- Deutscher Titel: Death Warrior
- Original-Titel: Puen hode
- Regie: Prapon Petchinn, Panna Rittikrai
- Land: Thailand
- Jahr: 1996
- Darsteller:
Jai Janmulltree, Panna Rittikrai, Thunyaluk Rarchatha, Tony Jaa, Paothai Pompisit, Somram Karmathep, Manop Ruamtham, Wittaya Jitnaree, Kanuengchai Kenla, Suppawit Saelee
Vorwort
Der dynamische Jungbulle Pitak versucht die Bande des bösen Goldräubers Biew, die sich in einer Hütte verschanzt hat, um abzwarten, bis Gras über ihren letzten Fischzug gewachsen ist, hops zu nehmen. Die Gangster bemerken die Belagerung und wagen einen Ausfall – es kommt zu Verfolgungsjagd und Schusswechseln und am Ende hat Pitak Biews Bruder Norm totgeschossen, nicht allerdings bevor dieser einen Obstpflücker mit unglücklichem Timing als Geisel genommen und abgemurkst hat. Dieweil Biew entkommt und fürchterliche Rache schwört, wird Pitak ob des eher desaströs verlaufenen Einsatzes suspendiert und zieht sich in die Provinz zurück, um bei seinem Adoptivvater, dessen Tochter Ann und deren degeneriertem Faktotum Lao den Blues zu schieben.
Pitak kommt gerade richtig, um seinem Ersatzpapa – der, nachdem ihm ein böser Mann im Zuge einer Geiselnahme das Eheweib gekillt hat, selbst ein größeres Trauma vor sich hin schiebt, sich dem Alkohol ergeben hat und ansonsten versucht, nach Möglichkeit keinerlei Polizeiarbeit zu leisten (die einzigen Kriminellen, die er hin und wieder festnimmt, sind Ann und Lao, die dem illegalen Hobby des Glücksspiels frönen) – aus der Patsche zu helfen, als der versucht, den Dorfschläger Dech, der mal wieder seine vermeintlich untreue Alte zum Entertainment von ca. 200 Schaulustigen (die ersichtlich „street theatre“ von Unterhaltungswert erkennen, wenn sie es sehen) vermöbelt, zur Räson zu bringen. Pitak legt den Proleten mit einem soliden Kick aufs Kreuz. Auch Dech brennt nach der peinlichen Niederlage auf Revanche, und die Gelegenheit scheint sich zu bieten, als Pitak in Begleitung von Ann und Lao seine alte Schule besichtigt. Hand- und Fußgreiflichkeiten bleiben ob Pitaks überlegener Kampfkunst erfolglos, so dass Dech seinen Rivalen zu einem alle Klarheiten beseitigenden Fußballmatch herausfordert. Nach dem programmatischen Sieg offeriert Pitak generös als Rückspiel eine Partie takraw (das ist eine Art Fußballtennis über ein Volleyballnetz), das Dech mit seinen Getreuen ebenfalls verliert und deswegen eine weitere Runde Dresche austeilen will. Beinahe schon ein Glück, dass endlich Biew in Begleitung seines rechte-Hand-Manns Sak auftaucht, Ann kidnappt und Pitaw mitteilt, dass er zwei Stunden Zeit habe, sie zu finden, bevor Schwesterherz kalt gemacht wird…
Inhalt
