- Deutscher Titel: Deathwatch
- Original-Titel: Deathwatch
- Regie: Michael J. Bassett
- Land: GBR/Deutschland
- Jahr: 2002
- Darsteller:
Darsteller: Jamie Bell (Shakespeare), Andy Serkis (Quinn), Laurence Fox (Jennings), Hugh O’Conor (Bradford), Hugo Speer (Tate), Matthew Rhys (Doc), Dean Lenox Kelly, Kris Marshall, Torben Liebrecht, Hans Matheson, Roman Horak
Vorwort
1917, irgendwo in der Hölle des sinnlosen Stellungskriegs an der Westfront. Nach einem Sturmangriff finden sich die zahlenmäßig vernachlässigbaren Reste einer britischen Kompanie verirrt im Niemandsland wieder und „erobern“ einen deutschen Schützengraben. Obwohl die deutsche Stellung deutliche Anzeichen aufweist, dass die „Krauts“ dort sich gegenseitig niedergemetzelt haben, befiehlt der unerfahrene, dafür aber eingebildete Captain Jennings, den Graben zu halten und auf Verstärkung zu warten, entgegen der Warnungen des einzig überlebenden Deutschen, „das Böse“ selbst würde alles und jeden umbringen, der sich in diesem Graben aufhält. In der Tat werden die Briten alsbald von unheimlichen Ereignissen aufgeschreckt und langsam, aber sicher, dezimiert. Nur der sechzehnjährige Gefreite Charlie Shakespeare (der beim Alter, wie so viele seiner Zeitgenossen, gelogen hat) glaubt dem Deutschen, dass an der Geschichte um eine unwirkliche, körperlose böse Macht etwas dran ist…
Inhalt
Der Film: Wenn Briten und Deutsche sich zusammentun, um in der Tschechischen Republik (Internationalität allerorten, denn französische und italienische Geldgeber waren wohl auch noch beteiligt) einen im Ersten Weltkrieg angesiedelten Horrorfilm zu drehen, könnte das ja rein interessehalber einen Blick wert sein, auch wenn Regisseur und Drehbuchautor Michael J. Bassett ein absolut unbeschriebenes Blatt ist. Wobei das Etikett „Horrorfilm“ mit gewisser Zurückhaltung und Vorsicht zu genießen ist, denn obwohl „Deathwatch“ (ich hätte mir übrigens einen etwas, naja, weniger nichtssagenden Titel gewünscht) letztlich nicht verleugnet, ein solcher zu sein, so kann und muss man den Streifen auch, wenn nicht sogar in erster Linie, als Film über den Wahnsinn des Kriegs an sich betrachten. Unter diesen Voraussetzungen, die den Film mehr zu einer Parabel als zu einem spekulativen Reißer machen, verwundert es nicht, dass das Drehbuch eine ganze Weile braucht, um von gewissen unheilvollen Andeutungen zum eigentlichen Horror-Part des Films zu kommen, und statt dessen die Szenerie in den Schützengräben beleuchtet und in dieser Disziplin in Stilistik und Schilderung gar nicht so weit weg von den entsprechenden Segmenten in Jeunets jüngstem Geniestreich „Mathilde – Eine große Liebe“ zu sein (nicht nur durch das ähnliche Setting im „Niemandsland“ zwischen den Frontlinien, sondern auch von den Charakteren und deren Umgang untereinander her gesehen). Der Wechsel zum Horror geschieht denn auch eher schleichend und eigentlich, bezogen auf Stimmung und Atmosphäre, eher in der Tradition des stilvollen Gruselhorrors (hm, wieso fällt mir jetzt Michael Manns WK-Zwo-Horror „Die unheimliche Macht“ ein?) denn in der des „modernen“ Horrorfilms; auch, weil der „Gegner“ der Helden kein physisch greifbares „Monster“ ist, sondern eine weitestgehend unsichtbare, paranormale Entität, die nur minimalste „körperliche“ Realität aufweist. Ein interessantes, und im heutigen Horrorkino nur noch selten zu findendes Konzept („Final Destination“ nebst Sequel, den man auf den ersten Blick in eine ähnliche Schublade packen könnte, ist ja, aufs wesentliche konzentriert, auch nur ein Slasherfilm ohne Slasher).
Die Stärken von „Deathwatch“ liegen eindeutig im psychologischen und atmosphärischen Bereich (Memo an Fulci-Fans: „Deathwatch“ ist ein Musterbeispiel für einen atmosphärisch dichten Horrorfilm, nicht „Das Haus an der Friedhofsmauer) – das Verhalten der Charaktere wirkt nachvollziehbar und glaubhaft, der Schachzug, nicht im Studio, sondern „on location“ zu drehen (d.h. die Tschechen pflügten tatsächlich ihre Pampa um, um Schützengräben zu ziehen) sorgt für eine bizarre Mischung aus realistischer und surrealer Atmosphäre (unheimlicher wurde das „Niemandsland“ jedenfalls m.W. noch nicht gezeigt).
Bassett inszeniert „Deathwatch“ tempomäßig nicht als reißerischen Burner, sondern lässt sich und dem Film Zeit, das Unheil behutsam aufzubauen, bis zum ersten Horror-Effekt dauert’s schon seine solide halbe Stunde, und bis die wesentlichen Charaktere begriffen haben, was eigentlich wirklich los ist, ist der Film schon fast wieder vorbei, aber das erweist sich als richtiger Schachzug. Visuell punktet „Deathwatch“ durch gelungene, wenn auch nicht spektakuläre Kameraführung und den angemessen matschig-düsteren Kriegslook. Der Score, u.a. von Studiomusikerlegende Curt Cress, passt hervorragend zum Film.
