Das Spukschloss im Spessart (Alt-Review)

 
  • Deutscher Titel: Das Spukschloss im Spessart
  • Original-Titel: Das Spukschloss im Spessart
  • Alternative Titel: The Haunted Castle |
  • Regie: Kurt Hoffmann
  • Land: BR Deutschland
  • Jahr: 1960
  • Darsteller:

    Charlotte von Sandau (Liselotte Pulver)
    Martin Hartog (Heinz Baumann)
    Onkel Max (Georg Thomalla)
    Von Teckel (Hubert von Meyerinck)
    Prinz Kalaka (Hans Clarin)
    Hugo (Curt Bois)
    Jockel (Hans Richter)
    Katrin (Hanne Wieder)
    Toni (Paul Esser)
    Tante Yvonne (Elsa Wagner)
    Onkel Ernst-Theodor (Ernst Waldow)
    Hartog (Herbert Hübner)
    Sophie (Veronika Fitz)


Vorwort

Soll ja keiner sagen, auf diesen Seiten käme die Abwechslung zu kurz… also machen wir doch mal einen kurzen Ausflug in schönste Wirtschaftswunderzeiten. Bekanntermassen kann man so ziemlich 97,5 % des deutschen Nachkriegsfilmoutputs problemlos und ohne irgendwelche qualitiativen Verluste in die berühmte Tonne kippen (wer jemals das Missvergnügen hatte, einen Roy-Black-Film zu sehen, weiss, was ich meine – das haben selbst badmovie-Fans nicht verdient), aber selbst unsere grossartige Filmindustrie hatte ihre lichten Momente oder das, was sie dafür hielt. Als 1957 das alte Märchen vom Wirtshaus im Spessart mit beachtlichem Aufwand und beträchtlichem Erfolg verfilmt wurde, erwies es sich rasch, dass gewisse Gesetzmässigkeiten der Industrie auch hier nicht haltmachen würden – eine Fortsetzung musste her, ungeachtet der Tatsache, dass die eigentliche Story bildschön abgeschlossen war. Es dauerte immerhin drei Jahre, bis Regisseur Kurt Hoffmann eine neue Geschichte, die lose auf dem Erfolgsfilm aufbaute, beinander hatte und eine potentiell kassenfüllende Besetzung zur Verfügung hatte, auch wenn vom Wirtshaus nur Liselotte Pulver und Hubert von Meyerinck wieder mit von der Partie war.

Was dann die Leinwände der deutschen Lichtspielhäuser zierte, wurde zwar finanziell ein Erfolg (sogar der erfolgreichste deutsche Film des Jahres), allerdings auch einer der seltsamsten Streifen der kommerziellen deutschen Nachkriegsfilmgeschichte…


Inhalt

Okay, zunächst mal müssen wir einen gewissen Bezugspunkt zum Vorgängerfilm herstellen, also befinden wir uns fürs erste im frühen 19. Jahrhundert, wo im Rahmen einer gross angelegten Singszene einer gefangenen Räuberbande der Garaus gemacht werden soll (ich gebe zu, das „Wirtshaus“ lange nicht mehr gesehen zu haben, also übernehme ich keine endgültige Garantie für meine nachfolgende Hypothese), die keinen engeren Zusammenhang mit der aus dem ersten Film haben dürfte. Ein Uniformträger ist dabei, die Aufknüpfung der Fünferbande (4 Mann, 1 Frau) anzuordnen, aber der versammelte Mob ist der allgemeinen Ansicht, dass Aufhängen eine zu leichte Bestrafung für die Untaten der Banditen wäre und entscheidet basisdemokratisch (und singenderweise, versteht sich), dass die Übeltuer im Keller des Wirtshauses eingemauert werden sollen, und so geschieht´s denn auch. Ein anwesender Mönch spricht noch schnell einen Fluch aus („solange diese Mauern stehen, sollt ihr nicht ruhen bla bla“) und dann ist´s auch schon vollbracht.

Fahrt doch mal die Titel ab… und jetzt erlebt der geneigte Zuschauer eine gelinde Überraschung, denn die kompletten Titeleinblendungen werden uns von einem netten gemischten Chor zu angenehm swingenden Rhythmen vorgesungen (!) – ich denke, das ist einmalig in der Filmhistorie. Wir schalten um in die Gegenwart, sprich, 1960, und an die Baustelle der A3, irgendwo zwischen Würzburg und Frankfurt, sprich, im Spessart – die Bauarbeiter legen das Kellergewölbe des alten Wirtshauses frei und befreien dabei die Geister der Räuber, die gleich allerlei Unfug mit den Baumaschinen anstellen (als Geist beherrscht man vermutlich jede Maschine) und die Arbeiter in die Flucht schlagen. Aus ihrem Gefängnis befreit setzen sich die Geister, verstärkt durch einen Geisterhund (!), erst mal in einen Baum und hängen musikalisch ihren Träumen nach („Traum im Baum“). Den Räubergeistern wird klar, um ihr Spukdasein zu beenden, Busse und etwas Gutes tun zu müssen. In einem nahegelegenen Schloss wollen sie erst mal Quartier beziehen. Man macht es sich im Keller gemütlich, hat diverse Auseinandersetzungen mit der modernen Technik wie Kühlschränken und elektrischem Licht (übrigens sind die Geister im Dunklen als grüne Schemen sichtbar, bei Licht allerdings unsichtbar) und macht Radau, der die lebenden Schlossbewohner aus dem Schlaf schreckt, als da wären Komtess Charlotte von Sandau (als weiterer schmalbrüstiger Tie-in die Ur-Enkelin der Lilo-Pulver-Rolle aus dem „Wirtshaus“), ihre Tante Yvonne, Onkel Ernst-Theodor sowie die Bediensteten Petermann und Sophie. Geist Katrin schliesst Bekanntschaft mit einem Radio und an der Tür klopft´s… ein junger Mann (kein Geist) steht davor und bittet um Beherbergung aufgrund eines Autounfalls. Charlotte, der der Kerl reichlich unsympathisch ist, wird in ihrer Ablehnung dieses Ansinnens von der Verwandschaft überstimmt, aber es gelingt der Komtess wenigstens noch, dem Gast, der sich als „Äh, Dings, Martin Dings“ vorstellt, das Turmzimmer anzudrehen. Kaum allein im Zimmer, wurschelt er aus seiner Tasche Baupläne des Schlosses hervor… dat kann nix gutes sein…

Am nächsten Morgen bekommt Charlotte Besuch vom Gerichtsvollzieher. Ihr alter Herr hat ihr nämlich neben dem Schloss nur den sprichwörtlichen Eimer Schulden überlassen, und Hauptgläubiger Hartog würde nur zu gern aus dem Gemäuer ein uriges Schlosshotel machen (wer jemals eine Soap Opera gesehen hat, dürfte jetzt schon Haus & Hof darauf verwetten, dass Martins richtiger Nachname nicht „Dings“, sondern „Hartog“ sein dürfte). Die verarmte adlige Sippschaft verdient ihre mageren Märker mit Schlossführungen und Martin, der sich wie üblich auf den ersten Blick in die Komtess verkuckt hat, improvisiert eine gesungene Führung („Sowas nennt man nun die gute alte Zeit“) und nimmt stolze 14,50 DM an Eintrittsgeldern ein. Mit einem zusätzlichen Hunderter erkauft sich Martin auch noch weiteres Bleiberecht bei Tante Yvonne, sehr zum Missfallen von Charlotte.

Die Geister haben die Finanzprobleme der Komtess erkannt und beschliessen, zu helfen, d.h. sich zumindest soweit nützlich zu machen, wie´s geht und schon bald hat Charlotte bei der Arbeit im Garten eine unheimliche Begegenung der parapsychologischen Art, als zwei körperlose Stimmen den Ohrwurf „für sie tun wir alles“ singen, diverse handwerkliche Verrichtungen tätigen und sogar noch das „Komtesschen“ zum Tanz aufführen. Charlotte trägt das Auftauchen von Schlossgespenstern mit erstaunlicher Fassung und Erheiterung.
Und es gibt weitere gute Nachrichten – Oberregierungsrat von Teckel (der eine ungefähr 30 cm lange Visitenkarte für seinen vollständigen Titel benötigt) aus Bonn schaut vorbei – die Regierung möchte einen ausländischen Staatsgast, den Prinzen Kalaka, im Schloss einquartieren, 500 Mark pro Tag wäre das den Regierigen wert („wir sind ein armes Land, Geld spielt keine Rolle“), die hoffen, dass Kalaka ein Multimillionenstaudammprojekt finanziert. Erst mal will der Prinz inkognito in Deutschland weilen, und seit er im Ost-Fernsehen das „Wirtshaus“ gesehen hat, will er eben in dieser Gegend nächtigen. Nur absolute Ruhe bittet sich seine Durchlaucht aus, weshalb bei seiner Leibgarde Ernst-Theodors Salutschüsse nicht wirklich gut ankommen und letztere zum Sturm aufs Schloss ansetzt.

Die Missverständnisse werden zwar geklärt, doch der Prinz, der sich aus Sicherheitsgründen im Kofferraum kutschieren liess, ist echauffiert. Zur Freude der Komtess reist Martin „Dings“ ab und trifft sich – na, haben wir ja gleich gewusst – mit seinem Daddy, dem Hotelier Hartog. Alas, Martin hat a) ein gutes Herz und ist b) verknallt, also sagt er seinem Vater klar & klipp, dass er das mit dem Hotel für eine echt blöde Idee hält, bevor er seinen alten Herrn sitzen lässt.

Der Prinz beabsichtigt derweil, im Schloss eine abendliche Soire´e zu halten und hat auch schon den Speiseplan ausgearbeitet – zu dumm, dass von den Schlossbewohnern keiner so richtig mit dem Kochlöffel umeghen kann, doch hurra, Martin ist wieder da und entpuppt sich als Bocuse für Mittelmässige. Parallel dazu panscht Geisterhexe Katrin an einem Trank, der den Räubern wieder echte Körper verleihen soll (nicht uneigennützig, denn die mannstolle Katrin plagt ein gewisses Bedürfnis) – das ganze geschieht zu den Takten des Gassenhauers „Hauptsache ist der Effekt“ und beide Mixereien enden mit unerwarteten Ergebnissen – der prinzliche Vorkoster wird zum Feuerspucker und Katrin materialisiert sich unerwarteterweise blauhäutig.

Prinz Kalaka wirft bei der Fete gleich mal mehrere Augen auf die Komtess, betitelt sie in seinem goldigen exotischen Kauderwelsch als „sexi bombi“ und rückt schliesslich damit raus, dass er fliessend kölsch parlieren kann. Zur Unterhaltung singt sein Kastratenchor eine undefinierbare Sprachfassung von „Am Brunnen vor dem Tore“, die selbst dem Prinzen zu doof ist. Kalaka besteht auf einer Sanges- und Tanzeseinlage seitens der Komtess, die diese nur aufgrund des Flehens von von Teckel im Namen der Bundesregierung zu liefern bereit ist: „Die schöne Suleikä. Der Prinz ist entzückt, legt mit Charlotte ´ne flotte Sohle aufs Parkett, wird aber ein wenig zudringlich, so dass die allseits anwesenden Geister helfen und dem Prinzen zu einer Hubschraubereinlage (an sichtbarem Halteseil) verhelfen. Den Staatsgast scheint das anzutörnen, denn er schmatzt Charlotte ein Küsschen auf die Gosche, wofür die sich mit einer eher undiplomatischen Watschen revanchiert, worau Kalaka das „festi“ für „finitä erklärt. In seiner Kemenate wird Kalaka aber durch das Auftachen eines anderen super-„matschki“ getröstet, nämlich der jetzt etwas bräunlich wirkenden Katrin. Diese wäre einem Techtelmechtel auch nicht abgeneigt, doch leider hat ihr Zaubertrank nur begrenzte Wirkung und ihr Körper löst sich zum Ärger des Prinzen in Luft auf. Kalaka stürmt mit enormen „appetiti erotici“ Charlottes Gemach, aber die Geister schalten die Liebestollheit des Fremdlings erst mal auf Sparflamme.

Die geschaffte Komtess muss dann auch noch einen gesungenen Heiratsantrag Martins abwehren („Dazu gehören zwei“), ehe sie zur Ruhe kommt. Jedoch ist trabbel voraus, denn Geisterbraut Katrin hat in Kalakas Gemach dessen Schmuckschatulle entdeckt und die Geister kommen schnell zu dem Schluss, dass die Klunker Charlottes Klammheit heilen könnten. Einmal Räuber, immer Räuber, schon sind die Steinchen geklaut und der Prinz ob dieser Tatsache nicht nur auf der Palme, sondern wutentbrannt über alle Berge. Von Teckel sieht seine Staudammfelle davonschwimmen, ruft die Polizei und beruft eine Versammlung der Verdächtigen ein. Charlotte sucht Martin in dessen Zimmer, findet die Schlosspläne und zieht daraus den messerscharfen, nichtsdestoweniger völlig falschen Schluss, dass ihr Verehrer sich die Steinchen unter den Nagel gerissen hat. Martin kommt nicht dazu, den Irrtum aufzuklären, denn schon sind die Gesetzeshüter vor Ort und durchsuchen (natürlich per Song „Komm´ se mit“) das Areal – und siehe da, in Charlottes Zimmer finden sich die gestohlenen Steinchen und ein Zettel „führ dich tuhn wir alles“. Der Komtess´ Geschichte von Hausgespenstern wird erwartungsgemäss kein Glauben geschenkt (von Teckel zitiert den Unzurechnungsfähigkeit-Paragraphen) und die arme Charlotte wird als chronisch verdächtig verhaftet. Unabhängig voneinander entschliessen sich Martin und die Geister zu sofortigen Gegenmassnahmen. Martin entführt die Grüne Minna inklusive der Verhafteten, die Geister sabotieren die Verfolgungsversuche von Teckels, indem sie sein Vehikel erst mal in eine Metzgerei rauschen lassen und die Kiste dann auch noch gleich klauen (as mentioned earlier – als Geist kann man automatisch Auto fahren). Martin und Charlotte teilen einen romantic moment, aber als die Komtess in einem unbeobachteten Moment Martins „Hartog“-Feuerzeug und dann noch dessen Führerschein inspiziert, fällt´s ihr wie Schuppen aus den Haaren und sie dampft mit der Grünen Minna ab gen Knast.

Katrin hat dieweil endlich (zum Reprise von „Die Hauptsache ist der Effekt“) den Stofflichkeits-Trank richtig hingekriegt und verhilft der Geisterschar zu intakten Körpern. Die Geister schmieden Pläne – die Komtess, die in „einem Provinznest“, nämlich Bonn, einsitzt, muss rehabilitiert werden. Die Geister Max und Hugo, die bereits den beschlagnahmten Schmuck wieder an sich gebracht haben, werden abkommandiert, die Komtess zu befreien , während Katrin den Prinzen, der sich an der Riviera aufhalten soll, aufspüren und ihm die Klunker zurückgeben soll, denn wo kein Diebstahl, da kein Täter…

Hugo und Max reiten nach Bonn, stellen ihren Gaul an einer Parkuhr ab und entern ein Modehaus, wo sie sich zum Schlager „Kleider machen Leute“ ein zeitgemässeres Outfit verleihen, während Katrin an die Riviera trampt, dort im eigenen BMW-Cabrio ankommt und den Prinzen findet, der auf seiner Yacht ein paar gelangweilte britische Aristokraten beherbergt (Songeinlage „It´s nice here“). Kalaka ist entzückt, das Super-Matschki Katrin wiederzusehen und schenkt ihr als Finderlohn gleich mal den gesamten zurückgebrachten Schmuck (bemerkenswert: der Lampenschirm, den Katrin als Hut aufhat).

Zur knästlichen Besuchszeit versucht Martin sich zu erklären, kommt bei der immer noch furchtbar sauren Charlotte an die richtige, die zwei zanken sich wie ein altes Ehepaar (so kommt´s zumindest dem beaufsichtigenden Wärter vor. Hugo und Max suchen von Teckel auf und versuchen ihn zur Freilassung der Komtess zu bewegen. Von Teckel greift zur Waffe und brennt Max ein Loch in den neuen Smoking, to zero effect. Als die Besucher dann auch noch (mangels ausreichender Menge an Zaubertrank) verschwinden, ist der Regierungsrat fast reif für die Klapse.

Irgendwo in Bonn scheint´s ´ne Zaubertranktankstelle zu geben, denn schon sind die Geister wieder in voller körperlicher Form und Wärteruniformen bei Charlotte im Knast und setzen ihr ein reichhaltiges Mahl vor. Charlotte ist verzweifelt, weil niemand an Geister glauben will – das wiederum ist selbigen ein Dorn im Auge und deswegen beginnen sie heftiges Herumgespuke (natürlich musikalisch untermalt durch „Gespenster in Bonn“) – sie treiben allerlei Unfug wie Kriegsspielzeug in Plüschtiere verwandeln, einen Finanzamtsneubau zu einem Projekt des Wohnungsbaus zu deklarieren, fette Offizierspensionen unters Volk zu bringen und zum sichtlichen Entsetzen des Richters bei Charlottes Prozess das Hakenkreuz unter dem neuen Bundeswappen zu enthüllen.

Jedoch allzuviel Erfolg haben diese Aktionen nicht, so dass die Geister, ohne sich als solche zu offenbaren, eine Allianz mit Martin eingehen – Katrin, behängt mit dem vermeintlichen Diebesgut, ist nämlich mit dem Prinzen unterwegs zum „Staatsbesuch“ (Songeinlage) nach Bonn. Den grossen Bahnhof (sprichwörtlich) bringen Hugo und Max auf Trab, indem sie dem angetretenen Fanfarenzug der Bundeswehr die Noten zu „Die Hauptsache ist der Effekt“ als Rumbaversion unterschieben und damit Kalaka zu einer spontanen Tanzeinlage mit Katrin treiben. Kalaka lässt sich vors Gericht zitieren, bestätigt das Wiederauftauchen seiner Steinchen und Hugo und Max nehmen den Diebstahl auf sich und lassen sich festnehmen (unter Beobachtung eines Herren im Publikum, der verdächtig nach Kirmesboxer aussieht). Und auch von Teckel erlebt sein blaues Wunder, denn es erweist sich, dass Kalaka bei Unterzeichnung des Staudammvertrags eigentlich davon ausging, dass ER die fünf Millionen bekommt und nicht die Bundesrepublik…

Soderlein, einen Handlungsfaden hätten wir abgeschlossen, fehlen noch zwei – wir müssen noch das Schloss retten und die Love Story kitten. Dazu kommen wir dann auch sofort, denn Hartog senior hat inzwischen den Räumungsbefehl erwirkt und lässt die Schlossmöbel abkarren. Die Komtess stellt den Senior zur Rede, sülzt ihm die Ohren über seinen ekligen Sohn (der sie immerhin gerade mit aus dem Knast befreit hat) voll und muss sich dann von dem alten Herrn erklären lassen, dass sein Junior sich von ihm losgesagt hat. Kaum ausgesprochen, fallen sich Komtess und alter Sack um den Hals. Hartog ist umgestimmt, wird zum Essen eingeladen, abgefüllt und zur Übernachtung genötigt. Während die Komtess noch zufrieden das Reprise von „Dazu gehören zwei“ vor sich hin summt, klingelt der reumütige Martin an der Tür und erneuert seine Liebesschwüre, er sei sogar bereit, für lausige 600 Piepen im Monat eine Stelle als Koch in Ascheberg (Aschaffenburg, für Nicht-Felix-Magath-Anhänger) anzutreten, wenn sie sich nur wieder mit ihm vertrage. Charlotte ist willig, nur immer noch sauer, weil er ihr die Gespenstergeschichten nicht abkaufen will. Also beauftragt Charlotte die Geisterbande (der sich off-screen auch die eigentlich eingeknastelten Hugo und Max wieder angeschlossen haben), die gerade auf der schlosseigenen Kellerkegelbahn alle Neune umnietet, Martin um Mitternacht so vollzuspuken, dass dem Hören & Sehen vergeht. Würde theoretisch funktionieren, hätte Charlotte dem bis dahin Abstinenten nicht einen Whiskey eingeflösst und ihn so auf den Geschmack gebracht. Zugedröhnt pennt Martin während der schauerlichen Vorstellung (die einzigen zwei Minuten, die wirklich das Etikett „Grusical“ verdienen) friedlich vor sich hin und verpasst so Kopf-Fussballspiel und Dame ohne Kopf etc.

Am nächsten Morgen treffen sich dann endlich auch Vater und Sohn Hartog und das Happy End ist nahezu perfekt. Da kündigt sich neuer Besuch an – der boxergesichtige Zuschauer aus dem Gerichtssaal, der sich als Ami entpuppt und die Geister für eine nicht ungefährliche Aufgabe engagieren möchte – für 20.000 Mark pro Nase willigt das Spukvolk ein, denn damit wären des Komtesschens Schulden getilgt. Und was für eine Aufgabe die Geister dann auch haben – sie werden Astronauten und schlagen eine russische Rakete im Rennen auf dem Weg zum Mond! Womit dieser Streifen dann auch sein Ende findet.

Es gibt wenige deutsche Nachkriegsfilme, die sich im Laufe der Zeit so etwas wie eine Kultgefolgschaft geschaffen haben. Das Spukschloss im Spessart ist zweifellos eine dieser Raritäten, auch wenn dafür viel Überzeugungsarbeit (hauptsächlich seitens einer gewissen vierzehntäglichen Programmzeitschrift) nötig war. Mittlerweile versteigen sich manche Rezensenten zu der Behauptung, das „Spukschloss“ sei die deutsche Rocky Horror Picture Show. Das ist dann wohl doch sicherlich drei bis vier Etagen zu hoch gegriffen, aber dass Kurt Hoffmanns Lustspiel-Musical für den nachkriegsdeutschen Unterhaltungsfilm ein aussergewöhnliches Exempel ist, ist unbestritten.

Okay, die grundlegende Story ist weder besonders originell noch besonders logisch (drüber nachdenken sollte man tunlichst nicht), aber die ist blosses Gerüst für einige ausgesprochen witzige, unterhaltsame, freche und gelegentlich bissige Episoden – hinter dem harmlosen Unterhaltungsfilmchen verbergen sich einige subversive satirische Attacken auf die Wirtschaftswundergesellschaft (die offensichtlichste, allerdings auch treffendste davon ist zweifellos das bit mit dem Hakenkreuz im Gerichtssaal – in der nächsten Gerichtssaal-Einstellung ist das schockierende Symbol entfernt, was der Vergangenheitsbewältigung in diesem unserem Lande anno dazumals verdächtig nahekommt) und eine erstaunlich-erkleckliche Anzahl von erotischen Anzüglichkeiten, noch dazu hauptsächlich geäussert von einer Frauengestalt (Katrin, die einige pointiert-doppeldeutige Oneliner hat).

Regieroutinier Kurt Hoffmann treibt die Geschichte auch in flottem Tempo voran, wenngleich die Gesangsnummern mir nicht ganz optimal verteilt scheinen, aber keine davon stört, wie´s bei schwächeren Musicals manchmal so ist, den internen Filmrhythmus. Die Songs selbst sind auf ein bundesrepublikanisches End-Fünfziger-Jahre-Massenpublikum zugeschnitten – manche klingen verdächtig nach zwanzig Jahre älterem Revuefilm, die meisten dagegen entsprechen dem zeitgenössischen Schlagergeschmack – dazu gibt´s sogar Anflüge von Choreographien! Witzig sind einige „en passant“ servierte musikalische Anspielungen, so wird kurz der „River Kwai March“ parodiert und an anderer Stelle haut uns der Soundtrack den „Bayerischen Defiliermarsch“ um die Ohren. Insgesamt beschwingtes easy listening, das sich angenehm von den sonoren Mordanschlägen späterer, hmpf, „Musicals“ wie der oben angesprochenen 70er-Schlager-Schmonzetten um Roy Black & Co. abhebt. Unterhaltsam, eingängig, aber nicht doof.

Zu Kurt Hoffmann, dem Regisseur, lohnt es sich an dieser Stelle noch einige Worte zu verlieren. In Hoffmanns Resume´ stehen einige der ganz grossen Kassenerfolge des deutschen Films – Das fliegende Klassenzimmer (nicht die Fuchsberger-Version), Ich denke oft an Piroschka, Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull, Schloss Gripsholm, Morgens um Sieben ist die Welt noch in Ordnung – die unvollständige Aufzählung macht deutlich, dass Hoffmann in so ziemlich allen Genres zu Gange war und meist Ansehnliches zustande gebracht hat. Nicht verschweigen sollte man allerdings auch, dass Hoffmann während des Nazi-Regimes durchaus für die UFA gearbeitet hat und neben dem harmlosen Schwank Kohlhiesels Töchter auch den für meine Begriffe recht üblen (dennoch weit beliebten, weil zugegebenermassen witzigen)) Propagandaschinken Quax, der Bruchpilot auf dem Kerbholz hat, was die bissige Hakenkreuz-Szene aus dem „Spukschloss“ etwas schal wirken lässt. Well, ich kenne Hoffmanns Biographie nicht genau genug, um dem Regisseur einen Strick drehen zu können oder zu wollen, aber ich wollte es nicht unerwähnt lassen.

Die Besetzung des Films ist formidabel, wobei ich mir allerdings die Bemerkung nicht verkneifen kann, dass einige der Akteure schlichtweg verschenkt werden. Die „Geister“ Hans Richter und Paul Esser haben schlichtweg NICHTS zu tun und selbst der grosse Volksschauspieler Georg Thomalla, einen der witzigsten deutschen Bouleverdakteure und Komiker, der ähnlich wie Kollege Theo Lingen seinen Witz und seinen Esprit häufig bis immer weit unter Wert in fünftklässigen Pennälerklamotten verkaufen musste, der immerhin noch eine lustige Tanz- und Gesangsnummer mit Curt Bois und einige pfiffige Sprüche hat, agiert irgendwie mit angezogener Handbremse. Wer Thomalla mal in einem seiner besseren Theaterprogramme (ich denke an das auch im TV ausgestrahlte Stück „Der Ring des lieben Jungen“ z.B.) gesehen hat, weiss, dass Thomalla noch so viel besser und lustiger sein kann.

So ist Hanne Wieder als Katrin der eindeutige humoristische Höhepunkt des Streifens, was die Gaganzahl und Trefferquote der selben angeht, knapp gefolgt von „Gaststar“ Hans Clarin in einer Prachtrolle als Prinz Kaluka. Clarin, den meisten meiner Altersgenossen vermutlich eher durch seine Hörspiel- und spätere TV-Stimmen-Rolle als Pumuckl (und mir ironischerweise noch früher in der Titelrolle der Hörspielserie um das Schlossgespenst Hui Buh – klarer Fall von Seitenwechsel :-)) vertraut, absolviert einen Parforce-Ritt als hysterisches Rumpelstilzchen mit dem grandiosen als fremde Sprache getarnten Kauderwelsch.

„Romantic lead“ Heinz Baumann wurde nie zum grossen Filmstar in diesem Lande, aber so ziemlich jeder Fernsehzuschauer dürfte den Charakterkopf sofort erkennen – aus zahllosen Fernsehfilmen wie diversen Tatorten oder der Endlos-Krimiserie SOKO 5113 und ihres späten Spinoffs Solo für Sudmann. Baumann erscheint im Vergleich zu damaligen Kollegen in dieser Position (also Genossen wie Adrian Hoven oder Karlheinz Böhm) ein wenig farblos, aber er hat auch in diesem Lustspiel die undankbarste Rolle.

Tja, und dann wäre da noch Liselotte „Lilö Pulver – ohne jetzt endgültig in die Rolle des sentimentalen alten Knochens fallen zu wollen (obwohl ich zugeben muss, gerade gestern beim Wiederentdecken meiner alten Johnny-Hill-Single „Ruf Teddybär Eins-Vier“ ziemlich ans Schniefen gekommen zu sein) – für Lilo in diesem Film wurde eindeutig das Adjektiv „süss“ erfunden – um nicht zu sagen „zuckersüss“. Der damals immerhin schon Dreissigjährigen schadete es natürlich nicht, dass man sie genauso gut für gerade mal 18 hätte halten können, obwohl das „Spukschloss“ schon ihren 31. Kinofilm ausmachte (darunter die Hoffmann-Erfolge Piroschka und Felix Krull. Lilo erweist sich als versierte Komödiantin und nett-piepsige Sängerin – vom „Spessart“-Ensemble war sie übrigens die einzige, die auch im sieben Jahre später folgenden dritten Teil des Franchise Herrliche Zeiten im Spessart, wieder unter Hoffmannss Regie mit von der Partie war. Mitte der 70er zog sich Lilo weitgehend aus der Filmerei zurück und widmete sich hauptsächlich ihrer tragenden Rolle als Host der deutschen Sesamstrassen-Ausgabe, bevor sie in Ende der 80er und Mitte der 90er für einige TV-Produktionen und die Leinwandschändung Das Superweib ins Metier zurückkehrte.

Soderla, damit wären wir auch schon mal fast wieder am Ende unseres Reviews. Zu erwähnen wäre jetzt nur noch, dass das „Spukschloss“ zwar immer noch nicht auf DVD, aber zumindest in einer neuen Video-Version von United Video erhältlich ist – leider leider ist der verwendete Print ziemlich ramponiert, schwankt munter von Vollbild zu 1,33:1-Widescreen und zurück und leidet unter zahllosen Filmrissen – gottlob nur selten in den Songs, aber das Ende ist mal wieder komplett verhackstückt. Mei, kann doch net so schwer sein, ein ordentliches Remastering hinzukriegen, oder? Immerhin wird ja Geld für so´ne Kassette verlangt und wir reden hier nicht von Obskuritäten wie Yongary. Naja, wirklich teuer ist diese Neuauflage nicht (amazon.de verlangt 6,99 EUR), also darf man vermutlich nicht meckern, aber ein Mitschnitt der nächsten TV-Ausstrahlung hat vermutlich bessere Qualität.

Fazit-Zeit: Das Spukschloss im Spessart ist zweifellos der wohl gelungenste Versuch einer nachkriegsdeutschen Musical-Komödie. Die Songs sind schmissig, die Gags oft bissig, die Schauspieler talentiert und die Tricks (erdacht vom späteren Orion-Effekte“hexer“ Theo Nischwitz) zwar schlicht, aber effektiv. Wer nach der passenden visuellen Programmergänzung für seine nächste 50er/60er-Jahre-Schlagerparty sucht, erwischt mit diesem Film die Perle unter all den Peter Alexander-/Peter Kraus-/Catharine Valente-Geschmacksverirrungen aus dieser Epoche deutschen Filmschaffens. Daumen hoch!

(c) 2005 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 8


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