Der Fan

 
  • Deutscher Titel: Der Fan
  • Original-Titel: Der Fan
  • Alternative Titel: Trance |
  • Regie: Eckhart Schmidt
  • Land: BR Deutschland
  • Jahr: 1982
  • Darsteller:

    Simone (Désirée Nosbusch)
    R (Bodo Staiger)
    Sekretärin (Simone Brahmann)
    Vater (Jonas Vischer)
    Mutter (Helga Tölle)
    Briefträger (Klaus Münster)
    Junge (Ian Moorse)
    Mann mit Hund (Winfried Blasberg)
    „B“ (Sabine Kückelmann)
    als er selbst (Joachim Fuchsberger)


Vorwort

Abt. Aus dem Giftschrank der bundesdeutschen Filmgeschichte

Jaja, auch die Historie der Zelluloidbelichtung made in Germany hat so ihre Skandälchen zu bieten, und da muss man gar nicht in die tiefe Vergangenheit reisen und die Hexenexploiter von und mit Adrian Hoven oder die deutschproduzierten Werke unser aller Lieblingsspanier Jess Franco heranziehen (von Hildegard Knef als Sünderin will ich erst gar nicht reden), das konnten unsere Filmemacher auch später noch, so z.B. Anfang der 80er Jahre.

Unsere Zeitreise führt uns, exakt gesprochen, ins Jahr 1982, als es ein großes Bruhei in der einschlägigen Klatschpresse und die ein oder andere gerichtlich ausgefochtene Fehde um einen Film namens Der Fan gab. Nun gibt es Skandale und Skandale, der zu Der Fan war aber eher einer der selbstgemachten Sorte. Offenbar war das Thema „minderjährige Göre macht sich an Star ran und dann passieren allerlei schlimme Dinge“ nicht tabuträchtig genug, um den produzentenseits gewünschten Rummel zu inszenieren, da tat Hauptdarstellerin Désirée Nosbusch, seinerzeit süße siebzehn Lenze jung und als Moderatorin einer ZDF-Musiksendung ganz gut im Geschäft, allen Beteiligten den Gefallen, die Gerichtsbarkeit mit dem Wunsch nach einer Entschärfung des Films, was die zahlreichen Nackedeiszenen anbetrifft, zu behelligen und dies auch jedem Vertreter der schreibenden Zunft gerne in den Notizblock zu diktieren. Fräulein Nosbusch und ihr sort-of-Manager Georg Bossert behaupteten, dass Regisseur Schmidt das junge Mädel gar bösartigerweise hinters Licht geführt habe und die Nacktszenen nicht wie angeblich versprochen mit Gegenlicht und Weichzeichner bearbeitet hatte, sondern sie ganz im Gegentum klar und deutlich auf´s Filmmaterial gebannt hatte. Das angerufene Gericht sah´s anders und verweigerte die verlangte einstweilige Verfügung, Der Fan konnte ungeschnitten anlaufen, die Nosbusch behauptete von Stund an das Gegenteil (plötzlich ging es nach ihrer Version nur noch um ein paar Promo-Nacktfotos, die zu früh an die Presse herausgegeben worden seien), der Film floppte trotzdem phänomenal an den Kinokassen – das einzige, was überhaupt im kollektiven Bewusstsein des Publikums hängen blieb, war der Soundtrack von Rheingold und der mittelmäßige (vom Erfolg her) Single-Hit „FanFanFanatisch“ (Rheingold waren allerdings clever genug, das semi-offizielle Soundtrackalbum als eigenständige Rheingold-Veröffentlichung zu behandeln und vom Filmstart weitgehend abzugrenzen).

Womit wir bei einem weiteren Umstand des Films wären – wegen des Rheingold-Soundtracks und der schauspielerischen Betätigung des Chefs dieser Musikantenvereinigung, Bodo Staiger, gilt Der Fan gemeinhin als „NDW“-Film, ungeachtet der Tatsache, dass sich Rheingold nach Eigenverständnis nie als NDW-Combo ansahen (mich soll allerdings auf der Stelle der Schlag treffen, wenn man Rheingold in * irgendeine * andere Schublade einsortieren könnte als eben „Neue Deutsche Welle“. Weswegen „Dreiklangsdimensionen“ ja auf praktisch keinem gut sortierten NDW-Sampler fehlen darf).

All das machte mich, der aus schlichten Altersgründen 1982 noch nicht wirklich am Gedöns um diesen Film partizpieren konnte (da war ich elf und hatte geringfügig andere filmische Interessen), doch recht neugierig auf den Film, aber natürlich nicht SO neugierig, um den Doc, das alte Sparschwein vor dem Herrn, die Investition in eine regulär ausgepreiste DVD (oder gottbehülf in ein steinaltes Videotape) schmackhaft zu machen. Zum Glück des Konsumenten landen marketing-DVDs traditionell recht flott im Grabbeltischpreissektor und so konnte ich vor etlichen Monaten die Scheibe für den obligatorischen fünf-Euro-Obolus abstauben. Stichwort „stauben“ – das tat die Disc dann auch lange Zeit im Regal. Aber irgendwann ist jeder Film mal fällig. Und wo ich jetzt (also im Moment der Schreiberei dieses Reviews) grad aus technischen Problemen ohne Internet leben muss (argh), hab ich ja Zeit…


Inhalt

Mit ´nem großartigen Vorspann halten wir uns nicht wirklich auf – ein paar ziemlich billig hingerotzt wirkende Texttafeln mit schwarzer Schrift auf rotem Grund (und da beschweren sich Leute über MEIN Farbschema) mit den drei-vier wichtigsten Angaben, und dann geht´s auch schon los mit Geschichten aus der Provinz. Verzeihung, liebe mitlesende Ulmer, aber den Nabel der Welt bewohnt Ihr ja nun wirklich nicht… Jedenfalls befinden wir uns vor dem Ulmer Hauptpostamt, wo die Heldin unserer Plotte, also uns (nicht unniedliche) Désirée Nosbusch, zu morgendlicher Stund´ auf die ausschwärmenden Briefträger lauert.

Theoretisch könnte sie natürlich auch angeflanscht am heimischen Briefkasten warten, aber sie scheint´s wirklich nötig zu haben. Der für sie zuständige Postuniformaträger allerdings schüttelt mitleidig den Kopf – keine Post für Simone, so heißt Désirée hier. Da quetscht sich schon das ein oder andere Tränchen aus dem traurigen Auge und gibt ihr Gelegenheit, uns für die nächsten, naja, bestimmt gut 30-40 Minuten mit einem recht penetranten voice-over vollzuquatschen (im Sinne des Films handelt es sich bei der Narration um Tagebucheinträge). „R hat nicht geantwortet“, seufzt sie herzergreifend, und „R“ ist nicht etwa der verzweifelte Versuch des Docs, die Reviewlänge durch das Ersetzen von Personalpronomen durch Einzelbuchstaben zu reduzieren, sondern der Künstlername des von Simone angehimmelten Superstars (zwar nicht gerade oberkreativ, aber im Vergleich zu heutigen Schöpfungen wie „50 Cent“ oder „P. Diddy“ ja noch richtiggehend inspiriert. Außerdem erlaubt das natürlich schwer künstlerisch-schicke Interpretationen, denn „R“ und „Simone“ lassen sich ja ziemlich unproblematisch als „er“ und „sie“ übersetzen, was das ganze Treiben dann selbstverständlich schwer symbolisch und metapherhaft macht. Hach, ich analysiere jetzt schon… wo soll das hinführen?). „R“ sind aus wie Rheingold-Sängersknabe Bodo Staiger, was wir durch das von Simone enthusiastisch getragene Fan-T-Shirt erkennen. Okay, back to the plot. Simonchen also hat dem Genossen R den ein oder anderen Liebesbrief zukommen lassen, selbige blieben allerdings zu ihrer gesteigerten Enttäuschung bislang unbeantwortet. Um diesen persönlichen Frust angemessen zu vearbeiten, entscheidet sie sich dazu, die Schule heute nicht mit ihrem Besuch zu beehren, sondern lieber planlos durchs Städtele zu latschen.

In Ulm gibt´s für solche sinnstiftende Tätigkeiten aber wohl nicht allzuviele Möglichkeiten, weswegen Simone den Turm des Münsters besteigt, sich dabei der Imagination hingibt, diese Tour in Begleitung des geliebten R zu absolvieren und dies geistesabwesend-pantomimisch darzustellen, inklusive eines scheinbar mittelschwer orgasmusförderlichen Kusses, was die anwesenden Touristen dezent amüsiert. „Wahrscheinlich erwarteten sie, dass ich über das Gitter steige und springe“, erzählt sie ihrem Tagebuch, was sie sich allerdings durchaus als Option offenhält. Allerdings will sie nicht einfach so runterjumpen, sondern einen an R gerichteten Abschiedsbrief mitnehmen, damit der sich ganz doll schuldig fühlt (naja, sie rhabarbert erheblich sinnloseren Tinnef wie „dann bin ich ein Teil von ihm und er ein Teil von mir“. Ein Flug vom Münster wird sicherlich in Teilen resultieren, aber weniger in R-, denn in einer Vielzahl von Simone-Teilen). Weil dieser Brief noch ungeschrieben ist, wird kein Bungeesprung ohne Seil durchgeführt, sondern Simone tigert mehr oder minder artig nach Hause, stochert vor ihren sprachlosen Eltern lustlos im Abendessen rum und verzieht sich, ohne nennenswerte Kalorienaufnahme, auf ihr Zimmer.

