Darwaza

 
  • Original-Titel: Darwaza
  • Alternative Titel: The Door |
  • Regie: Shyam Ramsay, Tulsi Ramsay
  • Land: Indien
  • Jahr: 1978
  • Darsteller:

    Suraj Singh: Anil Dhawan
    Rachna: Shyamalee
    Shakaal: Imtiaz Khan
    Reshma: Anju Mahendru
    Goga: Shakti Kapoor
    Reshma: Sheetal
    Rachnas Vater: Krishan Dhawan
    Sardar: D.K. Sapru


Vorwort

Puh, das wird jetzt kompliziert… die meisten meiner Leser wissen um (und fürchten) die Tatsache, dass ich mit dem Bollywood-Film an und für sich einiges anfangen kann. Mumbai und die regionalen Filmzentren in den verschiedenen indischen Bundesstaaten, die die jeweils lokalen sprachlichen und moralischen Eigenheiten der verschiedenen Volksgruppen abdecken, sind bekanntlich zusammengerechnet allein vom numerischen Output her gesehen die größte Filmindustrie der Welt (2010 erschienen in Indien über 1.200 abendfüllende Spielfilme aus heimischer Produktion).

International wird das Bild des indischen Kinos immer noch von den Herzschmerz-Schmonzetten beherrscht, aber seit einiger Zeit können indische Blockbuster (meist dem sogenannten „masala“-Genre zugehörig, was eigentlich nichts anderes bezeichnet als den wüsten Genremischmasch, den Hit-Produktionen wie „Ich bin immer für dich da“ mit ihren wilden Schlenkern zwischen Komödie, Melodrama und hochoktaniger Action, bieten) über den bloßen novelty value hinaus punkten – mittlerweile packt Bollywood in seinen Großproduktionen internatioanl vorzeigbare Stunts und FX aus, bleibt aber dabei durchaus imagebewusst (d.h. gesungen und getanzt werden muss trotzdem, und explizite Liebesszenen sind weiterhin Tabu).

Nun ist eines klar – was wir hierzulande (und auch in den USA z.B., wo’s eine kleine, aber lebhafte Fanschar gibt) zu sehen bekommen, das sind eben die großen, aufwendigen Major-Produktionen mit den Megastars. Auf DVD schlagen sich ab und zu mal „B“-Filme (wie der hier besprochene Mirchi – It’s Hot! oder Telegu-Klopper wie Azaad bis nach Europa durch (weil die Lizenzen billig oder die Stoffe kurios genug sind) – aber das sind immer noch recht gelackte und kompetent gewerkelte *Filme*. Allein schon das Gesetz der Wahrscheinlichkeit verlangt, dass es jenseits der „Azaads“ noch eine ganze Welt *anderer* Streifen geben muss… z.B. eben auch Genrefilme. Dieweil der Superhelden- und SF-Film in Indien mittlerweile hoffähig genug ist, um Blockbusterkino abzugeben („Krrish“, „RA.One“ oder „Robot“ fallen aus jüngerer Vergangenheit ein), ist „Horror“ nicht unbedingt das Genre, das wir Europäer mal eben mit indischem Kino verbinden.

Doch es liegt eigentlich auf der Hand – gerade wo die Moralvorstellungen rigide und vorgeblich unverrückbar sind, muss es Leute geben, die an den gesellschaftlichen Tabus kratzen, Grenzen verschieben oder einfach aufgestauten Dampf ablassen wollen. Und auch wenn der indische Horrorfilm keine ganz große Tradition hat und auch keine epochalen Erfolge aufzweisen hat, so hat er doch eine „goldene Zeit“ erlebt – von Ende der 70er bis Anfang der 90er entstand eine Vielzahl chronisch unterfinanzierter Horrorfilme, produziert von Enthusiasten wie den Ramsay Brothers, einem vielköpfigen Familienclan, der den indischen Billiggruselkintopp der 80er dominierte und in dessen Gefolge Gestalten wie Kishan Shah oder Harinam Singh („der indische Ed Wood“) auftauchten und die Leinwände (oder via VCD, dem in Indien immer noch verbreiteten Prä-DVD-Medium, wenigstens die Fernseher) unsicher machten.
Davon wüsste ich natürlich ü-ber-haupt nichts, wäre ich nicht treuer Anhänger der an dieser Stelle bereits zigfach referierten Website Teleport City und ihres Masterminds Keith Allison, der mit schöner Regelmäßigkeit mir bislang nicht bekannte Filmemacher, Subgenres oder internationale Filmkulturen vorstellt, die ich dann, zu Lasten meines Bankkontos, umgehend persönlich in Augenschein nehmen muss.
Indischen Horror z.B. Den „Plan 9“ des indischen Horrorkinos, „Shaitani Dracula“, konnte ich leider (noch) nicht auftreiben, aber man soll vielleicht auch nicht mit dem unerreichbaren Höhepunkt anfangen, also kloppte ich auf der für Bollywood-Fans unverzichtbaren Einkaufsseite Induna ein paar ultrabillige DVDs und VCDs aus dem Horror-Listing in den Einkaufskorb (die Dinger kosten sprichwörtlich gerne mal nicht ganz ’nen Euro für eine – dafür untertitelfreie – 3-in-1-DVD, d.h. ehe man in die Nähe der Zoll- bzw. Einfuhrumsatzsteuergreze kommt, kann man schon ein bisschen shoppen), u.a. einige der bereits erwähnten Ramsay-Gebrüder.

Als erstes nehme ich mir mal „Darwaza“ vor (aufgrund des todsicheren Auswahlkriteriums, dass es der erste Film auf der ersten DVD, die mir aus dem Briefumschlag – jau, die Inder pfeifen in der 49-Rupien-Preisklasse auf Amarays und packen ihre DVD in Pappumschläge – entgegenpurzelte, ist), was insofern ganz gut passt, als er mit Baujahr 1978 einer der ersten der „modernen“ indischen Horrorfilme ist und quasi den Beginn der Ramsay-Schreckensherrschaft über das Schreckenskino des Subkontinents markiert.

Ach… „Darwaza“ heißt übrigens zu gut Englisch „The Door“, aber nach 126 Minuten Film habe ich keine Ahnung, was das mit der Geschichte zu tun hat. Was mich zum Disclaimer bringt – der Film ist verständlicherweise auf Hindi gehalten, was ich bekanntlich ungefähr so gut spreche wie Inuktit oder Malayisch. Untertitel gibt’s nicht. Ich berichte also mehr oder weniger anhand bloßer visueller Eindrücke, ein paar Lücken schlossen dankenswerterweise die zwei aufrechten indischen IMDb-Kommentatoren, die anstatt Reviews mehr oder weniger komplette Inhaltsangaben posteten…

Also los.


