Demonicus

 
  • Deutscher Titel: Demonicus
  • Original-Titel: Demonicus
  •  
  • Regie: Jay Woelfel
  • Land: USA
  • Jahr: 2001
  • Darsteller:

    Gregory Lee Kenyon (James/Tyranus), Venesa Taylor (Gina), Brannon Gould (Dino), Kyle Tracy (Joe), Jennifer Capo (Maria), Allen Nabors (Anthony), Candace Kroslak (Teresa), Dominic Joseph (Frankie), Val Perez (Charlene), Todd Rex (Demonicus)


Vorwort

Eine Gruppe amerikanischer Studenten vertreibt sich die Zeit – unter Aufsicht der attraktiven Professorin Gina, die durchaus ein bis drei Augen auf ihren nominellen Schützling Anthony geworfen hat – in den italienischen Alpen mit einer fröhlichen Bergwanderung. Weil James die Sorte Jock ist, der aus allem einen Wettkampf machen muss, hat er eine Art Orientierungslauf zum vereinbarten Zeltplatz ausgerufen. Er selbst und sein Huhn Charlene stoßen auf eine mysteriöse Höhle. James geht auf Erkundungstour und findet den mumifizierten Leichnam eines antiken römischen Kriegers nebst Rüstung und Waffen. James setzt, doof wie ’ne amerikanische Blödblinse nun mal ist, den Helm auf und wird sofort vom bösen Geist des Gladiators Tyranus übernommen.

Tyranus, muss man wissen, war ein Weggefährte von Spartakus höchstselbst, allerdings im Gegensatz zu seinem berühmteren Kameraden dem Bösen zugeneigt und ein Herumfuhrwerker in etruskischer schwarzer Magie. Was er nun gerne tun möchte, ist seinen eigenen Körper wieder zum Leben zu erwecken und dafür braucht’s einen Eintopf aus frisch abgetrennten Körperteilen. Zum Glück laufen ja grad ein paar geistige Hohlkörper über’n Berg und sind niedermetzelbar.

Schnell hat sich Tyranus, begünstigt dadurch, dass seine Ex-Freunde ihn ja für den harmlosen James halten, auch wenn er im vollen Gladiator-Gear durch die Landschaft stapft, ein erlesenes kochbares Kopf-, Hand- und Fußsortiment zusammengekloppt. Die junge Maria hat er allerdings verschont und nur in seiner Wohnhöhle aufgehängt. Deren Freund Joe schwört, den ihm noch unbekannten Missetäter zur Strecke zu bringen, sein einziger überlebender Verbündeter ist allerdings Nerd Dino…


Inhalt

Dass die Geschichte von Charles Bands Full Moon sehr bewegt war, dürfte keinem Stammleser dieser Seiten neu sein. Ganz besonders dreckig ging’s dem Killerpuppenimperium um die Jahrtausendwende – in dieser Phase war Band gezwungen, die Produktion an externe Kräfte wie Tempe Entertainment oder die „urban cinema“-Dependance Big City Pictures zu vergeben, die dann für ultrageringe Budgets (im Bereich von 15.000 bis 30.000 Dollar) in drei bis vier Tagen sich mühsam auf abendfüllende Laufzeit schleppende Filmchen ablieferten, die Full Moon dann vertreiben konnte, um im Geschäft zu bleiben.

Während die Zusammenarbeit z.B. mit J.R. Bookwalters Tempe wohl dokumentiert ist (und Herr Bookwalter verschiedenerlei weniger nette Dinge über Charlies Geschäftsgebaren zu sagen weiß), ist die Klitsche „Sterling Productions“ eine Fußnote in der Full-Moon-Historie. David S. Sterling, der Vorsteher dieser Unternehmung, dabbelt seit 1993 im Bereich des Low-Budget-Horrors und brachte dabei u.a. große Klassiker wie „Witchcraft XI/XII“, „Camp Blood 2“, Goth – Der totale Horror oder Aliens vs. Avatars auf Spur – wir sehen also, ein Produzent, gegen den Charles Band in Normalform mindestens wie Jerry Bruckheimer aussieht.