Und bereits jetzt wird mir dieser Film erstmals offiziell unsympathisch. Simones Refugium wird uns nämlich in Form einer audiovisuellen Montage vorgestellt (was noch nicht per se verwerflich ist). Wir sehen zum einen die mit diversen R-Postern inklusive BRAVO-Starschnitt tapezierten Wände des Zimmers, darübergelegt aber ein Foto eines gigantischen Nazi-Aufmarsches mit tausenden den Arm zum Hitlergruß erhebenden Menschen, beschallt von „Heil! Heil“-Rufen von der Tonspur. Herzlichen Dank. (Es ist sogar noch schlimmer – beim zweiten Durchsehen für die Screenshots fiel mir erst auf, dass das Hitlergruß-Poster *tatsächlich* in Simones Zimmer hängt und die hochgereckten Arme recht eindeutig den danebenklebenden R-Starschnitt „grüßen“. Juppheißa, das ist wirklich… eh, idiotisch).

Ja, mir ist bewusst, dass Teile der Linken und Antifa-Bewegung jegliche Art von Starkult immer wieder gern in die Nähe zum blindwütigen Führerkult rücken und gewiss gibt es vergleichbare Mechanismen, die allerdings meines Erachtens grundsätzlich unpolitisch, sondern eher soziologisch orientiert sind (vgl. das Interesse an fernöstlichen Religionen, das durch Popstars Ende der 60er Jahre erweckt wurde). Will sagen, der Punkt ist nicht völlig ungültig, wird aber hier mit der Subtilität der sprichwörtlichen Dampfwalze in den Zuschauerschädel planiert (und das vor allem nach ungefähr fünf Minuten Filmlaufzeit. Sakra, dafür kann man sich doch etwas * Zeit * nehmen). Nun gut. Ich lasse meine Zornesader vorübergehend abschwellen und widme mich wieder der Handlung. Simone kritzelt in ihr Tagebuch und hört den Rheingold-, äh, R-Song „Augenblick“. „Jedes Lied ist wie für mich geschrieben“, vertraut sie ihrem Tagebuch an (bei den teilweise eher kryptischen Rheingold-Texten mag das gewisse Rückschlüsse zulassen), „ich verstehe ihn und er versteht mich“.

Am nächsten Tag das übliche Ritual vor der Post – Simone wartet, der Briefträger… hat Post! Dummerweise nicht den erhofften Retourbrief von R, sondern vielmehr einen an ihre Eltern adressierten Brief der Schule mit vermutlich unerfreulichem Inhalt. Simone rupft dem Postboten das Schreiben aus den Pfoten und geht stiften.

Am nächsten Tag führt ihr Weg sie wider Erwarten in die von ihr (wenigstens gelegentlich) frequentierte Bildungsanstalt, wo sie die von ihren Schulkameraden gewissenhaft bearbeitete Schulaufgabe mit Nichtachtung straft und dem Lehrer auf die Nase bindet, dass a) ihre Eltern seine Sprechstunde aufgrund akuten Zeitmangels gearde nicht beehren könnten und b) ihre Fehlzeiten aus „Komplikationen mit meiner Periode“ resultieren. Als Sackträger ist Herr Lehrer diesem Argument natürlich unbewaffnet ausgeliefert. Den nachfolgenden Englischunterricht, den selbst ich, einiges auf diesem Gebiet gewohnt, als hochmotivierend, sprich todlangweilig, einstufen möchte, findet Simone gar so toll, dass sie sich unerlaubter-, aber auch unaufgehaltenerweise aus dem Klassenzimmer subtrahiert. „Ich dachte, ich könnte es aushalten, nicht zur Post zu gehen“, vermittelt uns die Narration Einblicke in Simones leicht gestörtes Innenleben, aber das war eine Fehleinschätzung. Blöderweise hat sie mit dem versuchten Schulbesuch die Aufbruchszeit der Briefträger verpasst, was dazu führt, dass sie ihrem persönlichen Postapportierer hinterherhecheln muss und ihn, wenn ich das richtig interpretiere, aus einem Schäferstündchen während der Dienstzeit herausklingelt (jedenfalls ziert des wackeren Postmanns Visage verschmierter Lippenstift, und wenn der Kerl nicht der gleichgeschlechtlichen Fraktion angehört und gerade sein Make-up erneuert hat, dürfte der gerade geknutscht haben). Der Zusteller bescheidet ihre Anfrage nach Post abschlägig, was sie aus unerfindlichen Gründen (naja, der Grund dürfte sein, dass ihre Tassensammlung einige Fehlstücke beinhaltet) nicht glaubt, seine Posttasche widerrechtlich durchwühlt und auf den Boden schmeißt und, als der Beamte diese Schändung (damals noch) staatlichen Eigentums zu unterbinden sucht, mit gespreizten Krallen auf ihn losgeht, ihm die Dienstmütze von Kopf schubst und in an den Haaren und Ohren zieht. Jo, ich schnall´s, die Tussi ist amtlich durchgeknallt.

Zurück in ihrem privaten R-Schrein meditiert sie unter der Bettdecke zu R-Songs über ihre noch unerfüllte Liebe und interpretiert Lyrics – Behämmerte haben dahingehend den gottgegebenden Vorteil, auch grundsätzlich nichtssagende Texte in ihrem Sinne auszulegen, schließlich ist nicht wichtig, „was man sagt, sondern was man meint“. Und nach ihrer Lesart sagen Rs Texte fraglos aus, dass sie ihn glücklich machen könnte und umgekehrt. Auf die Groupies, die R umschwirren wie Schmeißfliegen Pferdedung, ist sie zu allgemeiner Überraschung nicht eifersüchtig – die sind eh nur hinter seiner Kohle her, und ihrer Ansicht nach ist R das auch völlig klar, weswegen die diversen one-night-stands mit diesen finanziell interessierten Flittchen nicht zählen. In ihrem Brief fordert sie R auf, wenn er ihre Gefühle erwidert (und das steht zumindest Simone nach außer Frage), ihr doch bei seinem nächsten Fernsehauftritt ein Zeichen zu geben, z.B. ein kleines Augenzwinkern (jetzt heißt´s für den armen R bloß nicht blinzeln!).

Selbiger, der Auftritt also, spielt sich bei Blacky Fuchsbergers meiner Generation noch bekannten und beliebten Samstagabendshow Auf Los geht´s los ab (löblich: der Film bastelt sich das nicht aus Stock Footage zusammen, sondern rekrutierte Blacky persönlich). Vor den R-Genuss hat das traute Familienleben allerdings die berühmte Privat-Gameshow „Kampf um die Fernbedienung“ gestellt, die der brave Vater mit all seiner Autorität zugunsten des parallel auf´m Zwoten laufenden Westerns gegen die kombinierte Power von Frau und Tochter für sich entscheidet. Zum ordentlichen Familientyrannen fehlen Daddy aber doch noch ein paar Skrupellosigkeitsgene, denn die Feststellung, den Film bereits gesehen zu haben, erweicht ihn immerhin zum kurzzeitigen Umschalten auf die Show, und wie´s der Deibel so will, justament in dem Moment, in dem Blacky einen „kommenden Weltstar“ (na, nur nicht übertreiben) ankündigt, eben R. R bestreitet den vermutlich ödesten Auftritt eines musikalischen Gaststars seit der Erfindung der ZDF-Hitparade – okay, der TV-Regisseur, der mit sturer Entschlossenheit ohne eine einzige Kamerabewegung R im Halb-Close-up abfilmt, gehört auch erschlagen, dennoch bewirbt sich R auch für die Steven-Seagal-Gedächtnistrophäe. Ohne sichtbare Regung und sei´s nur ein Zucken im Augenwinkel nölt er „Augenblick“ monoton herunter. Dem Papa geht die Darbietung verständlicherweise leicht auf den Keks, weswegen er mit den Worten „genug von dem Scheiß“ den Sender ultimativ zurückwechselt. Simones Proteste gipfeln in ernstlichen Handgreiflichkeiten, die vom Vater aufgrund überlegener Körperkraft aber in die Schranken verwiesen werden können.

Diese totale Niederlage in jeder Hinsicht veranlasst Simone zu einem neuen Liebesbrief, indem sie sicherheitshalber, für den Fall, dass Rs Management ihre Briefe bislang prophylaktisch aussortiert hat (der Denkfehler, dass es DIESEM Brief dann wohl auch kaum anders ergehen würde, fällt ihr nicht ein bzw. auf), ihre bisherigen ausschweifenden Schwüre und seelenverwandschaftliche Mutmaßungen wiederholt, die Theorie aufstellt, eine etwaige Antwort von R könnte vom Briefträger (warum auch immer) oder ihrer Mutter beschlagnahmt worden sein (ich würde ja eher den Vater verdächtigen), und zu ihrem großen Bedauern mitteilt, dass sie den TV-Auftritt leider nicht in vollendeter Gesamtheit hätte bewundern können, mithin nicht sicher sei, ob R nun das verabredete Zeichen gegeben habe. Desweiteren erfahren wir, dass die ungesunde Faszination nun schon zwei Jahre andauert und, weil Simone ihren Brief gedanklich „vorliest“, während sie ihn zur Post bringt, von einem Jungen ihres Alters vergeblich angebaggert wird. Simone schließt ihren Brief mit den Worten, dass R doch bitte postlagernd an „Simone“ antworten solle, weil sie weder Zustellern noch Eltern vertraut.