Inhalt

Wir befinden uns in einer riesigen Villa, offensichtlich weit weg vom Nirgendwo – es gewittert (was auch sonst), Kronleuchter schwingen und der Villenbesitzer, den ich mir mangels Vorab-Info als „Mighty Moustache Man“ merkte, liegt in seinem Bett, hält einen vielleicht fünfjährigen Kurzen im Schwitzkasten und sucht ansonsten den Löffel zwecks baldmöglichster Werfung (womit auch erklärt wäre: der Steppke ist MMMs Sohn und nicht dessen privater Würgesklave, sondern vermutlich auf Wunsch des Erzeugers an dessen Seite).
Per Pferdekutsche eilen wichtig aussehende Gesellen zur Villa – ich vermute schlicht und ergreifend, dass es sich um ein Arzt+Anwalt-Gespann handelt, das MMM hat rufen lassen (MMM heißt übrigens, wie ich dem IMDb-Kommentar entnehme, Pretrab Singh. Nicht, dass das entscheidend wichtig wäre). In seinen letzten Stunden, so sieht’s aus, möchte MMM sein Gewissen erleichtern und den Herbeigerufenen sein Herzeleid ausschütten. Will sagen: wir haben bereits im freakin‘ PROLOG einen Flashback…

Aus unerfindlichen Gründen liegt – Jahre zuvor, da MMMs mächtiger Schnurrbart noch nicht ganz so mächtig ist – MMM mit dem örtlichen theologischen Repräsentanten Kalis im Clinch (mit meinen bescheidenen Kenntnissen des hinduistischen Pantheons siedle ich die Plotte im bengalischen Bereich an, wo Kali mit gebleckter Zunge nicht nur als Todes- und Zerstörungsgöttin, sondern als „Erlöserin des Universums“ verehrt wird). Was immer MMM schwer im Magen liegt, heute will er Nägel mit Köpfen machen. Eine Menschenmenge hat sich bereits vor dem Kali-Tempel versammelt, ersichtlich um MMM aufzuhalten. Ein älteres Weib stellt sich MMM in den Weg, doch der, hoch zu Ross, stößt das Frauenzimmer gar schändlicherweise und gewalttätig zu Boden. Dann greift er sich eine Fackel und zündet die Hütte des Priesters, in der selbiger ungerührt vor sich hin meditiert, an. Ein gutes halbes Dutzend Kameraeinstellungen vesucht uns zu vermitteln, wie Kalis Priester sich grillen lässt (wobei mindestens zwei davon unter freiem Himmel gedreht wurden) und irgendwann ist die Hütte bis auf die Grundmauern niedergebrannt – doch von einer Preisterleiche keine Spur! Was die schon vorhin unangenehm aufgefallene Störenfriedtante nicht davon abhält, MMM und seine Nachkommen bis in die zigtausendste Generation zu verfluchen und anschließend tot umzufallen. Das mit dem Verfluchen üben wir noch, gell?

Nun, jetzt, wo’s ans Eingemachte geht (also in der relativen Gegenwart), scheint MMM die Fluchgeschichte ziemlich ernst zu nehmen und befiehlt daher den Herbeigeeilten, seinen Sohn nach Bombay (das habe ich dann doch aus dem IMDb-Kommentar) zu bringen, denn so fern vom Ort der Schandtat wird Kali dem Junior ja wohl nix tun. Ich halte das für eine unangebracht optimistische Annahme, aber ich kenn mich, wie gesagt, mit Hindu-Gottheiten nicht so aus wie MMM.
Speaking of MMM, der röchelt seinen letzten Atemzug, was den Sturm und das Kronleuchterschaukeln zu Überstunden veranlasst und die Sohnemannrettern-in-spe zur Eile anhält. Der Kurze wird in die Kutsche verfrachtet (wieso die Pferde allerdings aufgebrezelt sind wie Zirkusgäule ist mir schleierhaft), doch da! Der Doktor wird von einer „Evil Dead“-Gedächtniskamerafahrt angegriffen – das würde ich jedenfalls sagen, wenn „Darwaza“ nicht ein paar Jahre älter wäre als „Tanz der Teufel“ und Within the Woods vermutlich nicht auf der Ramsay-Sichtungsliste stand.
Die Kamerafahrt entpuppt als ein der Suspense halber nur andeutungsweise gezeigtes klauenbewehrtes Monster und killt den Doktor offensichtlich, indem es ihm die Brille abnimmt. Ich bin ohne mein Nasenfahrrad ja auch einigermaßen aufgeschmissen, aber das geht dann doch zu weit… Dem anderen Gesellen gelingt augenscheinlich mit dem MMM-Stammhalter die Flucht.

Was den Ramsays als passender Zeitpunkt erscheint, nach knapp 15 Minuten den Vorspann laufen zu lassen, der mich hauptsächlich durch seine entzückende Musik begeistert. Was da – sicherlich zehn Jahre zu spät nach westlichen Maßstäben – erklingt, würde in seiner temperamentvollen Fröhlichkeit jedem semi-ernsten Eurospy-Knaller aus den 60ern zur Ehre gereichen (das wirklich Erschütternde an dem Vorspann ist dagegen, dass ich mich bei einem „ach, Shakti Kapoor spielt mit?“ ertappte. Ist doch nicht so, als würde ich mich mit Bollywood-Schauspielern jenseits von Shahrukh Khan auskennen…).

Dass wir einen Zeitsprung um gut 20 Jahre gemacht haben, sagt uns zwar keiner, ist aber offenkundig. Ebenso, dasss wir nun erst mal vergessen, dass wir uns technisch gesehen in einem Horrorfilm befinden – jetzt ist die Zeit für lustigen Beziehungsquatsch gekommen. Und damit meine ich in der Tat „lustig“ im Sinne von „Komödie“. Aus MMM-Junior ist inzwischen ein pausbäckiger Vollzeitinder geworden, der sein Hemd prinzipiell bis zum Bauchnabel offen trägt und anhand der Goldkette um den Hals in hiesigen Gefilden entweder Zuhälter oder Schlagersänger geworden wäre. Er lebt offensichtlich im Haus seines damaligen Retters, den er „Onkel“ nennt, und ist bis über beide Ohren verknallt in dessen ausgesprochen attraktives Töchterlein Rachna (was man auch einem drittklassigen Bollywoodfilm selten absprechen kann – die Frauen sind durch die Bank heiß. Manchmal vielleicht nicht dem magersüchtigen Schönheitsideal Amerikas entsprechend und eher kurvig, aber sehr sehr ankuckbar. Was es umso bedauerlicher macht, dass die Damen sich nicht ausziehen dürfen).
Dieweil „Onkel“ mit seinem treuen Diener (der im Gegensatz zu MMM-Jr., der übrigens Suraj heißt, über die damaligen Vorgänge im Bilde ist) zutiefst nachdenkliche Hindiismen austauscht, frolicken Rachna und Suraj am Strand und anschließend in Surajs nicht sonderlich beeindruckenden Kalesche, was uns nun auch endlich Gelegenheit für die erste Gesangseinlage bietet. Zu meinem persönlichen Erstaunen wird’s aber kein Duett, sondern eine Suraj-Solonummer (die schon mal für alle weiteren Gesangsdarbietungen – mehr als drei werden’s aber nicht – die Marschrichtung fröhlich-spanisch-lateinamerikanisch vorgibt. Shake your maracas!). Ich lehne mich sicher nicht sehr weit aus dem Fenster, wenn ich vermute, dass Suraj seinem Schwarm diverse Liebesschwüre vorschmachtet. Erfreulicherweise stellt sich programmgemäß ein warmer Sommerregen ein und bietet Rachna die Möglichkeit, sich aus dem Auto und in das himmlische Nass zu bewegen – feucht am Körper klebende Klamotten sind des Bollywood-Regisseurs einzige Chance, „risqué“ zu werden, ohne am Nacktheitsverbot zu kratzen… (nur, falls Ihr Euch mal gefragt habt, warum buchstäblich JEDER Bollywood-Film eine „wir-singen-und-tanzen-im-Regen“-Szene hat).