Ach ja, Tony Jaa. Bevor der thailändische Kampfkünstler sich durch obskure Verhaltensweisen und Vertragsauseinandersetzungen mit seinem Studio den Ruf eines mittelschwer durchgeknallten Beklopptis erarbeitete (man munkelt, dass er am Set von „Ong Bak 2“ jeden Tag vor Drehbeginn Hühner opferte; mitten in den Dreharbeiten verschwand er spurlos, tauchte Monate später wieder auf, wurde von seiner eigenen Produktionsfirma „gekidnappt“ und genötigt, die explodierenden Kosten für seinen Film durch das Mit-Abdrehen von „Ong Bak 3“ – tunlichst nicht unter seiner eigenen Regie und sicherheitshalber mit einem gleichberechtigten Co-Star – wieder hereinzuholen. Jaa ging anschließend für ein Jahr als Mönch in ein buddhistisches Kloster, kündigte aber jüngst an, seine Filmkarriere doch fortsetzen zu wollen) und bevor er für einige kurze Sommer lang Liebling der Martial-Arts-Filmgemeinde und aussichtsreichster Kandidat auf eine potentielle Jackie-Chan-Nachfolge war (Chan selbst schlug vor, Jaa für „Rush Hour 3“ zu verpflichten, Jaa war aber wegen des „Ong Bak 2“-Drehs unabkömmlich), musste sich auch er seine Sporen mit Nebenrollen in Schwachmatenfilmen verdingen – zumeist unter der Regie seines Mentors Panna Rittikrai. Was zumindest DVD-Publishern, die angesichts des eher spärlichen Outputs des Maestros nach neuem Stoff, den sie dem zahlenden Publikum andrheen können, die Möglichkeit gibt, ein paar „neue“ Jaa-Filme in die Regale stapeln zu lassen (zum Glück brauchte Jaa, rein zahlenmässig gesehen, nicht so lange bis zum Durchbruch wie Jackie Chan, mit dessen neu aufgelegten Frühwerken man ganze Videotheken ausstaffieren kann). Bangkok Warrior hatten wir vor einiger Zeit besprochen, nun hab ich mir auch den unmittelbar vorher entstandenen „Death Warrior“ zugelegt, und, was soll ich sagen – dieser Film belegt eindrucksvoll, dass Wong Jing in Sachen „unselige Kombination von brachialer Bloodshed-Action und infantiler Slapstick-Komödie“ noch lange nicht das Ende der Fahnenstange ist…
Wobei blöderweise rein quantitativ die Deppenkomedypopomedy überwiegt – es beginnt einigermaßen zünftig mit dem Prolog/Teaser, in dem die grundsätzlichen Fronten zwischen Pitak und Biew geklärt werden. Erwartungsgemäß vollzieht sich das nicht auf sonderlich hohem handwerklichen (und blutigem) Niveau (wir reden halt immer noch von einem thailändischen run-of-the-mill-B-Film, der sicherlich nicht arg viel mehr Baht gekostet hat, als man in einem Drei-Wochen-Urlaub in Phuket mit Koks und Nutten auf den Kopf hauen kann), aber zumindest ist’s hier noch vergleichsweise seriös und etabliert einen ernsthaften Konflikt zwischen Prota- und Antagonisten. Man könnte also meinen, der Film würde tatsächlich so etwas wie eine richtige Dramaturgie aufbauen, einerseits thematisieren, wie Pitak mit dem fehlgeschlagenen Einsatz und seiner daraus folgenden Suspendierung umgeht, sich andererseits mit Biews Vergeltungsplan zu beschäftigen und daraus ein sicherlich nicht originelles, aber taugliches Derivat so manchen Hongkong-Holzers Marke Woo oder Lam zu stricken. Nicht aber mit den Thais, denn die wollen’s LUSTICH.
Und „lustig“ heißt in dem Fall auf Deutsch ungefähr soviel wie „schmerzhaft“, denn offensichtlich erschöpft sich das thailändische Humorverständnis, wenn man nach diesem Film geht, in zwei Maximen:
1. Was fette, zahnlose Halbzwerge mit dem Intelligenzquotienten eines Tiefseeschwamms tun, ist per se LUSTIG. 2. Es wird noch viel lustiger, wenn man das, was fette, zahnlose Halbzwerge mit dem Intelligenzquotienten eines Tiefseeschwamms tun, HOCHSPEEDET.