Während der eingeworfene Brief dem postalischen Prozedere gemäß verarbeitet wird, unternimmt der Junge einen neuen Annäherungsversuch, dem wir entnehmen, dass man sich durchaus kennt und in Prä-R-Zeiten wohl gegenseitig geschätzt hat, aber Simone verschmäht sogar die selbstlos ausgesprochene Einladung auf eine Tasskaff, saust lieber nach Hause und alpträumt, dass die blonde Manager-Freundin (oder whatever, genau genommen klärt der Film noch auf, dass es sich um Rs Sekretärin handelt) die Lkw-weise angekarrte Fanmail ohne weiteres der Müllverbrennung zuführt. „Ich bin so unglücklich, ich kann nicht mal weinen“, schnieft Simone ihr Tagebuch voll und ich bin soooo kurz davor, Mitleid zu empfinden. Weil R aus bekannten Gründen nicht persönlich verfügbar ist, schlabbert sie ersatzweise den lebensgroßen Starschnitt ab (jetzt weiß ich endlich, wofür die Dinger gut sind – Ersatzbefriedigung). Simone gibt sich kämpferisch – sollte R nicht binnen sieben Tagen geantwortet haben (sie unterschätzt beim besten Willen den Stretch, den ein Popstarleben so mit sich bringt. Sieben Monate wären als Reaktionszeit auf einen Fanbrief noch akzeptabel…), wird sie „handeln“. Das wird vermutlich nicht lustig.

Der erste Tag – selbstverständlich liegt auf der Post kein Brief bereit (wie auch? Die Post mag früher schneller gewesen sein als heute, aber für Hin- und Rückweg 24 Stunden schafften die Gelben zu ihren besten Zeiten nicht). Simone stellt sich nachdenklich auf eine Autobahnbrücke und glotzt den Verkehr an. Ein Aufreißertyp mit mickriger Schleuder, dafür aber Münchner Kennzeichen an selbiger, bietet Mitnahme wohin auch immer, und sei´s das nächste Gebüsch an, aber Simone nimmt per pedes Reißaus.

Auch am zweiten Tag gibt´s keine Post. Emotional gestresst flüchtet Simone einmal mehr ungehindert aus der Schule. Am dritten Tag ändert sich die postalische Situation nur insofern, als die Schalterbeamten auf die penetrante Nachfragerin bereits leicht genervt reagieren (hey, wo bleibt da der Servicegedanke? Der Kunde ist König, auch wenn er ein Idiot ist). Simone durchforstet ihre R-Devotionalien und mir fällt erstmals (dafür erneut unangenehm) auf, dass Rs Logo verteufelt an quergestellte SS-Runen erinnert (zwei parallel laufende Blitze. Danke, Mister Director, ich hab´s eigentlich schon bei der Zimmer-Montage begriffen. Mann, ist man als deutscher Kunstfilmer gesetzlich und/oder moralisch verpflichtet, in jeden Schmu Nazi-Bezüge einzubauen?). Tag 4 bringt keine wesentlichen Neuigkeiten, außer, dass sich zu Daddy mittlerweile durchgesprochen hat, dass Töchterlein die Schule nur sporadisch mit ihrer physischen Präsenz beglückt und droht finster mit der Erziehungsheim-Keule. Simone nimmt erfreuter zur Kenntnis, dass R der Welt in der Sendung „Top Pop“ seinen neuesten Song vorstellen will, der Junge versucht mit dem in den 80er Jahren gelegentlich noch wirksamen Trick des geschenkten Mix-Tapes bei ihr zu landen, wird aber erneut abserviert. Simone packt schon mal ihre R-Reisetasche. Der fünfte Tag beginnt erneut ohne Post. Unsere Heldin hockt sich in ein Gebüsch bei einem Kinderspielplatz, starrt kurz nachdenklich und sicher schwer symbolisch durch einen Zaun, überklettert ihn und sucht in der anliegenden Straße nach einem nicht abgesperrten Automobil. Dabei hat das Gör doch noch nicht mal ´nen Lappen… Bei einem Benz wird sie fündig, schwingt sich auf den Rücksitz und pennt dort ´ne Runde (das hätt´ sie nu daheim auch erledigen können). Als der rechtmäßige Besitzer des Daimlers auftaucht, zieht sie sich ohne weiteres zurück, schenkt dem älteren Driver aber wenigstens noch ein angedeutetes Lächeln und macht (allerdings erst auf Aufforderung) sogar von außen die Tür zu.

Der sechste Tag dürfte wohl ein Sonntag gewesen sein, alldieweil er filmisch außen vor bleibt, es folgt Tag Sieben. Höflich, aber bestimmt, wird Simone von den Postbeamten aus der Schalterhalle geworfen, scheint also erneut kein Briefle von R dabeigewesen zu sein. Nun ist, wir erinnern uns, das „Handeln“ angesagt. Ergo trampt sie nach München. Weil sie noch nie einen verdienstvollen Aufklärungsfilm a la Hitchhike to Hell gesehen hat, steigt sie beim erstbesten unsympathisch-fetten (und miserabel schauspielernden) Typen mit Boxer (also Köter jetzt, newa) ins Mobil und staunt Bauklötze, dass der Widerling der aus seiner Sicht verständlichen Ansicht nachhängt, sich die Mitfahrt durch Dienstleistungen im sexualtechnischen Bereich vergelten zu lassen, weswegen er bei regnerischem Wetter auf einen dunkel-bewaldeten und völlig verlassenen Autobahnparkplatz (nicht mal ein Truck? Wann ist das gedreht worden? Während der Ölkrise?) fährt und zur zünftigen Vergewaltigung schreiten will. Simone gelingt die Flucht in die Wälder. Ihr nächster Fahrer ist ein zivilisierter Jungschnösel im Business-Outfit (fünf Jahre später hätte man Yuppie dazu gesagt), der sie ohne größere filmreife Ereignisse in München abliefert. In der bayerischen Landeshauptstadt, die für mich (ich verscherze es wieder mit einigen Lesern, hüstel) immer den Nachteil hat, größtenteils von Münchnern bevölkert zu sein (sowie den FC Bayern zu beherbergen), wird sie zunächst freundlich von ein paar Pennern willkommen geheißen. Den Schluck aus der Fuselflasche lehnt Simone dankend ab, sondern hat lieber einen Tagtraum, in dem sie von Rs blonder Sekretärinnenschnalle unfreundlich des Gartentors verwiesen wird. Statt dessen pilgert sie in den Englischen Garten und entdeckt zwei blonde Mädels beim Nacktbaden. Na, wenigstens etwas.

Aus mir rätselhaften Gründen deponiert sie wenig später ihre Tasche in einem Wäldchen (ist sicher wieder schwer symbolisch für dieses oder jenes) und sucht sich wieder ein nicht abgesperrtes Auto als Schlafplatz (dann war das vorhin wohl ein Probelauf oder wie?). Endlich naht der Tag der „Top Pop“-Aufnahme. Simone latscht zum Fernsehstudio, vor dessen Toren bereits ein gutes Dutzend semienthusiastischer Groupies auf die diversen Stars und Sternchen wartet (wer auf großartige Cameos wartet, dürfte enttäuscht sein. Tommy Fuchsberger [jep, Blacky-Sohn] und Joan Orleans sind die „großen Namen“ und um die musikalisch einordnen zu können, muss man schon ziemlicher 80er-Experte sein). Star Numero Uno, männlicher Natur, verteilt gutgelaunt Autogramme und lädt eins der Mädel, das sein Glück kaum fassen kann, dazu ein, der Aufzeichnung als sein persönlicher Gast beizuwohnen (dass er Austausch von Körperflüssigkeiten als wesentlichen und unverhandelbaren Programmpunkt ansieht, dürfte klar sein). Star Numero Due, weiblich und mir völlig unbekannt, hat schon größere Probleme, ihre Autogrammkarten an die Fans zu bringen, da diese ausschließlich weiblich und schätzungsweise größtenteils nicht lesbisch sind. Fehlt nicht viel, und sie gibt den Mädels noch für jede angenommene Autogrammkarte noch fünf Mark. Alles für Simone ziemlich uninteressant, denn wer nicht auftaucht, ist R. Simone beamt sich auf den benachbarten Parkplatz, findet wieder ein Auto als Nachtlager (eh, die Autobesitzer, die wohl beim Fernsehen arbeiten, wenn ich das so sehe, übernachten im Studio oder wie?) und alpträumt gar fürchterlich.