Beim folgenden Familiendinner ensuen comedic hijinx, als Rachna beim Fußeln unter der Tischdecke versehentlich ihren Herrn Papa erwischt – der schnallt allerdings nicht wirklich, was los ist und sucht einen imaginären Hund o.ä. Sicherheitshalber möchte Rachna, um des Nächtens ungestört mit Suraj poussieren zu können (schlimmeres kann in einem indischen Film eigentlich nicht passieren), ihren Paps mittels im Cognac aufgelöster Schlaftabletten ausschalten. Obschon sich zuerst Suraj das entsprechende Glas aussucht, gelingt der Plan. Das Liebespärchen begeht allerdings den strategischen Fehler, frische Luft schnappen zu gehen und wird von Papis treuem Diener (unwissentlich) ausgesperrt, was eine, hihi, halsbrecherische Einstiegsaktion über ’ne Trittleiter in den ersten Stock notwendig macht. Nun steht dem Schäferstündchen vermeintlich nichts im Wege – bis auf den wider Erwarten doch nicht in Morpheus‘ Arme geschubsten Papa. In der eintretenden Hektik fällt Rachna natürlich kein besseres Versteck für ihren Beau ein als der Kleiderschrank. Papchen hält aber offenkundig die Stunde für ein ausgiebiges Vater-Tochter-Gespräch für gekommen und richtet sich in Rachnas Schlafstube häuslich ein. Mir deucht, Paps steht einer etwaigen Verbindung von Rachna und Suraj ausgesprochen positiv gegenüber, denn als programmgemäß Onkel Papa den Kleiderschrank öffnet, grinst ihn Suraj fröhlich an. Und einen Umschnitt später wird schon geheiratet (andererseits: vielleicht ist das in Indien auch die Strafe für Im-Schrank-der-Geliebten-Verstecken, so wie man bei uns gezwugnenermaßen geheiratet hat, wenn die Holde sich einen unehelichen Braten ins Rohr stecken hat lassen).

Doch es ist nicht alles Eitel Freude Sonnenschein bei Frischgebackenens. Der arme Suraj leidet nämlich unter garstigen Nachtmahren. Was *genau* sich vor dem geistigen Auge unseres vom Schicksal geknechteten Heros abspielt, ist dank der Kombination „mindestens fünf überlagernde Bilder“ und „ausgesprochen beschissene Print-Qualität“ nur schwer erkennbar, aber jedenfalls träumt Suraj von einer Höhle, einem Uhu, einem Waran und einem Monster (und dem schauderhaften Inneneinrichtungsgeschmack seines Erzeugers). Onkel Papa und sein Diener halten es ersichtlich für keine gewinnbringende Idee, Suraj reinen Wein einzuschenken, aber wozu hat man neuerdings ein in der indischen Gesellschaft von 1978 sicher noch dem Gatten zum Gehorsam verpflichtetes Eheweib? Rachna schleicht sich daher des Nächtens mit einer Taschenlampe bewaffnet ins Schlafgemach ihres Vaters, wo der im Schrank die geheimen Akten (?) über die damaligen Vorfälle verbirgt. Die apportiert sie Suraj, und der freut sich ’nen Keks – jetzt, wo Suraj weiß, wo er eigentlich herkommt, wird er mit Rachna eine kleine Hochzeitsreise zum alten Familiensitz unternehmen. Da bleibt Onkel Papa nur der resigniert-freundliche Schulterklopfer und vermutlich der Anruf auf’m Friedhof, dass in der Familiengruft derer von und zu Singh demnächst zwei Plätze gebraucht werden.

Indien ist bekanntlich GROSS und so dauert die Fahrt unseres Pärchens locker in die Nacht hinein, bis die Karre mit qualmendem Kühler (d.h. der Kühler fängt in der Mikrosekunde zu qualmen an, in der Suraj die Motorhaube öffnet) den Dienst quittiert. Ehe wir noch „There’s a light over at the Frankenstein place“ anstimmen können, passiert – gar nix. Außer, dass Suraj Rachna, die anscheinend gerade second bis third thoughts über die ganze Aktion entwickelt, ein Beruhigungsbützche auf die Stirn küsst und die Fahrt dann, ohne dass Chefmechaniker Suraj auch nur in den Kühler gepinkelt hätte, fortgesetzt wird.
Rachma pennt auf dem Beifahrersitz und Suraj selbst ist auch gerade dabei, friedlich einzuschlafen. Und so fährt er beinahe den laternenschwenkenden älteren Herren, der vor einer Vollsperrung der Straße warnt (Scheißjob, mitten inna Nacht), über’n Haufen. Der Zausel ist nicht nachtragend und empfiehlt die genreübliche Umfahrung über wenig vertrauenseinflößende Waldwege. Oder aber er empfahl nur eine Pension, denn der Weg führt zu einem wenig vertrauenseinflößenden Gemäuer, wo nach energischem Klopfen (und erwartungsgemäßem Herumkreischen der Holde) ein Subjekt öffnet, dass ich zunächst mal für ein Gespenst gehalte habe. Die Weiße Frau ist aber wohl doch nur die Besitzern des Etablissements. Dennoch – anhand meiner aus billigen Horrorfilmen gewonnenen Erfahrungswerten würde ich lieber im Auto schlafen.

Der Hotelaufenthalt wird hauptsächlich aus zwei Gründen benötigt – für den lausigsten false scare seit Erfindung des Gummihandschuhs (es ist, man halte sich fest, Suraj, der in voller humoriger Absicht seine eh schon nervlich angeschlagene Geliebte mit einem „behandschuhte Killerhand greift über die Badezimmertür“-Gag erschreckt. Ich glaube, das qualifiziert sich als Notwehr- und/oder Scheidungsgrund) und für Flashback-Exposition. Und zwar einen Flashback dieser besonders großartigen Sorte, bei der derjenige, der uns den Flashback erzählt, unmöglich wissen kann, was in dem Flashback passiert.

Weil… okay, ich reime mir wieder zusammen. Der Ehemann unserer Weißen Gespensterlady (halt, stopp, nicht der Ehemann, der Sohn. Sagt zumindest „Khayaal“ inna IMDb. Man will ja niemandem nix falsches unterstellen. Und die „Gespensterlady“ heißt Dharma. Will sagen – wenn sie in diesem Film noch etwas Relevantes treibt, ist es eine… festhalten… Dharma-Initiative. I’m killing me) war eines schönen Tages unterwegs in einem gewissen Höhlensystem, in dem u.a. ein Uhu Schuhu und ein Waran herumtrapsen. Und halt auch ein Monster. Und wie’s Monster so treiben, bringt es den neugierigen Höhlenforscher um. Wie gesagt – der Knabe war allein unterwegs, niemand hat’s gesehen, niemand kann wissen, dass ein böses Monster ihn umgebracht hat (übrigens, in dem es ihm in den Hals beißt. Vampir isses ooch noch. Wir erhalten an dieser Stelle auch die ersten halbwegs brauchbaren Blicke auf die Monster-Maske. Die ist erwartungsgemäß ziemlich lächerlich, aber noch deutlich besser als bei Turkish Star Wars und wohl auch besser als das, was der indische Horrorfilm gemeinhin auffährt – das ist nämlich, so behaupten Leute, die es wissen müssen, weil sie mehr als drei indische Horrorfilme gesehen haben, so ungefähr das, was beim indischen Wal-Mart-Äquivalent in der Halloween-bzw-vergleichbarer-Anlass-in-Indien-Resterampe gibt. Und, ja, nach ’ner knappen Stunde haben wir tatsächlich sowas ähnliches wie eine Horror-Szene und es gibt sogar eine Andeutung von – SHUDDER – BLUT!).
Interessant an der ganzen Geschichte ist noch, dass die Pension oder was immer das hier ist, ausweislich eines Straßenschilds 113 Meilen von Shimago (nicht beinahe der Hauptsitz einer Fahrradsattelfirma, sondern so heißt das Kaff, in dem die Singhs einst residierten) entfernt ist, Weiße Gespensterlady aber, nun, nicht unbedingt rege, aber wenigstens in Person dort noch eingreifen wird. Nun gut, vielleicht hat sie ja ein Auto.

