- Deutscher Titel: Das Ding aus einer anderen Welt
- Original-Titel: The Thing from another World
- Regie: Christian Nyby
- Land: USA
- Jahr: 1951
- Darsteller:
Kenneth Tobey (Captain Patrick Hendry), Margaret Sheridan (Nikki Nicholson), Robert Cornthwaite (Dr. Carrington), Douglas Spencer (Ned Scott), James R. Young (Lt. Eddie Dykes), Dewey Martin (Crew Chief), Robert Nichols (Lt. Ken Erickson), William Self (Corporal Barnes), James Arness (Das Ding)
Vorwort
Dr. Carrington, Vorsteher einer Forschungsstation inmitten des ewigen Eises am Nordpol, fordert überraschend militärischen Support an – man glaubt, einen Flugzeugabsturz beobachtet zu haben. Captain Hendry und sein Team fliegen unter gewissen Schwierigkeiten, mysteriöse Kompassabweichungen erschweren die Navigation, zur Station und von dort weiter zur mutmaßlichen Absturzstelle. Schnell wird klar, dass man es hier nicht mit einem gewöhlichen Crash zu tun hat – was sich bis auf ein Leitwerk förmlich ins Eis eingegraben hat, kann unmöglich irdischen Ursprungs sein. Streng wissenschaftlich wird die Bergung des UFOs in Angriff genommen – man will das Raumfahrzeug einfach mit Brandbomben freischmelzen (!). Das geht leider total in die Hose und bringt als Resultat nur ein völlig zerstörtes UFO. Schon wollen Carrington und Hendry enttäuscht zusammenpacken, da entdecken sie, dass zumindest der Pilot des fremden Raumschiffs in einen Eisblock eingefroren noch in einem Stück ist. Der Außerirdische wird eingepackt und in die Forschungsstation verbracht. Carrington würde am liebsten sofort an dem Specimen herumdoktern, Hendry will aber weitere Instruktionen abwarten – da der Funkverker weitgehend zusammengebrochen ist, gestaltet sich das schwierig – das Alien wird in seinem Eisgefängnis erst mal abgestellt. Durch einen ungünstigen Zufall (bzw. die Heizdecke seines Bewachers) wird der Fremde vom anderen Stern versehentlich aufgetaut. Schnell stellt sich heraus, dass der Besucher ein eher ungenehmer Zeitgenosse ist; er killt einige Schlittenhunde… Während Hendry den Fremdling primär als auszuschaltende Gefahr begreift, glaubt Carrington an das Gute im Alien und plädiert für friedliche Kontaktaufnahme – es kommt zu heftigen Meinungsverschiedenheiten. Carrington verschweigt Hendry böswillig Informationen, um zuerst und ohne knarrewedelnden Soldaten mit dem Fremden kommunizieren zu können. Der Plan wird zum Eigentor – mit dem Fremden, der mittlerweile anhand Gewebeproben als außerirdisches Gemüse, sprich pflanzliches Leben, identifiziert ist, ist nicht gut Kirschen essen, denn die galaktische Runkelrübe betrachtet den Homo Sapiens schlichtweg als zum Verzehr geeignet..
Inhalt
Dieser Film gehört ohne Frage zu den ganz großen Klassikern des SF-Films – eigentlich jeder dürfte ihn mittlerweile gesehen haben und sollte es tatsächlich noch Ignoranten geben, die ihn nicht kennen… der Shopping-Link ist Euer (und mein) bester Freund.
Bis heute streiten sich die Gelehrten darüber, wer nun eigentlich Regie geführt hat – war es wirklich, wie es kreditiert wird, Christian Nyby oder doch der legendäre Howard Hawks („Leoparden küsst man nicht“, „Rio Bravo“, „Hatari“, „Tote schlafen fest“) selbst? Nun, das wird man vermutlich nie gänzlich aufklären können, mittlerweile scheint Konsens zu sein, dass Nyby zwar offiziell am Set die Anweisungen gab, sich aber täglich mit Hawks absprach, so dass man „Das Ding aus einer anderen Welt“ wohl auch mit Fug und Recht einen Howard-Hawks-Film nennen kann. Erst recht, weil der Film eines von Hawks‘ Lieblingsthemen, nämlich das Verhalten einer Gruppe unter Druck, behandelt.
