Death Race

 
  • Deutscher Titel: Death Race
  • Original-Titel: Death Race
  •  
  • Regie: Paul W.S. Anderson
  • Land: USA
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    Jason Statham (Jensen Ames), Joan Allen (Hennessey), Ian McShane (Coach), Tyrese Gibson (Machine Gun Joe), Natalie Martinez (Case), Max Ryan (Pachenko), Jason Clarke (Ulrich), Frederick Koehler (Lists), Jacob Vargas (Gunner), Robert LaSardo (Grimm), Robin Shou (14K)


Vorwort

In naher Zukunft in den Vereinigten Staaten – der wirtschaftliche Zusammenbruch hat zu einer schwindelerregenden Erhöhung der Verbrechensrate geführt, der Strafvollzug ist vollständig privatisiert, und um ordentliche Gewinne zu machen, sind die Gefängnisdirektoren auf die Idee gekommen, ihre Insassen tödliche Gladiatorenspiele aufführen zu lassen, die im Internet übertragen werden. Hennessey, die Chefin des Terminal-Island-Knasts, hat sich das „Death Race“ einfallen lassen, ein Autorennen, bei dem die diversen Kombattanten versuchen müssen, sich die Lebenslichter auszublasen. Star des Rennens ist der maskierte Frankenstein, dem noch ein Sieg zur Begnadigung fehlt…

Ex-Rennfahrer Jensen Ames hat andere Sorgen – der Betrieb, in dem er arbeitet, ist pleite, da fragt er sich, wie er Frau und Kind versorgen soll. Die Entscheidung wird ihm abgenommen: ein strumpfmaskierter Mann dringt in seine Wohnung ein, betäubt ihn, ersticht seine Frau und drückt ihm das Tatwerkzeug in die Hand. Und schon wenig später zieht Jensen in seine neue Bude auf Terminal Island ein. Dort unterbreitet ihm Hennessey ein unmoralisches Angebot – Frankenstein ist nach seinem letzten Crash, passend zur Örtlichkeit, terminal unpässlich geworden, ohne den Publikumsliebling allerdings sinken die Einschaltquoten beträchtlich. Da Frankenstein praktischerweise nur mit Maske amtierte und nie sprach, könnte Jensen die Rolle doch eigentlich unbürokratisch übernehmen – und er bräuchte ja auch nur einen Sieg zur Freiheit. Um seiner Tochter willen akzeptiert Jensen und wird Hals über Kopf ins nächste Rennen geworfen. Rivalen, die ihm ans Leder wollen, hat er genug: Machine Gun Joe ist Frankensteins alte Nemesis, mit Pachenko, einem Mitglied der ominösen „Bruderschaft“ hat er sich schon abseits der Strecke angelegt, und auch die anderen Fahrer sind keine Kinder von Traurigkeit. Obwohl der Wagen offenkundig sabotiert wurde, gelingt es Jensen und seiner Navigatorin Case (die Beifahrer sind wegen der „sexy-Frauen-sind-für-Quote-gut“-Rechnung weiblich, bis auf den von Machine Gun Joe, der seine Navigatoren allerdings in Spinal-Tap-Drummer-artiger inflationärer Zahl verschleißt) den ersten Renntag zu überleben, allerdings auf dem letzten Platz.

Nach nochmaligem Nachdenken kommt es Jensen ausgesprochen komisch vor, dass, kaum braucht Hennessey einen praktikablen Frankenstein-Ersatz, mit ihm ein solcher eingeliefert wird. Hat Hennessey den Mord an seiner Frau arrangiert? Tatsächlich identifiziert er Pachenko als den Killer – damit hat er für die weiteren Renntage volles Programm: mit Pachenko abrechnen, die Angriffe Machine Gun Joes abwehren, die Geheimwaffen Hennesseys ausschalten und natürlich auch damit fertigwerden, dass Hennessey nicht im Geringsten beabsichtigt, Frankenstein den letzten Sieg einfahren zu lassen…


Inhalt

Für Roger Corman drehte Paul Bartel 1975 den kleinen Reißer Death Race 2000, der sich mit seiner Mischung aus Politsatire, Splatter und Autorenn-Action zum Kultfilm mauserte und quasi im Alleingang das „Cannonball“-Subgenre des Autofilms begründete. Eigentlich keine große Überraschung, dass in Zeiten des Aufwärmens noch jeder halbwegs erträglichen Idee aus vergangenen Zeiten früher oder später der Gedanke an ein Remake aufkommen würde, ganz besonders bei Sparfuchs Roger Corman.