Am nächsten Morgen fahren unsere Flitterwöchner unbeeindruckt weiter. An einem Fluss muss Suraj Kühlwasser nachkippen (ins Auto), was der ideale Anlass für die zweite Gesangseinlage ist. Nach dem Gesetz der Gleichberechtigung darf Rachna nun in Form eines beschwingten Schlagers mit der Filmhandlung nicht weiter in Verbindung stehendes Liebetriebeschubiu von sich geben und, voller Körpereinsatz in Bollywood, dem ein spontanes Bad nehmenden Suraj in den Fluß folgen. Ich hab noch nicht viel Musicalnummern erlebt, in denen die Sängerin bis zur Oberweite in einem echten, fließenden (und gar nicht SO kleinen) Gewässer steht, plantscht und singt (zum Glück nicht sinkt).

Die nächste Übernachtung (eh, 113 Meilen und die schafft ihr nicht an einem Tag?) vollziehen unsere Helden dann doch lieber im Auto, wo es zu etwas kommt, was ich in einem indischen Film von anno 1978 nicht erwartet hatte – eine implizierte Sexszene! Auf der umgeklappten Rücksitzbank (zum Glück fährt Suraj ’nen Kombi) wird das gute alte Rein-Raus-Spiel getrieben – komplett mit Kenny-G-tauglicher Saxophon-Untermalung, leisen femininen Stöhnlauten und, natürlich, keinerlei explizitem Bildmaterial (Suraj darf sein Schatzi aber immerhin auf Hals und Schulter küssen). Auch wenn unsereins drüber bestenfalls schmunzelt – ich bin sicher, zeit- und ortsgenössisch war das knapp vor’m Hardcore-Porno.
Die (sicherheitshalber auch noch weichgezeichnete und durch strategisch gesetzte Blumengirlanden obstruierte) Rammeleinlage wird allerdings durch suspekte Geräusche aus dem Unterholz gestört. Suraj, als indischer Herrenmensch stets mit einem Revolver in der Hose (harhar) unterwegs springt in Action und ertappt einen hundertfuffzichjahre alten Yogi, der vermutlich die unverwüstliche „IHR SEID ALLE VERDAMMT MUWAHA-HAA!“-Nummer durchzieht, bis er ein Tattoo/ein Muttermal in der Form einer Art Dreizacks auf Surajs Unterarm erspäht und ihn dadurch korrekt als eben Suraj Singh identifiziert. Da wechselt der Yogi ganz schnell die Schallplatte auf devote Unterwürfigkeit und entblößt eine grausam (naja) verunstaltete Schulter! Wenn das mal nicht ein Werk des Monsters war! Rachna ist von diesem grauenvollen Anblick derart ins Bockshorn gejagt, dass sie schreiend das Weite sucht und Suraj notgedrungen hinterherrennen muss. Der Yogi verpisst sich im Nebel und Suraj kuckt doof aus der Wäsche. Das kann er gut.

Am nächsten Morgen verkündet ein Straßenschild noch 45 Meilen bis Shimago (Ihr seid echt nicht schnell unterwegs, Leute!). Suraj ist mal wieder weg, um Kühlwasser für den Wagen zu finden, also räkelt sich Rachna lasziv am Auto herum. Was noch in keinem Hinterland der Welt, und bestimmt gar nicht im wie wir mittlerweile wissen durchaus vergewaltigungsfreundlichen Indien, eine gute Idee ist, wenn eine Horde sexuell unterversorgter Hinterwäldler in der Nähe Löcher in die Luft glotzt. Bzw. nunmehr in Rachna, die immerhin clever genug ist, um sich auszurechnen, dass das halbe Dutzend Herrschaften ihr höchstens die Sehenswürdigkeiten in ihren jeweiligen Hosen vorstellen möchte. Sie geht stiften und findet zum Glück ein paar günstig herumstehende Ruinen, in denen frau sich verstecken kann. Aber nicht lange.
Bevor sich der Film in ein unautorisiertes Hindi-Remake von The Last House on the Left verwandeln kann, eilt Suraj zur Rettung. Und, hollaho, hielt ich ihn bislang für einen eher unnützen Helden (hat er doch in den bisher 65 Minuten Spielzeit nichts elementar Heldenmäßiges vollbracht), er erweist sich als Großmeister der bislang arg unterschätzten, sicherlich altehrwürdigen indischen Kampfkunst des Kanister-Fu, die sogar die zahlenmäßige Überlegenheit der Möchtegernrapisten ausgleicht. Zumindest solange, bis einer der Angreifer die noch altehrwürdigere Kampfkunst des Schaufel-Fu zitiert – nun könnte Rachna schnell zur Witwe werden, doch es ruft jemand die Gangbangwütigen zur Räson. Ein… Zigeunermädchen? Öhm. Die Roma stammen, soweit weiß ich auch noch, tatsächlich ursprünglich vom indischen Subkontinent, verließen den aber vor ca. 1500 Jahren. Ich wage also mal zu behaupten, dass die Ramsays hier nicht irgendwelche indische Roma-Geschichte verarbeiten, sondern einfach aus den Universal-Horrorfilmen der 40er gelernt hatten, das in Horrorgeschichten im Hinterwald einfach von Haus aus irgendwelche exotischen Gypsy-Gestalten rumhüpfen müssen, also steckt man die Dorfbewohner (speziell -innen) in Gina Lollobrigidas abgelegte Esmeralda-im-Glöckner-vom-Notre-Dame-Kostüme und lässt’s damit gut sein.

Esmeralda (ja, sie heißt im Film Shaila. Ist doch fast das selbe. Und ich bleibe lieber bei Esmeralda. Ist irgendwie passender) verfügt über genügend Autorität, um die Goons von ihrem schändlichen Treiben abzubringen, doch es ist zu erwarten, dass Suraj und Rachna nicht unbedingt neue Freunde gewonnen haben (zumindest nicht, was Goga, den Anführer der Bande, und seine Kumpel angeht).

Damit wären wir auch wieder beim Thema „Unterschiede zwischen US- und Indien-Horrorfilmen“. Während der gemeine Hollywoodheuler zu diesem Zeitpunkt seinen Cast bereits großflächig niedergemetzelt hat und nun im Allgemeinen sein Final Girl mit aufgerissenen Augen und Fleischermesser in der Hand durch das dunkle Haus auf der Suche nach dem Killer schleichen lässt, meint ein durchschnittlicher Bollywoodregisseur, dass jetzt der ideale Moment wäre, um ein paar neue Charaktere einzuführen. Nicht nur Esmeralda und Goga… da hätten wir z.B. Shakaal, den örtlichen Muskelprotz (von Shimago, nehme ich an. Ungeachtet der Tatsache, dass dieses Kaff bekanntlich 45 Meilen entfernt von Point Rape gelegen sein soll, ist es ersichtlich doch um die Ecke und jedenfalls später in Laufweite vom Singh-Familiensitz. Die Geographie des Streifens ist… unübersichtlich. ich vermute starke Lovecraft-Einflüsse), der gerade bei der ehemals olympischen Sportart des Tauziehens den Rest der Männer des Dorfs ganz alt aussehen lässt (und insbesondere den comic-relief-Fettsack, der zum Glück keine besonders wichtige Rolle spielt). Shakaal hat auch ’ne Freundin am Start, auch sie pflegt den Roma-Look (knöchellanger, weiter Rock, geschnürtes Korsett, Ohrringe wie Wagenräder, keine Spur Sari-Ähnlichkeit) und heißt Reshma.
Mitten in Shakaals schönste Siegesfeier (inklusive Blütenkranzüberreichung durch den halbmumifzierten Dorfältesten o.ä.) platzt Goga mit seiner Bande und reicht, vermute ich, verbale Beschwerde über seine Behandlung seitens Esmeraldas ein. Shakaal schlägt sich, obwohl der Dorfvorsteher (Sardar) Goga handgreiflich eine klatscht, auf dessen Seite. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht stelle ich die Hypothese auf, dass Shakaal und Goga ahnen, wissen oder zumindest raten, dass Suraj ein Singh ist und mit seiner Ankunft aufgrund des Fluchs gräßlich Ungemach über die Dorfgemeinschaft hereinbrechen wird. Auf jeden Fall regt sich Shakaal fürchterlich auf – und mit dem Namen kann er ja kein freundlich gesonnener Geselle sein.