Auch ist sicher, dass Hawks persönlich die zugrundeliegende Kurzgeschichte „Who goes there?“ von John W. Campbell für eine Verfilmung unter Option nahm – von einer werkgetreuen Adaption kann aber nicht die Rede sein; Campbells Paranoia-Klassiker um das gestaltwandelnde, gedankenlesende „Ding“ aus dem Weltraum, das sich durch die Besatzung einer einsamen Forschungsstation meuchelt, wurde erst 1982 von John Carpenter im Sinne des Autors (und bekanntlich sehr goreintensiv) auf die Leinwand gebracht. Das ist schon ziemlich ironisch – die 50er Jahre und speziell der fantastische Film made in Hollywood dieser Epoche hatten es heftig mit Paranoia-Themen (man denke an „Invasion of the Body Snatchers“ oder „Invaders from Mars“), die dem antikommunistischen Zeitgeist, der hinter allem und jedem einen potentiellen Landesverräter witterte, entsprachen – und Hawks bzw. Nyby ignorierten diesen eigentlich zentralen Punkt der literarischen Vorlage nach Kräften (was die üblichen Verdächtigen natürlich nicht daran hinderte, „Das Ding aus einer anderen Welt“ trotzdem in die Commie-Scare-Flick-Ecke zu stellen, wofür man allerdings auch Rechtfertigungsgründe finden kann, auf die wir noch zu sprechen kommen werden). Hawks, der fraglos die treibende kreative Kraft des Projekts war (und Nyby demzufolge nur sein ausführender Regiescherge), interessierte sich, wie schon angedeutet, nicht wirklich für das Horror- und SF-Potential der Geschichte, sondern für die Dynamik innerhalb der Gruppe der „Eingeschlossenen“ – dazu passt, dass ihm das „Creature Design“ relativ egal war, das Alien, eh kaum groß im Bild, ist also im „Urzustand“, den es hier ja mangels shapeshifting-Fähigkeiten nicht ändert, nicht dieses kaum zu beschreibende, ekelerregende Monster aus der Campbell-Geschichte (und subsequent dem Carpenter-Film), sondern sieht aus wie eine schnell hingehuschte Mischung aus Frankenstein-Monster und Mumie (das Kostüm war dem späteren TV-Westernhelden James Arness auch so peinlich genug).
„Das Ding aus einer anderen Welt“ ist, im Gegensatz zu fast allen zeitgenössischen SF-Produktionen, ein charakterorientierter Film, der sich nicht über seine Effekte (es gibt kaum welche) definiert, sondern über die handelnden Personen. Hawks/Nyby teilen ihre Gruppe in zwei Fraktionen – auf der einen Seite die von Hendry angeführten Militärs, die in dem außerirdischen Wesen primär eine Bedrohung sehen, auf der anderen Seite die Wissenschaftler um Dr. Carrington, die das Fremdwesen als „weiser“ als die Menschen einschätzen, von seiner Friedliebigkeit ausgehen bzw., als klar wird, dass das Monster nicht wirklich friedlich aufgelegt ist, das Risiko für Leib und Leben in Kauf nehmen, um neue Erkenntnisse gewinnen zu können (was schon eine differenziertere Position ist als die vieler B-Movie-Wissenschaftler der 50er, die einem killenden außerirdischen Monster aus purem Prinzip begeistert um den Hals fallen würden). „Zwischen den Stühlen“ steht die einzige Frau, Nikki Nicholson, nominell Carringtons Sekretärin, aber auch Hendrys Love Interest, die daran zu knabbern hat, dass sie eigentlich Carrington gegenüber loyal sein will, persönlich aber eher Hendrys Perspektive der Dinge teilt (dazu gibt es mit Dr. Chapman einen Wissenschaftler, der sich frühzeitig auf Hendrys Seite schlägt, dessen Beitrag zum Fortgang der Dinge aber minimal ist und der deswegen analytisch außer Acht gelassen werden kann, sowie den Reporter Scott, der sich aber auch rasch eindeutig bei Hendrys Leuten positioniert; Scott und Nikki symbolisieren also den „unvoreingenommenen“ Normalbürger). Der zentrale Konflikt des Films ist daher weniger der mit dem Monster, sondern der dieser beiden Fraktionen untereinander. Quasi eine Blaupause für die spätere Behandlung des Themas im B-Film der 50er ist der Umstand, dass dabei die Vertreter des Militärs die „ratio“ darstellen und nicht die hierfür eigentlich prädestinierten Wissenschaftler (zur Ehrenrettung der Weißkittel sei gesagt, dass Carrington in der Hinsicht den Vogel abschießt und seine diversen Kollegen durchaus zumindest zweifelnde Positionen einnehmen, aber nicht soweit gehen, die Autorität ihres „Chefdenkers“ öffentlich in Frage zu stellen) – spätere Filme simplifizierten diesen Konflikt aber auf ein schlichtes schwarz-weiß-Szenario und erklärten die Wissenschaftler zu tumben Naivlingen, während Militärs (nicht die der Führungsebene, aber eben die Captains und Lieutenants dieser Welt) den „gesunde Menschenverstand“ (in Form von: erst ballern, dann denken) gepachtet hatten.