In der Tat war dieses Remake schon ewige Zeiten in der Mache – Corman hatte Paul Anderson, beeindruckt von dessen Debütfilm „Shopping“ ein Projekt nach Wahl angeboten, und Anderson – auch das bei dessen Faible für knallige Videospieladaptionen nicht unbedingt überraschend – entschied sich prompt für „Death Race“. Es dauerte aber etliche Drehbuchversionen (die letzte schrieb Anderson dann sicherheitshalber selbst), dem Ein-, Aus-, wieder Ein- und erneuten Ausstieg von Tom Cruise als Produzent (der sich ursprünglich natürlich selbst für die Hauptrolle vorgesehen hatte), und zu guter Letzt eines budgetbedingten tone-downs der SF-Elemente (eigentlich sollten fliegende Hovercars über die Leinwand fetzen), bis „Death Race“ dann endlich im Kasten war.

Natürlich setzte es umgehend Kritik – von der undifferenzierten „Anderson-kann-eh-nix“-Schelte (die Blödsinn ist, immerhin ist „Mortal Kombat“ eine der wenigen überhaupt adäquaten Game-Adaptionen und wer wider „Event Horizon“ lästert, bekommt’s mit mir persönlich zu tun) bis zum „die haben das Konzept verändert, bwaaaah“ (weil jetzt auf einer Gefängnisinsel im Kreis gefahren wird und nicht mehr quer über den Kontinent, außerdem ist das lustige Passanten-Totfahren für Punkte gestrichen). Da haben mal wieder einige vergessen, vor dem Krakeelen mal den Film anzukucken, ob der denn an und für sich was taugt. Und siehe da, wenn man es denn tut, er taugt sehr wohl.

Auch *wenn*, und da gebe ich den Kritikern durchaus recht, „Death Race“ anno 2008 nicht viel mit „Death Race 2000“ zu tun hat (Anderson sieht den Film denn auch wahlweise als „re-imagening“ oder als Prequel, das die Anfänge des Todesrennens schildert). Anstatt Ib Melchior, Charles B. Griffith und Robert Thom, die Schreiberlinge des Corman-Originals, zu kreditieren, hätten die Produzenten des Remakes wohl eher Tantiemenschecks an Elisa Briganti und Dardano Sacchetti als auch (kleinere) an William Harrison, Larry Ferguson und John Pogue schicken sollen. Wer diese Gestalten sind? Nun, die beiden Erstgenannten sind die Hauptverantwortlichen für das Script eines gewissen Lucio-Fulci-Films namens Die Schlacht der Centurions, die anderen drei brachten die Geschichten für die Originalversion (Harrison) bzw. das Remake (Ferguson, Pogue) von „Rollerball“ (letzterer, und da beißt sich die Katze dann wieder in den Schwanz, irgendwo der spirituelle Vorfahr von „Death Race 2000“) zu Papier.

Direkt aus den „Centurions“, äh, „entlehnt“ ist der Plot an sich – dem Held wird ein Mord angehängt, er wird verknackt, damit er der Einschaltquote wegen bei den Gladiatorenkämpfen mitmacht, aus den „Rollerbällen“ kommt der Gedanke der Manipulation des Spiels, um den Helden auszuschalten (Original) und die ganze Präsentation als modernes Medienspektakel und in gewisser Weise der Look des Films (Remake). Und trotzdem setzt sich „Death Race“ nicht mal in direkten Widerspruch zum Corman-Bartel-Original: dass Frankenstein keine „reale“ Person ist, sondern ein „Charakter“, der von verschiedenen Fahrern gespielt wird, passt durchaus zum in „Death Race 2000“ etablierten Hintergrund, wonach der dortige Frankenstein speziell für diese Rolle „gezüchtet“ wurde; dies weitergedacht, spricht eigentlich auch nichts dagegen, dass der von Stallone im Original gespielte Machine Gun Joe auch nur ein solcher „Charakter“ ist (immerhin macht sich das Remake die Mühe, Joes Nachnamen auszusparen, vielleicht hat also Joe Viterbo aus dem Original den Kampfnamen „Machine Gun“ als Hommage angenommen o.ä.).

