Demons & Angels

 
  • Deutscher Titel: Demons & Angels
  • Original-Titel: Raging Angels
  •  
  • Regie: Alan Smithee
  • Land: USA
  • Jahr: 1995
  • Darsteller:

    Sean Patrick Flanery (Chris D’Amico), Diane Ladd (Sister Kate), Monet Mazur (Lila), Michael Paré (Colin Gramercy), Arielle Dombasle (Megan), Shelley Winters (Ruth), Rick Dean (Dave)


Vorwort

Schwere Zeiten für den ambitionierten Rockmusiker Chris – weil er wieder mal viel zu spät und hackedicht zum Auftritt erscheint, schmeißt ihn seine Band (deren nomineller Vorsteher er eigentlich ist) kurzerhand raus, unterzeichnet einen Plattenvertrag und ist in nullkommanix Nr. 1 in den Charts. Dies stürzt Chris begreiflicherweise in eine existentielle und vor allen Dingen schöpferische Krise. Dass seine Freundin Lila ihren Job verliert, weil ihr Chef (Häuptling einer Burgerbraterei) im Rahmen eines drive-by-shootings zu Kollateralschaden wird, hilft der Gesamtsituation auch nicht weiter. Lila schlägt vor, gemeinschaftlich beim weltgrößten Rockstar Coling Gramercy vorzuspielen, der diverse Background-Sänger für sein anstehendes weltweit übertragenes Konzert sucht, das als Werbeveranstaltung für die „Coalition for World Unity“ (damit für aufrechte Anerikaner zwanglos als gottloser Verein zu identifizieren) fungieren soll. Oma Ruth, die Chris nach dem unfallbedingten Ableben der Erzeuger aufgezogen hat, und die mit dem Herrgott auf Du und Du steht, ahnt bzw. nachtmahrt Ungemach und versaut Chris durch entsprechendes unangekündigtes Auftauchen bei einem Probeauftritt für zeichnungswillige Plattenbosse einen lukrativen Deal. Also bleibt ihm nichts anderes übrig, als mit Lila zum Vorspielen zu pilgern. Lila macht sich prächtig und wird von Colin persönlich engagiert, das Casting danach aber umgehend abgebrochen – Chris kuckt mal wieder in die Röhre.

In der sicheren Erkenntnis, dass hinter Colin, seiner CWU und dem Gerede von einer Weltregierung nur der Teufel persönlich stecken kann (und damit in guter Gesellschaft mit einem leicht paranoid wirkenden US-Senator, letzte Speerspitze aufrechten amerikanischen Patriotismus, weil seine Brüder im Geiste diversen suspekten Unfällen zum Opfer gefallen sind), wendet sich Ruth an Sister Kate, die in ihrer Gospel-Kirche normalerweise hirntumorverursachende Dämonen austreibt. Die erklärt sich zwar bereit, einen Fern-Exorzismus durchzuführen, kommt aber zu spät, weil die fiesen Dämonen Ruth vorher die Treppe runterschubsen. Lila wird indes von Colin und den Seinen in Nullkommanix zur CWU-Anhängerin konvertiert und trennt sich, als Chris nach einer kleinen Amokfahrt im Krankenhaus arbeitet, von ihrem Loser-Boyfriend und zieht ins CWU-Hauptquartier. Kate versucht Chris begreiflich zu machen, was Sache ist, aber der will – was nicht verwundert – vom ewigen Kampf Gut vs. Böse und Dämonen vs. Engel nichts hören, doch als weltliche Mittel und Wege, Kate zurückzugewinnen, scheitern, muss er sich doch an die Gottesanbeterin halten – und nach Möglichkeit schnell, denn die Bösen planen, Lila während des Konzerts zu ermorden (wovon Colin allerdings nichts weiß)…


Inhalt

Was man halt so im Media Markt stehen sieht… will sagen: meine Einkaufsmethodik ist simpel. Durch die Gänge laufen, etwas sehen, von dem man noch nie gehört hat, Preis auf Doc-kompatibilität prüfen, einsacken. So kam ich auch zu „Demons & Angels“, einem Film, der offensichtlich auch das Media-Markt-Personal überforderte, bestickerten sie ihn doch mit „Angels & Demons Tom Hanks“ (knapp daneben, trotzdem vorbei). „Erstmals ungeschnitten“, blökt das Cover (mich soll der Schlag treffen, wenn ich von einer geschnittenen Fassung wüsste), und der Klappentext verspricht eine Art „Straßen in Flammen“ im Horror-Gewand (würde ja auch Sinn ergeben, schließlich spielt da wie dort Michael Paré mit).

