- Original-Titel: The Dead
- Regie: Howard J. Ford, Jonathan Ford
- Land: Großbritannien
- Jahr: 2010
- Darsteller:
Rob Freeman (Murphy), Prince David Oseia (Dembele)
Vorwort
In Afrika ist eine Zombie-Plage ausgebrochen – wer kann, ergreift per Flugzeug die Flucht. Im letzten Flieger sitzt US-Militäringenieur Brian Murphy, dem aber klar ist, dass der Flattermann nicht wirklich flugbereit ist. Es kommt, wie’s kommen muss – die Kiste stürzt ab und Murphy ist einziger Überlebender. Immerhin wird auch eine Kiste Armee-Ausrüstung angespült, für Klamotten und ein paar zombiekillende Waffen ist also gesorgt.
Nicht weit entfernt ist auch Daniel Dembele, Soldat einer (wie ich vermute) Bürgerkriegspartei, unterwegs – er hat sich von seiner Truppe abgesetzt, um nach seiner Familie zu fahnden. Doch sein Heimatdorf wurde schon von den Zombies überfallen. Seine Frau ist tot, sein Sohn von der Armee evakuiert worden, vermutlich auf eine Militärbasis 200 Meilen nördlich. Der Zufall führt Dembele und Murphy, der sich zwischenzeitlich ein Auto organisiert hat, zusammen. Rasch bilden die beiden eine Zweckgemeinschaft. Dembele führt Murphy zu einem Flugfeld, wo der Ami hofft, entweder eine Mühle flugfähig zu bekommen oder wenigstens Funkverbindung mit seinen Leuten aufzunehmen. Beides Fehlanzeige und so schließt sich Murphy mangels großartiger anderer Alternativen Dembeles Trip nach Norden an…
Inhalt
„The Dead“ erhielt einiges (nicht übermäßig viel, aber zumindest meßbares) Vorab-Interesse als „der erste afrikanische Zombiefilm“. Nun sollte man erstens meinen, dass schwarzafrikanische Länder womöglich andere Sorgen haben sollten als die Produktion apokalyptischer Splatterfilme, zum anderen erweist sich der Claim ohnehin als leichte Mogelpackung. „The Dead“ ist eine britische Produktion, die „nur“ überwiegend in Burkina Faso und Ghana gedreht wurde.
Geisteskind der mir bislang völlig unbekannten Ford-Brothers (die die Arbeitsteilung offenkundig so regeln wie die Coens), will „The Dead“ offensichtlich eine Art existentialistisches Road Movie sein; durchaus ein Thema, für das sich die Untoten-Thematik, die man als Metapher für so manchen gesellschaftlichen Kommentar einsetzen kann (Romero lässt grüßen), anbietet, aber… irgendwo zwischen „glorreicher Idee“ („Zombies in Schwarzafrika!!“) und Endprodukt bliebt wohl so ziemlich alles auf der Strecke, was a) einen soliden Genrebeitrag und b) ein inhaltlich überzeugendes Werk ausmacht. „The Dead“ ist vermutlich der langweiligste Zombiefilm, den ich überhaupt gesehen habe – die Fords bringen nicht den geringsten neuen, frischen oder „relevanten“ Aspekt in die Zombie-Lore ein, begnügen sich damit, die klassischen Romero-Schlurfer auf den schwarzen Kontinent zu verpflanzen und kucken dann, was bei rauskommt. Nicht viel. Wiewohl mir der Ansatz, die Zombie-Apokalypse ohne jegliche Begründung ausbrechen zu lassen, gefällt, und auch der Gedanke, den Film zu einem Zeitpunkt anzusiedeln, an dem die Zivilisation praktisch schon zusammengebrochen, der Überlebenskampf der Lebenden quasi bereits verloren ist, hat seine Reize – auch wenn das ein Fakt ist, mit dem sich „The Dead“ rein von der Logik her ziemlich ins Knie schießt. Das Buch postuliert, dass seit dem ersten Auftauchen der Untoten gerade mal eine Woche vergangen ist (und die Plage in Afrika ausbrach) – ein bissl kurz, der Zeitraum, um eine (wie sich herausstellen wird) globale Apokalypse auszulösen und dafür zu sorgen, dass in Afrika (wir erinnern uns: insgesamt recht wüste, weitläufige Angelegenheit) sprichwörtlich hinter jedem Busch drei Tagesreisen vom Nirgendwo entfernt ein Zombie hockt und auf Beute lauert.