Aber wie wir wissen – besser eine solide zusammengeklaute Story als eine doofe, dafür aber selbst zusammengestümperte. „Death Race“ funktioniert vom Storytelling überwiegend ganz gut. Ja, es gibt Details, die nicht wirklich Sinn ergeben (da ist die Wirtschaft total zusammengebrochen, kaum mehr jemand Arbeit, aber 99 Dollar, um sich den Livestream eines Death-Race-Tages zu bestellen? Okay, es sagt uns keiner, ob man sich für 99 Dollar in der Welt dieses Films noch ’ne Schachtel Kippen kaufen kann, aber… nein, es passt nicht wirklich. Dagegen sind Porno-Paysites ja Schnäppchen), die elementaren Geschichte an sich jedoch rollt recht schlüssig vor sich hin, in keiner Weise sonderlich originell, vielmehr streng nach den erforderlichen Klischees (Jensens Pit-Crew besteht aus den üblichen Knackis mit güldenem Herzen, wobei mir der Gedanke, dass die Deathracer eben NASCAR-ähnliche Pitcrews und Boxenfunk haben, schon wieder gefällt) – Anderson ist eben nicht derjenige für raffinierte Drehbücher, sondern einer für solide Verbindung der action set pieces, und misst man die ganze Sache an diesem Maßstab, macht er wenig verkehrt (zumal er auch auf weitestgehend auf eine Liebesgeschichte zwischen Case und Jensen verzichtet, was auch durchaus sinnig ist, denn Jensens Motivation is ja gerade der Mord an seiner geliebten Frau, da kann er sich schlecht dem nächstbesten Satz Titten an den Hals werfen).

Worum’s geht, ist die Action und HERRGOTTIMHIMMEL, die stimmt… dankenswerterweise hat sich Anderson tatsächlich daran erinnert, wie der Film heißt – die Todesrennen SIND in jeder Hinsicht der Mittelpunkt des Films, sie sind wichtig, sie nehmen breitestmöglichen Raum ein. Man muss regelrecht dankbar sein, dass das für die Verhältnisse eines großen Studiofilms „magere“ Budget von 45 Mio. Dollar dafür sorgte, dass hier keine CGI-animierten Flugautos durch die Gegend heizen – statt dessen regieren handgemachte Stunts und Autoverschrottungen (34 Boliden wurden während des Drehs gebraucht und zertrümmert), wie sich das für einen ordentlichen Autorenn- und -demolierfilm gehört. Die vier großen Death-Race-Szenen (zusätzlich zu den dreien, die sich im Verlauf unserer regulären Handlung einstellen, bekommen wir als Prolog noch den Schluss des letzten Rennens des vormaligen Frankensteins) sind mitreißend, packend, eine brutale Vernichtungsorgie in Blech & Bullets. Der Einfall, aus Andersons offenkundig geliebten Videogames die Idee der „power-ups“ zu übernehmen, ist in seiner Frechheit schon geradezu genial (wie im Spiel können die Akteure über „Symbole“ fahren, die Waffen- oder Verteidigungssysteme aktivieren, aber auch Todesfallen für die Kontrahenten auslösen können; freilich erlaubt dies auch der fiesen Hennessey Manipulationsmöglichkeiten) und verleiht den Rennen zusätzliche Würze – wenn die Kämpen nicht darauf limitiert sind, sich gegenseitig von der Strecke zu prügeln, sondern es sich auch mit MGs und Napalm geben können, Und wenn Anderson eins kann, ist es Action inszenieren, speziell, wenn er an dem Stoff wirklich interessiert ist (und dann nichts halbärschiges dabei rauskommt wie „Aliens vs. Predator“)… Man möchte Michael Bay ein best-of-reel von Anderson schicken: man KANN Action schnell und furios inszenieren und schneiden und es muss nicht zwangsläufig „incomprehensible mess“ a la „Transformers“ ‚bei rumkommen. Zwischen den action set pieces geht Anderson die Puste nicht aus, er hält diese Atempausen knapp,

Das mediokre Budget verhindert, wie gesagt, verstärkte SF-Elemente – die Designer lassen sich trotzdem nicht lumpen und basteln aus Ford Mustangs, Porsche 911s und anderen Gefährten waffenstarrende, gepanzerte Kampfmaschinen vom Feinsten (und der „Dreadnought“… hui, der könnte gegen den Kampfkoloss antreten… ansonsten ist der Look eher realistisch, düster und „gritty“, was aber durchaus atmosphärisch passt – der bunte Comic-Popcorn-Look des Originals wäre für diese quasi-„origin story“ kontraproduktiv.