Nach meinen Recherchen markiert „Demonicus“ die einzige Kooperation von Band und Sterling – keine Ahnung, ob Sterling für Band dann doch ZU billig war oder auch Sterling sich von Band unfair behandelt fühlte. Jedenfalls aber ist „Demonicus“ nichts, was im Full-Moon-Kanon grundsätzlich arg aus dem Rahmen fiele. Verantwortlich war das Kreativteam Tim Sullivan und Jay Woelfel. Sullivan hatte 1989 als Schauspieler sein Debüt im semikultisch verehrten „The Laughing Dead“ gefeiert und ein paar Jahre später dann versucht, als Autor und Gelegenheitsregisseur selbst tiefer ins Genre einzusteigen, Filme wie „Vampyre Femmes“ oder „Eyes of the Werewolf“ hinterließen aber keinen gesteigerten Eindruck. Jay Woelfel hingegen fuhr von Beginn seiner Karriere an dreigleisig als Komponist, Autor und Regisseur – einen Namen im Fandom machte er sich mit dem gemeinsam mit Richard Hatch inszenierten Kurzfilm „Battlestar Galactica: The Second Coming“, mit dem Hatch ein Galactica-Revival auf die Beine zu stellen hoffte (was ja irgendwie auch klappte, nur nicht ganz so, wie Captain Apollo sich das vorstellte). Woelfel wurde von Charles Band immerhin im Anschluss für den Tim-Thomerson-freien „Trancers 6“ (also zumindest so etwas wie ein kleines Prestige-Projekt für das Full Moon jener Tage) verpflichtet. Ich denke mal, Band stand bei dieser Entscheidung stärker unter dem Eindruck des Galactica-Shorts als von „Demonicus“, denn der… naja, sagen wir mal so, der lässt nicht wirklich darauf schließen, dass seine Macher wirklich arg viel auf der Pfanne haben.

In vielerlei Hinsicht spielt sich „Demonicus“ wie ein typischer deutscher Amateurfilm – ein paar Nasen stapfen durch einen Wald, in dem genehmigungsfrei Drehen ist, und ein irgendwie maskierter (diesmal halt mit einer Gladiatorenrüstung aus dem Halloween-Kostümverleih bewandet) Killer metzelt sie aus mehr oder weniger nachvollziehbaren Gründen der Reihe nach nieder. Das kann man wohlmeinend als ein fast unkaputtbares Konzept bezeichnen (zumindest ein es, das ob der Anspruchslosigkeit des typischen Gorebauern immer ein Publikum finden wird, so beschränkt es, sowohl quali- als auch quantitativ auch sein mag), realistischer gesehen aber auch als Gipfel der Einfallslosigkeit.

Die Backstory des Gladiators ist dabei auch noch ziemlich debil – gut, das mit der etruskischen schwarzen Magie kauf ich ja noch, das haben auch die Italiener ab und an mal als Motiv hergenommen, aber – wieso, zum Geier, will Tyranus/Demonicus (das ist letztlich die selbe Person, Demonicus ist lediglich eine Art umgekehrter Ehrentitel, den die von ihm Geknechteten ihm vor’s Knie genagelt haben), unbedingt seinen alten, mumifizierten Körper wiederbeleben, wenn er doch den jungen, knackigen und sich bester Gesundheit erfreuenden Body von James übernommen hat? Und inwiefern es bei dem Unterfangen nötig ist, aus den abgeschlagenen Gliedmaßen seiner Opfer Suppe zu kochen, wenn Tyranus/James mit der nichts anfängt, weil schlussendlich nur das Blut einer Jungfrau (wie originös) die olle Mumie aufpäppeln kann (und wieso er Marie bis zum Showdown aufgeht, obwohl’s doch primär um ihren Lebenssaft geht), scheint mir auch nicht erschöpfend erklärt zu werden. Aber ich suche schon wieder Sinn in einem bestenfalls semiprofessionellen Feld-, Wald- und Wiesenslasher. Ich werd’s nie lernen.