Ich hätte allerdings schon mal auf meinen inneren Schweinehund hören können – der hustete nämlich vernehmlich, dass ich, wenn der Streifen was taugen würde, wohl schon irgendwas darüber hätte lesen, hören oder sonstwie kommunizert bekommen müssen. Der erste Frame des Films erschreckt dann auch gleich – „Nu Image“? Öha. Ich trau dem Schuppen einiges zu, aber eher keine Expertise auf dem Gebiet des Horrorfilms. Nun ja, die indirekten Cannon-Nachfolger übernahme auch nur den Vertrieb, produziert wurde das Filmchen von Chako van Leeuwen, einer japanischen Schauspielerin aus den 50es, die nach ihrer Verehelichung (ich dürfte mal ins Blaue hinein raten, mit einem Holländer) unter die Produzenten ging und u.a. für das „Piranhas“-Franchise (inklusive seinem anstehenden 3D-Remake) verantwortlich zeichnet. Zusammen mit einem gewissen Stens Christensen entwarf sie die Story, die Ausformulierung durften David Markov und Chris Bittler, zwei nicht weiter auffällig gewordene Schreberlinge, und Sequel-Spezialist Kevin Rock („Howling VI“, „Warlock: The Armageddon“, „The Philadelphia Experiment II“ und die Corman-Fassung von The Fantastic Four übernehmen.

Es spricht einiges für eine, wie sagen die Chinesen so gerne, „interessante“ Produktionsgeschichte, betrachtet man, dass der Regisseur sich hinter dem berühmt-berüchtigten Pseudonym Alan Smithee verbirgt und bis heute offensichtlich noch niemand herausgefunden hat, wer nun wirklich am Set das Zepter schwang – ich persönlich tippe auf den als Co-Producer kreditierten routinierten Schundologen Peter Maris („Helden USA IV“, „American Steel“, „Alien Species – Die Nacht der Invasion“), der auf den ersten Blick als einziger Beteiligter ernstliche Erfahrung mit dem Inszenieren an und für sich aufzuweisen scheint.

Auch wenn der Streifen handwerklich einigermaßen solide ist (mit Ausnahmen, auf die ich noch eingehen werde), gebe ich zu – ich hätte vermutlich auch meinen Namen nicht dafür hergegeben, aus dem simplen Grunde, dass „Demons & Angels“ tatsächlcih ein früher Vertreter des von mir heiß und innig geliebten Genres des Christsploitationfilms ist (oder, wie ein Reviewerkollege auch nicht ganz falsch meinte, es ist ein „born-again-Christian“-Film). Es werden die gleichen Feindbilder bedient wie später in Gassenhauern wie Megiddo – The Omega Code 2 oder Countdown: Jerusalem – eine Weltregierung kann nur auf des Satans Mist gewachsen sein, ist unweigerlich sozialistisches Dämonenzeuch und dient zu nichts anderem, als dem gottesfürchtigen Amerikaner seine Rechte, Freiheit, Unabhängigkeit und vor allem NATION wegzunehmen. That we cannot have! Also muss die Gegenseite, die Guten, die Christenmenschenheit, schon eine waschechte Wunderheilerin auffahren, die nicht nur jeden krankheitsbringenden Dämonen austreibt, sondern auch sonst mit der Gabe gesegnet ist, Engel und Dämonen zu *sehen* (und die trotzdem nicht in einer geschlossenen Anstalt sitzt). Seufz.

„Lustig“ an der Chose ist, dass „Demons & Angels“ seine reaktionäre Story in einer (nicht gerade originellen) „braves-Mädchen-verkauft-sich-an-bösen-Promoter“-Geschichte versteckt (ich würde ja fast sagen, das Ding ist ein freies Remake von The Apple, um sich an die Jugend anzubiedern. Blöd nur, dass der Film mit seiner (gerne christlich motivierten) Rockmusik so ungefähr zehn Jahre zu spät dran ist – oder wer zur Hölle hörte 1995 Bands wie Boston, Golden Earring oder, schluck, Stryper? Zum Soundtrack an gewohnter Stelle noch mehr… Es liegt also auf der Hand – die auftraggebenden Christen wollten ausnahmsweise mal am Puls der Zeit sein und den Teenager-Videokunden mit vermeintlich hippen Klängen locken, vergaßen aber leider, vorher mal einen Blick in die Charts zu werfen. AOR- und Hardrock war 1995 TOT.

