Deadly Nam

 
  • Deutscher Titel: Deadly Nam
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  • Regie: Markus Hagen
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2004
  • Darsteller:

    Frank Castle (Hendrik Thiele)
    Dexter Mulland (Urs Peter Hagedorn)
    Dick Brewbaker (Sammy Müller)
    Eric McGreen (Florian Gillwald)
    James Oddman (Lars Krolik)
    Dave Machowski (Hauke Hirsinger)
    Sam Parker (Phillip Brandt)
    Robert England (Talis Zvidrins)
    Shane Powell (Christoph Müller)
    James Rockwell (André Fuhrmann)


Vorwort

Abt. Der Dschungel ist überall

Wieder mal beschäftigen wir uns auf dieser Seite mit mehr oder weniger ambitioniertem (das wird man noch sehen) Independentstoff aus deutschen Landen – aber keine Angst, nix Schnaas, nix Rose, nix Taubert (und Bethmann kommt zwar bald, aber das dauert noch ein paar Tage…), sondern ein Film, der mir von seinen Machern direkt zur Rezension zugesandt wurde, und der Tag, an dem mir Schnaas oder Ittenbach freiwillig ihre Filme zwecks Review schicken, der muss, würde Farin U. Sagen, erst noch gebaut wer´n.

Wenn ich solche Reviewexemplare zugeschickt bekomme, kann ich zumindest mal davon ausgehen, dass die Filmemacher sich vorher auch mal die Site angesehen haben und wissen, was sie zu erwarten haben, das Risiko, dass der nächste Taubert sich hoffnungsfroh bei mir meldet, ist also gering und der Doc verhalten optimistisch, was seine kommende Abendgestaltung angeht.

Deadly Nam ist, wie man am Namen schon erkennt, kein Horrorfilm, sondern laut Eigenwerbung der „erste norddeutsche Vietnam-Film“. Nun ist Norddeutschland, genauer gesagt, die Hansestadt Bremen, nicht unbedingt die erste Region, an die man denkt, wenn´s darum geht, Vietnamfilme zu drehen und ob überhaupt jemand nach einem „norddeutschen Vietnam-Film“ verlangt hat, ist ´ne ganz andere Frage (eigentlich sind wir doch alle ganz froh, dass die Amis das Thema nun endlich abgehakt zu haben scheinen), aber wie ein Blick auf die Website der Macher verrät (Links gibt´s unten), ist das Unterfangen offensichtlich nicht ernst gemeint. Das kann schon mal ein Pluspunkt sein.

Allerdings, und diese Bedenken muss ich vorab mit Euch teilen, besteht der ernstliche Verdacht, dass auch, wenn der Film kein Horrorfilm ist, er doch weite Teile seiner Laufzeit im wahrsten Sinne des Wortes im Wald zu verbringen, wo man keine Sets und Drehgenehmigungen braucht. Und geschmoddert werden wird wohl auch ´n bisken. Naja, ob nun Piraten im Wald oder Marines, das ist ja dann auch schon wieder wurst, so lang das ganze unterhaltsamer wird als Anthropophagous 2000 oder so… 67 Minuten sind denn auch eine Laufzeit, die mich im Extremfall auch nicht überstrapazieren wird. Also, auf nach Vietnam, selbst wenn´s in Bremen ist…


Inhalt

Für den Fall, dass wir noch nie einen Vietnam-Film gesehen haben, setzt uns ein Text-Crawl, für Sehschwache auch noch von einem im besten Wortsinne pathetisch-theatralisch dick auftragendem Erzähler über die grobe Grundsituation in Kenntnis. Die folgende Geschichte wird also die der 102. Reckon Squad sein, ein Haufen ganzer Kerle, der auf eine ultrageheime Spezialsondermission geschickt wurde. Die Ausdrucksweise ist blumiger als die Sprüche im Poesiealbum meiner nicht existenten jüngeren Schwester und zaubert bereits ein debiles Grinsen auf die Gesichtszüge des Rezensenten. Nö, ernstnehmen muss man diesen Film wohl wirklich nicht…

Nach dem ellenlangen Crawl erwartet uns dann der stilecht im Armeefont gestaltete Vorspann und die Titeleinblendung vergisst nicht, sich mit einer patriotisch wehenden US-Flagge zu unterlegen. Juppheissasa. Nach kurzer Helikopter-Stock-Footage befinden wir uns in einem solchen Luftquirl (dazu komme ich noch gleich) und stellen per Erzähler die Mitglieder unserer Elitetruppe vor (das ist ja fast wie im Todesmarsch der Bestien). Chef der Squad ist Sergeant Frank Castle (sic), altgedienter Veteranenkämpe und Familienvater. Als nächsten hätten wir Dex Mulland, der seine Feinde bevorzugt mit dem Bowie-Messer aufschlitzt und ansonsten als „kein Mann vieler Worte“ umfassend charakterisiert wird. Nummer 3 ist der jähzornig-hitzköpfige Rifleman Dick Brewbaker, dem aber trotz seiner Temperamentsausbrüche bescheinigt wird, seinem geliebten Sergeant loyal zu sein bis zum Steinerweichen. Letzeres, ergo die Loyalität, gilt auch für Funker Eric McGreen. Das kann man über James Oddman, das Küken des Trupps, einen unerfahrenen Rekruten und Brillenschlumpf, nicht sagen – ein stiller und sensibler Junge, der in dieser Umgebung naturgemäß die Überlebenschancen eines Schneeballs in der Hölle genießt. Dave Machowski, der Sohn polnischer Einwanderer, ist dagegen auch nach Ansicht seiner Kumpels ein Psychopath, der sich freiwillig gemeldet hat und als „Kampfmaschine auf zwei Beinen“ bezeichnet wird (Rambo?). Die letzten drei wesentlichen Mitglieder des Teams sind Medizinmann Sam Parker, der „nie einen seiner Jungs im Stich lassen würde“, dem aber als wesentliche Charakterschwäche ein potentiell verhängnisvoller Hang zur Neugier attestiert wird, „Heavy Weapons“-Experte James Rockwell (zuständig also für Raketenwerfer u.ä. Gedöns), ein ruhiger Typ und netter Kamerad, sowie blonde surfer Dude Shane Powell, den nur zwei Dinge interessieren: Wellen und Dope. Powell bestätigt dieses erzählerseits geprägte Vorurteil auch umgehend, indem er über die vermutete Höhe der Wellen an den Stränden von Vietnam spekuliert, und dies mit einem possierlichen norddeutschen Akzent: „Drei Meehdar hohe Welle!“

