Das Geheimnis der roten Katze

 
  • Deutscher Titel: Das Geheimnis der roten Katze
  • Original-Titel: Das Geheimnis der roten Katze
  •  
  • Regie: Helmut Weiss
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 1949
  • Darsteller:

    Heinz Rühmann (André), Gustav Knuth (Pitou), Angelika Hauff (Gloria), Trude Hesterberg (Laura), Jakob Tiedtke (Tobias), Otto Matthies (Moustache), Erwin Eckersberg (Ponpon), Alwin Lippisch (Catelain), Erhard Siedel (Präfekt), Hans Cossy (Sergeant)


Vorwort

Paris in den 20er Jahren – der glücklose Schauspieler André heuert aus purer Geldnot bei einem sehr seltsamen Unternehmen an. Für 500 Francs im Monat plus freie Kost soll er in einer neuen Touristenfalle mit kriminellem Thema in gestellten Keilereien den taffen Verbrecher mimen. Trotz seines eher unbedarften Aussehens ernennt ihn der Chef der „Roten Katze“ gleich mal zum „Anführer“ der gedungenen Pseudoschlägerbande. Als solcher gewinnt er gleich mal die Aufmerksamkeit von Gloria Jefferson, Tochter reicher Amerikaner auf Europa-Tournee und verliebt sich in das Mädel. Papa Jefferson ist allerdings nicht nur reicher Ami, sondern auch Besitzer des überaus wertvollen Halifax-Diamanten, hinter dem die halbe Pariser Unterwelt her ist, inklusive Pitou, der sich in der Maske eines reichen Marquis bereits an die Jeffersons rangeschmissen hat. In André wittert Pitou einen Rivalen – nicht primär um die Gunst des Mädchens, sondern um den Diebstahl des Edelsteins. Darum verfällt er auf den genialen Gedanken, André als Komplizen zwangszuverpflichten, wobei Andrés schauspielerischem Talent eine gewichtige Rolle zufällt. Dennoch geht der Coup schief – zwar ist der Diamant weg, aber niemand hat ihn! André muss alle Register seines Könnens ziehen, um den Stein wiederzufinden, ihn unauffällig zurückzugeben, Glorias Herz zu gewinnen und nebenher noch Pitous Nachstellungen – denn selbstverständlich glaubt der echte Verbrecher, André hätte den Diamanten beiseite geschafft – zu entgehen… Hilarity ensues…


Inhalt

Theoretisch könnte man natürlich meinen, in Deutschland bzw. dem, was davon übrig war, hätte man 1948/49 andere Sorgen gehabt als das Drehen von gar lustigen Unterhaltungsfilmen, auf der anderen Seite ist blanker Eskapismus natürlich gerade zu solchen Zeiten schwer gefragt. Heinz Rühmann, der das deutsche Kinopublikum schon die, äh, „schönsten“ Kriegsjahre durchlachen liess (seine Rolle im Unterhaltungsapparat des Dritten Reichs wollen wir mal außen vor lassen, wenngleich ich seinen Bruchpiloten Quax immer noch für einen unerträglichen Propagandaschinken halte), fühlte sich berufen, das Volk der westlichen Besatzungszonen 90 Minuten lang vom Nachkriegselend abzulenken und erinnerte sich deshalb an einen – zumindest mir völlig – unbekannten 1931er-Schinken, den er unter der Regie von Helmut Weiss („Die Feuerzangenbowle“, „Drei Mann in einem Boot“, „Donnerwetter! Donnerwetter! Bonifatius Kiesewetter!“) neu auf die Leinwände brachte (übrigens meldet sich der auf DVD befindliche Print unbescheiden mit „ein Heinz Rühmann Film“, obgleich sich Rühmanns kreative Beteiligung meiner Recherche nach auf das Spielen der Hauptrolle und das Spendieren der ein oder anderen Besatzungsmark als Produzent beschränkte). Ob das ganze Unterfangen kommerziell ein Erfolg war, kann ich nicht eruieren, tut aber auch nicht viel zur Sache (nur soviel: wenn’s wirklich ein Renner gewesen wäre, würde der Film heutzutage nicht aufm Grabbeltisch verkloppt).

