Delta Farce

 
  • Original-Titel: Delta Farce
  •  
  • Regie: C.B. Harding
  • Land: USA
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    Larry the Cable Guy (Larry), Bill Engvall (Bill Little), DJ Qualls (Everett), Keith David (Sgt. Kilgore), Marisol Nichols (Maria), Danny Trejo (Carlos Santana), Tony Perez (Bürgermeister), Jeff Dunham (Amazing Ken), Joe Nunez (Ruben), Alejandro Patino (Juan), Luis Chavez (Carlos), Emilio Rivera (Jorge), Ed O’Ross (Victor)


Vorwort

Für die drei Freunde Larry, Bill und Everett ist ihr monatliches Reservisten-Wochenende willkommene Abwechslung, die man mit Saufen, Fernsehglotzen und Rumballern auf der Army-Base verbringt – Bill entkommt auf der Weise wenigstens für zwei Tage im Monat seiner Alten, für Everett, der im Kreise einiger Gummipuppen im Lager einer Firma, für die er als Wachmann arbeitet, lebt, stellen diese Weekends eh eine eindeutige Lebensqualitätssteigerung dar und Larry, der kann die Ablenkung auch brauchen, nachdem ihm seine Freundin eingeschenkt hat, von einem anderen Kerl schwanger zu sein. Nur gibt’s dieses Mal ein Problem: die Armee hat dringenden Bedarf an Menschenmaterial für die Front im Irak und dem harten Hund Sgt. Kilgore kommen die drei Waschlappen genau richtig. Ehe sie sich’s versehen, sitzen Larry & Co. im Flieger nach Falluja, wo Kilgore sie für alle möglichen gefährlichen Himmelfahrtskommandos freiwillig melden will…

Ein paar meterologische und luftfahrttechnische Zufälle weiter finden sich Larry, Bill und Everett, dazu ein Jeep und ein paar Kisten Ausrüstung sowie ein verdächtig tot wirkender Kilgore mitten in der Wüste wieder. Unsere Freunde verpassen Kilgore ein Heldenbegräbnis und machen sich auf die Suche nach dem Feind, ohne zu ahnen, dass sie mitnichten im irakischen Kriegsgebiet, sondern irgendwo in Mexiko gestrandet sind.
Die Bewohner eines kleinen Dorfes machen sich die Dösbaddeligkeit der tumben Amis (die freilich auch kein Wort Spanisch verstehen, geschweige denn die Sprache erkennen) zu Nutzen. Sie werden nämlich regelmäßig von Banditen unter der Führung des fiesen Carlos Santana (!) überfallen und die schwer bewaffneten Yankees kommen da wie gerufen. Mit mehr Glück als Verstand (und Larrys ihn selbst überraschenden Feststellung, dass er offensichtlich zum Soldaten geboren ist) gelingt es den Amis, einen Überfall der Banditen zurückzuschlagen, was sie zu Helden der Stunde macht und die attraktive Bürgermeisterstochter Maria in Larrys Arme treibt. Zwar bemerken die Wochenendkrieger nach einer Weile ihren strategisch-geograhischen Irrtum, doch der Ruhm schmeckt süß genug, um die Rolle der Dorfbeschützer weiterzuspielen.
Da gibt’s nur zwei Probleme: Santana nimmt den Widerstand persönlich und dürstet nach Rache und, vielleicht noch schlimmer, Kilgore ist keineswegs tot, erdkundemäßig etwas schneller auf Draht und gleichfalls gewillt, die Ärsche seiner Reservisten von hier bis vor’s Kriegsgericht zu treten…


Inhalt

Und mal wieder ein Film, den ich mit einem herzlichen „erwarten se nix“ quittierte, als er mir aus der mir neulich zugedachten MIG-Überraschungskiste entgegenpurzelte. Okay, „Delta Farce“, der parodistische Titel, ist so genial, dass ich mich ernstlich frage, warum das über 25 Jahre gedauert hat, bis jemand auf die Idee kam (oder sich endlich traute, sie umzusetzen), aber… Larry the Cable Guy? Gut, ich kannte von dem Meister bislang noch nichts, aber was ich so über ihn mitbekommen hatte, stimmte mich nicht gerade fröhlich. Ein stereotype-redneck-stand-up-Comedian, der seit einiger Zeit bemüht ist, Filmkarriere zu machen? Da krieg ich schon prophylaktisch Bauchschmerzen und Hirnkrampf. So gesehen musste der Film nicht von der Nullinie des „erwarten se nix“ aus versuchen, mich zu überzeugen, sondern aus dem Bereich negativer Erwartungshaltung heraus.