Jetzt muss ich kurz auf den „Hubschrauber“ zu sprechen kommen. Aus verständlichen Gründen stand der Produktion kein echter Heli zur Verfügung. Davon lässt sich aber der ambitionierte Filmemacher nicht abhalten und dreht die Hubschrauber-Innenaufnahmen daher … in einem Van! Jou, das Innere des Hubschraubers ist ein handelsübliches Automobil, Pilot und Co-Pilot sitzen auf Fahrer- bzw. Beifahrersitz und drehen, was den Piloten eingeht, eifrig am Lenkrad, die Windschutz- und Seitenscheiben hat man einfach mit schwarzer Folie oder Stoff abgehängt. Ed Wood wäre stolz auf Euch! (Dito übrigens auch darauf, dass der Co-Pilot offensichtlich ein Afro-Amerikaner sein soll, ein solcher aber auch nicht greifbar ist und man den Darsteller einfach ein bissl dunkel angepinselt hat).

Die Helikopter-Stock-Footage landet in einem Reisfeld und Castles Männer hüpfen in die Botanik und ab in den Dschungel der Bremer Forstlandschaft. Über Funk wird den Jungs mitgeteilt, dass sie keinerlei Luftaufklärung oder gar -unterstützung zu erwarten haben, weil man dem bösen Charlie zutraut, Flugabwehrgeschütze aufgebaut zu haben. Dschungelgeräusche vom Band sorgen für angemessene Abenteueratmosphäre.

Castle beordert Dex als Späher nach vorn – besonders soll er auf heimtückische Boobytraps aufpassen, denn Charlie kümmert sich einen feuchten Kehricht um die Genfer Konvention. So marschiert man denn durchs Grüne und defiliert an einem merkwürdigen Rohr vorbei, das nicht mal ausgesprochen aufwendig versteckt ist. Keiner der Soldaten kümmert sich darum, außer der wie erwähnt neugierige Parker. Mit der bodenlos-entwaffnenden Naivität eines erfahrenen Front-Veteranen unterzieht er das Ding einer genaueren Untersuchung (also, selbst ich als Bundeswehr-Abbrecher mit drei Wochen Grundausbildungs-Erfahrung, dafür aber auch der Kenntnis von ungefähr 642 Vietnamfilmen ausgestattet, würde diese fiese Falle als das identifizieren, was sie ist) und bläst sich per budgetschonendem Mittel der Schwarzblende in die nächste Welt. Tja, dumm gelaufen, wenn der erste Tote ausgerechnet der Sani ist. Allerdings – der hat´s auch wirklich nicht besser verdient. Brewbaker schwört blutige Rache: „Denen werden wir zeigen, wo Barthel den Most herholt!“ (Ich zweifle, dass das authentischer US-Army-Talk ist…). Oddman dagegen will nur noch heim.

Nachdenklich bestellt Castle einen fliegenden Leichenwagen, um Parkers sterbliche und leicht gorige Überreste abzuholen, dann marschiert man weiter und stösst auf einen Bach, in dem Fährtensucher Dex, offenbar mit indianischem Prärieblut infiziert, „zwei Tage alte“ Vietcong-Spuren aufspürt (im Wasser? Und mit Altersbestimmung? Respekt). „Verdammte Motherfuckers“, kommentiert Brewbaker und, da er von denen gerade keine zur Hand hat, um sich an ihnen abzureagieren, macht Oddman aus purem Prinzip rund. Dex hat ein ungutes Gefühl, dito der Sarge, die Gegend kommt ihnen unheimlich vor. Was also tun? Erst mal Pause und die Karte konsultieren, logisch. Powell nutzt die günstige Gelegenheit, einen Joint durchzuziehen, wer weiß, wann man wieder dazu kommt (und wer will schon ´nen klaren Kopf im Gefecht?). Brewbaker hält das für echt Panne: „Du bist doch der größte Motherfucker!“ Ein anderer Doofbratz des Teams (war´s McGreen? Der oder Rockwell), der reguläre Sargnägel qualmt, qualifiziert sich ohne weiteres für den Großen Preis des Blödesten Idioten, der je in einem Vietnamfilm rumlief und schnippt achtlos sein Zigarettenpapier ins Wasser. Warum schmettert er nicht gleich „The Star-Spangled Banner“ mit 80.000 Watt Verstärkeranlage ins Dickicht hinaus? Powell plagt eine bis zur Schmerzgrenze gefüllte Blase und bittet um Genehmigung, austreten zu dürfen: „Fuck, ich muss schiffen!“ Brewbaker genehmigt den Ausflug und Powell stapft fröhlich und singend (! Argh! Sind die denn alle doof?) ins Gewölle, um einen geeigneten Baum zum Gießen zu finden. Nach erfolgter Verrichtung senkt sich des getrübten Kifferauges Blick auf eine arglos in der Wildnis herumpflackende Army-Versorgungskiste. In der Hoffnung auf brauchbare Vorräte (hey, Ihr marschiert jetzt grad mal ein paar Stunden… was ist das für´ne verfressene Truppe?) macht er sich (sichtlich aus Parkers Schicksal keine survival-trächtigen Rückschlüsse ziehend) an der Kiste zu schaffen und entdeckt zu seiner Überraschung, dass es sich auch bei diesem Objekt um eine gemeingefährliche Sprengefalle handelt: „Oh nee, ne?“, kommentiert er die Entdeckung treffend, ehe es BUMM macht und er sich von unwesentlichen Körperbestandteilen wie seiner Bauchdecke und beiden Beinen ab Unterschenkel abwerts trennen muss. Ich sag´s immer wieder, Dummheit muss bestraft werden.

Der Knalleffekt ruft den Rest der Squad auf den Plan und Machowski, den Finger immer am Abzug, pumpt auf Verdacht drei-vier Magazine ins Dickicht und erschießt unschuldiges Grünzeug (okay, wenn der VC bis jetzt noch nicht wusste, wo ihr seid, dann jetzt). Oddman muss sich angesichts Powells beklagenswertem Zustand seine letzte Mahlzeit noch mal durch den Kopf gehen lassen (wenigstens kotzt er nicht on-screen, der Doc dankt). Powell kackt ab und Castle bestellt den nächsten Leichenabtransport. Nur dumm, dass sein Hauptquartier dies schändlicherweise energisch verweigert. Castle springt der Draht aus dem Helm und krakeelt, dass die verfluchten „Drehstuhlfurzer“ gefälligst parieren und einen Hubschrauber schicken sollen, und zwar pronto. Nix gibt´s, bescheidet das HQ diese sanft vorgetragene Bitte abschlägig. Da kann Castle nur noch undifferenziert brüllen und sich anschließend schwere Selbstvorwürfe machen, weil er Powells Leiche nicht heimbringen kann. Dex tröstet mit einem Schwank aus seiner Jugend, ansatzweise per Flashback versinnbildlicht – als er als kleiner Wicht mit seinem Papa auf der Jagd war, hätte ein Grizzly seinen Erzeuger verhackstückt. Mangels ausreichender Körperkraft habe er den Kadaver seines Vaters auch nicht heimtragen können, um aber irgendetwas begraben zu können, habe er ihm kurzerhand das Herz herausgeschnitten (öhm). Castle ist begeistert: „Seine Mum wird glücklich sein, wenn wir ihr sein Herz bringen!“ (Ich könnte mir andere Reaktionen durchaus vorstellen). Dex darf also schnippeln – und der Mann weiß, was er tut: ein Schnitt, eine Sekunde Gefummel, und schon hat er etwas in der Hand, das zwar nicht wirklich wie ein Herz aussieht, aber angesichts Dexens zufriedener Miene tatsächlich ein solches ist (er muss es wissen, oder er hat schon vom Papa nicht das Herz, sondern die Milz beerdigt).

Der traurige Rest Powells wird an Ort und Stelle beerdigt, das Grab mit einem Kreuz versehen und die Hundemarke drangehängt (äh, nimmt man nicht grad DIE mit, zum Beleg, dass die Burschen gefallen und nicht nur MIA sind?).

Wie von mir schon befürchtet, findet eine Bande Vietcongs das unschuldig im Wasser schwimmende Zigarettenpapier und brabbelt hektisch vietnamesische Kommandos (ob die irgendeinen Sinn ergeben oder nur irgendwie asiatisch klingen, bitte ich beim nächstgelegenen Asia-Imbiss zu erfragen). Die Aktivitäten der Gooks bleiben dem aufmerksamen Dex nicht verborgen, er warnt seinen Sarge und der freut sich drauf, Charlie eine Dosis der eigenen Medizin zu verpassen. Fix wird ein Hinterhalt organisiert, in den der Vietcong bitteschön tappen möge. Oddman verfällt in Panik und muss vom Sarge mit ein paar klaren Worten auf Kurs gebracht werden. Dann tun die Vietnamesen den Yankees den Gefallen und latschen treudoof in den Ambush – die erste große Actionszene naht!

Und die ist nicht von schlechten Eltern – so mancher Vietcong beißt blutig ins norddeutsche Gras, die Actionfotografie ist verblüffend dynamisch und sogar an belferndes Mündungsfeuer wurde gedacht (das tut manch anderer professionelle Film ja nicht. Operation Las Vegas, ich rede mit Dir!). Das Gemetzel nimmt seinen Lauf, begünstigt durch die Tatsache, dass die Herren Vietnamesen zwar heftigst ballern, allerdings mit Sicherheit nicht dorthin, wo auch nur ein Nasenhaar eines Yankees zu sehen wäre (man sollte den Charlies mal erzählen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Treffers größer ist, wenn sie den im Gras LIEGENDEN Gegner beschießen, nicht ungefähr auf Augenhöhe zielen sollten). Dex wird von hinten unter Feuer genommen und findet das gar nicht lustig. Aufgrund akuten Munitionsmangels packt er sein geliebtes Bowiemesser aus und verfolgt den flüchtenden Vietnamesen in die Wälder.

