Das Geheimnis der chinesischen Nelke

 
  • Deutscher Titel: Das Geheimnis der chinesischen Nelke
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  • Regie: Rudolf Zehetgruber
  • Land: BR Deutschland/Italien/Frankreich
  • Jahr: 1964
  • Darsteller:

    Paul Dahlke (Reginald Sheridan), Olga Schoberova (Susan Bexter), Dietmar Schönherr (Dr. Cecil Wilkins), Horst Frank (Legget), Klaus Kinski (Speranzo), Brad Harris (Donald Ramsey), Dominique Boschero (Mary Lou), Corrado Annicelli (Prof. Bexter), Maria Vincent (Travers), Pierre Richard (Inspektor Travers)


Vorwort

Markus Nowak’s review published on Letterboxd :

In London fliegt ein Chauffeur mitsamt seiner Kalesche in die Luft. Normalerweise nichts, was Scotland Yard sonderliche Sorgen machen würde, aber der Explodierte war der Driver von Professor Bexter, und der trägt seinen Titel nicht nur der Füllung der Visitenkarte wegen, sondern ist ein echter Wissenschaftler, und als solcher hat er mit seinem Assistenten Dr. Wilkins einen neuen Supertreibstoff entwickelt. Der würde die Öl-Industrie stantepete ruinieren – trotzdem ist Bexter stark verblüfft, dass die britischen Ölmagnaten ihm zwar eine Menge Zaster für die Formel anbieten, aber in ihren kühnsten Alpträumen nicht daran denken, sie tatsächlich zu implementieren.

Bexter steckt seine Formel wieder ein und geht, doch Öl-Chef Sheridan wittert, dass Wilkins nicht ganz so prinzipientreu ist wie sein Chef. Und da hat er auch Recht. Dumm nur, dass Bexter die Formel an seine Nichte Susan geschickt hat – ohne ihr davon ein Sterbenswörtchen zu sagen – und die wird, weil Bexter schon immer Ungemach fürchtete, von Privatschnüffler Ramsey, seines Zeichens auch Berufskollege des vermeintlichen Chauffeurs, bewacht.

Die neu eingetretenen Umstände machen auch die Mitwirkung des von der chinesischen Gangsterlady Mary Lou extra aus Chicago eingeflogenen Safeknackers McMurray unnötig – schließlich ist die Formel nicht mehr in einem Tresor. Mary Lous Henchman Speranza wird aber rasch herausfinden, dass McMurray sowieso längst ein eigenes Spiel spielt.

Der Zufall will es so, dass der Mikrofilm mit der Formel in Ramseys Händen landet. Wilkins versucht Susan davon zu überzeugen, dass der Detektiv ein schlimmer Finger ist, der die Formel selbst an die Ganoven verkaufen will. Sheridans Leute entführen Bexter, um die Formel aus ihm rauszuprügeln. Wilkins fingiert eine Flucht und deponiert den Professor in seinem Landhaus, doch dort fängt sich der Wissenschaftler rasch eine Kugel in der Stirn ein..


Inhalt

Der vierte und letzte Weinert-Wilton-Krimi ist derjenige, der sich von der Pseudo-Wallace-Formel am weitesten entfernt und sich schon in Gefilde vorwagt, die ein-zwei Jahre später unter dem Gattungsbegriff „Eurospy“ subsumiert worden wären. Die Jagd nach der Formel ist schließlich eines der beliebtesten Plot-Motive des Eurospy-Genres und eher nicht der klassische Krimi-McGuffin.