Suraj und Rachna fahren wieder bis spät in die Nacht (ich beginne ernstlich zu überlegen, ob ich Suraj ein Navi schenken soll. Ich weiß nicht, wohin der fährt, aber nach Shimago wohl nicht). Plötzlich und unerwartet – platzt ein Reifen (und, wenn ich dem Bildmaterial gehe, hat man die Szene an der exakt gleichen Stelle gedreht, an der in der ersten Nacht das Kühlwasser ausging. Suraj fährt also offenbar wirklich im Kreis). Mit männlicher Gelassenheit schickt Suraj sich an, den Reifen zu wechseln, doch – DRAMATIC MUSIC CUE – der Ersatzreifen fehlt! Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Film hier tatsächlich übernatürliche Ursachen implizieren will oder Suraj ganz einfach ein Trottel ist.
Auf der Suche nach … wasauchimmer… stolpert Suraj in das bewusste Höhlensystem. Der Eingang befindet sich ungefähr 2 Meter entfernt vom Auto. Aaaaaaah ja. Wir haben hier also eine geheimnisvolle, monsterversuchte Höhle, ZU DER MAN MIT DEM AUTO FAHREN KANN??? Brahma hilf!
Suraj macht sich auf, die Höhle zu erkunden – klar, wenn man eine Reifenpanne und keinen Ersatzreifen hat, wo sucht man nach Pannenhilfe? In einer mysteriösen Höhle, von der man übel geträumt hat. More insane things have happened, albeit not often. In der Höhle trifft Suraj auf Uhu, Waran und Flughund, jedoch nicht auf Monster. Das nämlich jongliert vor der Höhle mit dem Auto (was insofern uncool ist, als Rachna noch drin sitzt). An dieser Stelle drängte sich mir erstmals der Eindruck auf, dass ich keinem Horrorfilm, sondern einer unautorisierte „Hulk“-Adaption beiwohnte. Rachma kreischt, weil das Monster ihr Auto über seinem Kopf wirbeln lässt. Der Schrei dringt an Surajs Ohr, aber bis der sich dazu durchgerungen hat, seinen Ausflug ins Fachgebiet der Speläologie zugunsten Ehefrauenrettung durchzuringen, ist a) das Monster weg, b) das Auto geschrottet und c) auch Rachna verschwunden. Ich nehme alles, was ich ein paar Absätze weiter oben eventuell über Surajs Heldenkompetenz geschrieben habe, zurück. Er is’n Idiot.

Immerhin – er sucht nach der Holden und landet auf diese Weise vor der Tür seines eigenen ehemaligen/zukünftigen Herrenhauses. Selbiges wird beaufsichtigt von einem extrem vertrauenserweckenden Typen – Augenklappe, Vollbart, nackter Oberkörper nur von einer Lederweste geziert, Machete fest in der Hand, also Typ klassischer Grundschulhausmeister. Suraj macht dem Knaben, den ich für mich Einauge-Sandokan getauft habe, unspezifizierte Vorhaltungen, bis Rachna aus dem Nichts auftaucht und in Surajs starke Arme sinkt. Suraj pfeift Einauge-Sandokan so lange zusammen, bis der sie endlich reinlässt. Bei Suraj scheint die Einrichtung (und die gigantischen Portraitgemälde seiner Eltern) tatsächlich die ein oder andere Erinnerungssynapse anzuschließen.

Woanders hängt der Haussegen schief – Reshma textet Shakaal zu und so wie die Tante ohne Punkt und Komma daherquasselt (und wahrscheinlich meckert, dass Shakaal nicht mit Möchtegernvergewaltigern wie Goga fraternisieren soll), und angesichts Shakaals ersichtlich eher kurzen Geduldszündschnur, dürfte es kaum jemanden überraschen, dass er den Redefluß seines Gspusis mit einem soliden rechten Haken an den Mundwinkel stoppt. Nach kurzer Abkühlung am Fenster hat Shakaal sich aber soweit wieder im Griff, dass er sich bei seinem blutenden Weib (ich nehme an, dass die beiden verheiratet sind. Sonst dürften sie sich doch wohl kaum die Hütte teilen) entschuldigt. Was aber nicht heißt, dass er plötzlich dem Suraj-Singh-Fanclub mit Ehrenmitgliedskarte beigetreten ist.

Neeinnein… vielmehr steht er am nächsten Tag, als auch Suraj und Rachma sich im Dorf herumtreiben (und Suraj etwas auf dem Kopf hat, das irgendwie aussieht wie eine Nils-Bokelberg-Gedächtnisschlumpfmütze), vor Sardar und fordert Satisfaktion. Ich weiß zwar nicht wofür, weswegen und warum, aber offensichtlich beleidigt Suraj durch seine bloße Existenz Shakaals Wohlbefinden (das ist zumindest nicht elementar unverständlich), was nur durch einen Kampf TO THE DEATH~~! aus der Welt geschaffen werden kann. Weil Suraj der größte Vollpfosten des indischen Subkontinents ist (mindestens), willigt er ein.
Da Pürierstäbe als Waffe der Wahl nicht zur Verfügung stehen, greifen die Streithähne auf vermutlich aus einer Früh-70er-Shaw-Brothers-Produktion ausgeborgte Schwerter der 2-m-Kategorie zurück, mit denen man vermutlich nur dann jemanden töten könnte, wenn man ihn mit dem Griff erschlägt (in einem echten Kampf wäre der sicherste Platz wahrscheinlich direkt davor). Suraj beschränkt sich weitestgehend auf die Defensive – clever genug, denn so wild und unkontrolliert wie Shakaal um sich schlägt, ist der nach drei Minuten eh konditionell platt. So rammt Shakaal dann auch seinen Zahnstocher duch den Stützpfeiler einer Veranda – augenscheinlich ist es VÖLLIG unmöglich, den Eumel da auch wieder rauszuziehen, denn das ist tatsächlich der Move, der den Kampf zu Surajs Gunsten entscheidet. Elender Gutmensch, der er ist, weigert er sich, Shakaal den Kopf abzuschlagen, sondern donnert das Schwert in einer Spartacus würdigen Geste ungespitzt in den Boden. Shakaal kuckt finster. Ich hab das Gefühl, das ist noch nicht ausgestanden. Auch wenn mir durchaus gelegen käme, erinnerte sich der Film langsam mal wieder an sein nominelles Genre Horror.

Doch bevor wir eventuell wieder irgendwelche Leute erschrecken können (ist ja noch über ’ne halbe Stunde Zeit dafür), absolvieren wir die dritte und letzte Musiknummer. Schließlich wussten schon Cindy & Bert, dass, aber, am Abend, der Zigeuner spielt, selbst wenn er Inder ist. Reshma singt uns daher einen weiteren beschwingten 60er-Jahre-Schlager (mit couragiertem Hammondorgeleinsatz), dazu tanzt uns Esmeralda bauchfrei den Flamenco und der Comic-Relief-Fettsack drängt sich (zum Glück nicht bauchfrei, aber da wir seine Plauze bereits bewundern durften, ist das auch schon wieder egal) als ihr Tanzpartner auf.