Das Drehbuch von Helmut Weiss, das interessanterweise (oder auch nicht) die 31er-Fassung nicht kreditiert (die Charakternamen sind aber identisch, inwiefern die Neufassung das Prozedere entscheidend abändert, ist mir zumindest nicht überliefert), fabuliert auf seiner ziemlich abseitigen Prämisse (eine Kneipe, in der zahlender Kundschaft „authentisches Gangsterleben“ inklusive Mord & Totschlag vorgespielt wird, dünkt mir nicht wirklich eine monetäre Goldgrube zu sein) schlüssig weiter und spinnt die notwendigen Irrungen und Wirrungen, um eine zünftige Verwechslungskomödie, in der quasi jeder Protagonist irgendwann mal für den Diamantendieb gehalten, von der Polizei verfolgt oder gar eingeknastelt wird, routiniert, ohne auf völlig abstruse Winkelzüge zurückgreifen zu müssen. Positiv zu vermerken und einen Gutteil zum Gelingen des Films beitragend sind ohne Zweifel die spritzigen Dialoge, die man in derart teilweise scharfzüngiger Pointiertheit vom deutschen Nachkriegs-Gute-Laune-Kino, das sich in den 50er Jahren ja kampflos den Heile-Welt-Heimat- und Schlagerfilmchen ergab, nicht erwarten musste. In der Tat findet der Streifen, nach einer etwas zu langwierigen Setup-Phase, in der Rühmann auch mal wieder ein paar Dreikäsehöchern ein Liedchen trällern darf, das richtige Maß zwischen Situationskomik, Wortwitz und dosiert eingesetztem (aber eher mäßig realisiertem) Slapstick, wobei letztere Elemente, wie schon angedeutet, nicht die Highlights sind (da Rühmann sicher nicht einer der größten physischen Komiker der Filmgeschichte ist).

Vom filmischen Standpunkt her gibt sich „Das Geheimnis der roten Katze“ eher bieder – was einerseits verständlich ist, alldieweil die ganze Chose vermutlich mit bedenklich niedrigem Budget realisiert werden musste und man sich daher auf wenige Sets und Kulissen beschränkte, die aber, was auch der s/w-Fotografie gedankt sein dürfte, ausreichend aufwendig wirken. Auch technisch dürfte kaum Equipment zur Verfügung gestanden haben, für das sich ein typischer Hollywood-Kameramann überhaupt die Schuhe zugebunden hätte; Erich Claunigk, der später typische Lustspielfilmchen wie „Der Theodor im Fußballtor“, „In München steht ein Hofbräuhaus“ oder „Conny und Peter machen Musik“ fotografierte, fällt nicht viel mehr ein als das simple statische Abfilmen der Ereignisse; der oft recht rumpelige Schnitt im Einklang mit den eher unbeholfen gefilmten „Action-Einlagen“ (es gibt ein paar Faustkämpfe) trägt sein Scherflein dazu bei, dass der Film nicht gerade sehr „kinematisch“ wirkt. Dafür halten Weiss und sein Drehbuch das Tempo hoch und landen eine erfreulich hohe Lacher-Trefferquote.

Neben den Dialogen und dem hohen Tempo gereicht dem Film natürlich auch sein Schauspielerensemble zum Vorteil – wobei ich nicht unbedingt Heinz Rühmann meine. Blasphemie, Vaterlandsverrat und Nestbeschmutzung ahoi, aber ich bin nie der große Rühmann-Fan gewesen. Sein Problem, dass ich, speziell in seinen Komödien-Rollen mit ihm habe ist, dass er, fraglos beabsichtigt, mehr oder weniger immer den gleichen Charakter spielt: den verschmitzten Spitzbuben, der bei aller Spitzbübigkeit aber NIE so spitzbübig ist, um ernstlich anzuecken. Das funktioniert in der „Feuerzangenbowle“ natürlich genial gut, führt aber für mich dazu, dass quasi jede weitere Rolle gleichgelagerter Art immer nur ein Abklatsch ist. Rühmann schafft es nie, in diesen Rollentypus Variationen hineinzulegen, das beginnt bei der Mimik und endet nicht bei der Betonung seiner Zeilen, und, so leid’s mir tut, wenn ich das zwei-dreimal gesehen habe, langweilt’s mich. Natürlich wäre es aber wohl vermessen gewesen, ernstlich zu erwarten, Rühmann hätte sein Publikum mit einer Änderung dieses bewährten opus moderandi verschreckt (das hob er sich für 1958 und „Es geschah am hellichten Tag“ auf, mit dem er sich aus der Schublade des lustigen Komödianten befreite). Rühmann spielt also seinen typischen Pfeiffer-mit-drei-eff-Charakter routiniert und ohne Schwächen, aber halt beinahe ohne jegliches Überraschungsmoment herunter (Ausnahme ist eine köstliche Sequenz, in der André von Pitou dazu gezwungen wird, als Vater des falschen Marquis aufzutreten; eine schöne Idee, die vor allem auch drehbuchgemäß dadurch gedeckt wird, dass André ja Schauspieler ist, aber aus der leider zu guter Letzt zu wenig gemacht wird). Nein, die wahre Freude an „Das Geheimnis der roten Katze“ ist ohne jede Frage Gustav Knuth („Ich denke oft an Piroschka“, „Der eiserne Gustav“, „Salto Mortale“, „Alle meine Tiere“), dem erfreulicherweise sowohl vom Script als auch vom nominellen Star Rühmann genügend Platz geboten wird, und den nutzt ein vor Spielfreude nur so überschäumender Knuth in seiner Quasi-Doppelrolle als elender Schurke Pitou und sein High-Society-Alter-Ego falscher Marquis weidlich aus. Knuth ist der heimliche Star des Films, der Rühmann in jeder Szene out-acted, dass es nur so rumpelt.