Resultat: Zwischen Minute 15 und 60 hinterlässt „Death Warrior“ den Eindruck einer Benny-Hill-Show-Folge, aus deren Drehbuch man alles rausgestrichen hat, was andeutungsweise nach funktionierendem Humor aussieht – da fehlt nur noch das gute alte „Yakety Sax“ von der Tonspur (und da die Thais ansonsten soundtracktechnisch klauen, was nicht niet- und nagelfest ist – u.a. findet sich das Titelthema aus „Mein Name ist Nobody“ und diverse Takte aus Kraftwerks Techno-„Mix“-Version von „Die Roboter“ – wundert mich das regelrecht). Aus der zunehmend verkrampfteren Embryonalstellung rettete mich ansatzweise das Segment „Fußball/takraw“ – das hat zwar mit der Filmstory per se nichts weiter zu tun, außer sechs-sieben Minuten Laufzeit totzuschlagen, hat aber zumindest zwei-drei Lacher zu bieten (allerdings passt der Ton natürlich wieder überhaupt nicht – gerade noch hat Pitak Dechs Kumpan ein Messer erst in den Hintern und dann ins Gemächt gejagt, schon partizipiert sich der so Perforierte an der lustigen Fußballbolzerei).
Zwanzig Minuten vor Schluss fällt allen Beteiligten dann wider Erwarten doch noch ein, dass irgendwo ja noch ein etwas bösartiger Racheplan als der von Dech im Raum steht, und somit direkt in den Showdown überzuleiten ist. Der geneigte Zuschauer, der speziell von Lao noch nicht in den Wahnsinn getrieben wurde, kommt also noch in den Genuss eines recht generischen Actionfinales, in dem aber leider immer noch Platz für die ein oder andere pseudohumoristische Eskapade Laos freigeschaufelt wurde. Wat mutt, dat mutt.
Handwerklich ist der ganze Kram eine ausgesprochen mittelprächtige Angelegenheit. Ja, ich muss natürlich wieder den Maßstab für billige Thai-B-Pictures anlegen, woraus sich zwanglos ergibt, dass „production values“, wirklich aufwendig inszenierte Actionszenen und Spezialeffekte sich verbieten – „Death Warrior“ wirkt unsagbar billig und lässt den typischen Dritte-Reihe-Hongkong-Klopper Marke „Ultra Force Teil 387“ wie „Fluch der Karibik“ aussehen. Vermutlich wurde der komplette Film on location in einem besseren Slum gedreht (zumindest in Stadtteilen, in denen’s für asphaltierte Straßen o.ä. nicht mehr gereicht hat), was zwar für gewisses authentisches Flair sorgt, den Streifen aber nicht gerade attraktiv anzusehen macht; das Finale findet dann sicherheitshalber in freier Natur statt. 80 Minuten (und ich gehe davon aus, dass mir eine ungekürzte Version vorliegt) sind nicht gerade eine olympische Distanz, dennoch kommen die Regisseure nicht ohne Längen aus (die sind meistens gleichbedeutend mit den Gemmen thailändischen Komödiantentums); der feste Wille, wirklich JEDE „humorige“ Szene hochzuspeeden, verursacht Magenkrämpfe und Hirntumore. Zumindest widerstehen die Regisseure der Versuchung, die eigentlichen Kampfszenen mittels Geschwindigkeitsreglers zu manipulieren – die Fights sind allerdings rein quantitativ spärlich: wir haben den hauptsächlich auf witzig getrimmten Kampf Pitaks mit Dech und Kollegen und im Showdown – Gott bzw. Buddha sei dank – zwei ausführliche Kampfszenen unter Beteiligung Tony Jaas und der damals gerade zwanzig Lenze junge Jaa zeigt flippety-flopptty-Stoff vom Feinsten; anders ausgedrückt, er fightet förmlich Kreise um den oft nur staunend zukuckenden Star Janmulltree; dass Jaa mit den Schurken-Sidekick-Rollen sträflich unterfordert war, wird ebenso klar wie sein Wille, jede Sekunde Screentime, jeden Quadratmeter Platz auszunutzen und sich für größere Aufgaben aufzudrängen. Hat ja auch geklappt…
Den Score hab ich schon andeutungsweise erwähnt – neben den diversen Klauthemes regiert generische Poprockmucke, wie sie auch in Tomas-Tang-Ninjafilmen gern verwendet wurde. Die 18er-Freigabe ist ein Witz (würde mich nicht mal wundern, wenn der Publisher sicherheitshalber ein paar 18er-Trailer auf die Scheibe gepackt hat), das Ding hat weder einen sonderlichen body count noch ist es speziell brutal, blutig oder zynisch (einzig die Frauenverprügelungsszene, die aber bewusst so gehalten wird, dass wir praktisch nur Dech, den Schläger und sein Opfer bestenfalls am Bildrand kurz sehen, könnte der FSK nicht sonderlich geflalen haben).