Kurzer Zwischenstand, bevor ich mich für ein paar Stunden Schlaf auf die Matratze haue – der Film geht mächtig auf die Halbzeitmarke los, und irgendetwas ansatzweise skandalöses (oder wenigstens nacktes, bin ja anspruchslos) hat sich bisher nicht ereignet. Muss aber wohl noch kommen. Hoffe ich zumindest. Bis jetzt ist das alles nämlich auf dem Niveau einer BRAVO-Foto-Love-Story, als die Dinger noch keine getarnten Pornofotoromane waren…

So, ausgeschlafen? Ich eher nicht, aber das ist Normalzustand (call me „Sleepless in Nuremberg“). Zurück zum Fan. Nach dem schauerlichen Nachtmahr bietet sich Simone am nächsten Tag ein erfreulicherer Anblick. R taucht nämlich auf und wird von kreischenden Teenies belagert. Die beliebige Boygroup-of-choice wird sich vor Neid nicht gerade in die Seidenschlüpfer machen, aber man muss nehmen, was man kriegt. R verteilt gönnerhaft Autogramme, ortet aber mit zielsicherem Visier Simone, die mit großen Augen auf der anderen Straßenseite steht und scheinbar gerade trotz ihrer hochfliegenden Pläne in den Traumichnich-Modus geschaltet hat. Wenn der Fan nicht zum Star geht, muss der Star halt zum Fan, das steht schon so (oder ähnlich) in der Bibel. Also schwingt R die Hufe, wagt die Straßenüberquerung und spricht Simone kurzerhand an: „Und du willst wohl kein Autogramm?“ Ihr hat´s glatt die Sprache verschlagen und auch ihre Knie nehmen einen eher puddingförmigen Zustand an. R hat an der schrägen Tussi offenbar einen Narren gefressen, verkündet ihr, jetzt ins Studio zu müssen, aber wenn sie will, kann sie gerne nachkommen: „Sag einfach, du kommst von mir!“ (Hm, das kann doch theoretisch jede sagen… andererseits ist der Popstar von Welt vermutlich nicht wählerisch). Das ist jetzt endgültig zuviel für Simone – sie fällt malerisch in Ohnmacht.

Als sie ihre Augen wieder aufschlägt, sieht sie geradewegs ins besorgte Gesicht des vergötterten Stars, der sie tatsächlich aus purer Nächstenliebe in einen Raum mit dem Charme einer Bahnhofswartehalle im Studioinneren hat karren lassen (man hätt´ ja auch ´nen Doktor rufen können). R hält ihr zartes Händchen und dieser Zustand schockt Simone so sehr, dass die Kommunikation ihrerseits weiterhin auf nonverbale Weise geführt wird. R lädt sie ein, der Aufzeichnung seines Auftritts beizuwohnen. Klare Sache, da ist sie dabei.

Im Studio wird gerade die Deko, die hauptsächlich aus nackten männlichen Schaufensterpuppen, die teilweise mit Lichterketten behängt sind, besteht, vorbereitet. Der Star sieht sich milde-lustig gemeintem Spott ausgesetzt (und an dieser Stelle hörte ich schätzungsweise erstmals seit der dritten Klasse die Bezeichnung „Pimmel“). Noch während an der Deko geschraubt wird, gibt´s die ersten Versuche mit dem Playback, was mich in dem Verdacht bestärkt, dass hier erstaunlich unprofessionell gearbeitet wird und Rs blonde secretary bitch (ich kürze zukünftig ab: BSB und meine damit nicht die Backstreet Boys) ist ob der Anwesenheit des lästigen Groupies dezent verstört und verlässt angepisst das Studio. Der scheinbar als flippig-lässig gemeinte Moderatorentorfkopp Christian, gegen den Ilja Richter zu späten disco-Zeiten ein Ausbund der Coolness ist, verständigt sich mit seinem Regie-Sir bezüglich An- und Abmoderationen und alles ist furchtbar uninteressant. R gesellt sich zu Simone und bestätigt deren Theorie, dass BSB tatsächlich ihretwegen die Flucht ergriffen hat: „Sie ist krankhaft eifersüchtig“, was R allerdings eher amüsiert, da er mit ihr nach eigener Aussage nicht intim ist (oder wenigstens nicht ernsthaft). Er kann sich durchaus vorstellen, dass BSB tatsächlich Simones Briefe aussortiert hat, aber „das konnte nicht verhindern, dass wir uns treffen“. Hollaho, dieser R scheint einen dringenden Samenüberdruck abbauen zu wollen, oder warum hat der´s gar so nötig? R lädt Simone zu einem romantischen Mittagessen in der Studiokantine ein, der Soundtrack fiedelt erstmals kurz das Titelstück „FanFanFanatisch“ ein und Simone überrascht ihren Angehimmelten mit der Tatsache, keinen festen Freund zu haben, woraus der Musikus schlußfolgert, dass „du dich nicht für Jungs interessiert“ (so´n Scheiß, wa, Keule?). Stimmt auch irgendwie, sie interessiert sich ja nur für einen ganz speziellen.

Auf dem Weg in die Kantine wird R von BSB abgefangen und zu dringlichen anderweitigen Verpflichtungen abberufen – eatibus interruptus. Immerhin drückt R Simone ein paar Deutschmark zum Essenfassen in die Pfote. Simone deckt den Tisch für zwei und wartet entrückt – nach einer Weile lotst R sie von der Kantinentür mit ein paar Handwedlern vor selbige, nur um ihr dort auszurichten, dass er vor seinem Auftritt noch ein dringendes Nickerchen einlegen muss und Simone doch bitte einstweilen in der Kantine warten soll (und dafür holt er sie vor die Tür? Idiot).

Dessenungeachtet parkt Simone ihren niedlichen Körper in der nächsten Szene a) in Rs Garderobe und b) auf seinem Superstarschoß. R wäre jetzt zu hormongesteuerten Aktivitäten aufgelegt, aber Simone verbittet sich zu große körperliche Nähe und bleibt auf Distanz, was R wohlmeinend als „biestig“ interpretiert. Einen Kuss kann er der Holden dann aber doch abringen, in der Disziplin erweist sie sich aber als Kreisligaamateurin. „Küsst du immer so haarig?“, beschwert sich R und meint damit nicht Haare auf den Zähnen, sondern den Umstand, dass Simone beträchtliche Teile ihrer Frisur zwischen die sich berührenden Lippen dirigiert hat. Ich will nicht mosern, aber das ist IMMER noch BRAVO-Fotoromanterrain.

Wir schreiten zur Fernsehaufzeichnung. Mittlerweile ist ein eher steigerungsfähig enthusiastisches Studiopublikum eingetroffen, R hat sich eine Glatzen-Kappe übergezogen und sich in ein braunes Hemd (DANKE, ich HAB´S begriffen) und eine schwarze Lederhose geworfen, gibt nun den nicht ganz unbekannten Titel „Das steht ihr gut“ als seinen neuesten Single-Hit zum besten, und der wird nun komplett ausgespielt. Rs Performance besteht darin, zunächst zwischen den Schaufensterpuppen herumzustehen und sich von diesen rein bewegungstechnisch nicht wirklich abzuheben und, als er so * richtig * aus sich herausgeht, mit einem Speer Leni-Riefenstahl-Olympiafilmposen nachzuspielen (für Jüngere: Rammstein-„Stripped“-Video-Posen). Okay, lieber Herr Regisseur – I´m now officially sick and tired von diesen Nazi-Parallelen. Das Publikum spendet Höflichkeitsapplaus, Simone kriegt sich fast nicht mehr ein und wird ob dieser unerwarteten Begeisterungsfähigkeit sogar vom Moderationsschergen Christian um ein kurzes Statement gebeten (hm, sollte das nicht der ein oder andere ihrer Klassenkameraden sehen und sich bei ihren Eltern dahingehend melden? Gut, die Aufzeichnung wird erst später gesendet, aber der Film wird noch einige „Zeit“ in Anspruch nehmen).

Nach dem Auftritt befriedigt R wieder Autogrammwünsche hysterischer Fans und lehnt gleichzeitig Interview- und Promoauftrittanfragen seines Managements entschieden ab (dieweil Simone im Studio quasi die letzte, die´s Licht ausmacht, ist und von einem Bühnenarbeiter „abgeführt“ wird. R zerrt sie in seine Garderobe). Dem Star dürstet nämlich nach einer urlaubstechnischen Auszeit und seine Manager können ihm mit lächerlichen Anfragen wie Promotionterminen und ähnlichem Gekasper ganz bequem in die Tasche steigen. Mit einem Bohlen-geprüften DSDS-Knebelvertrag wär das nicht passiert. R will seinen Businesspartnern nicht mal sagen, wohin die Reise geht: „Ich schick ´ne Ansichtskarte!“ Damit klemmt er sich Simone unter´n Arm und sagt bye-bye, BSB und die weiteren Managementstrategen schieben Frust.