Dadurch passt der Film dann doch wieder ins „commie-scare“-Subgenre, denn die Militärs haben mit ihrer Haltung, dass das Fremde „böse“ sein muss, natürlich Recht (auch wenn Carrington durchaus logisch anführt, dass man dem Alien einen „benefit of doubt“ einräumen sollte. Wer nach dem Auftauen gleich mal beschossen und von Hunden angefallen wird, kann schon mal übellaunig reagieren) – ergo lautet die Logik des Films, dass man vor dem „Unbekannten“, dem „Fremden“ an sich sicherheitshalber erst mal Angst haben sollte und, bevor man Fragen stellt, doch erst mal den Abzugsfinger krumm machen sollte (dazu passt auch der finale Monolog des Reporters Scott, der mit den mahnenden Worten „Keep watching the skies!“ endet und in der ursprünglichen deutschen Kinofassung prompt geschnitten wurde). Das dies wesentlich intelligenter und vielschichtiger geschieht als in den meisten billigen Nachziehern des Genres, dürfte allerdings niemanden verwundern.
Nybys Leistung als Regisseur ist – aufgrund der oben breit getretenen Problematik – schwierig zu beurteilen – der Film ist kurzweilig gehalten, aber aus heutiger Sicht, alldieweil die zugrundeliegende Geschichte mehr oder minder „Allgemeingut“ ist, hat „Das Ding“ (ich bleib mal bei der Kurzform, mittlerweile dürfte jeder Leser wissen, welche Version gemeint ist), es schwer, Spannung zu erzeugen. Versucht man, seine „Vorkenntnisse“ auszublenden, erkennt man aber durchaus, dass der Streifen präzise inszeniert ist – nicht als „creature feature“, dafür ist das Monster selbst zu luschig umgesetzt (wenn der fremde Organismus schon pflanzlich ist, sollte er doch etwas frendartiger aussehen), sondern, wie Hawks es sicherlich gewünscht hat, als „Dokumentation“ der Dynamik innerhalb der Gruppe der Protagonisten. Die Kameraführung ist kein Muster an Rasanz, aber funktionell-zweckmäßig: Interiors haben, trotz des Hawks-Trademarks breit angelegter Dialogszenen mit einer Vielzahl von Sprechern mit sich teilweise überlagerndem Text, durchaus kammerspielartigen Charakter, die Außenaufnahmen vermitteln, obwohl erkennbar unter Mithilfe schlichter gemalter Hintergründe das Gefühl der Einsamkeit und Weite des arktischen Eislandes durchaus. Nyby, ursprünglich Hawks‘ Stammcutter, litt persönlich unter dem Dilemma, dass der Film stets nur als Howard-Hawks-Film gesehen wurde, lehnte Angebote, weitere Monsterfilme zu inszenieren, konsequent ab und entwickelte sich zu einem gefragten TV-Regisseur.
Härten sind nicht wirklich zu verzeichnen – die zwei Opfer des Monsters sind komplett ausgeblendet (sie sind als Charaktere nicht einmal im Bild, wir erfahren nur verbal von ihrem Tod und ihrer vorhegehenden Existenz), allerdings gibt’s einen ausgerissenen Monsterarm. Die Sequenz, in der das Monster probehalber mit Kerosin übergossen und angezündet wird, ist allerdings auch heute noch recht wirkungsvoll.