Abgesehen vom Setting im „Rockbusiness“ verläuft die Plotte aber ganz nach Dienstvorschrift – Protagonist Chris (der sich übrigens über so knapp 85 % des Films als blödes Arschloch aufführt, was es relativ schwer macht, sich nicht eindeutig bei Colin Gramercy – sorry, aber mit dem Namen wird man kein Rockstar! – zu positionieren) glaubt am Anfang vom christlichen Brimborium kein Wort, muss ’ne schwere Seelenkrise durch den Tod seiner Oma durchleiden, ehe er geläutert wird (als er Zeuge wird, wie Megan, Colins Beraterin, einen Dämon heraufbeschwört, der den erwähnten Senator tötet), die Dämonen manifestieren sich gern mal in poltergeistähnlichen Attacken, der Plan der Schufte mit dem Attentat auf Lila (das Colins Sympathiewerte steigern soll) mieft ein wenig danach, als hätten die Autoren mal „Dead Zone“ gelesen (oder zumindest die Verfilmung gesehen, was ganz lustig ist, weil Sean Patrick Flanery ein paar Jahre später in der „Dead Zone“-TV-Serie Greg Stillson spielte)… leider hat die Geschichte keinerlei Zug – selbst vermeintliche Spannungssequenzen wie das drive-by-shooting im Diner oder Chris‘ Amokfahrt verlaufen einfallslos (zudem sparen sich die Autoren jegliche Erklärung für die die mysteriösen „Herren in Schwarz“, die Lila bzw. Chris in diesen Situationen das Leben retten. Sind wohl „Engel“, aber dafür doch eher düster). Und der Showdown – der ist ein Witz (und das nicht nur der noch zu würdigenden FX wegen, sondern auch weil das „Vater Unser“ offenkundig in den richtigen Händen nicht nur ein Glaubensbekenntnis, sondern ein Erzengelherbeirufer ist).

Gerettet wird das Script – nein, es wird nicht wirklich gerettet, aber wenigstes ein bisschen aufgepäppelt von einigen beinahe schon selbstironischen Dialogen für Kate und dem kleinen Kniff, dass Colin zwar das Aushängeschild der satanischen Mächte ist, aber letztlich auch nur ein kleines Rädchen im Getriebe, das über die großen Zusammenhänge (und eben auch den Plan, Lila zu killen) nicht informiert ist. Auf der Negativseite verbuchen wir die schlichtweg katastrophalen Charakterisierungen sämtlicher „positiven“ Figuren…

Wie erwähnt – von der reinen Handwerkskunst ist „Demons & Angels“ kein Burner, aber zumindest auf solidem B-Niveau gewerkelt. Klar, man könnte alles eine deutliche Ecke dynamischer, fetziger gestalten (z.B. und ganz besonders die diversen musikalischen Einlagen – angesichts dreieinhalb on-screen performter Songs könnte man den Streifen eh beinah als Musical werten; ein weiteres Indiz dafür, dass man produzentenseits zwar die Jugendkultur als Einfluss sah, aber nicht wirklich eine Ahnung davon hatte, wie man das umsetzt); die Kameraführung ist okay, ein-zwei gelungene steadycam-Sequenzen stechen positiv raus, aber insgesamt ist die Bildgestaltung eher stockkonservativ. Dass mit *dem* Script in Sachen Tempo, Spannungserzeugung, Thrill kein Staat zu machen ist, ist nicht zu verleugnen, ein bisschen mehr Verve hätte dem Film aber sicherlich nicht geschadet.