Schlecht zu verdienen scheint R wirklich nicht, denn er chauffiert ein schniekes Rolls-Royce-Cabrio und mit selbigem Simone durch die Gegend. Zunächst mal zum Münchner Hilton, wo er seinen Kram abholt (ominöses Vorzeichen: die Kamera zoomt bedrohlich in Simones geöffneten Mund) und von dort aus in eine Luxuswohnung. Die gehört nicht ihm, sondern auf Dauerurlaub in den USA befindlichen Freunden und soll für´s erste den Hideout spielen. Die Bude, in der Simone sich erst mal umkucken darf, ist eher spärlich eingerichtet – große leere weite Räume, in denen da und dort ein Kunstgegenstand herumsteht – darunter auch ein monumentales Cäsaren-Krönung-Gemälde, dessen Entstehungszeit ich, ohne Kunstexperte zu sein, ohne weiteres auf den Zeitraum 1933-45 eingrenzen kann. Damit nicht genug – ein Raum, und in den verschießt sich Simone über beide Ohren, ist mit schwarzen, weißen und roten Stoffbahnen dekoriert und ich bin nunmehr bereit, Eckhart Schmidt bei nächstbietender Gelegenheit zu verprügeln (schwarz-weiß-rot: Nazifarben, Reichskriegsflagge usw. Get it? GET IT??). Simone ist sich darüber im klaren, was als nächstes passieren wird und entscheidet sich ob der verbesserungswürdigen Performance in Rs Garderobe zu spontanem Kusstraining. Als Übungsobjekt steht leider ausschließlich ihr Spiegelbild im Badezimmer zur Verfügung (also – wenn Ihr jemals sehen wolltet, wie Désirée Nosbusch ihre Zuckerschnute orgiastisch an einem Spiegel reibt – that´s your movie, folks!).

Also los jetzt, ich hab für skandalösen Sex bezahlt (albeit not much) und hab bis jetzt nur zweifelhafte Nazi-Allegorien bekommen, ich will jetzt was sehen, verdammich. Ah ja, geht doch. R und Simone schmatzen sich leidenschaftlich ab und R beginnt damit, seinen Superfan zu entkleiden. Zarte Teenie-Knospen! Und, man höre, staune und sehe, sogar Schamhaare… tsk, und das mit einer zum Tatzeitpunkt Minderjährigen. Regisseure sind doch alles Schweine, har-har. Allerdings könnte einem durchaus brechreizerregenderes unter die Glotzbuchten treten als Désirée Nosbusch siebzehnjährig und nackig. Simone setzt sich einladend und (außerhalb des Bildausschnitts drapierten, weil so pervers sind wir dann doch nicht) mit geöffneten Beinen hin und schmachtet R erfolgreich an. R fucks her gently, um mich mal bei Jack Black und Tenacious D zu bedienen und würde sich anschließend orale Verwöhnung wünschen. Simone geht tatsächlich auf die Knie (für ca. 1 Sekunde, ich schätze, da hat R sich, naja, langfristigeres vorgestellt) und möchte anschließend zur nächsten Runde Matratzenakrobatik schreiten, aber plötzlich und unerwartet trifft R das schlechte Gewissen mit der groben Kelle. Nö, dass er gerade ´ne Minderjährige geknallt hat, ist keines seiner spezifischen Probleme, ihm fällt vielmehr spontan ein, dass er seine Managementtypen unnötigerweise vergrätzt hat. „Ich war nicht fair zu ihnen“, seufzt er und stellt fest, dass er seine Entourage erstens wider Erwarten mag und zweitens vielleicht doch noch mal brauchen könnte. „Ich dachte, du brauchst mich“, stellt Simone optimistische Mutmaßungen über ihren Wert für Rs Karriere an. „Sowieso“, grunzt R eher leidenschaftslos und wirft sich weiter in seine Klamotten. Simone, grad mal ein wenig schwer von Begriff, fragt an, wohin R sich denn begeben will. Zur Versöhnung mit seinen Leuten, aber er wird wiederkommen. Irgendwann. Simone flanscht sich an Rs Schultern an und greift zum ultimativen Mittel: „Ich liebe dich!“ „Ich dich auch“, nölt R im Tonfall, in dem andere Leute „du mich auch“ sagen und schüttelt die Klette ab. Er würde sie ja gern mitnehmen, proklamiert er, aber das sei rein geschäftlich, daher für ein Mädel wie sie per se langweilig, aber immerhin „hast du mich sehr glücklich gemacht“ (ach, die zehn Sekunden…).

Bis jetzt konnte man meinen, die angestrebte Versöhnungsarie werde maximal ein-zwei Stunden in Anspruch nehmen und R dann in Simones aufnahmebereite Arme zurückkehren, aber da kennen wir R schlecht: „Ich komme zurück, in ein paar Monaten!“, bindet er der schockierten Simone ans Bein, weil er von dem Versöhnungstermin direktemang in seinen mehrmonatigen Auslandsurlaub aufbrechen werde. Simone kann solange die Wohnung benutzen, wie sie will und er wird von unterwegs „mal“ anrufen. Ich mag mich täuschen, aber nach der ganz großen unsterblichen Liebe klingt das jetzt auch nicht so wirklich. Rs Hand nähert sich bedrohlich dem Türgriff. KREISCH, macht Simone. Rs Hand drückt den Türgriff herunter. KREISCH, macht Simone. Da auch fortgesetzte Trommelfellmarterung auf den in dieser Hinsicht anscheinend gestählten Musiker keinen Eindruck macht, packt Simone eine griffbereit herumstehende Statue (von der 30-cm-Klasse, nicht, dass ihr meint, die schlägt mit ganzen Rodin-Skulpturen um sich) und drischt selbige mit Schmackes, dem man dem zierlichen Persönchen gar nicht zutraut, gegen den Hinterkopf. Blöderweise – für R – mit dem ausgestreckten Statuenarm voraus und der bohrt sich so gut 10 cm tief durch Haupthaar und Schädeldecke in den empfindlichen Starbrägen. Death comes in an instant und trifft R im Stehen. Simone zieht den mörderischen Arm aus dem Musikerkopf und gaaaanz langsam sackt der Geplättete in sich zusammen. Simone (nur für´s Protokoll – immer noch splitterfasernackt und das wird sich auch noch ´ne ganze Weile nicht ändern) bettet den Kopf ihres Geliebten auf ihrem Schoß und lässt sich auch nicht davon stören, dass er ihr die Oberschenkel vollblutet.

Wie führende Nekrophile bestätigen können, muss das Ableben eines Parts eines Liebespaars nicht unbedingt ein entscheidender Nachteil für eine glückliche Beziehung sein. Simone entkleidet R und lässt dem Kadaver einige Zärtlichkeiten zukommen (oder, wie meine Notizen es schamlos wie immer ausdrückten: „Sie schläft auf und mit der Leiche“). Auf die Dauer wird´s ihr im Hausflur allerdings wohl zu unbequem, weswgeen der Korpus in die Küche geschleift wird. Und in der Küche steht eine verführerische Gefriertruhe… uh-oh.

Uh-oh vor allem deswegen, weil die Gefriertruhe zwar durchaus voluminös ist, der ganze Kerl aber trotzdem nicht am Stück reinpasst. Aber für solche Fälle hat der liebe Gott das elektrische Bratenmesser erfunden. Simone schreitet zur Zerteilung (für diejenigen, die sich dafür interessieren – ja, R ist nackt, ja, man sieht kurz sein bestes Stück) und, was mich doch gelinde überraschte, es wird andeutungsweise graphisch, alldieweil wir tatsächlich sehen, wie die bestromte Klinge sich durch Rs Schulter sägt. Wenn wir´s nicht besser wüssten, wären wir jetzt sicher, dass bei Simone so die ein oder andere Synapse falsch verdrahtet ist, denn sie leckt das verspritze Blut vom Küchenboden (das ist doch unhygienisch ist das doch)… Der Freezer füllt sich mit Armen und Beinen und zu guter Letzt muss auch noch des Musikanten Rübe vom Rest des Torsos getrennt werden (um größere spezialeffekttechnische Herausforderungen drückt sich die Produktion allerdings durch geschickte Wahl des Kameraausschnitts, so dass des leibhaftigen Darstellers eigener Kopf anstelle eines fake-head-props verwendet werden kann). Simone leckt die Klinge des Messers ab (yummy, und sooo gefährlich. Kids, don´t try that at home, oder stellt wenigstens sicher, dass ihr den Stecker gezogen habt). Nachdem die Gefriertruhe ordnungsgemäß mit Leichenteilen gefüllt ist, verabschiedet sich der Adrenalinschub und die Nackte in eine amtliche Bewußtlosigkeit.

Leichenzerstückeln macht hungrig und der Kühlschrank ist ja gut gefüllt. Also kann sich Simone später einen Superstarfußeintopf mit Soße köcheln und sich den lecker Schmackofatz an der festlich gedeckten Tafel einpfeifen (obligatorischer haarsträubende Reise in einem verrückten Bus-Joke: „Ich hatte nur einen Fuß!“). An der Türe klingelts Sturm, aber wer da heftig nervt, erfahren wir nie, weil Simone das Dringeling geflissentlich ignoriert (wahrscheinlich war´s eh nur ein Werbezettelverteiler). Nachdem sie eine Weile von Rs saftigem Fleisch gelebt hat, wird´s ihr in der Bude scheinbar zu langweilig (oder die Psychose neigt sich ihrem Ende zu). Mit dem handelsüblichen Küchenmixer raspelt sie die unverdaulichen Knochen zu feinem Mehlstaub, füllt ihn in Tüten ab und packt ihre Tasche. Zur Fortbewegung könnte sie theoretisch den Rolls klauen, aber * das * bringt sie dann doch nicht über´s Herz (ganz recht, es GIBT Grenzen, die man nicht überschreitet, newa). Statt dessen marschiert sie zu Fuß gen Fernsehstudio und es hat, wie wir erfahren, durchaus seine Gründe, warum wir in den letzten Einstellungen primär die untere (und mittlerweile wieder bekleidete) Körperhälfte unserer Psychopathin begutachten durften.