Und kaum haben wir uns ausgegrooved, wird’s auch schon brachial horribel. Zunächst mal findet Rachna in ihrer Kemenate ein weißes Zwergkaninchen (das zu meinem Leidwesen offensichtlich von einem Bühnenhelfer immer dorthin geworfen wird, wo’s gebraucht wird. So kann das kleine Wesen schon mal eineinhalb Meter von einem Tisch auf einen Schrank „springen“). Weil Kaninchen = süss, versucht Rachna es zum Knuddeln zu fangen, kommt dabei aber an die Schranktür und aus der poltert… ihres Vaters treuer Diener, seines Zeichens tot! Buaargh!!! Bzw. KA-HA-RAIIISCH!
Rachna als Heulboje ruft verständlicherweise Suraj auf den Plan und, na, so eine Überraschung aber auch, als der nachschauen geht, ergibt sich als Bestandsaufnahme: 1 Zimmer minus 1 Kaninchen minus 1 Leiche. Ganz der verständnisvolle Ehemann, der unter Alpträumen leidet, ist das für Suraj Grund für mildes Amüsemang. Weiber halt, immer historisch, äh, hysterisch.
Doch es GIBT eine Leiche – die hat nur, geistesgegenwärtig, wie er ist, Einauge-Sandokan unter seinem Kilt versteckt (I’m just reporting).

Shakaal, indes, wetzt das Messer. D.h. er schleift sprichwörtlich sein Langschwert, weil er Präsident des Clubs der Scheißverlierer ist und unbedingt noch Suraj von Haarspitze bis Zehennagel aufschlitzen möchte. Ein frommer Wunsch, fraglos, da es dem Film langsam mal Beine machen würde. Reshma erwähnt „Batman“ (ich fürchte, sie meint nicht Bruce Wayne, und nicht mal Batman Padilla aus Alyas Batman en Robin, aber es bringt Shakaal auf die Palme. Reshma (lustig: ich verstehe, wenn Esmeralda Reshma anredet, prinzipiell „Aneurysma“) verpisst sich in die Wildnis, Esmeralda kuckt doof hinterher (hat aber ’nen heißen Fummel an).
Reshmas Weg führt sie in den Singh-Familiensitz, wo sie einen Transformer sucht (jedenfalls ruft sie für mich „Bumblebee“) und entdeckt dabei, wie Einauge-Sandokan aus einer Geheimtür kraucht. Weil Weiber a) neugierig und b) dumm sind, schleicht sie sich durch die Geheimpassage, die, ist irgendjemand überrascht, auf direktem Weg in das Höhlensystem führt, was den Regisseuren die Möglichkeit bietet, Waran-, Flughund- und Uhu-Aufnahmen noch ein paar Mal gewinnbringend einzusetzen. Einem fackelbeleuchteten Pfad folgt sie bis zu einem Winkel, wo ein weißhaariges, dafür aber skelettiertes Individuum tot rumsitzt (Weiße Gespensterlady? I almost suppose so). KREISCH! KREISCH!! Frau sollte aber aufpassen, wo sie rumkreischt und entsetzt rückwärts stolpert – sie rumpelt nämlich direkt in das hässliche Monster, dass sie umbringt, indem es ihr für eine Sekunde die Krallenhand aufs Gesicht legt. Indische Frauen halten nix aus.

Am nächsten Tag ist das ganze Dorf auf der hektisch-panischen Suche nach der Vermissten. Shakaal findet einen Ohrring. Goga beschließt direkt vor Ort, ohne auch nur den Ansatz eines Indizienbeweises zu haben, dass alles zweifelsfrei Surajs Schuld ist. Bevor der auch nur „Piep“ zu seiner Verteidigung sagen kann, hat ihn einer von Gogas Schlägertypen bereits sportlich von hinten mit einem Brett niedergeschlagen. Man lässt den Knaben aus unerfindlichen Gründen liegen und verzupft sich. Esme, die an Suraj – ungeachtet der Tatsache, dass er ja vergeben ist – einen mittelgroßen Narren gefressen hat, will zum Gefällten durchdringen, doch da fällt Shakaal ein, dass er sie noch gerne umbringen möchte. Also tut er das (Motivation? We don’t need no stinkin‘ motivation!).

Da die Formalitäten erledigt sind, dringen Goga und seine Spießgesellen johlend, hüpfend und schreiend in die Singh-Villa ein und wollen dort Schabernack treiben, der sich vermutlich auf „gape“ und „village“ reimt. Rachna fummelt beim Versuch, sich zu verstecken, unabsichtlich am Öffnungsmechanismus der Geheimtür rum und nimmt die Einladung, sich dortdurch zu verkrümeln, dankbar an. Leider ist auch sie als Weibsvolk doof und vergisst, die Geheimtür wieder zu schließen. So aber bemerken Goga und seine Bande, wohin Rachna geflohen ist und folgen ihr auffällig, womit sie genau nix gewonnen hat (okay, die Höhle ist womöglich etwas unübersichtlicher). Zumal Rachna einen unerwarteten Verbündeten hat – das Monster, das sich, weil Goga und seine Männer Grundregel Nummer 1 des Horrorfilms beherzigen (in brenzligen Situationen IMMER aufteilen!) durch die Schlägerreihen metzelt. Naja. Es killt weiterhin durch Handauflegen, ist also quasi ein umgekehrter Wunderheiler. Der einzige, der ernstlich Gegenwehr leistet, ist Goga, doch sowohl der Einsatz einer Fackel als auch die Cüneyt-Arkin-patentierte Methode der Unterarmschläge auf die Schultern erweisen sich als nutzlos und auch Goga wird zu Tode geknufft.

Meanwhile hat Suraj wieder ins Land der Lebenden zurückgefunden und ist mit Sardar und einer Handvoll Dorfbewohner in seine Villa zurückgekehrt – man findet die offenstehende Geheimtür. Sardar schlägt Suraj gönnerhaft vor, als erster die Unterwelt zu erkunden. Dort finden sich erstens die unversehrte Rachna und zweitens ein Typ im Poncho, der der Expedition den Rücken zukehrt und sich erst auf mehrfache lautstarke Nachfrage des Dorfvorstehers umdreht. Es ist… Trommelwirbel… Paul Naschy als Werwolf? Honestly, das war meine erste Assoziation. Entgegen jeglichen Augenscheinsbeweises vermittelt uns das Kreativteam über ein paar plakative Zooms und Zwischenschnitte, dass es sich bei dem geheimnisvollen Kerl um… jetzt aber Trommelwirbel… Pretab Singh, Surajas mitneffen und -nichten toten Vater handelt! Potz! Donner! That makes sense. Actually, no, it does not.

Pretab ist allerdings halb katatonisch und wird daher erst mal ins Bett verfrachtet. Suraj nimmt die Sache zum Anlass, Einauge-Sandokan mal gehörig auf den Zahn zu fühlen. Unter Druck knickt der ein und vermittelt uns durch einen Flashback wertvolle (hihi) Exposition. Als seinerzeit nämlich das Monster mit Surajs Karre Auto-Jojo spielte, wurde das geschändete Fahrzeug von Rachna-Papas treuem Diener und der Weißen Gespensterlady (in welchem relationalen Zusammenhang die beiden stehen, werden nur des Hindi Mächtige nachvollziehen können) entdeckt! Bevor der treue Diener allerdings etwas tun konnte, wurde er vom Monster getötet. Da Suraj auf dem Rückweg aus der Höhle war, griff Einauge-Sandokan zur Verzweiflungstat, erstickte Weiße Gespensterlady und versteckte beide Leichen. Ich bin mir völlig sicher, dass das in auf Hindi mit dem großen und ganzen Gesamtzusammenhang sicherlich absolut schlüssig zu erklären ist. Womöglich aber auch nicht.

Dieweil hat man offensichtlich auch Goga und die Seinen in Leichenform gefunden, was nun wieder eine blendende Gelegenheit für Shakaal darstellt, sich tierisch aufzuregen. Da Shakaal bereits einen ordnungsgemäßen Fackel- und Mistgabelmob, wie er jedem Frankenstein-Film zur Schande gereichen würde, organisiert hat, gehe ich davon aus, dass Shakaal Pretab für die Bluttaten verantwortlich macht. And for once… aus seiner Sicht ist das nachvollziehbar. Pretab hat eine Historie grausamer Gewalttaten, sah bei seinem Auffinden nicht so aus, als hätte er alle beisammen… und das Monster hat ja keiner gesehen. Sardar ist wohl nicht für die Art der schnellen und endgültigen Jusitz, die Shakaal vorsieht, kann sich aber nicht durchsetzen.

Eingauge-Sandokan verbarrikadiert angesichts des wütenden Mobs das Haus und schenkt Shakaal vom Dach aus einige lieb gemeinte Beleidigungen ein. Suraj und Rachna würden gern abhauen, aber nicht mit Sandokan, der offensichtlich auf dem Standpunkt steht, dass eine Familie gemeinsam untergeht. Shakaal erklimmt mittels Enterhaken den ersten Stock und hat dabei genau das Fenster erwischt, hinter dem der katatonische Pretab den Schockschlaf der Ungerechen schläft. Shakaal hat offenkundig vor, den armen alten Mann zu Tode zu peitschen. Hätte er mal nicht gemacht, denn als Shakaal ihn ausreichend in Rage gebracht hat, beginnt… Pretab… sich zu verwandeln. Über die Zwischenstation „Santa Claus“ transformiert er in DAS MONSTER! (Ich hab doch gesagt, das ist der indische Hulk).

Okay, das ist ein überraschender Twist. Ein dämlicher und völlig unlogischer, aber überraschend (wir erinnern uns: beim ersten Auftreten des Monsters lag Pretab sterbend in seinem Schlafzimmer, das Monster kam per POV-Shot aus dem Wald. Ich nehme an, die Ramsays spekulierten darauf, dass sich nach zwei Stunden Film niemand mehr an den Anfang erinnern würde). Wenig überraschend ist, dass das Monster mit Shakaal den Fußboden aufwischt (er darf sogar ein wenig bluten).
Sandokan, Suraj und Rachna werden vom Kampflärm nach oben gelotst. Das Monster hat dieweil Shakaal erfolgreich umgebracht und wendet sich neuen Opfern zu. Es findet ein solches zunächst mal in Sandokan, der auf dem Treppengeländer erwürgt wird (ein undankbares Monster, war Einauge-Sandokan doch wohl so etwas wie sein Protektor). Einige debile Zwischenschnitte auf den verröchelnden Shakaal erfreuen mein krankes Herz durch die hinter ihm sichtbaren Beine, obwohl er nach allen Regeln der Kunst allein im Zimmer liegen sollte. Während Suraj und Rachna sich durch ein Seitenfenster aus dem belagerten Haus subtrahieren, wählt das Monster die Vordertür und versetzt den Mob in gelinde Panik.

Ganz im Sinne des „circle of life“ verlagert sich die Schlacht zum Kali-Tempel (obwohl der im Prolog noch eine ganz schöne Pferdestrecke von der Villa entfernt lag), wo Suraj mit einigen mutigen Männern versucht, das Monster zu fesseln. Fat chance, sucker. Es bedarf im wahrsten Sinne des Wortes einer göttlichen Eingebung durch Kali, dass Suraj den Dreizack der Göttinnen-Statue im Tempel verwenden muss. Suraj rammt dem Monster den Dreizack in den Rücken, woraufhin der Tempel einzustürzen beginnt und das Monster unter sich begräbt. In seinen letzten Momenten verwandelt es sich zurück in Pretab, der in einer letzten Geste der Entschuldigung (?) seine Hand gen Kali ausstreckt und seinem Sohn noch einen längeren „letzte-Worte“-Monolog ans Knie nagelt, ehe er nun wirklich verscheidet…

Öhm. Ja. Das war mal was.

Und doch… gemessen an dem, was ich über die ausgeflippteren Vertreter des Hindi-Horrors gelesen habe, ist „Darwaza“, nein, kein guter Film, aber im Tiefsten seines singend, tanzenden und allgemein zeitverplempernden Herzens eine ziemlich „normale“, konservative Gruselgeschichte, die sich von ihrer Grundkonzeption irgendwo zwischen Mitt-40er-Universal-B-Horror und lesser-Corman-zur-Poe-Zyklus-Zeit-Klopper einpegelt. Familienfluch, Rache aus dem Jenseits, umherstaksendes Monster, farbenfrohe Zigenuermädels und rachsüchtige Zigeunerjungens… das sind durchaus alles Klischees, die die Ramsays aus westlichen Horrorfilmen aufgeschnappt haben, nur halt satte 15 bis 30 Jahre zu spät (zumindest für uns internationales Publikum. Auf dem heimischen Markt sah das sicher anders aus).

Das ist auch mit dieser Verspätung ein taugliches Gerüst, an dem man sich für einen nicht sonderlich originellen, aber brauchbaren Gruselheuler entlanghangeln kann, aber man muss natürlich ehrlicherweise konstatieren – von den 126 Minuten Laufzeit (tsk? Seit wann macht Bollywood Kurzfilme?) beschäftigt sich „Darwaza“ vielleicht 30 Minuten wirklich mit seiner vorgeblich zentralen Horrorgeschichte. Den Rest vertrödeln wir mit Romantic Comedy (unvermeidlich), sinnlos Zeit totschlagenden Plot-Umleitungen und den im Sinne einer klassischen Gruselstory deplaziert wirkenden Umtrieben der verhinderten Vergewaltiger um Goga und dem Shakaal-Subplot (warum, bitteschön, bringt Shakaal Shaila um? Für den Kick für den Augenblick?) und, aber das ist nun mal in einem Bollywood-Film Grundvoraussetzung, song & dance (drei Einlagen, zusammen ’ne knappe Viertelstunde, also noch im Rahmen des wohl auch für Musical-Verächters noch Erträglichen). Der Schlusstwist ist dämlich und welchen Vorteil der Film daraus zieht, zwei gewichtige Horror-Sequenzen als Flashbacks zu gestalten, werden mir auch die zahllosen Ramsay-Brüder eher nicht erklären können.

Sei’s drum – aufgrund der Sprachbarriere verbietet es sich für mich, großartige Kritik an den Charakteren und Plotentwicklungen zu üben. Die IMDb-Kommentare sind ein Notbehelf, um die ein oder andere Charakterbeziehung zu verstehen, aber keine Simultanübersetzung. Suraj erscheint mir allerdings trotzalledem ein weitgehend nutzloser Held – er ist im Filmsinne passabler Fighter (Jackie Chan wird nicht in Rente gehen deswegen) und versetzt dem Monster (seinem Vater, woraus der Film allerdings nicht wirklich einen echten Konflikt zu entwickeln scheint!) den Todesstoß, aber so richtig notwendig… kam er mir nicht vor.

Shakaal ist zumindest ein Schurke, der mächtig böse kucken und fies rumschreien kann, das reicht mir manchmal schon aus, Goga besticht durch zwei Ticks (er haut sich gern selbst eine runter und zwirbelt seinen Schnurrbart, was eindrucksvoller wäre, wenn er einen mehr als ’nen Dreitage-Schnurrer im Gesicht hängen hätte, den’s zu zwirbeln lohnt).
Der ständig mit seiner Machete herumlaufende Einauge-Sandokan-Hausdiener ist zumindest kurios und Sardar der klassische nutzlose Bürgermeister des alten Lon-Chaney-Werwolfkloppers, nur halt eben im indischen Hinterwald.