Merken wir dafür beinahe schon positiv an, dass die, hä-hem, Charaktere keine Zeit haben, uns auf den Sack zu gehen, weil sie a) eh nicht definiert werden (nicht mal in den üblichen groben Pinselstrichen des Genrekintopps „Arschloch“, „Schlampe“ usw.), da sie b) ohne großes Federlesen meistens zwei Minuten nach ihrer Einführung auch schon wieder hin sind. Deswegen haben Sullivan und Woelfel ihre „Protagonisten“ wohl schon vor Filmbeginn aufgeteilt, so können sie das Szenario „zwei neue Dumpfbacken laufen ein paar Minuten lang rum, begegnern Tyranus, werden gekillt“ mehrfach durchspielen, ohne sich um character oder plot development kümmern zu müssen. Was wider Erwarten ganz gut funktioniert ist die Konzentration auf letztlich zwei „wichtige“ Figuren – Joe, der sich durch die Entführung seiner Flamme praktisch in seiner Macho-Ehre gekränkt fühlt und deswegen mordlustig wird, und den „voice of reason“ spielenden Dino, der versucht, Joes Rachedurst zumindest soweit zu lenken, dass der nicht nur Mist baut. Natürlich muss man im Kontext eines 30.000-Dollar-Filmchens „funktionieren“ als „man kann zumindest erahnen, was die Autoren damit erreichen wollten“ lesen; weiteres scheitert an der Einfältigkeit des Scripts und der eingeschränkten Kompetenz der jeweiligen Darsteller.

Ich schätze, mit Drehbuchkritik müssen wir uns an dieser Stelle nicht weiter aufhalten – die Dialoge sind recht schrecklich, für notwendige Exposition haben die Charaktere zufälligerweise ein alle Fragen beantwortendes Buch („Die Geschichte des alten Roms“) dabei, und irgendwann haben sich dann mal alle notwendigen Überlebenden in der Höhle des Gladiators zum Showdown versammelt, dann kommt noch ein Downer-Ende, wie’s zu der Zeit gute Sitte war, und dann rollt der Abspann.

Jenseits des Scripts muss man die Suspension of Disbelief auch ganz schön beanspruchen. Die Rockies gehen immerhin als Double für die italienischen Alpen durch, bringen aber den Nachteil der verdächtigen Absenz antiker römischer Baustrukturen mit sich – so muss dann ein ganz offensichtlich als Lager- oder Wartungsschacht gedachter Tunnel die antike Höhle des Gladiators mimen und ein 08/15-Betonsockel das Fundament einer römischen Statue darstellen. Production Values gibt’s genau genommen gar keine – allein das Interieur der Höhle mit einem Stuhl, einem Kessel und einem Wandpanel, auf dem man Streitaxt und Schwert des Gladiators anpinnen kann, könnte man mit allem nicht angebrachten Goodwill und zusammengekniffenen Hühneraugen „set“ nennen. Der Rest des Films spielt in freier Natur – das ist ganz ansehnlich, wenn die schneebedeckten Bergesgipfel den Hintergrund geben, jedoch üblich langweilig, wenn die Figuren durch handelsübliche Laubwälder hecheln. Wollte ich die sehen, müsste ich nur 20 Minuten zu Fuß gehen und stünde mittendrin.

Woelfel hält zumindest das Tempo recht hoch – klar, von welchem Charaktergedöns sollte er aufgehalten werden, aber er verteilt Tyranus Attacken relativ praktikabel über die Laufzeit. Die Splatter-Effekte sind schlicht. Das Arm-/Bein-/Kopf-ab bekommen ja selbst die hiesigen Amateurspacken hin, da sollte es ein halbwegs kompetenter Ami ja auch, und Joe Castro, beteiligt u.a. an „Teenage Exorcist“, „G-Men from Hell“, „Wishmaster 3“, „Blood Feast 2“ und „Porn of the Dead“ ist jemand, der im No-Budget-Bereich akzeptable Arbeit abliefern kann. Aufregend ist das natürlich alles nicht, wenn man mehr als einen Splatterfilm gesehen hat (und zumindest einmal, wenn Tyranus einem seiner Opfer einen Arm abschneidet, sogar richtig peinlich), wer seine Filmauswahl aber davon abhängig macht, ob Köpfe einigermaßen brauchbar rollen, wird hier keine Epiphanie erleben, aber auch nicht tief enttäuscht sein.