Den dort weiterhin auf Starautogramme lauerenden Groupies präsentiert sich Simone nämlich als Imitation von Rs „Top Pop“-Auftritt – im braunen Shirt und mit ohne Haare (sie hat allerdings, zumindest im Filmsinne, schätze ich, selbst geschoren und nicht nur die fleischfarbene Badekappe aufgezogen). Sie schubst sich durch die irritierten Menschenmassen und verstreut des Hinnichen Knochenmehl vor der Studiotür, nach kurzer Überlegung den Rest des Gestäubes auf der anderen Straßenseite, genau an der Stelle, an der Simone einst stand, als R sie zum ersten Mal sah. Hach, Liebe… (der Straßenkehrer bedankt sich).

Dies erledigt, kann Simone endlich heim zu Mami und Papi pilgern. Mama erkennt den vor der Türe parkenden Amateurskinhead überraschenderweise tatsächlich als ihre Tochter und umarmt den temporär abgängigen Sprößling. Daddy ist weniger enthusiastisch und teilt überraschenderweise mit, dass er auf eine Suchaktion bzw. Vermißtenanzeige verzichtet habe, weil er „keinen Skandal“ wolle (das ist wahre elterliche Liebe, uffza. * Jetzt * würde ich abhauen). Simone verkündet, künftig wieder die Schule besuchen zu wollen.

Die Fernsehnachrichten berichten vom vermißten Musiker R, allerdings scheint keinem der greifbaren Zeugen aufgefallen zu sein, dass der Star in weiblicher Begleitung zuletzt gesehen wurde (verdammt, von Simone gibt´s sogar ´ne Fernsehaufzeichnung. Macht denn in diesem Universum NIEMAND seinen gottverdammten Job?). „Ich weiß, wo du bist“, vertraut Simone dem Tagebuch an, „ich werde dich nicht verraten!“ (Als ob sich R seinen Urlaub so vorgestellt hätte) Und gar sensationelles gibt´s zu vermelden – Simones Tage haben sich deutlich verspätet und damit ist der Durchgeknallten klar: sie ist schwanger (soweit, so vermutlich richtig) und „ich werde dich auf die Welt bringen“ (Reincarnation works in funny ways, aber das halte ich dann doch für eine eher gewagte Hypothese). „Ich weiß, dass du mich liebst und ich liebe dich“, beschließt sie ihren Tagebucheintrag und ein enervierendes Türklingeln erschallt (das identische wie in der Tatort-Wohnung, was durchaus die Interpretation zulässt, dass Simone sich den ganzen Krams in ihrem Wahn nur eingebildet hat). „FanFanFanatisch“ klingt von der Tonspur und der Nachspann läuft…

Hach, wie ich es liebe, meinen Sermon zweimal predigen zu müssen… meine Nachbetrachtung muss ich nämlich großteils rekonstruieren, weil beim parallelen Herumbasteln an meiner Hauselektrik jemand ohne Vorwarnung die Sicherung rausschraubte. Se-he-heufz.

Na dann noch mal von vorne, hoffentlich hab ich meine ganzen wahnsinnig relevanten Erörterungen nicht vergessen. Also. Skandalfilm also, und auch wenn der Skandal, wie oben schon geschildert, weniger der Empörung der seriösen Filmkritik als vielmehr der hausgemachten Justizschlammschlachten der Beteiligten entsprang, stellt der geneigte Zuschauer auch bei Der Fan wieder einmal fest – Skandalschmandal, so aufregend isses denn dann doch nicht.

Natürlich kann man per se für verwerflich oder zumindest moralisch bedenklich halten, dass die Hauptdarstellerin zur Drehzeit noch nicht volljährig war, nichtsdestotrotz aber ungefähr zwanzig Minuten komplett ohne Klamotten rumläuft, Sexszenen hat und sonst noch schlimme Dinge tut, aber wir erinnern uns an Spielen wir Liebe (der Google-Klientel zuliebe verzichte ich mal auf den ausgeschriebenen Originaltitel, sonst bekommt dieses Review unverhältnismäßig viele Hits…), einem Film, der sich an einer nackten Zwölfjährigen nicht störte, und Sachen wie die Zärtlichen Cousinen gab´s ja auch noch. Lassen wir diesen Aspekt also mal vorläufig außre Acht (wir werden sicher darauf zurückkommen) und rekapitulieren – ohne das in den einschlägigen Klatschgazetten aufgebauschte juristische Gedöns hätte der Film vermutlich kaum jemanden hinter dem berühmten Ofen hervorgelockt.

Was nicht heißt, dass Der Fan grundsätzlich uninteressant wäre – ganz im Gegentum, in diesem Film steckt eine gute Idee, die nur leider etwas inkonsequent und nicht immer glücklich umgesetzt wurde. Denn „durchgeknallter Fan redet sich verhängnisvolle Affäre mit Star ein“ ist durchaus der Film, aus dem man einen soliden Thriller stricken kann; man könnte sogar sagen, dass die Thematik ihrer Zeit etwas voraus war, zwar hatte die Welt 1980 das Lennon-Shooting verdauen müssen, aber heutzutage ist ein Star ohne einen persönlichen Stalker, den er sich mit einem ganzen Aktenordner einstweiliger Verfügungen von der Pelle hält, doch eigentlich nur eine lächerliche Witzfigur. Kombinieren wir Stalker-Gehabe mit der Hysterie typischer Teenie-Boygroup-Fanninnen, sind wir schon ziemlich nah dran an dem, was Der Fan uns an Story aufs Papier bringt. Mit ein wenig gutem (bzw. bösen) Willen könnte ein talentiertes Autor-/Regisseurteam daraus quasi eine Symbiose aus William Lustigs Psychopathenfeldstudie Maniac (zur Not auch ohne Gore) und Polanskis Paranoiaanalysen wie Ekel (ersatzweise auch Der Mieter, da Simone wie weiland dort Polanski, hier sogar im doppelten Sinne [durch die Schwangerschaft], eine andere Identität, hier die ihres Opfers R, annimmt [Polanski, der allerdings deutlich weiter ins Surreale ging, liess seinen Titelcharakter komplett die Identität seiner Vormieterin annehmen]). stricken. Könntesolltedenkste, hättewärewenn.

Der Fan traut leider seiner eigenen Courage nicht immer über den Weg – er hat Ansätze zu einem wirklich intensiven Psychogramm einer völlig gestörten Seele, macht aber desöfteren den Fehler, seine Protagonistin zu sehr zu „vermenschlichen“, d.h. die Abgründe ihres Wahns wirken oft zu aufgesetzt. Über weite Strecken wirkt Simone „nur“ wie ein etwas übertrieben hysterischer Fan, so dass der Gewaltausbruch und die galaktische Vollmeise, die sie im Schlußakt unter´m Pony weiß, zwar insofern befriedigend, als der Zuschauer ja mithin auf ebendiese Eskapaden warten, selbige sich aber nicht unbedingt schlüssig aus dem Charakter entwickeln. Ja, wir haben schon frühzeitig erkannt, dass Simone nicht alle Latten am Zaun hat, aber dass aus ihr eine kaltblütige Killerin und Kannibalin wird, resultiert weniger aus nachvollziehbarem character development, sondern schlichtem Willen zum Schockeffekt (und der sitzt dann auch nicht richtig, weil wir ja alle ahnen, wissen oder zumindest darauf warten, dass da was kommt).

Gute und schlechte Drehbucheinfälle halten sich zahlenmäßig in etwa die Waage, auf die Filmqualität wirken sich aber eher die schwächeren aus – zu den besseren Ideen zählt z.B. die von mir oben angesprochene Benennung der Hauptfiguren (R und Simone, also „er“ und „sie“, was die Story vielfältig als Metapher oder Analogie für das generelle Verhältnis von „Star“ und „Fan“ interpretierbar macht – wenn das denn so Absicht war), der Einbau von realen Bezügen (neben „Auf los geht´s los“ wird z.B. explizit Dieter Thomas Heck angesprochen), der schon fast prophetische Vorgriff auf Merchandising-Auswüchse, zu den eher weniger guten der penetrante Voiceover der ersten Filmhälfte – da scheint es so, als würde der Film seinen Bildern, seinen Dialogen alleine nicht trauen und prügelt durch die Poesiealbum-on-acid-Schwurbeleien Simones auf den Zuschauer ein, dass es sich bei ihr nicht um einen x-beliebigen Feld-, Wald- und Wiesenfan, sondern eine echt Irre TM handelt. Chlor, das verdeutlicht natürlich den Geisteszustand der Protagonistin, aber raubt der Story durch den inflationären Einsatz ironischerweise eher die Authenzität und die Intensität. Es ist einfach zu viel des Guten.