Angekündigt wird „Deathwatch“ auch auf der DVD als „extrem hart“. Hmtja. „Hart“ schon und einige Effekte sind wirklich recht krude geraten, aber eine exzessive Blutsupperei sieht auch anders aus (von den Kills ist eigentlich nur einer „extrem“, und ehrlich gesagt, stört mich der sogar ein wenig, der Film würde vielleicht ohne seine wenigen Splattereinlagen sogar noch besser funktionieren). Die Trickarbeit selbst, besorgt von tschechischen FX-Künstlern, sind technisch nicht immer auf der absoluten Höhe der Zeit.
Der Cast ist nicht uninteressant – in der Hauptrolle des jugendlichen Gefreiten Shakespeare begrüßen wir Jamie Bell, der mit „Billy Elliot- I Will Dance“ enormes Aufsehen erregt hatte. Er erledigt seine Aufgabe gut, könnte aber vor allem im Schlußakt etwas mehr aus sich herausgehen. Laurence Fox, der den blasierten Gentleman-Offizier Jennings bestens verkörpert, debütierte in dem interessanten Thriller „The Hole“ und gehörte zum Ensemble im Altman-Werk „Gosford Park“. Hugh O’Conor feierte sein Debüt einst in der Barker-Verfilmung „Rawhead Rex“ und war seitdem u.a. in bekannten Filmen wie „Mein linker Fuss“, „Das Handbuch des jungen Giftmischers“, „Chocolat“ oder „Blueberry“ zu sehen. Hier spielt er den bibeltreuen Christen Bradford, eine interessante Rolle, die ich mir vielleicht etwas stärker ausgebaut gewünscht hätte (auch weil es in gewisser Weise die Schlüsselrolle ist). Deutschland wird durch Torben Liebrecht vertreten, Fernsehzuschauern aus „Die Manns“ und zwei „Polizeiruf 110“-Episoden bekannt. Darstellerisches Highlight ist aber zweifellos Andy „Gollum“ Serkis, der seine Rolle als unausstehliches Arschloch vom Dienst mit sichtlicher Freude ausfüllt.
Bildqualität: Universal legt den Film in sauberem anamorphen 2.35:1-Widescreen vor. Der Transfer ist sehr klar und rauschfrei, überzeugt hinsichtlich der Schärfewerte und kann auch vom Kontrast her durchaus gefallen, wobei in dunklen Szenen manchmal etwas mehr mehr gewesen wäre. Die Kompression ist meist auf der Höhe des Geschehens, geht lediglich bei einigen pyrotechnischen Eskapaden zu Beginn etwas in die Knie; dass der Print verschmutzungsfrei ist, versteht sich von selbst. Ein paar kleinere Bildstörungen sind allerdings zu verzeichnen.
Tonqualität: Der Kunde hat die Wahl zwischen deutschem und englischem Ton, jeweils im Dolby 5.1-Format. Die deutsche Tonspur ist gut gelungen, bietet gute Sprachqualität und einen von der Originaltonspur kaum zu unterscheidenden Sound-FX- und Musik-Mix. Die englische Fassung ist in den Dialogen etwas leiser und für Nicht-Briten dank der fehlenden deutschen Untertitel fast schon unbrauchbar (es sei denn, man hat wirklich die ganze Bandbreite schwer verständlicher englischer Akzente drauf). Für die fehlenden Untertitel gibt’s einen strengen Tadel Richtung Universal.
Extras: Auf den ersten Blick sieht’s gar nicht mal nach wenig aus, was Universal an Zusatzfeatures auf die Disc gepackt hat. Die beiden „Behind the Scenes“-Featuretten (eine „allgemeine“ und eine mit „Rat Handling“ überschriebene) sind leider insgesamt nur 6 Minuten lang und von bescheidenem Informationswert (sprich: eigentlich gar keiner). Ich werde nie mehr ein Fan der unkommentierten Behind-the-Scenes-Schnipsel werden. Auch die Interviews mit drei Darstellern (leider nicht mal die wichtigsten), dem Set Designer, dem Produzenten und der Kostümbildnerin (insgesamt vielleicht acht Minuten) verraten kaum tiefgründige Erkenntnisse – warum’s keine Interviews mit den eigentlichen Hauptdarstellern und dem Regisseur gibt, bleibt das Geheimnis von Universal. Dazu gibt’s den „Deathwatch“-Trailer sowie eine Universal-Trailershow.
Fazit: „Deathwatch“ ist eine interessante Mischung aus Kriegsdrama und Horrorthriller, atmosphärisch dicht, gut gespielt und mit einem nicht uncleveren und interpretierbarem Script, auch optisch und akustisch überzeugend. Ich würde den Streifen allerdings nicht gerade einer lustig-zünftigen Horrorparty ans Herz legen – der Film legt ein gemäßigtes Tempo an den Start, seine Splattereinlagen sind nicht besonders zahlreich und nur ganz selten wirklich „hart“. Nicht unbedingt der Film für reine Gorehounds, die beim Filmkucken am liebsten ihr Denkstüberl abschalten, denn ein wenig Mit- und Nachdenken ist bei „Deathwatch“ durchaus angebracht (allerdings, um etwaigen kritischen Anmerkungen zuvorzukommen – ein intellektuelles Vexierspiel a la Lynch ist’s natürlich auch nicht). Prädikat: durchaus sehenswert. Die DVD von Universal kann bild- und tontechnisch überzeugen, die Zusatzausstattung lässt aber Wünsche offen.
4/5
(c) 2006 Dr. Acula