Janmulltree, der nominelle Star der Plotte, ist ein ziemlich ausdrucksloses Schmalhemd ohne großes Charisma – es reicht für einen Film dieser Größenordnung einigermaßen (wie auch seine Kampfkunst, die ich mit der hübschen englischen Vokabel „serviceable“ umschreiben möchte), aber gegen Jaa ist er natürlich auf verlorenem Posten – und es ist natürlich immer gefährlich (für den Erfolg eines Films), wenn die Nummer Fünf auf der Besetzungsliste (ergo Jaa) wesentlich spektakulärer und attraktiver kämpft als derjenige, dessen Name groß auf dem Plakat steht. Die restlichen Darsteller bzw. die Rollenzuordnung derselben kann ich nur raten – „Pa“, Pitaks Ersatzvater, müht sich offenkundig um eine Chow-Yun-Fat-Imitation, Ann bestätigt meine These, dass Thai-Babes in Punkto „cuteness“ nicht mit den japanischen Rivalinnen mithalten können und Lao nervt selbst für einen comic-relief-Charakter (und bei denen schraube ich meine Toleranzeinstellung schon in höchste Höhen) so unwahrscheinlich heftig, der würde sich auch in einem 40er-Jahre-Monogram-„Thriller“ wohl fühlen. Brrr… Rittikrai, Co-Director und Jaa-Förderer, ist mir für den Schurken mit persönlichem Rachemotiv nicht exaltiert genug und überlässt das Spielen zu oft seiner Sonnenbrille.
Bildqualität: Movie Power hat zwar einen anamorphen 2.35:1-Print ausgegraben, aber der ist erwartungsgemäß eher katastrophal, stark schwankend in seiner Qualität, stellenweise schlimm grieselig, in dunklen Szenen mangelt’s erheblich an Kontrast. B-Filme wurden in Thailand eben zu der Zeit nicht für die Ewigkeit konserviert…
Tonqualität: Immerhin, drei Tonspuren werden geboten – Thai-O-Ton (DD 2.0) sowie eine englische (DD 2.0) und eine deutsche Synchro (DD 5.1). Die Synchronfassungen sollte man meiden wie Freiherr von und zu Guttenberg eine Versammlung von Plagiatsjägern – sterile Pornsynchrons in beiden Fassungen. Dankenswerterweise werden zum nicht herausragenden, aber brauchbaren Thai-Ton englische (aber auch nur englische) Subs mitgeliefert, so dass man sich den Streifen zumindest in einer erträglichen Tonfassung zu Gemüte führen kann.
Extras: Nur eine ausführliche Trailershow.
Fazit: Tscha – als Film an und für sich taugt „Death Warrior“ nix, ist eine ungenießbare Zusammenstellung von überwiegend mediokrer Action im Gefolge der Hongkong-New-Wave und schlichtweg grauenvoller Holzhammercomedy für Leute, denen Mario Barth irgendwie zu intellektuell ist. Es beweist sich einmal mehr – unlustige absichtliche Komik ist eben unerträglicher als lustige unabsichtliche Komik, wie sie „Bangkok Warrior“ bietet. Tony-Jaa-Fans können sich zumindest an den Fights ihres Idols delektieren, aber entweder hat man bis dahin jede Menge hirnschmelzenden Unfugs überleben müssen oder die Vorspultaste seiner Fernbedienung strapaziert…