Generell ist die Struktur des Drehbuchs eher unglücklich – es passiert einfach zu lange Zeit zu wenig. Selbstredend ist mir klar, dass Script und Film auf den „schockierenden“ Schlußakt hin konstruiert sind, der „Leerlauf“, als den man die etwas zähflüssige Auftaktphase, in der wir zunächst Simones Psychose vorgestellt bekommen und dann das Aufeinandertreffen von Fan und Star zelebriert wird, dramaturgisch bedingt ist. Trotzdem – es ist ein wenig anstregend, in den Film hineinzufinden (speziell, wenn man nicht unbedingt absoluter NDW-Fan ist. Ich bin´s schon, also hatte ich einen gewissen Startvorteil), es tut sich in der ersten Stunde nicht wirklich viel. Dies wäre einer dieser raren Filme, der mit dosiertem Einsatz von Rückblenden tatsächlich gewinnen würde. Um mal wieder einen meiner gefürchteten hochgestochenen Vergleiche zu bringen: Peter Jacksons Heavenly Creatures ist ein Film, der strukturell gewisse Ähnlichkeiten mit Der Fan aufweist. In beiden Fällen wird eine Geschichte langsam auf einen einzigen Höhepunkt hin entwickelt, aber einem talentierten Director wie Jackson fällt ein und auf, dass er dem Publikum ein wenig entgegenkommen muss. Ich will jetzt nicht von den visuellen Mätzchen der Traumwelt in Heavenly Creatures anfangen, sondern, weil ich von Rückblenden gesprochen habe, vom Anfang des Films. Jackson gibt uns dort sozusagen ein Probelstückchen des Finales – wir erfahren in der ersten Sekunde, DASS etwas schreckliches passieren wird, werden aber im Unklaren darüber gelassen, WAS. Dadurch gewinnt der Film, obwohl er letztlich ein „Rückblendenfilm“ ist, Spannung und macht uns als Zuschauer klar, dass wir die vermeintlich langatmigen Sequenzen durchaus interessiert verfolgen sollten, um zu spekulieren, was im Finale geschehen wird. Schmidt, ein eher minderschwer talentierter Regisseur, versucht´s ohne Rückblenden, erzählt die Geschichte streng chronologisch (und, zumindest eine kleine Parallele, baut hin und wieder Traumsequenzen ein), aber (das ist sicher auch ein Fehler des Promo-Materials, das relativ deutlich macht, was der große Schock sein wird) in diesem Fall ist die Vorgeschichte beliebig – man könnte quasi an jeder beliebiger Stelle der ersten Filmstunde „einsteigen“, ohne wirklich relevantes zu verpassen. Dem Zuschauer zu Beginn des Films ein „Gutzi“ hinzuwerfen, dass das Interesse erst mal überhaupt weckt, wäre hier sicherlich nicht verkehrt gewesen.

Meinen größten Hals auf Schmidt schiebe ich aber aus anderen Gründen, ich hab´s oben schon angedeutet. Eckhart Schmidt, sicherlich keines der größten Lichter der deutschen Regielandschaft, begann seine Karriere Ende der 60er Jahre nach mit (wenn ich die entsprechenden Titel einigermaßen korrekt interpretiere) einer Handvoll harmloser Sexfilmchen, legte dann seine dreizehnjährige Pause ein und erinnerte sich dann daran, dass er Künstler ist. Wir erinnern uns – in Deutschland kann man nicht einfach nur Unterhaltungsfilme machen, das ist ein böses bubu. Und was bietet sich hierzulande an, um aus einem mittelprächtig geschriebenen Psychodramathriller ein WICHTIGES Werk zu machen? Jeppa, Nazi-Bezüge. Und die haut uns Schmidt inflationär um die Ohren. Ich will, das hab ich auch oben schon gesagt, nicht verhehlen, dass es Berührungspunkte zwischen handelsüblichem Star- und gefährlichem Führerkult gibt, dass „cleveres“ Marketing und geschickte Propaganda enge Verwandte sind und sich teilweise der gleichen Mechanismen bedienen (das wußte niemand besser als Joseph Goebbels – die Methoden seines Propagandaministeriums sind heutzutage Allgemeinbildung in der Marketing- und Werbebranche). Ich bestreite auch nicht, dass Starkult zu irrationalem Verhalten bei den „Kultisten“ führen kann, das zuweilen gefährlich werden kann (als lockere, wertfreie Schlagworte seien einfach mal Drogenkonsum, Interesse an fernöstlichen Religionen, Sektentum in den Raum geworfen. Wie gesagt: ohne Wertung), und dies durchaus kritisierbar ist. Aber dann doch bitte um Himmels Willen in einem Film, in dessen Kontext diese Kritik passt! Der Fan handelt doch aber nicht davon, dass ein Star seine „Jünger“ zu verwerflichen Handlungen antreibt oder sie gar politisiert, sondern von der eingebildeten blindwütigen Liebe einer Geisteskranken! Anstelle also die Wirkung des Films zu unterstreichen, lenken diese Einwürfe nur vom eigentlichen Thema ab! Schmidt dämonisiert den Starkult als solchen und versucht möglicherweise, die Handlungsweise seiner Protagonistin dadurch zu entschuldigen – durch solche Manipulation wird aus der Täterin Simone ein Opfer des (angeblich) von R um seine eigene Person betriebenen Kults (das wäre möglicherweise ein valider Punkt, wenn R im Film tatsächlich etwas tun würde, was diese Interpretation stützen könnte. Tut er aber nicht). R ist nach dieser Lesart salopp gesagt „selber schuld“, dass die irre Schnalle ihn kaltmacht und auffrisst. Da macht es sich Schmidt verdammt einfach, aber es passt schon zum „Gutmenschentum“, dass externe Umstände gesucht werden, die die Taten eines/einer Verrückten relativieren oder gar entschuldigen sollen, dem Täter also aus der Verantwortlichkeit für sein Handeln heraushelfen sollen (ja, auch ich bin der Meinung, dass Geisteskranke nicht immer verantwortlich für das sind, was sie tun, aber ich stilisiere nicht die Opfer ihrer Taten zu den wahren Tätern. Ein feiner Unterschied) [Dazu passt übrigens auch, dass R aus reichlich heiterem Himmel auf die Idee kommt, Simone doch „sitzenzulassen“ und damit nach Film-Logik seinen Tod scheinbar verdient]. Konsequenterweise scheint Simone auch ohne Folgen aus der ganzen Angelegenheit herauszukommen und ihren Wahn durch die Schwangerschaft weiter ausleben zu können (sofern wir nicht die ganz leise angedeutete Möglichkeit, dass sich quasi der komplette Film nur in Simones Kopf abgespielt hat, verfolgen wollen), was ich für eine eher bedenkliche Moral halte.

Ansonsten ist Schmidts Regiearbeit solide, aber nicht weltbewegend. Optisch teilt sich der Film in zwei Hälften – die Auftaktphase in Ulm ist recht farbenfroh, „warm“ gehalten, wenn sich die Handlung nach München, in die Großstadt, verlagert, schwenkt der Film auf typische steril-kalte 80er-Jahre-Optik um. Das entbehrt, speziell in der großen Schockszene, nicht einer gewissen Wirkung, hätte aber mit deutlich mehr inszenatorischer Chuzpe aufbereitet werden können – da hätte es m.E. Möglichkeiten gegeben, die Wirkung dieser Szene durch radikaleren Schnitt noch zu steigern – statt dessen setzt Schmidt auf die Verstörung des Zuschauers, in dem er die Bilder länger stehen lässt, als unbedingt nötig wäre (wenn Simone beispielsweise das Blut von der Messerklinge leckt, ist der „Punkt“ nach ein-zwei Sekunden gemacht, Schmidt lässt die Szene aber sicher fast zehn Sekunden laufen. Resultat: anstatt wirklich geschockt zu sein, macht man sich Gedanken, ob sie sich dabei nicht die Zunge aufschneidet).

Die Kameraführung hat einige nette Einfälle (z.B. in der „Münster“-Szene, in der Simone sich vorstellt, mit R dort abzuhängen und die Kamera so geführt wird, dass es theoretisch möglich wäre, dass R tatsächlich neben ihr steht und geht), ist in anderen Szenen aber dank starrer Kamerapositionen recht statisch, was allerdings wohl der gewünschten Bildkomposition zu verdanken ist, da Schmidt gerne mit symbolischen Shots spielt.

Sex und Gewalt sind die „selling points“, mit denen man den Film an den Konsumenten bringen will (damals wie heute). Wie sieht´s denn damit aus? In beiden Punkten wird der Zuschauer lange auf die Folter gespannt, kann sich aber dann wenigstens hinsichtlich des Sex nicht beschweren. Die Nosbusch läuft, wie gesagt, gut 20 Minuten splitternackt durch den Film, die große „Sexszene“ balanciert haarscharf auf dem Grat dessen, was man in einem „Mainstream“-Film noch zeigen darf (ich möchte nicht von „an Hardcore grenzenden Sexszenen“ faseln, wie es Kollege Bethmann tun würde, würde er Der Fan in eine Hartbox stecken, aber es ist überraschend semiexplizit, if you catch my drift). Frauen erfreuen sich an den von Bodo Staiger gezeigten nackten Tatsachen. Graphische Gewalt ist die Sache des Films, und zumindest das wundert mich nicht wirklich, nur eingeschränkt. Das dahingehende Potential der Story ist begreiflicherweise nicht sonderlich hoch. Rs Tod ist passabel inszeniert und ohne großen Blutgehalt dennoch recht intensiv. Bei der anschließenden Leichenzerteilung ging ich eigentlich davon aus, dass der Film sich hier um explizite Bilder drücken würde, aber zumindest einmal wird die Sägeaktion ins Bild gerückt. Nichts, womit man einen Fulci-Jünger in Ekstase versetzen könnte, aber auch nichts, wofür sich die Effektemacher schämen müssten (simpel, aber wirkungsvoll).