Beinahe folgerichtig geht die Position des leading man nicht an einen typischen Krimi-Helden wie Fuchsberger oder Drache, sondern an einen „man’s man“, Brad Harris, dessen große Zeit als Actionheld gerade anbrach. Wie schon bei der „schwarzen Witwe“ sorgt allein schon die Tatsache, dass Brad Harris ein vollkommen anderer Typ Schauspieler ist als die üblichen Verdächtigen, dafür, dass die „chinesische Nelke“ zwar noch im Groben der Wallace-Formel verhaftet ist, aber für das Genre verhältnismäßig neue Dinge ausprobiert. Streng genommen ist Harris nicht der alleinige Protagonist, die Position verteilt sich letztlich auf Harris, Dietmar Schönherr (als Wilkins) und Horst Frank (als McMurray) und spielt deren diverse Ränkespiele schön gegeneinander aus, um keinen als echten „Helden“ dastehen zu lassen, sondern bis zum Schluss mehrere Optionen für die Auflösung möglich zu lassen,.

Natürlich ist die Story eine solche, die sich sofort in Wohlgefallen auflösen würde, würde einer der Helden auch nur zwei Sekunden lang mit offenen Karten spielen, aber dass solche Krimiplots oftmals Klimmzüge nehmen, die in Glaubwürdigkeit und Realitätsbezogenheit knapp hinter einem plötzlichen Mothra-Auftauchen in Gelsenkirchen liegen, ist man ja als Genrefreund gewohnt.

Auch die „Nelke“ ist vielleicht wieder ein bisschen zu lang für ihren Plot, bringt aber dafür ein paar Actionszenen, wie man sie aus dem typischen Krimi nicht unbedingt kennt (inkl. einer Prä-Spencer/Hill-Kneipenschlägerei, Autoverfolgungsjagden, Explosionen und einem semi-spektakluären Zug-Stunt).

Alternativ kann man sich auch an den darstellerischen Leistungen von vor allem Horst Frank und Klaus Kinski im Zusammenspiel erfreuen. Zwei der großen Charakter-Schurken des Genres in einem Film ist eh schon schick, dass die beiden dann auch noch die meiste Screentime teilen und sich gegenseitig auch nicht gerade sehr grün sind, sorgt für einiges an Frohsinn. Neben den erwähnten Gesellen gibt sich Paul Dahlke als Sheridan die Ehre, die weibliche Hauptrolle geht an Olga Schoberova, die ein paar Jahre später von Hammer für „The Vengeance of She“ verpflichtet wurde. Sie ist jetzt nicht gerade vom Kaliber der üblichen Krimi-damsels, dafür aber recht freizügig (sie entblättert sich komplett für eine Nacktbadepartei. Es bleibt natürlich jugendfrei, aber die „Nelke“ erlaubt sich grundsätzlich in Sachen „sexyness“ etwas mehr als die Genrekollegen).

Schurkin Mary Lou wird von Dominique Boschero gemimt, die später noch im ein oder anderen Giallo auftauchte, den Scotland-Yard-Inspektor gibt Pierre Richard (nicht zu verwechseln mit dem Wuschelkopf-Komiker, sondern eher Eurospy-Spezialist, der 1971 noch neben Louis de Funes in „Balduin, der Sonntagsfahrer“ auftauchte).

Gedreht wurde dieses Mal von Dudu-Regisseur Rudolf Zehetgruber mit italienischer und französischer Unterstützung und in Prag, das grundsätzlich als passables London-Double durchgeht, auch wenn der Film vielleicht etwas zu sehr davon ausgeht, dass der geneigte Zuschauer bei City-Panorama-Shots keine typischen Londoner Sights erwartet… Der Score ist eher mau und auch die Nachtclub-Tanzszene, die augenscheinlich als gewisser showstopper-Moment konzipiert ist, bekommt auf der nach unten offenen Jess-Franco-Skala bestenfalls einen Anerkenntnispunkt.

Der Print der Filmjuwelen-Blu ist wieder mal amtlich – der Zuschauer hat die Wahl zwischen einer Widescreen- und einer Vollbildversion.

Fazit: kein Superfilm, aber als Art Zwischending zwischen Pseudo-Wallace und Eurospy eine interessante Themenvariation. Kinski- und Frank-Fans müssen zuschlagen, Brad Harris hat allerdings auch eindrucksvollere Performances in seiner Vita…

3/5

(c) 2017 Dr. Acula


mm
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