Erstaunlicherweise gibt sich „Demonicus“ trotz einiger ganz ansehnlicher Mädels im Cast ausgesprochen prüde. Die vorhandenen Sexszenen bleiben züchtig, bekleidet und angedeutet. Etwas wundersam, wo doch normalerweise neben Splatter-FX der ein oder andere Satz Möpse im Genre stets als verkaufsförderlich angesehen wird. Naja.

Full Moons Allzweckwaffe Danny Draven stellt den natürlich völlig übertriebenen synth-symphonischen Score zusammen.

Der Cast besteht aus einer eindruckslosen Reihe unbekannter Nullitäten. Gregory Lee Kanyon, der sich zumindest bemüht, als Tyranus gewisse larger-than-life-Präsenz auszustrahlen, taucht im ein oder anderen Jay-Woelfel-Film auf (z.B. in „Ghost Lake“ und „Live Evil“), Venesa Talor, die zwar als „Professorin“ einigermaßen fehlbesetzt wirkt, aber auch wenigstens ansatzweise einer schauspielerischen Tätigkeit nachzugehen, hatte schon Full-Moon-Erfahrung aus den SF-Softsexern „Femalien“ und „Femalien 2“ sowie „Blood Dolls“, einem der ambitioniertesten Full-Moon-Projekte dieser Epoche (man rapportiert ein Budget von 1 Mio. $!). Brannon Gould („Camp Blood 2“, „Final Stab“) spielt den Nerd Dino nach der Clark-Kent-Methode (will sagen: Brille auf der Nase macht jeden zum Geek, auch wenn er ein Kreuz wie ein Kleiderschrank hat), Kyle Tracy (Joe) hat’s mit der Schauspielerei dann auch sein lassen, zwei Kurzfilme selbst gedreht und dann offenbar das Biz verlassen. Jennifer Capo („Trancers 6“, „The Brotherhood 2“) hat nicht viel mehr zu tun als doof in Ketten in der Höhle des Bösewichts rumzuhängen, Candace Kroslak (Opfer Nr. 08/15) schaffte es immerhin ins seriöse Fernsehfach und gelegentliche Nebenrollen in „Rules of Engagement“, „Scrubs“ und „Knight Rider“. Freunde der dussligen Sexkomödie könnten sie in „American Pie präsentiert: Nackte Tatsachen“, einem der x überflüssigen Videosequels erkennen.

Bildqualität: Mir lag die US-DVD vor, die ich im Rahmen der „Demonic Terror“-Box (zusammen mit „Dark Angel: The Ascent“ und „Talisman“) erstanden habe und die z.B. über amazon US ziemlich günstig zu haben ist. Der Print ist dabei nicht sehr sorgfältig behandelt worden – klar, das ganze Ding ist auf billigem Video gedreht worden und sieht auch so aus, aber mit ein bisschen gutem Willen müsste das nicht so grobkörnig und pixelig sein… (4:3).

Tonqualität: Englischer Ton in Dolby 5.1 only. Brauchbar.

Extras: Nur eine Full-Moon-Trailershow.

Fazit: Es ist sicherlich kein großes Kompliment, wenn ich nach dem Genuss eines Films wie „Demonicus“ zum Urteil „hab schon schlimmeres gesehen“ komme… klar, das ist ein völlig unorigineller Freiluftslasher, wie wir ihn grad hierzulande kennen und fürchten, aber auch das kann man wesentlich schlechter hinkriegen. Zumindest ist der ganze Schmu recht flott auf den Strümpfen und langweilt nicht. Der Streifen sprüht nicht gerade vor unfreiwilliger Komik (auch wenn er Momente hat – meistens, wenn Tyranus eine lateinische Ansprache hält oder versucht, ganz besonders martialisch-evil zu wirken), hielt mich allerdings bei der Stange und das ist mehr, als ich über viele Schnaase, Ittenbachs oder Walze sagen konnte. „Demonicus“ ist sicher ein Fall für die Momente im Leben, in dem man sich völlig anspruchslos ein paar blutige FX vorführen lassen will. Besser als Killjoy oder Totem ist „Demonicus“ dann doch noch… (und besserer Gladiatoren-Horror als „Morituris“ sicher ooch).

2/5
(c) 2013 Dr. Acula


mm
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