer Freak-out-Moment beim Fest für die Dorfbevölkerung ist absolut sehenswert. „Maureen“ Hilary Dwyer hatte mit Price ihren Folterer aus „Witchfinder General“ nun auf einmal als Filmpapa – ob das für Gesprächsstoff sorgte? Dwyer, die solide amtiert, war auch in „The Oblong Box“ und dem überaus verschnarchten SF-Langweiler „The Body Stealers“ zu sehen, in denen auch „Harry“ Carl Rigg mit von der Partie war. Rigg, der sich hier durchaus charismatisch zeigt, verabschiedete sich in der Folge überwiegend ins britische Fernsehen (wo er u.a. in „Doctor Who“ agierte) und schnappte sich Mitte der 80er einige kleinere Rollen in „Lifeforce“ und dem Bond-Film „Der Hauch des Todes“. Stephan Chase, als Sean ein angemessenes Ekelpaket, fand sich wenig später als Malcolm in Polanskis spektakulärer „Macbeth“-Verfilmung wieder, ehe auch er sich auf Fernsehrollen spezialisierte und erst 1987 in „Die letzten Tage in Kenya“ einmal mehr im international bedeutsamen Kintopp auftauchte. Patrick Rower, dessen potentiell interessanter Roderick leider dramatisch underwritten bleibt und seinem Darsteller kaum mehr Möglichkeiten bietet als mit offenem Hemd vage bedrohlich zu kucken, hatte schon bei Hammer Horror-Luft geschnuppert („The Devil Rides Out“), spielte 1971 in der Pferdeschmonzette „Black Beauty“, wurde ebenfalls zum gut beschäftigten TV-Akteur, schaute 1976 für „Carry on England“ mal bei der Ist-ja-irre-Truppe vorbei und ist seit nunmehr 12 Jahren ständiges Ensemblemitglied der weekly soap „Emmerdale Farm“. Als Oberhexe Oona absolviert Elizabeth Bergner, die ihre Theaterkarriere 1915 begann und schon ab 1924 in Stummfilmen spielte, ihren einzigen Ausflug ins Horror-Genre durchaus mit Gusto und dem notwendigen dramatischen Impetus. Charaktermime Hugh Griffith („Exodus“, „Tom Jones – Zwischen Bett und Galgen“, „O Vater, armer Vater, Mutter hängt dich in den Schrank und ich bin ganz krank“, „Pasolinis tolldreiste Geschichten“) hat einen charmanten Auftritt als zwielichtiger Totengräber.

Bildqualität: Die UK-DVD kommt aus dem Hause Optimum Releasing, der verwendete Print aus dem Bestand von Orion/MGM. Das anamorphe 1.85:1-Widescreen ist zu Beginn bildschön und superscharf, in der weiteren Laufzeit schleichen sich einige wenige minimale Defekte ein. Die Farben könnten etwas kräftiger sein – insgesamt aber deutlich überdurchschnittlich.

Tonqualität: Nur englischer Ton in Mono 2.0 ohne Untertitel. Kein technisches Feuerwerk, aber brauchbar, ohne großes Grundrauschen und gut verständlich.

Extras: Leider nur der recht ramponierte Trailer.

Fazit: Auch wenn man „Cry of the Banshee“ eine etwas stringentere Dramaturgie und den ein oder anderen positiven Charakter wünschen würde, so ist er doch ein gutes Beispiel dafür, wie der klassische 60er-Jahre-Gothic-Grusler neue zeitgeistige Elemente zu absorbieren versuchte – die Abweichung vom klassischen Gut-Böse-Schema, die nihilistische Grundeinstellung, das ist relativ modern – sicher zu wenig, um sich der einbrechenden Konkurrenz des „motivationslosen“ Terrorfilms, wie er sich aus „Night of the Living Dead“, Bewegliche Ziele oder dem nur vier Jahre entfernten „Texas Chainsaw Massacre“ entwickeln sollte, erwehren zu können, aber ein Indiz dafür, dass nicht alle britischen Horrorfilmer wie die altehrwürdigen Hammer Studios die Zeichen der Zeit zu spät erkannten. Wem das filmhistorisch nicht reicht, kann sich an der recht ungewöhnlichen Mixtur aus angedeutetem Hexen-Exploiter und Werwolf-Horror und den überwiegend ansehnlichen darstellerischen Leistungen delektieren.

3/5
(c) 2013 Dr. Acula


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