Auch der Rest der Truppe kann sich sehen lassen – Angelika Hauff („Kaiserwalzer“) als Rühmanns love interest, sowie Trude Hesterberg („Der Zigeunerbaron“, „Alraune“) und Jakob Tiedtke (der allerdings die unangenehme Distinktion hat, sowohl in „Jud Süß“ als auch in „Kolberg“ gespielt zu haben), deren Dialoggefechte als amerikanisches Ehepaar Jefferson auch schon fast alleine für sich den Obolus für den DVD-Erwerb wert wären. „Raumpatrouille“-Fans können übrigens Marschall Kublai-Krim persönlich, Hans Cossy, in einer kleinen Nebenrolle entdecken.

Bildqualität: „Das Geheimnis der roten Katze“ ist m.W.n sowohl als Einzel-DVD als auch in einer (hier anliegenden) 4er-Heinz-Rühmann-Edition-DVD-Box (für’nen schlappen Zehner) erhältlich. Für umgerechnet 2,50 Euro können wir selbstredend keine Criterion-Collection erwarten. Großartig an Konservierung und Restauration gedacht hat hier sicherlich niemand, was Matra Film (dem Layout des DVD-Covers ersichtlich ein Ableger von Laser Paradise) auf die Silberscheibe klatscht, ist zweckmäßig, mehr nicht. Der Vollbildtransfer (intendiertes Format) hat sein Kreuz mit Verunreinigungen und Beschädigungen zu tragen, kämpft stellenweise mit verwaschenen Kantenübergängen und gewinnt weder Schärfe- noch Kontrastpreise, aber es ist vom Preis-/Leistungsverhältnis her gesehen noch tragbar.

Tonqualität: Ähnliches gilt für den ordentlich verrauschten, aber bis auf wenige Sequenzen hörbar-verständlichen Dolby Digital-2.0-Ton. Ich würde persönlich meine Dolby-Surround-Anlage nicht damit behelligen, aber um sich einen netten Abend oder Nachmittag vor der ordinären Fischkiste und deren Speakern zu machen, reicht’s. Ein bissl aufdrehen sollte man aber wg. der generellen Leisigkeit des Tons aber schon.

Extras: Immerhin gibt’s Filmographien für die wesentlichen Beteiligten.

Fazit: „Das Geheimnis der roten Katze“ ist letztlich dank der witzigen Dialoge und der famosen Leistung von Gustav Knuth eine erstaunlicherweise immer noch funktionierende und gar nicht soo verstaubte Gauner-Verwechslungskomödie, wie man sie z.B. eher zwanzig-dreißig Jahre später im französischen Komödienkino vermuten möchte (man stelle sich exemplarisch ein Richard/Depardieu-Pairing in den Rühmann/Knuth-Rollen vor), jedenfalls inhaltlich (filmisch schon) nicht so bieder, wie man es vom prototypischen deutschen Komödiensaubermann Heinz Rühmann erwarten durfte. Wer ein Faible für anspruchslose, aber spritzige s/w-Kintopp-Unterhaltung hat, sollte nach dieser kleinen vergessenen „Perle“ Ausschau halten.

3,5/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
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