Endlich sind alle bösen Feinde tot und Castle kann zur Bestandsaufnahme schreiten. Dex ist noch abgängig, kehrt aber just in dem Moment mit einem verschlagenen Grinsen und einem besabberten Messer zurück. „Das Zeug an meinem Messer ist kein Ketchup“, behauptet er auf entsprechende Nachfrage (na, ob das mal wohl der Wahrheit entspricht?). Oddman, der sich im Gefecht merklich zurückgehalten hat, macht sich ausnahmsweise nützlich und fleddert einen der toten Vietcong. Mit Erfolg – er findet eine Landkarte, auf der ein geheimer Bunker der Vietnamesen eingezeichnet ist. In Ermangelung einer anderweitig verfolgbaren Mission (dafür, dass der Einsatz so geheim ist, scheint er nicht wirklich ein echtes Ziel zu haben) beschließt Castle, dass man diesen Bunker hops nehmen will. Vielleicht lässt sich dort „Intel“ über kommende Feindaktivitäten aufspüren. Machowski ist das „Warum“ egal, er will nur weiter ballern: „Ich komm langsam in alte Form!“

Castle schätzt die Entfernung zum Bunker auf 6 Meilen, was „zwei bis drei Tagesmärsche“ bedeute (okay, ich bin jetzt nicht der Super-Obermilitarist, aber das deucht mir trotzdem als etwas langsames Marschtempo). Also auf geht´s, auch wenn dabei tückische Hindernisse wie ein im Wasser liegender Baumstamm, der „untertaucht“ werden muss, im Weg sind. Schließlich wird das Nachtlager aufgeschlagen. Die Jungs sind schweigsam und in ihre eigenen Gedanken vertieft, da kann Castle auch sein Tagebuch rausholen und einen herzzerreißenden Brief an Weib (deren Foto hat er übrigens im Helm verstaut) und Kind formulieren. Er macht sich erneut Selbstvorwürfe wegen der jeweiligen Tode von Parker und Powell (wobei er für beider Blödheit ja nun nicht wirklich etwas kann), sich Sorgen um Oddman, den er als „zu weich für dieses sinnlose Töten“ einschätzt, dennoch aber ist er überzeugt, das richtige zu tun, weil er als aufrechter Amerikaner an sein Land und damit auch an die glorreichen Entscheidungen der Machthaber glaubt (ich weiß zwar nicht ganz, wie sich „sinnloses Töten“ und „das richtige tun“ miteinander in Verbindung bringen lassen, aber ich bin auch kein Amerikaner), außerdem mokiert er sich noch über die verdammen Bürokraten und die reichen Pinsel, deren Krieg man hier stellvertretend führt (also sorry, so viel Zweifel und insubordinationstaugliche Gedanken, und dann immer noch an den ganzen elenden Krieg „glauben“? Castle, du hast Probleme. Schwere Probleme).

Am nächsten Tag schüttet´s aus vernachlässigbaren dramaturgischen Gründen wie aus Kübeln. Mehr, als dass unsere Helden ein paar Minuten in Regencapes gehüllt durch den Wald schlendern, tut der Niederschlag nicht zur Sache. Dennoch ist jeder froh, als es zu kübeln aufhört. Oddman schießt mit seiner Instamatic ein paar Erinnerungsfotos (hallo? Das Ding hat ´ne silbern-reflektierende Oberfläche, das ortet ein guter Späher auf zehn Kilometer gegen den Wind). Aber man scheint in friedlicher Umgebung zu sein – eine junge vietnamesische Bäuerin beackert ihre Furche und löst die ein oder andere sexuelle Fantasie bei den diesbezüglich ausgehungerten Soldier Boys aus. Für einen kleinen Quickie im Vorbeigehen fehlt aber die Zeit. Krieg ist echt Scheiße.

Plötzlich treffen unsere tapferen Soldaten auf einen Kollegen – einen echten US-Boy, der aber einen recht agressiven Eindruck macht. Mit Müh und Not macht Castle dem Herrn klar, dass man dem gleichen Verein angehört. Der schräge Geselle stellt sich als Lt. Andrew Scott vor, greift sich Castles Dienstpistole und dekoriert per Mundschuss die hinter ihm stehenden Bäume mit seinem Gehirn. Baduff, so long, chap, we barely met ya. Castle reimt sich aus Scotts vorhergehendem Gebrabbel zusammen, dass der nunmehr Verblichene einer abgestürzten Eliteeinheit angehörte, die vom VC genüsslich niedergemacht wurde. Scott habe sich bis heute durchgeschlagen, sei dabei aber seines Restverstandes verlustig gegangen, mit sploddrigem Resultat. Tja, kann man nix machen, sowas passiert.