Die Darsteller sind keine Top-Stars, standen größtenteils am Anfang ihrer jeweiligen Karrieren. Kenneth Tobey liefert eine Bilderbuch-Performance des „no-nonsense“-Armeehaudegen ab, die ihn konsequent in ähnliche Rollen wie in „The Beast from 20.000 Fathoms“ oder „It came from beneath the Sea“ führte (und in etliche Western). Margaret Sheridan, die ein wenig damit zu kämpfen hat, dass ihre Rolle als „Schiedsrichter“ zwischen der Militär- und der Wissenschaftler-Gruppierung stärkerer Ausarbeitung bedurft hätte (und die Romanze zwischen ihr und Hendry ist der wohl größte Schwachpunkt des Scripts, da aufgesetzt wirkend) konnte ihrem hiesigen Screendebüt keine bemerkenswerten weiteren Einträge hinzufügen. Robert Cornthwaite, in der Rolle des fanatisierten Wissenschaftlers, dem das Wissen an sich über alles geht, voll aufgehend, spielte anschließend in „Kampf der Welten“ und Howard Hawks‘ „Liebling, ich werde jünger“. Ebenda war auch Douglas Spencer (Reporter Scott, personifizierte Auflockerung der Angelegenheit) am Werke, ebenso wie in „This Island Earth“. „Ding“ James Arness wurde als Marshall Dillon in „Rauchende Colts“ zur TV-Legende.
Cornthwaite und Tobey trafen sich übrigens im Spätherbst ihrer Karriere in dem SF-Monster-Spoof „The Naked Monster“ (co-dirigiert von „Mircorwave Massacre“-Regisseur Wayne Berwick und erst 2005 veröffentlicht) wieder, wo sie ihre Rollen aus „Das Ding“ in humoristischem Zusammenhang aufgriffen.
Bildqualität: Die deutsche DVD kommt aus dem Hause Kinowelt/arthaus und besticht mit einem den Umständen entsprechend (d.h. 54 Jahre alter Quellfilm) ausgezeichneten Vollbildtransfer; Detail- und Kantenschärfe sind zufriedenstellend bis sehr gut (leider etwas schwankend), gutklassiger Kontrast (bei s/w-Filmen immer wichtig), unauffällig arbeitende Kompression, keine Masteringfehler. Lediglich beim Layerwechsel gab’s einen kurzen Freeze, der sich aber von selbst wieder löste.
Tonqualität: Der Konsument hat die Wahl zwischen deutschem und englischem Ton, beide Spuren liegen im originalen Mono-Format vor. Die deutsche Sprachfassung ist im Dialogton deutlich lauter und klarer, aber auch die etwas leisere und knarzigere englische Spur ist noch sehr gut verständlich. Deutsche Dubtitles werden mitgeliefert (die deutsche Synchro ist stellenweise etwas sinnentstellend und versaut außerdem einige in-jokes auf andere Hawks-Produktionen).
Extras: Hier könnte man angesichts der filmhistorischen Bedeutung des Films etwas mehr wünschen – neben dem Originaltrailer (und der obligaten Trailershow) findet sich nur das zeitgenössische deutsche Presseheft (stilecht als „Zeitung“ aufgemacht). Sämtliche Artikel der Doppelseite werden abgefilmt und können in Ruhe gelesen werden. Positiv zu bemerken ist das ausführliche Booklet.
Fazit: „Das Ding aus einer anderen Welt“ steht völlig zu Recht im Ruf, ein wegweisender Klassiker des SF-Genres zu sein. Auch wenn der Film nicht alle Möglichkeiten der literarischen Vorlage verwertet (das komplette Negieren der der Story zugrundeliegenden Paranoia ist, gerade angesichts der Entstehungszeit des Films, recht kurios), so unterscheidet er sich doch wohltuend durch seine Seriösität von den zahlreichen Invasion-aus-dem-Weltall-Filmchen, die in seinem Fahrwasser auf die Leinwände dieser Welt losgelassen wurden. Minuspunkte verdienen sich eigentlich nur die unnötige Liebesgeschichte und das lässlich desinteressierte creature design, das man auch anno 1951 sicherlich etwas origineller hätte gestalten können. Trotzdem ein intelligenter, ernsthafter und – man glaubt es nicht – durch seine Charaktere (und die guten darstellerischen Leistunen) geprägter Film, der auch nach über 50 Jahren seinen „Mann“ steht. Mit dem Carpenter-Film sollte man dieses „Ding“ aber nicht vergleichen – das ist ’ne ganz andere Baustelle. „Das Ding“ (1951) ist weder ein Horrorfilm noch ein aktionsgeladenes SF-Spektakel – hält man sich das vor Augen, unterhält der Film auch heute noch bestens. Die Kinowelt/Arthaus-DVD ist dem Film angemessen gut, man könnte sich allerdings umfangreicheres Zusatzmaterial wünschen.
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(c) 2006 Dr. Acula