Zumal auch die Lebensläufe der beteiligten Kreativbolzen nicht gerade zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Regisseur C.B. Harding beschäftigte sich bislang primär mit dem Abfilmen von stand-up-Comedy-Programmen wie Larrys „Blue Collar Comedy Tour“ oder Reality-TV-Projekten wie der WWE-Wrestler-Castingshow „Tough Enough“ oder den „Osbournes“, die Schreiberlinge Bear Alexander und Tom Sullivan legen mit „Delta Farce“ ihr erstes Script vor. Und über all dem lauert dem Damoklesschwert gleich das Andenken von „In the Army Now“, der selbst im Kontext aller schlechten Pauly-Shore-Komödien vermutlich unlustigsten witzig gemeinten Zelluloidschändungen aller Zeiten…

Da ist es doch recht erfreulich, wenn sich „Delta Farce“, nein, nicht als Geniestreich der humoristischen Unterhaltung, aber doch zumindest als ganz passable anspruchsfreie Komödie entpuppt, die mehr Lacher zündet als man zunächst erwarten durfte. Natürlich hat die ganze Geschichte, rein glaubwürdigkeitstechnisch, einen gigantischen Haken – dass drei Amerikaner, auch wenn sie sicherlich nicht die hellsten Lichter unter der Sonne sind (wobei zumindest Larry als nicht *blöd* gezeichnet wird – er ist zweifellos eher ein Praktiker denn ein Denker, aber synaptisch augenscheinlich halbwegs korrekt verdrahtet), nicht erkennen, dass sie nicht im Irak, sondern in Mexiko sind, obwohl sie in ein typisches mexikanisches Dorf einreiten, in massenhaft typische Hispano-Gesichter blicken und allgegenwärtig auf Spanisch zugetextet werden. Ich verstehe auch kein Spanisch, aber ich erkenne die Sprache, wenn ich sie höre (dito Russisch, skandinavische Sprachen, griechisch, türkisch etc.) – mal ganz abgesehen von dem ausgesprochen merkwürdigen Kurs, den ihr Militär-Flieger von Georgia in den Irak nimmt, wenn er die Helden über Mexiko abwerfen kann. Aber schon klar, das Konzept würde sonst nicht funktionieren…

Das Gimmick der geographischen Verwirrung wird (zum Glück) dann relativ flott aufgegeben, der Film konzentriert sich dann quasi auf eine parodistisch-komödiantische „Sieben Samurai“/“Glorreichen Sieben“-Variante, die keine Originalitätspreise gewinnt, aber amüsant durchgezogen wird. Dass trotz einiger Flachwitze (auch aus dem Fäkalbereich, das hält sich dankenswerterweise jedoch in Grenzen) die Sache auf ihre eigene, nicht gerade hochgeistige Weise ziemlich gut unterhält, liegt vor allen Dingen an zwei eng miteinander verwandten Positiva: das Script *mag* seine Charaktere und die Darsteller sind in der Lage, das umzusetzen. Ja, irgendwo ist „Delta Farce“ eine Deppenkomödie, aber im Gegensatz zu den Pauly-Shore-Katastrophen oder „Dumm und Dümmer“-„Humor“ betrachten Film und Script die Figuren mit Sympathie – sie sind keine Intellektbolzen, aber sie sind (vielleicht mit der leichten Ausnahme von Everett) keine wandelnden Oberpansen, sondern vergleichsweise „Normalos“ (die im zweitältesten character arc der Welt lernen, über sich hinauszuwachsen und eine Aufgabe *richtig* zu erfüllen), *mit* denen man lacht anstatt über sie zu lachen. Das ist eine Kunst, die heutzutage unter den Komödienschreibern rar geworden sind (wo’s offensichtlich ausreichend ist, irgendjemanden zwölfmal gegen eine Wand laufen oder sich in die Bux pissen zu lassen – wird schon einer drüber lachen) – vor allem Larry und Bill sind Charaktere, die trotz der Tatsache, dass sie nicht die Cleversten sind, als Identifikationsfiguren taugen. Zum zweiten Punkt (den Darstellern) an gewohnter Stelle…

„Delta Farce“ bedient praktisch jede erdenkliche Humor-Art von Slapstick (in der obligatorischen Trainings-Montage) über das politisch unkorrekte Ausbreiten von Stereotypen (Rednecks, Mexikaner, Schwule) und schimpfwortintensive Dialoge bis hin zu relativ feingeistigen Detail-Gags wie dem netten Gimmick, dass jede Erwähnung des Namens Carlos Santana (der allerdings, und da muss ich die Bonuspunkte beinahe wieder zurückverlangen, recht konsequent als „Sänger“ bezeichnet wird) ein durchaus Santana-mäßiger latin-Gitarren-cue eingespielt wird (und an der Stelle sei natürlich auch erwähnt, dass ich nicht weiß, wie ich bislang leben konnte, ohne Danny Trejo „I Will Survive“ karaoke-style singen zu hören… Außerdem erfreut mich natürlich, dass auch für ein Wrestling-Match Zeit ist.). „Delta Farce“ ist keine „fünf-Gags-pro-Minute“-Angelegenheit, aber C.B. Harding inszeniert die ganze Chose recht flott mit gutem Gespür für das set-up eines Gags, auch die running gags (der zentrale running gag ist, dass Larry über den ganzen Film über versucht, das Motto der Armee korrekt zu identifizieren) werden nicht zu Tode geritten.

Von der handwerklichen Seite her ist der Streifen bis auf einige Überblendungen konventionell, aber auch professionell, die Kameraarbeit stellenweise richtig gut und die Inszenierung der Action-Szenen passabel – das erinnert zwar ein wenig an das gute alte „A-Team“ (auch weil zwar heftig und viel geballert wird, aber niemandem etwas schlimmeres passiert als eine Schussverletzung am Hintern), macht aber durchaus Laune. Während ich verstehe, dass „Delta Farce“ in den USA keine Chance auf eine Jugendfreigabe hat (zu viele böse Worte), halte ich die 16er-Freigabe hierzulande schon für arg konservativ, auch wenn viel und herzhaft geflucht wird, ist’s nicht wirklich unanständig, und andere Gründe für eine hohe Altersfreigabe fallen mir nicht ernstlich ein.

Recht inspiriert ist auch die Zusammenstellung des Soundtracks, dessen Highlight zweifellos der Einsatz des Jerry Reed-Titelsongs von „Ein ausgekochtes Schlitzohr“ für die erste große Baller- und Actionsequenz ist.

Die Darsteller sind, wie gesagt, erfreulicherweise weitestgehend dazu in der Lage, sympathische Allerweltstypen darzustellen, mit denen man sich (unter der Einschränkung, dass hoffentlich von den hier Mitlesenden niemand so blöd wäre, den Irak mit Mexiko zu verwechseln) identifizieren kann, wie erwähnt, man lacht mit ihnen, nicht über sie, Charaktere wie Schauspieler werden nicht vorgeführt. Vor allem Larry the Cable Guy himself (der selbstverständlich in der O-Ton-Fassung – hierzu gleich noch mehr – seine Catchphrases „git-R-done“ und „that’ll work“ anbringen darf) macht einen ebenso couragierten wie liebenswerten Eindruck. Er ist fraglos kein großer Charakter-Mime, aber für die Hauptrolle in einer mittelgroßen, anspruchslosen Comedy ist er genau der richtige Mann.
Bill Engvall, der die Rolle des Larry-Sidekicks bereits in dessen „Blue Collar TV“-Comedy-Serie ausprobieren durfte und inzwischen auch eine eigene Sitcom auf dem Kerbholz hat, hinterlässt ebenfalls einen guten Eindruck, aus dem Heldentriumvirat fällt lediglich Spargeltarzan DJ Qualls („Hustle & Flow“, „My Name is Earl“, „The Core“, „Road Trip: Beer Pong“) ein wenig ab, er ist am ehesten der klassische Deppen-Charakter, die Cartoon-Figur ohne Realitätsbezug.

Als hartärschiger Seargeant gibt sich Keith David („Sie leben!“, „Im Fadenkreuz 3: Einsatz in Kolumbien“, „Novocaine“, „Pitch Black“) die Ehre – es ist eine Klischeerolle, aber er macht einiges daraus. Und über Danny Trejo braucht man eh keine Worte zu verlieren – der Mann kann kaum etwas falsch machen und wenn er nicht nur seine badass-Attitüde, sondern auch sein durchaus vorhandenes komödiantisches Gespür einbringen darf, macht die Sache gleich doppelt Spaß.
Als notwendiges weibliches Beiwerk (sprich love interest für Larry) präsentiert sich Marisol Nichols („24“, „Blind Justice“, „Scream 2“ und eine der zahlreichen Audrey Griswolds aus der National-Lampoon-„Vacation“-Serie).
Gastauftritte absolvieren der in den Staaten offenbar recht populäre Bauchredner Jeff Dunham, der Countrymusic-TV-Moderator Lance Smith, Christina Moore („Die wilden 70er“, „90210“) und Ed O’Ross („Full Metal Jacket“, „Red Heat“, „Lethal Weapon“).

Bildqualität: MIG legt den Streifen in gutem 1.85:1-Widescreen (anamorph) vor. Gute Farben, angenehme Schärfewerte, kein Blockrauschen, keine Verschmutzungen, keine Störungen, guter Kontrast, unauffällige Kompression. Passt.

Tonqualität: Hier hat MIG aber (zumindest beim mir vorliegenden Exemplar) einen Bock geschossen und leider vergessen, den englischen O-Ton mit auf die Scheibe zu packen. Hinter dem entsprechenden Menüpunkt verbirgt sich leider nur die deutsche Synchronfassung, die’s damit dreimal (zweimal in Dolby 5.1, einmal in Dolby 2.0) gibt. Zum Glück ist die überraschend gut ausgefallen, sowohl was die Qualität der angeheuerten Sprecher, als auch die Übersetzung an sich angeht (denn englische Untertitel zum Vergleich finden sich sehr wohl). Zwar gibt’s da und dort kleinere Abweichungen vom O-Ton, aber insgesamt ist das hochanständig.

Extras: Audiokommentar, Trailer, Videointerviews, Making-of und Trailershow. Also das komplette Paket…

Fazit: Ich bin überrascht. Ich hatte mich seelisch auf schmerzhafte 85 Minuten eingerichtet, da ich mich in Punkto Humorverständnis in den letzten 20-30 Jahren wohl deutlich vom Mainstream wegentwickelt habe (bzw. besser gesagt: der Mainstream zunehmend der Debiltät anheim fiel), doch surprise, surprise: „Delta Farce“ ist kein Klassiker des Komödienkinos, kein Feuerwerk der geistreichen Scherze – niemand muss deswegen seine Blake-Edwards-Sammlung oder wahlweise die „Nackte Kanone“-Superbox wegwerfen -, doch wenn man sich so ansieht, welche talent- und vor allen Dingen humorfreien Nulpen in den letzten 10-15 Jahren zu internationalen Kassenstars werden konnten, ist „Delta Farce“ schon fast wieder spektakulär gut – der Streifen bietet überwiegend sympathische Darsteller, eine routinierte Inszenierung, mehr zündende als rohrkrepierende Gags und einige richtig richtig gute Lacher. Mehr will ich ja gar nicht…


mm
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