Also stapfen die Yankees weiter durch den Urwald und stoßen auf ein riesiges, wildwachsendes Marihuana-Feld. Oddman wird´s ganz warm ums Herz: „Und Powell ist nicht hier, um es zu sehen“. Dafür ist man aber in der Nähe des Bunkers und Castle gibt das Deguello aus – keine Gefangenen. Leise will man sich anschleichen, doch latscht einer der Amis auf einen Zweig. KNACK! Die Vietnamesen sind gewarnt und ballern aus allen verfügbaren Rohren. Machowski ist in seinem Element und feuert sein Maschinengewehr locker vorgehalten im Stehen ab (das kann doch sonst wirklich nur Stallone!). Einige Vietcong-Dummies kassieren heftige Einschüsse, Oddman, dem die ganze Kämpferei am Nervenkostüm reißt, vergräbt sich in nahen Büschen und bibbert vor sich hin. Brewbaker wird angeschossen – Dex eilt zur Rettung des Kameraden, dieweil der Sarge die Erfolgsaussichten seines Kommandos skeptisch beurteilt. Man bräuchte ein Ablenkungsmanöver. In Ermangelung anderer Alternativen schlägt der Sergeant sich selbst vor. Er will das Feuer auf sich lenken und so Rockwell ein paar Sekunden Zeit geben, mit dem Raketenwerfer ordentlich zu zielen und den Schlitzaugen die Hölle heiß zu machen. McGreen hält das für eine ziemlich blöde Idee, wird aber durch die schiere Autorität des Kommandos überstimmt. Castle stürmt vor, zieht das Feuer so erfolgreich auf sich, dass er sich ´ne Kugel einfängt, Rockwell bläst den Bunker mit einer Rakete in den Orkus (die Explosion ist overimposed). Castle ist nicht ernstlich angeschlagen und exekutiert kaltblütig den einzigen überlebenden Vietcong.

In den rauchenden Resten des Bunkers findet sich ein (erstaunlicherweise) noch funktionierendes Funkgerät auf vietnamesischer Frequenz. Zu ihrer Verblüffung hören die Amis heftig asiatisch ladelblechendes, aber verständliches Englisch: „GI gonna die!“ Dem Sergeant fällt´s wie Sägespäne aus dem Hirn – die Vietnamesen wussten, dass die Amis kommen und betrachten das ganze als ganz lässig aufgestellte Falle (hä? Und deswegen gelang es den Amerikanern auch, die Bunkerbesatzung zu überraschen und vollständig aufzureiben?). Schlußfolgerung: hier wird´s bald vor Gelben nur so wimmeln, daher ist die angezeigte Taktik „rennen, so schnell die Armeestiefel tragen“ und hoffen, dass das HQ schnell genug ein Lufttaxi herschickt. McGreen funkt eine entsprechende Bestellung – aber 30 Minuten wird´s dauern, meint das Hauptquartier (das ist immerhin fast so schnell wie ein Taxiruf in Nürnberg). „Das ist zu spät“, gröhlt McGreen (Kampfmoral hat die Truppe auch keine). Das HQ offeriert Luftunterstützung durch Phantom-Jets, aber McGreen bemerkt, dass er auf Napalmfeuer keinen gesteigerten Bock hat, solang er mittendrin steckt. In 10 Minuten soll der Heli da sein, sonst gibt´s Zores (was macht McGreen als Druckmittel? Mit´m Fuß aufstampfen? Die Luft anhalten? Immerhin seid ihr Burschen offenbar ein paar Tagesmärsche tief in Feindesland, so´n Helikopter will auch erst mal startklar gemacht werden und hinfliegen muss er ja auch noch. 30 Minuten halte ich für ´ne ziemlich flotte Bedienung).

Das Problem an der raschen Flucht ist der schwer angeschlagene Brewbaker. Castle möchte ihn mittragen, aber dem tapferen Brew ist klar, dass er die Gruppe nur aufhalten wird und bittet um bewaffnete Zurücklassung: „Ich halte sie auf!“ Cue pathetisch-theatralische Abschiedsszene. Und übrigens, für einen, dem Dex, als Herzbastler vermutlich eine Konifere auf dem Gebiet, einen Lungenschuss attestiert hat, ist Brewbaker noch recht gut bei Stimme. Und für´n zackigen Salut reicht die Kraft auch noch (der kann also auch noch laufen, wenn er will. Faule Sau).

Brewbaker bereitet sich auf das letzte Gefecht zu und jagt mit „JOOOO! JOOOO!“-Gebrülle die ein oder andere Salve ins Unterholz (effektiver wäre er vielleicht, würde er warten, bis sich ernstlich Vietnamesen sehen lassen würden). Castle erreicht mit dem Rest seiner Truppe die zur Heli-Landung ausersehene Lichtung. Doof nur, dass der Feind schon länger da ist und die Amis mit Mörsergranaten beschießt. Rockwell steht ungünstig und wird in Zeitlupe heftig in Mitleidenschaft genommen (auch der Sound wird verlangsamt, was verdeutlichen soll, dass es Rockwell bei der Explosion die Trommelfelle zerrissen hat). Jetzt kommen bei Oddman doch noch die lange verdrängten Heldengene zum Vorschein. Wild um sich ballernd stürmt er auf die vorrückenden Vietcong zu, um Rockwell zu bergen. Charlie ist heute nicht besonders philanthropisch aufgelegt, ballert mit Granaten um sich – Oddman beißt ins Gras. Und der vor sich hin siechende Rockwell wird von einem besonders fiesen VC bajonettiert.