Aber gut, wollen wir uns mal nicht über die Glaubwürdigkeit von Zombiefilmen auslassen, es ist ja nicht so, als hätte „The Dead“ nicht Probleme, die er *nicht* mit vielen Genregenossen teilt. Mein zentraler Kritikpunkt – und der, den ich in der gebotenen Kürze, mit der ich mich durch die FFF-Reviews pflügen will, hauptsächlich hier würdigen will – ist, dass die Fords mit ihrem Road-Movie-Gimmick nichts anzufangen wissen. Bei Road Movies ist ja Ziel der Übung gemeinhin, dass die Charaktere auf ihrer Reise ein gewisse Entwicklung durchmachen, Konflikte überwinden und im Idealfall etwas über sich selbst lernen. Dumm halt nur, wenn man zwei Figuren auf die Reise schickt, die so entsetzlich… leer sind, dass jeglicher Versuch, aus dem Trip dramaturgische Wirkung zu ziehen, scheitern muss. Murphy ist weiß, Delembe ist schwarz – joa, selbst der größte Depp könnte daraus, wenn schon nichts anderes, dann zumindest eine grob gestrickte Rassismuspararbel stricken, aber weit gefehlt. Als Murphy Delembe aufgabelt, murmelt der kurz was davon, es irgendwie doof zu finden, dass die Weißen sich in Sicherheit bringen und die Schwarzen mit dem Zombieproblem allein lassen, Murphy weist darauf hin, dass er a) weiß und b) noch da ist (wenn auch nur flugzeugabsturzbedingt) und damit ist das Thema erledigt und einer unsterblichen Freundschaft (bei der letztlich, Genrekonvention ist Genrekonvention, der Schwarze ins Steppengras beißt) steht nichts mehr im Wege. Huzzah. Wie wenig die Fords mit ihrer Hauptfigur anzustellen wissen (und wie wenig sie kapiert haben, wie man ein Road Movie stemmt), will ich exemplarisch an einer Szene festmachen:
Nachdem Delembe vom wilden Zombie gebissen und in Erfüllung sämtlicher Zombiefilmklischees auf Wunsch von Murphy per Kopfschuss gerichtet wurde, streift der Weiße allein weiter durch’s Land und trifft auf eine gebissene Frau, die ihm a) ihr Baby in die Hand drückt, auf dass er es in Sicherheit bringe und sich b) von ihm töten lassen will. Letzteres erledigt er zähneknirschend und unter Protest – was nun mit dem Baby? Als Horror- und Road-Movie-Kenner ahnen wir, dass Murphy jetzt wieder einen „Sinn“ in seiner Existenz hat und die Verantwortung für den Knirps übernehmen muss, nur erinnern wir uns auch daran, dass in seiner Auftaktsequenz (ja, ein Großteil des Films ist ein Flashback) Murphy allein durch die Wüste kroch. Also lassen die Fords nicht mal dreißig Sekunden später einen Bus mit Überlebenden auftauchen (woher die kommen? Wohin die fahren? Weiß niemand, und bestimmt auch nicht die Fords, die sich nur aus einer Sackgasse schreiben wollen), denen drückt Murphy den Säugling in den Arm und latscht weiter – wodurch aus einer vielleicht nicht originellen, aber zumindest Potential aufweisenden Charakter- und Storyentwicklung eine völlig überflüssige, ohne Mühe aus dem Narrative entfernbare Episode ohne jeglichen „point“ wird. Und das ist eben das Hauptproblem von „The Dead“ – der Film ist utterly utterly pointless. Er erklärt uns nichts über seine Hauptfiguren, er ist frei von jedem „social commentary“ (es sei denn, dass die Fords die Chose irgendwie als Metapher für die ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen in vielen afrikanischen Staaten sehen), er hat keinerlei Signifikanz.
Filmisch ist das alles recht ordentlich, aber auch ernüchternd langweilig umgesetzt – wenn ich bei einem um 15.00 Uhr programmierten Film ernsthaft damit zu kämpfen habe, wach zu bleiben, ist das kein gutes Zeichen (das heb ich mir normalerweise beim FFF für die 23.30-Schiene auf). „The Dead“ dauert mit seinen 105 Minuten bestimmt ’ne halbe Stunde zu lang für das bisschen Plot, das zwischen den nach dem „alle-10-Minuten-isses-Zeit“-Prinzip eingestreuten Zombieattacken, die in der Tat recht rüde sind und Untote Menschenfleisch kiloweise in sich hineinstopfen lässt, vor sich hin plätschert. Wären da nicht einige sehr schöne Landschaftsaufnahmen afrikanischer Natur, die man im Genrefilm nicht alle Tage sieht, gibt’s nicht wirklich einen Grund, sich krampfhaft wachzuhalten, und selbst die wären in einem National-Geographic-Special besser aufgehoben als in einem Zombiefilm, der ja hoffentlich irgendwo schon mit dem Hintergedanken gedreht wurde, sein Publikum spannend zu unterhalten.
Sei’s drum – die Fords haben schlichtweg keine Ahnung von der Inszenierung eines Zombiefilms, ersatzweise Road Movies, nicht mal die wie erwähnt blutigen und technisch nicht schlechten Splatter- und Goreeinlagen (und einige durchaus einfallsreiche Zombie-make-ups und -prosthetics) , die sicherlich für eine KJ-Freigabe sorgen dürften, helfen dem drögen Prozedere entscheidend weiter (offensichtlich wurde eine solche vom hiesigen Publisher zumindest auch beantragt, s.o. Poster).
Die Darsteller tun sich naturgemäß schwer, mit dem wenig ergiebigen Material spannende Dinge anzustellen. Rob Freeman („Death Machine“, „Pumpkinhead: Blood Feud“) versucht zu retten, was zu retten ist, bringt gewisses Charisma mit und macht aus seinem Murphy zumindest ansatzweise eine Figur, die man „Charakter“ nennen darf, ohne rot zu werden. Prince David Oseia, bislang nur im heimischen Ghana vor die Kamera getreten, ist ebenfalls nicht unsympathisch und liefert eine Vorstellung ab, für die man sich im B-Horror-Bereich nicht zu schämen braucht. An den Hauptdarstellern liegt’s also nicht, die tun ihr Möglichstes.
Fazit: „The Dead“ ist, so leid es mir ob des eingeschränkten novelty values eines zumindest teilweise afrikanischen Horrorfilms tut, eine ebenso ungeheuer träge wie langweilige Angelegenheit, die weder als origineller Beitrag zur Zombiewelle, als road movie oder wie auch immer gemeintes politisches oder gesellschaftliches Statement funktioniert und die man von mir aus gerne wieder im Burkina Fasoschen Wüstensand verbuddeln kann.
tl’dr-Version: „Dawn of the Boring Black Dead“
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