Ganz interessant ist der Kontrast in der Darstellung der Frauen – während das moderne Stadtmädel Rachna die klassische damsel-in-distress ist, die stets Gefahr läuft, vergewaltigt oder umgebracht zu werden, sind die Landeier Shaila und Reshma ganz offensichtlich ziemlich selbständige, eigen- bis starrsinnige Powerfrauen. Ich überlasse Euch die Schlussfolgerung aus der Tatsache, dass von den dreien nur Rachna die „THE END“-Einblendung erlebt…

Handwerklich ist „Darwaza“ eine mittlere Katastrophe, gegen die ein zusammengestoppelter Null-Budget-Trasher aus der Eurociné-Werkstatt wie ein gelacktes Multimillionendollarprojekt aus Hollywood wirkt. Und dann halten wir uns mal kurz vor Augen, dass die Ramsays in Sachen indischer Horrorfilm so ziemlich die Oberliga darstellen und weinen bitterlich. Gut, dafür, dass der DVD-Print mistig ist, können die Ramsays nichts – die waren die letzten, die dran dachten, dass 35 Jahre später irgendein deutscher Internet-Reviewer zwanzigseitige Analysen über ihre Filme schreibt und dazu gern etwas *gesehen* hätte – aber sowohl Kameraführung als auch (und ganz besonders) der Schnitt sind jenseits von Gut und Böse (aber: die Kameraramsays *haben* den Zoom-Knopf gefunden. Da könnte Jess Franco Kacken gehen, täte er noch leben, alldieweil die Ramsays tatsächlich ab und zu sogar im Focus bleiben).
Insgesamt ist der Streifen sehr sehr rumpelig und holprig inszeniert – ein paar Shots in der Monsterhöhle sind nicht unatmosphärisch (z.B. wenn Reshma dem Fackelpfad zur skelettierten Leiche der Weißen Lady folgt) und könnten in Händen eines kapableren Regisseurs (selbst einem von der Handeslklasse Fulci o.ä.) durchaus Wirkung entfalten.
Ich weiß nicht, woran es liegt, ob an der Luft, dem Ganges-Wasser oder zu vielen heiligen Kühen im Straßenverkehr, aber auch die Ramsays entwickeln ihre besten Szenen in den Musiknummern – die sind flott inszeniert und geschnitten (und in ihrer 60er-Jahre-mediterraner-Schlager-mit-exotischem-Einschlag-Mentalität gut anhörbar).

Die Damenwelt trägt durch die Bank schicke und attraktive (if not sonderlich enthüllende) Kostüme, bei den Herren besticht Suraj durch eine erstaunlich breitgefächerte Kollektion farbiger Unterhemden (und ab und zu scheint er auch mal zwischen zwei Takes der gleichen Szene das Kostüm zu wechseln).

In Sachen Horrorgehalt… nun ja… ich würde das Ding FSK 12 freigeben. Es gibt zwei-drei minimal blutige Szenen, aber nie wirklich graphische Gewalt, zumeist killt das Monster durch „Handauflegen“ (wie es z.B. Goga umbringt, den es eigentlich nur an der Hüfte festhält, ist mir völlig unklar).
Das Monster-Make-up ist gar nicht mal SOOOO schlecht. Es ist nicht gut, aber ich hatte – ausgehend von Screencaps primitiverer Hindi-Horrorfilme – schlimmeres erwartet. Die Transformationssequenz regeln die indischen Tricktechniker über Stop-Motion. Sieht auch mehr nach 40er-Jahre-Poverty-Row aus als nach 1978, but it gets the job done.

Zu den Darstellern… Anil Dhawan ist ein vielbeschäftigter Akteur mit über 100 Screen-Credits, allerdings sieht nach einer ersten oberflächlichen Recherche nichts davon so aus, als hätte es den im Westen Spuren hinterlassen. Er hat ’ne nicht gänzlich unsympathsiche „everyman“-Ausstrahlung und kann sich in den Kampfszenen einigermaßen bewegen, aber mehr als ’ne passable B-Vorstellung ist das nicht.
Shyamalee (Rachna) sieht wirklich lecker aus, hat’s mit der Filmkarriere aber nicht übertrieben – in ihrer schmalen Filmografie stehen aber immerhin Auftritte an der Seite renommierter Leute wie Shekhar Kapur (im Westen bekannt als Regisseur von „Bandit Queen“ oder „Elizabeth“) und „Sandokan“ Kabir Bedi.
Imtiaz Khan, der zumindest recht achtbar böse rüberkommt, gehört einem Schauspielerfamilienclan an, schaffte aber nie so recht den Durchbruch, obwohl er 1973 in „Yaadon Ki Baaraat“, einem Erfolg bei Kritikern und Publikum, debütierte.
Anju Mahehndru (Rehsma) ist bis heute in Bollywood tätig und hat auch ab und an kleinere Rollen in Star-Produktionen wie der Shahrukh-Khan-Komödie „Der Junge aus England und das indische Mädchen“ oder „Saathiya – Sehnsucht nach dir“.
Sheetal (Shaila) stand schon als Baby vor der Kamera, kam aber über kleine und Kleinstrollen nicht hinaus.
Shakti Kapoor (Goga) hat inzwischen fast 600 (!) Filmauftritte absolviert, galt als einer der beliebtesten Komiker des Bollywood-Kinos, war und ist sich aber auch nie zu schade, in „sex-and-violence“-(was-immer-die-Inder-darunter-auch-verstehen-mögen)-Filmen mitzuwirken und sich dort ein zweites Karrierestandbein aufzubauen. Als Goga deutet er durchaus an, dass er einen angemessen hassenswerten Schurken darzustellen vermag.

„Darwaza“ lag mir als einer von drei Filmen auf einer 49-Rupien-DVD vor (das ist umgerechnet ungefähr ’n Euro), Publisher ist eine Comany namens TIME, die sich erdreistet, ein permanentes Logo oben links einzublenden. Der Print ist, wie gesagt, angemessen besch…eiden (4:3-Vollbild), verkratzt, schmutzig, unscharf, verwaschen, aber immerhin ohne jump-cuts. Der Ton ist gleichermaßen mies, dumpf und knarzig zugleich.

So, was sagen wir also abschließend? Ob „Darwaza“ eine ideale Einführung in die wunderbare Welt des Bollywood-Horrors war, ist zweifelhaft – dafür ist der Film beinahe zu „konventionell“. Der Streifen hat eine echte, erkennbare Horrorgeschichte zu bieten, nur weiß er nicht recht, was er damit anfangen soll und füllt die Laufzeit daher mit dem, was ihm gerade so einfällt.
Ich hab mich trotz der respektablen Laufzeit und der Tatsache, dass das meiste, was sich während dieser zwei Stunden vor den Augen des Betrachters abspielt, nicht wirklich etwas mit der eigentlichen Story zu tun zu haben scheint, keinesfalls gelangweilt, da spielt aber sicher der „novelty value“ hinein, der Umstand, dass man sich eben zum ersten Mal in ein völlig neues Filmgebiet abseilt und nicht wirklich weiß, was einen erwartet. Seine technischen Defizite und die wilden Genre-Sprünge mögen ihn für Trash-Liebhaber interessant machen, die müssen aber damit leben, dass sie nichts verstehen werden (sprachlich gesehen) – wer sein Herz an einen „Shaitaani Dracula“ verloren hat, dem wird „Darwaza“ wohl nix bringen. Aber wenn man sich wie ich langsam an die „Höhepunkte“ des Genres herantasten will, ist es wohl nicht verkehrt, wenn man bei Sachen wie „Darwaza“, die zumindest nach Film aussehen und sich offensichtlich bemühen, eine nachvollziehbare Geschichte zu erzählen, anfängt und sich langsam steigert (aber immerhin habe ich gerade eine kleine Erleuchtung… der Titel „The Door“ meint wohl die Geheimtür in der Singh-Villa. Mann, bin ich clever!).

Ich lasse mir in der Bewertung jedenfalls noch Luft nach oben…

(c) 2013 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 8

BIER-Skala: 6


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