Aber es gibt auch gute Nachrichten in potentia. Der fliegende Van, äh, der Hubschrauber ist da! Nur mag der Pilot wegen des heftigen Bleiaustausches nicht landen. Castle möge doch bitte für Ruhe sorgen, was dummerweise nicht wirklich in dessen Macht steht, weil die Vietnamesen geradezu wie Pilze aus dem Waldboden sprießen. Als die beiden Bordschützen des Helis (die übrigens nicht mit einem fest montierten Schießgewehr feuern, sondern mit ordinären Feld-Gewehren) von gut zielenden Vietnamesen erledigt werden, hat der Pilot genug gesehen und schrabbt von hinnen. Zu allem Überfluss wird auch noch Kampfmaschine Machowski umgenietet – die Situation ist also fraglos hoffnungslos, aber nicht ernst.

Doch wer stürmt da wie der personifizierte Racheengel aus dem Gehölz und lichtet die Reihen der Gooks? Niemand anderes als Brewbaker, der ersichtlich den harmlosesten Lungenschuss der Militärgeschichte durchlitten hat und nun nach persönlicher Satisfaktion dürstet. Allerdings nicht lange, denn die Vietnamesen zeigen kein Interesse an medizinischen Wundern und erschießen ihn halt noch mal. Dex versucht leichtsinnigerweise erneut, seinen Kumpel zu retten und wird dabei ebenfalls kurzerhand gekillt, womit sich Castles stolze Truppe auf ihn selbst und McGreen reduziert hat. Der Vietcong dagegen schickt sichtlich unlimitierte Ressourcen ins Feld. Da ist auch unseren beiden Helden klar, dass sie höchstwahrscheinlich das Feld der Ehre nicht mehr in einem Stück und lebendig verlassen werden. Wenn man schon für Führer, äh, Präsident und Vaterland abnippeln muss, will man wenigstens noch jede Menge böser Kommunisten mitnehmen. Da der Munitionsvorrat aber nicht mehr allzuviel hergibt, bleibt nur eine Alternative – Napalm! Persönliche Unannehmlichkeiten werden hintangestellt, McGreen ruft die Phantoms herbei. Das HQ wundert sich zwar, dass McGreen die Bombardierung der eigenen Koordinaten verlangt, gibt aber nach kurzer Diskussion klein bei (die bewerfen echt ihre eigenen Jungs mit Napalm? Wenn auch auf Wunsch? Also, aus Versehen oder Blödheit mag ich das ja noch glauben, aber absichtlich?). McGreen fängt sich in der Wartezeit noch einen Streifschuss am Kopf ein und … Castle nimmt sich JETZT die Zeit, den harmlosen Kratzer mit einem aufwendigen Verband zu, äh, verbinden? Geht´s noch? Priorities? Okay, nicht, dass sich der Kratzer am Ende noch entzündet… Danach findet Castle noch eine ruhige Sekunde zur erneuten Reflektion über sein eingebildetes Versagen, McGreen freut sich auf das Wiedersehen in einem besseren Leben – „kein Schmerz mehr!“ Die fliegende Kavallerie ist im Anmarsch, McGreen und Castle wedeln mit ihren Signalfackeln (haben die Jets jetzt die Koordinaten oder was? Müsst ihr den Piloten unbedingt noch reinreichen, dass sie ihre eigenen Leute killen?) und die Napalmbomben werden abgefeuert…

Anstelle großformatiger Napalm-Explosions- und Brandsequenzen defilieren per Flashback noch einmal die gefallenen Helden melodramatisch an uns vorbei, ein bissl Stock Footage des Napalmfeuers können wir uns doch noch leisten… und dann ist Ruhe im Karton. Zwei übel verbrannte Leichen liegen auf der Lichtung (naja, wohl noch ein paar mehr, aber auf die zwei kommt´s halt an) und schwelgerisch gleiten wir die bös zugerichteten Körper kameratechnisch ab. Doch was? Castle lebt noch! Nur noch schwach, aber immerhin… es reicht noch, um einen letzten Blick auf das halbverbrannte Foto seiner Holden zu werfen, ehe er in die ewigen Jagdgründe auffährt.

Aber die Mission war ein Erfolg, schwadroniert der Erzähler, auch wenn sie offiziell nie stattgefunden hat, und trug entscheidend dazu bei, dass die USA den Vietnamkrieg gewannen. Oder doch verloren? Auch egal… (eine nette Anspielung auf die Tendenz der meisten A- und B-Vietnamfilme, den Krieg nachträglich für die Staaten zu gewinnen). Eins, meint zumindest der Erzähler, ist unbestritten: „Was waren diese Männer für Helden!“

Und damit ist das Werk dann auch vorbei.

Einen Vorteil haben Filme, die sich von Haus aus als Trash verstehen und aus keinem anderen kühnen Grunde gedreht wurden, ja schon grundsätzlich. Alles, was ich gegen sie an objektiven Mäkeleien ins Feld führen kann, kann ich mir argumentativ getrost an die Kniescheibe nageln, weil´s im Zweifelsfall genau so gedacht war. Auf der anderen Seite macht das mir als Reviewer die Sache nicht unbedingt leichter…

Aber versuchen wir´s mal ganz einfach. Deadly Nam versteht sich, was möglicherweise sogar BILD-Zeitungsleser angesichts obiger Zusammenfassung erkannt haben könnten, als Parodie auf die typischen revanchistischen US-wir-gewinnen-den-Krieg-im-Nachhinein-Filme (manchmal auch aus Italien, ich erinnere an den entsetzlich doofen, aber ziemlich lustigen und recht ruppigen Richard-Hatch-Schmarrn Bye Bye Vietnam) wie Platoon Leader etc. pp. Ihr kennt sie ja alle (und wenn nicht, habt Ihr nicht unbedingt viel verpasst. Hat man einen gesehen, hat man wirklich fast alle gesehen). Die Jungs um Regisseur Markus Hagen und Hauptdarsteller/Autor/Producer Hendrik Thiele haben sicherlich ein ganzes Rudel dieser Streifen gesehen und sie, mal streng bezogen auf ihre Trashigkeit, auch verstanden.

Dass das Drehbuch absoluter Kappes ist, war wohl allen Beteiligten klar, sicher auch dem Autor Hendrik Thiele – wozu auch Gehirnkapazität auf den überflüssigsten Teil eines Vietnamholzers verschwenden? Wir brauchen doch nur ein paar einfache Zutaten – das Rudel tapferer Helden, das im 10-Kleine-Negerlein-Prinzip im Filmverlauf hingemetzelt wird, eine Geheimmission, die so vage ist, dass ich auch bei fünfmaligem Drübernachdenken immer noch nicht weiß, was die Squad eigentlich im Dschungel anstellen soll (der Bunkerfund geschieht ja rein zufällig), Ausreden für ein paar große Action-Ballereien, Tragik, Pathos, Melodrama, und, was die Charaktere selbst angeht, die eindimensionalen Schablonen, die wir aus den erwähnten Filmen gewohnt sind: der erfahrene, seiner Fahne loyale Sergeant, der um das Wohl seiner Männer besorgt ist, der kriegsgeile Psycho, der Hitzkopf, der doofe Kiffer und natürlich das jungsche Weichei sowie der dämliche Blödmann, der die hinterletzte Sprengfalle persönlich ausprobieren muss. Alles da, keine Frage.

Das schöne am klassischen „schlechten“ Vietnamfilm ist, zumindest, wenn man ihn dezent zu parodieren gedenkt, ist halt, dass er in sich praktisch schon eine halbe Parodie ist. Da muss man al Parodist nur noch die bekannten Charaktere und Situationen leicht übertreiben und das Ziel ist erreicht. Insofern macht Deadly Nam grundsätzlich alles richtig (und auch sonst nicht viel falsch). Alles ist einfach eine Ecke überzogener, beabsichtigt bis zum Erbrechen klischeehaft (das sprengt jedes Klischee-o-Meter) – festmachen kann man das allein am wirklich extrem pathetischen voiceover-Kommentar (ich hätte zu Anfang beinahe meinen linken Fuß darauf verwettet, dass der aus Sicht von Oddman gesprochen ist – das ist so ziemlich das einzige Klischee, das ausgelassen wird: das Weichei wird durch die Ereignisse gestählt und „zum Mann“), der so theatralisch, so blumig, so … abseitig ist, dass dem Zuschauer, so er einen ernsten Film erwartet, entweder die Galle hochkommt, oder, falls er sich auf das bewusste Trash-Erlebnis einlässt, ihn manchmal fast vor Lachen aus dem Sofa schmeißt. Auf einem ähnlichen Level liegen die Dialoge, die besonders durch die kaum kaschierten norddeutschen Akzente zusätzlichen Charme gewinnen.

Wenn ich ein bissl herumkritteln wollte, könnte ich bemängeln, dass die „trashigen“ Höhepunkte eher in der ersten Filmhälfte zu finden sind, aber das ist einfach auch strukturell bedingt. Je weniger Charaktere noch am Leben sind, desto schwieriger wird es, skurille Situationen zu erdenken. Das Highlight der Story ist zweifellos der flashbackunterstützte Dialog zwischen Dex und dem Sarge (wer seine Hauptfigur Frank Castle nennt, kann eh kein ganz schlechter Mensch sein) nach Powells sprengfallenbedingtem Ableben, rund um das Herausschneiden und Begraben des Herzens – das ist schon verdammt nah an meiner Trashlobeshymne „Großes Tennis“ (Bundesliga-Tennis ist´s allemal).

Gegen Ende dreht das Script den Heldenpathosregler bis zum Anschlag und noch deutlich drüber hinaus – in einem ernsthaften Film wäre das ungenießbar und würde von mir heftige Prügel beziehen, im Kontext dieses Films, der nunmal in keiner Sekunde ernstgenommen werden will, passt´s wie die Faust aufs Auge.

Verlassen wir also mal das Drehbuch und kommen zu den filmischen Werten. Und da fällt auf, dass der Streifen bis auf wenige Ausnahmen erstaunlich „untrashig“ inszeniert ist – was man an purem Fun und Willen zur Übertreibung ins Script gepackt hat, setzt sich nicht durch absichtliche oder unabsichtliche Unfähigkeit im Filmhandwerk um. Wie gesagt – es gibt Ausnahmen, und die sind, das nehme ich zumindest heftig an, gewollt. Das Interieur eines Hubschraubers in einem handelsüblichen Minivan zu realisieren, und das gerade mal notdürftigst zu tarnen, das zeugt von Chuzpe (und spätestens an der Stelle hatte der Film ich unwiderruflich als Freund gewonnen. Wer sich das traut, steht in meinem Buch cooler Leute). Dass ab und zu mal (okay, es ist mir genau einmal aufgefallen, aber vielleicht hab ich auch nicht immer genau hingesehen. Notizen machen muss man schließlich auch noch) ein offensichtlicher Dummy erschossen wird, die „Haut“ der Vietnamesen-Statisten mal gerne per Post-Production etwas eingegelbt wird und die Granatenexplosionen auch keinen Vergleich mit dem pyrotechnischen Brimborium auch nur eines phillipinischen Schwachsinnsmovies aushalten – geschenkt. Erwarte ich das von einem Film mit einem vermuteten Nahe-Null-Budget? Der noch dazu nicht behauptet, etwas anderes zu sein als Trash? Eben, nö.

Wie gesagt, dafür ist das gezeigte Filmhandwerk ansonsten auf gehobenem deutschen Indie-Niveau. Die Kameraführung ist ganz ausgezeichnet, stellenweise überraschend dynamisch und beeindruckt durch einige wirklich geschmeidig-stylische Shots, speziell in der Actionfotografie. Klar, ganz ohne die gefürchteten statischen Einstellungen kommt auch Deadly Nam nicht aus, aber es ist deutlich das Bemühen zu spüren, auch diese visuell interessant zu gestalten. Der Einbau, sagen wir mal, „geliehener“ Szenen ist recht kompetent, der Schnitt allgemein ansprechend und die Regieleistung insgesamt überzeugend. Der 67-Minüter wird von Markus Hagen flott vorangetrieben, es gibt kaum Leerlauf (einzig die „Regen“-Sequenz ist m.E. eher überflüssig, aber vielleicht entstand die ja spontan, weil´s am Dreh tatsächlich grad schiffte), wobei eine großartige Dramaturgie, ein echter Spannungsbogen ja nicht wirklich gefordert ist; knapp über eine Stunde, noch dazu als Parodie angelegt, braucht nicht die schulbuchmäßige Dreiakter-Struktur. Besonders die großen Action-Set-Pieces sind wirklich rasant und gefällig.

Für die Gorehounds und Splatterfreaks gibt´s natürlich auch ein Rudel blutiger Effekte – die sind achtbar gewerkelt und wirken nicht mal aufgesetzt (was ich ja sonst gerne bei Indie-Produkten bemängele). Der Schmodder hat hier durchaus seinen „Sinn“. Erfreulich: man hat bei der Post-Produktion amtliches Mündungsfeuer auf die Kanonen gelegt, die Granaten-Effekte sind, wie gesagt, nicht ganz sooo der Bringer, aber das ist ziemlich wurscht, genau wie die als aufkopiert durchschaubare „große“ Explosion des Bunkers. Das geht alles allemal in Ordnung.

Ein Extrakompliment allerdickster Natur muss ich dem Soundtrack aussprechen. Während die zwei Metal-Songs einer Combo namens „Minion“ mich nicht pausenlos vom Hocker fetzen, ist der orchestrale Score von Jan Glembotzki schlichtweg famos. Das sind symphonische Themes allererster Kajüte, die einem 100-Mio-Blockbusteractionklopper nicht schlecht zu Gesicht stehen würden und mich vom Stil her speziell an Hans Zimmer erinnern. Da würd ich glatt ´ne Soundtrack-CD ´von kaufen. Wer selbst reinhören möchte: Jan Glembotzki hält auf seiner Website Cinexperience die ein oder andere Hörprobe, auch aus dem hiesigen Score, zum Download bereit.

In einer beabsichtigten Trash-Parodie kann man die schauspielerischen Leistungen schwerlich beurteilen. Fakt ist, dass alle Akteure mit sichtlichem Enthusiasmus und Spass bei der Sache waren – da möchte ich niemanden herausheben (vielleicht Sammy Müller als Brewbaker), sondern nur pauschal sagen: passt so, weitermachen. Anzumerken wäre übrigens, dass die Filmemacher sich die in Amateur-/Indiekreisen eher unübliche Mühe gemacht haben, den Streifen größtenteils nachzusynchronisieren (lediglich der Van-Hubschrauber-Prolog scheint „Live“-Ton zu haben), was eine alte Amateurfilmkrankheit, nämlich den oft und gern unverständlichen Dialogton, erfolgreich ausmerzt.

Jetzt würdet Ihr Euch den Film vielleicht gern persönlich anschauen. Da habe ich leider erst mal nur bedingt gute Nachrichten. Noch ist der Streifen nicht auf DVD gepresst (oder gebrannt), mir lag eine Vorab-VCD zur Besprechung vor. Auf der Filmhomepage DeadlyNam.com kann sich der geneigte Interessant aber für einen Newsletter anmelden, der ihn über Einzelheiten und Preis der anstehenden DVD-Veröffentlichung auf dem laufenden hält (seine Kinopremiere hat der Film übrigens bereits gefeiert).

Fazit: Jou, das hat Spass gemacht. Beabsichtigter Trash geht nicht immer gut, frag nach bei ungefähr 2/3 des Troma-Outputs, aber hier hat´s geklappt. Der Film spielt genüsslich mit den althergebrachten Genreklischees und treibt sie noch eine Stufe weiter. Selten hat unverdaulicher flaggewedelnder Hurra-Heldenpathos so viel gute Laune verbreitet. Macht so weiter, Freunde, Ed Wood wäre, wie gesagt, sicher stolz auf Euch (obwohl´s der nicht mit Absicht machte). Wer einen kompetent gefilmten, gut fotografierten, gut blutigen und dabei eben bewusst blöden Trashfetzer erleben will, liegt hier richtig. Die BOMB-Wertung bitte ich dieses Mal als Wertung der beabsichtigen (und geglückten) Trashigkeit zu verstehen.

(c) 2005 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 7


mm
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