Die FSK-18-Freigabe ist schon okay – einige Splatter-FX sind recht drastisch, gestorben wird auch fleißig. Es gibt zweifellos objektiv härteres, aber die „Gesamteinstellung“ des Streifens ist doch eher zynisch (vor allem, da auch der Held keine großen moralischen Probleme mit dem Killen hat) und eher wenig FSK-freundlich (auch wenn moralisch sicherlich bedenklicherer Kram wie „96 Hours“ mit blauem Siegel aus dem TÜV kam. Aber da erwischte es ja hauptsächlich böse Albaner, das sieht man wohl prüferseits nicht so eng).

Jason Statham erweist sich als würdiger David-Carradine-Nachfolger – er ist in der Tat ein ähnlicher Typ, eher drahtig als der klassische Action-Muskelprotz; die Action in „Death Race“ ist überwiegend nicht physischer Natur ist (natürlich gibt’s zwei-drei Kampfszenen, in denen Statham auch seine diesbezüglichen Skills zeigen darf; Statham trainierte sich übrigens für die Rolle auf 6 Prozent Körperfett herunter. Elender method actor), was auch mal ein netter Kontrast zu den „Transporters“ und „Cranks“ ist (Statham fühlte sich zur Rolle gerade deswegen auch hingezogen). Dass der gute Bursche mit natürlichem Charisma und Likeability geradezu tütenweise gesegnet ist, schadet ihm natürlich nicht.

Joan Allen („Manhunter“, „Nixon“, „Face/Off“, „Bourne Supremacy“) gibt eine ausgesprochen hassenswerte Hennessey-Bitch, Ian McShane („Deadwood“) ist adäquat als Jensens Mentor/Crewchief Coach, Tyrese Gibson („2 Fast 2 Furious“, „Transformers“ und demnächst „Luke Cage“) gefällt als Machine Gun Joe (und unsereins ist schon mal dankbar, dass diese Rolle nicht an einen der ansonsten unvermeidlichen Rapper ging), Max Ryan („Kiss of the Dragon“) macht als „featured villain“ ebenfalls einen guten Job, Natalie Martinez (zuvor nur in den TV-Serien „Saints & Sinners“ und „Fashion House“ am Werke) verdingt sich hauptsächlich als eye candy. David Carradine himself hat zumindest einen voice-cameo als Stimme Frankensteins in der Prolog-Sequenz.

Bildqualität: Major-Release, also kein Grund zur Klage. Anamorphes 2.35:1-Widescreen, gute Farben, gute Schärfe, guter Kontrast, keine Defekte, keine Verschmutzungen. Von Universal darf man das aber auch erwarten.

Tonqualität: Deutscher, englischer und türkischer Ton jeweils in Dolby 5.1, mit den jeweils passenden Untertiteln. Der O-Ton wummt ordentlich rein, hat also auch die nötige Power auf der Effektspur, ist ansonsten blendend verständlich und mischt auch die (größtenteils unauffällige) Musik angemessen ein.

Extras: Making-of, Stunt-Featurette und Audiokommentar.

Fazit: Erschlagt mich, ich fand’s toll. Klar, „Death Race“ gewinnt originalitätsmäßig nicht mal ’nen kleinen Blumentopf, aber who cares? Bei einem Remake/Re-imagening ist das eh nicht zu erwarten, da ist mir dann auch wichtiger, dass das Ding fetzt, knallt und rattert, und das tut es, dass es nur so eine Freude ist. Großartige Action-Sequenzen, solide gespielt, und dramaturgisch von Anderson anständig gelöst – da gibt’s nicht viel, was man nicht mögen könnte, müsste oder sollte. Me like!

4/5
(c) 2010 Dr. Acula


mm
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