Dark Island – Lost in Paradise

 
  • Deutscher Titel: Dark Island - Lost in Paradise
  • Original-Titel: Dark Island
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  • Regie: Sam Gorski, Niko Pueringer
  • