Das Geheimnis der schwarzen Witwe

 
  • Deutscher Titel: Das Geheimnis der schwarzen Witwe
  • Original-Titel: Das Geheimnis der schwarzen Witwe
  •  
  • Regie: Franz Josef Gottlieb
  • Land: BR Deutschland/Spanien
  • Jahr: 1963
  • Darsteller:

    O.W. Fischer (Wellby), Karin Dor (Clarisse), Klaus Kinski (Boyd), Werner Peters (Mr. Shor), Doris Kirchner (Mrs. Shor), Eddi Arent (Fish), Claudia Farell (Mrs. Ayke), Gabriel Llopart (Selwood), Fernando Sancho (Slim), Jose Maria Caffarel (Cartwright), Antonio Casas (Bronsfield), Belina (Sängerin)


Vorwort

Wieder mal wird im nebligen London eifrig gemordet, aber die Methode des Killers ist mal sehr… extravagant. Die Opfer werden mit einer von einer Luftpistole abgeschossenen Gummispinne, die auf einen mit dem Gift der schwarzen Witwe versetzten Nadel sitzt, in die nächste Welt befördert.

Dass derlei Schandtaten nicht vom nächstbesten Straßenräuber begangen werden, sondern hier ein großer geheimnisvoller Plan umgesetzt wird, drängt sich auf – auch und vor allem Wellby, dem besten (und versoffensten) Reporter der „London Sensations“. Mit Hilfe des Archivars Mr. Fish kommt er tatsächlich dem Zusammenhang zwischen den Opfern auf die Spur. Sie alle waren Mitglieder einer Mittelamerika-Expedition, deren Leiter, ein gewisser Avery, unter rätselhaften Umständen zu Tode kam. Wäre allein noch nicht sonderlich verdächtig, wären die restlichen Expeditionsteilnehmer nicht unmittelbar nach Rückkehr zu erstaunlichem Reichtum gekommen und hätten gemeinsam einen Konzern gegründet, dem u.a. Wellbys Arbeitgeber gehört…

Es nimmt daher nicht Wunder, dass Wellbys Chef Osborne es gerne sähe, würde sein bestes Reporterpferd nicht ständig irgendwelche spekulativen Artikel über die Mordserie auf die Titelseite bringen. Denn natürlich weiß Osborne auch mehr, als er zugeben würde – in der Tat gibt es da jemanden, der den Geschäftspartnern anonyme Drohbriefe mit dem Signet einer Spinne zukommen lässt. Bei den ehrenwerten Herren herrscht gewisse Panik, zumal die seinerzeit getroffene Vereinbarung auch beinhaltet, dass die Geschäftsanteile von Verstorbenen auf die Überlebenden übergehen, mithin also auch jeder der feinen Gentleman ein erstklassiges Motiv hat. Wellby lernt die entzückene Clarisse kennen, eine Mitarbeiterin eines der werten Herren, und ahnt rasch, dass sie tiefer in die Affäre verstrickt ist als sie zugibt. Und da gibt es auch noch den rätselhaften Mr. Boyd, der Wellby warnt, zu tief in die Ermittlungen einzusteigen und trotzdem auf wundersame Weise stets rettend zur Stelle ist, wenn Wellby in lebensgefährliche Bredouillen gerät…


Inhalt

Der dritte Weinert-Wilton-Krimi bietet mehr von der gewohnten Kost – rästelhafte Morde, die mit in der Vergangenheit geschehenem Unrecht zu tun haben, einen outside-the-box denkenden Ermittler, eine Fülle von Charakteren, die gleichermaßen Verdächtige und Opfer sind, und zwischendrin ein hübsches Mädchen, dem unser tapferer Held schöne Augen machen kann und das doch seine eigene Agenda verfolgt.

Theoretisch könnte man also, wie auch der Kollege Wortvogel scherzhaft meinte, den generischen Reviewgenerator anwerfen, der aus einer Handvoll Wallace-Kritiken wahrscheinlich problemlos ein nicht völlig neben der Spur liegendes Review ausspucken könnte, aber da gibt’s dann doch noch zwei Merkmale, die die „schwarze Witwe“ vielleicht nicht unbedingt „besser“, aber filmhistorisch interessanter machen als den gemeinen Mitt-60er-Krimi.

Zum einen ist da natürlich die obskure Mordmethode, gleichermaßen unpraktisch, unglaubwürdig wie unheimlich – ich will nicht soweit gehen, dass die „schwarze Witwe“ dadurch den Sprung ins Horrorgenre bewerkstelligt, aber es lässt sich von diesem Film eine geradere Linie zum „giallo“ ziehen als, sagen wir mal, vom „Hexer“. Dazu passt auch die Ermittlerfigur – Wellby ist nicht der dynamische Actionheld Marke Fuchsberger oder der leicht überhebliche Drache, sondern ein makelbehafteter Typ, jemand mit menschlichen Schwächen (neben dem Suff, den er bemerkenswert auslebt, ist das die Eitelkeit), mithin jemand, den man eher in einem der 70er-Argento-Filme als Protagonist vermuten würde denn im bei aller Freundschaft doch recht, no pun intended, schwarz-weiß-Schema der „Ur“-Krimis.

Was natürlich, und das ist der zweite auffallende Punkt, an der Darstellerperson des Helden per se liegt. Hier haben wir als Helden 50er-Jahre-Heartthrob O.W. Fischer, der naturgemäß einen ganz anderen Typ Held verkörpert als Blacky oder Drache, weniger physisch (obwohl man auch ihm ein-zwei Prügelszenen ins Script geschrieben hat) denn Kategorie „nerviger Ermittler“ (wie’s Columbo später sein sollte), Besserwisser und eher-so-mittel-Sympath. Das ist eine nette Abwechslung zur üblichen Formel. Für O.W. Fischer war es – angesichts der Fülle von Wallace-Filmen und Epigonen beinahe verblüffend – der einzige echte Ausflug ins „Krimi“-Genre – ein Coup für die kleine International Germania Film, die für die Constantin zwei der vier Weinert-Wiltons anfertigte.

Ein typischer Wallace-Support-Cast unterstützt Fischer (dem die zeitgenössische Kritik seine Performance als unfreiwillige selbstparodistische Persiflage negativ auslegte) – Karin Dor hat vergleichsweise wenig zu tun, Doris Kirchner überzeugt als Osbornes kaltblütige Ehefrau, Werner Peters selbst ist mal wieder prima als Osborne – den nervösen Tunichtgut spielt in den Krimis kaum einer so gut wie er. Eddi Arent sorgt für comic relief und Klaus Kinski (mit Melone, aber ohne Schirm und Charme) darf sich mal in einer letztendlich positiven Rolle beweisen. Aufgefüllt wird das Ensemble durch ein Rudel spanischer Akteure (Spanien co-produzierte den Film) und die seinerzeit populäre polnisch-jüdische Folksängerin Belina, die einen Schlager zum Besten geben darf.

Die Regie von F.J. Gottlieb ist nicht gerade rasant – auch hier könnte man von der 100-Minuten-Strecke 10-15 Minuten abhobeln, um den Film etwas leichtfüßiger zu machen, aber er profitiert von guter Kameraarbeit und einem soliden Score.

Macht also insgesamt bislang den knappen zweiten Platz im internen Weinert-Wilton-Ranking nach der „weißen Spinne“. Der Genrefreund kommt auch hier auf seine Kosten.

3,5/5
(c) 2017 Dr. Acula


mm
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