Den Soundtrack bestreitet, auch schon angeklungen, Bodo Staigers „wir sind keine NDW“-Kapelle Rheingold, die man einem Unwissenden vielleicht am ehesten – und zu ihren besten Zeiten (der Doc besitzt die vorletzte offizielle Rheingold-Single „Via Satellit“ und hütet sie als abschreckendes Beispiel wie den heiligen Gral) als eine poppigere Variante von „Kraftwerk“ (Rheingold schreckten z.B. vor dem Einsatz von – gosh! – Gitarren nicht zurück): grundlegend simple elektronische Klänge, Verfremdungseffekte, rätselhafte, „kalte“ Texte. Drei gesungenen Stücken („Augenblick“ und „Das steht ihr gut“, beide auch on-screen performed, sowie „FanFanFanatisch“ im Abspann) steht eine Selektion instrumentaler Stücke gegenüber, die in ihrer kühlen Synthi-Distanziertheit zwar durchaus die Atmosphäre des Films recht gelungen unterstreichen, auf die Dauer aber auch, da es nicht viele verschiedene Themes gibt, etwas repetetiv wirken und mich, gottbewahre, gelegentlich an Goblin erinnern (ob das ein „guter“ Vergleich ist, bleibt dem Geschmack des Rezepienten überlassen).

Schauspielerisch darf man keine Wunderdinge erwarten – die Hauptrollen besetzen ein Teenstarlet, das bis dorthin kaum mit darstellerischen Großtaten aufgefallen war, und ein Profi-Musiker, dem der Gedanke an eine Filmkarriere erheblich ferner lag als der Wunsch nach der nächsten Goldenen Schallplatte. Désirée Nosbusch, dem luxemburgischen Sprachgenie, aus dem auch später keine große Mimin, aber zumindest eine gut beschäftigte TV-Aktrice wurde, kommt die Rolle charakterlich sicherlich entgegen. Sie ist im angezogenen Zustand sehr niedlich (und ihre Hasenzähnchen find ich irgendwie allerliebst) und passt sehr gut auf die Rollengestalt der Simone, in den Nacktszenen wirkt sie „erwachsen“ genug, um die Szenen nicht als plumpe Pädo-Rubbelvorlagen rüberkommen zu lassen (man mag sich darüber streiten, ob zumindest die Sexszene mit ein wenig mehr künstlerischem Einsatz etwas ästhetischer hätte gestaltet werden könne, aber der Film hat nun mal, wie erwähnt, eine bewußt kühle Atmosphäre). Für die Bösartigkeit, den Totalwahn ihrer Figur in der letzten halben Stunde fehlt ihr allerdings die darstellerische Bandbreite. Mag sein, dass dies aber auch regieseitig gewünscht war (wie schon angesprochen, versucht Schmidt ja, seine Titelfigur „unschuldig“ zu zeichnen). Auf alle Fälle kann man konstatieren, dass Der Fan durch das Casting und den Umgang von bzw. mit Nosbusch relativ unproblematisch als Exploitationfilm reinsten Wassers eingestuft werden kann. Wenn das schwelgerische Abfilmen des nackten Mädchenkörpers der Nosbusch nicht „Ausbeutung“ im Filmsinne ist, dann weiß ich nicht, was dann.

Bodo Staiger, „Rheingold“-Mastermind, ist kein Schauspieler und hatte dahingehend auch keine Ambitionen. Sein Spiel ist, vorsichtig ausgedrückt, sehr steril und, ähm, ökonomisch. Auch hier kann man konstatieren, dass dies durchaus im künstlerischen Sinne des Films liegt, alldieweil Rs Image das eines kalt-distanziert-unnahbaren geheimnisvollen Anti-Stars ist und seine abweisende Kühle letztendlich Auslöser der Katastrophe ist. Dennoch ist mir Staiger einfach ZU distanziert – er schafft es weder, die Faszination, die seine Rollengestalt auf Simone (und sichtlich auch etliche andere weibliche Fans) ausübt, zu verkörpern, weil es ihm dafür einfach an Charisma, an Screenpräsenz fehlt, noch seine „eigenen“ Emotionen glaubhaft zu vermitteln (wieso er auf einmal auf Simone abfährt, als die gegenüber des TV-Studios dumm rumsteht, und sie zu seiner Favoritin erwählt, bleibt mehr oder weniger ungeklärt).

Alle weiteren Rollen sind nicht der Rede wert, was die Darsteller nicht abwerten soll, sie haben nur einfach keine Chance, sich zu beweisen. Der Fan ist de facto ein Zwei-Personen-Stück.

Die marketing-DVD präsentiert den Film zweifellos bestmöglich. Der anamorphe 1.85:1-Transfer überzeugt von Farben und Schärfewerten allemal, der kühle 80er-Look wird gut transportiert, Kontrast und Kompression liegen im gut verträglichen Bereich. Einige Artefakte und Verschmutzungen auf dem Quellmaterial waren scheinbar nicht zu korrigieren. Es stört nicht, aber man merkt doch, dass der Streifen das ein oder andere Jahr auf dem Buckel hat.

Der Ton wird wahlweise im Dolby 5.1-Upmix, im Dolby 2.0-Surround-Upmix oder im Original-Dolby-2.0-Mono-Mix präsentiert (wobei mir das auch etwas geschummelt scheint, da der Nachspann von „Dolby Surround in Selected Theatres“ rhabarbert. Muss also wohl eine originale Surround-Spur gegeben haben). Ich war ausnahmsweise mal zu faul, die Dolby-Anlage anzuwerfen (dafür hätte ich extra aufstehen müssen) und habe den Ton (die 5.1-Variante) daher nur über den Fernseher genossen. Nicht aufregend, aber akzeptabel, vielleicht etwas auf der dumpfen Seite.

Wie üblich bei marketing gibt´s ein Rudel Extras, wobei ich hier trotz des guten Willens der Krekel-Company einen „Thema verfehlt“-Tadel nicht zurückhalten kann (dazu gleich). Geboten wird zunächst der deutsche und englische Trailer (wobei der deutsche so aussieht, als hätte man ihn aus dem englischen mit ein paar neu gewerkelten deutschen Titlecards gewerkelt), eine Artwork-Galerie mit diversen Plakatmotiven und Aushangfotos, eine Désirée-Nosbusch-Galerie, Biographien für die Nosbusch und Staiger, Filmographien von Nosbusch und Schmidt, eine Rheingold-Discographie und ein anscheinend von marketing selbst fabriziertes Musikvideo zu „FanFanFanatisch“ (aus Filmausschnitten und verdächtigerweise exakt so kurz wie der Song im Nachspann gespielt wird). Das auf dem Cover versprochene „Interview“ ist leider nur die abgetippte Variante eines zeitgenössischen Gesprächs mit Nosbusch (samt Manager) und Staiger (samt Freundin) aus einer Illustrierten, trotzdem nicht uninformativ, und unter „Der Skandal“ verbirgt sich eine Galerie diverser Zeitungsausschnitte, die sich mit der juristischen Auseinandersetzung um den Film befassen. Ich persönlich hätte mich über einige aktuelle Gespräche mit damals Beteiligten und vielleicht der ein oder anderen tiefgründigeren Reflektion über den Film und seine Bedeutung gefreut – daher: zwar einiges an Extras, aber nur wenig gehaltvolles. Ein paar marketing-Trailer runden das Bonusmaterial ab.

Wie lautet also das Urteil über Der Fan? Eins steht fest – ein Reißer vor dem Herrn ist dieser Vertreter deutschen Psychothrills nicht, dafür ist die Auftaktphase zu langwierig und zu wenig bedeutungsvoll für den eigentlichen Psycho-Part; die Charakterisierungen sind nicht ausreichend, um die Figuren wirklich auf den Punkt zu bringen, verständlich oder wenigstens nachvollziehbar zu machen. Schmidts Regiestil ist über weite Strecken zu konventionell und könnte mehr Verve, mehr Mut vertragen und die von ihm vertretenen Ansichten (was die politisch-gesellschaftlichen Parallelen angeht, über die ich mich lang und breit ausgelassen habe) sind zumindest fragwürdig. Die letzte halbe Stunde entbehrt, bei aller angebrachten Kritik, aber nicht einer gewissen Wirkung (wenngleich sie sicherlich nicht halb so schockierend ist, wie sich Schmidt das wohl vorgestlelt hat), und, wenn ich ganz böse wäre, würde ich jetzt sagen, gut 20 Minuten lang eine knackig-frische Désirée Nosbusch mit ohne Klamotten seien allein die Investition in die Scheibe wert – den langatmigen Rest kann man ja überspringen. Böse bin ich aber selbstverständlich nieee nicht…

Summa summarum: ein nicht uninteressantes filmisches Experiment, das aber an seinem eigenen Anspruch scheitert und sein Thema knapp, aber deutlich verfehlt. Reinkucken ist aber erlaubt (schon allein wegen der Nosbusch, die dem Film ein Bonus-Bier einbringt).

(c) 2004 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 5


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