Wie auch bessere Effekte – es fängt eigentlich ganz manierlich an, wenn sich zum ersten Mal eine Dämonenfratze aus einer Wand materialisiert, sobald allerdings die Dämonen „komplett“ erscheinen (als bessere halbtransparente aufkopierte Gestalten), will sich echte Terrifizierung nicht mehr einstellen (obschon das creature design passabel ist, auch wenn ich speziell bei Oberdämon Meloch nur ’nen kurzen Gedankensprung zu Mr. Lordi machen muss). Neue Gipfel des Peinlichkeitsgebirges werden allerdings im Showdown erklommen, wenn Meloch mit dem Erzengel zum Schwertkampf schreitet und das dann ungefähr so animiert ist wie ein Videospiel von 1987. Da kann man nur noch kopfschüttelnd weggehen und so tun, als hätte man’s nie gesehen…

Der symphonische Score von Terry Plumeri (Route 666, Black Sea Raid, „Watchers Reborn“) ist gefällig, der Rock-Soundtrack altbacken, aber alles a ndere als schlecht. Neben den erwähnten Kapellen (Strypers „To Hell with the Devil“ wird, ich möchte beinahe sagen kongenial, als Abspann-Song eingesetzt) geben sich u.a. die patenten Christen-Rocker Holy Soldier (auch live und on-screen), eine Combo namens Mozart (die auch im Film auftreten darf), The Mission und – äääähjaaaa – Army of Lovers die akustische Ehre. Michael Paré darf seinen Song sogar selbst performen und ein kleines Liedchen, das im Filmsinne Chris schreibt und später von Lila gesungen wird, hat Sean Patrick Flanery sogar selbst komponiert.

Darstellerschelte: Sean Patrick Flanery („Saw VII“, „Der blutige Pfad Gottes“, „Young Indiana Jones“) ist ein durchaus sympathischer Geselle und als Möchtegern-Rockstar sogar einigermaßen glaubhaft, kämpft aber einen ebenso verzweifelten wie ohne jegliche Erfolgsaussicht geführten Kampf gegen seinen strunzdoofen Charakter. Monet Mazur („40 Days and 40 Nights“, „The House Bunny“) bleibt überwiegend farblos (und da die einzige Sexszene natürlich nicht in irgendeiner Weise anregend gestaltet werden kann, dürfen wir auch nur ihren unbedeckten Rücken bewundern). Michael Paré („Das Philadelphia Experiment“ und bekanntlich mittlerweile Mitglied der Boll-Troupé) schreit zehn Jahre nach „Straßen in Flammen“ charismamäßig nicht mehr unbedingt „größter Rockstar der Welt“, aber er schlägt sich wacker. Diane Ladd („Chinatown“, „Wild at Heart“) probiert’s mit Overacting und Altstar Shelley Winter („Night of the Hunter“, „Bloody Mama“, „Die Höllenfahrt der Poseidon“) ist in absolut keiner Verfassung, sich noch vor einer Kamera herumzutreiben, müht sich aber redlich. Die Französin Arielle Dombasle („Asterix und Obelix gegen Cäsar“), aonsten gern bereit, aus nichtigem Anlass aus den Klamotten zu fahren, darf dies aus bereits geschilderten Gründen hier nicht und muss trotzdem versuchen, verruchte bösartige Erotik zu verbreiten, scheitert dabei jedoch.

Bildqualität: ems bringt den Film in anamorphem 1.85:1-Widescreen. Solider Durchschnittstransfer, ohne Verschmutzungen oder Defekte, mittelprächtige Schärfewerte, passabler Kontrast, wenig Blockrauschen.

Tonqualität: Dem deutschen Ton wurde ein recht wuchtiger 5.1-Mix spendiert, allerdings ist die Synchro nicht sonderlich gut, der englische Ton ist zwar ziemlich gut verständlich, aber nicht sonderlich dynamisch und insgesamt zu leise.

Extras: Deutscher und amerikanischer Trailer sowie Trailershow.

Fazit: „Demons & Angels“ hat das Problem, dass er als okkulter Horrorfilm eindeutig zu langweilig (und jenseits der Dämonenfratzen nicht mal andeutungsweise „echten Horror“ bietet), speziell auf der Seite der Protagonisten schwach bis dämlich geschrieben ist und sich zudem noch durch seine platte proevangelikalische Message disqualifiziert. Keine Hasschleuder wie die oben erwähnten späteren Bibelwerferepen und daher inhaltlich nicht *so* ärgerlich, trotzdem aber eine ziemliche Zeitverschwendung – die guten Songs aus dem Soundtrack kann man sich ja problemlos zu Gemüte führen, ohne dabei einen doofen Film betrachten zu müssen. Knappe zwei Silberscheiben.

(c) 2010 Dr. Acula


mm
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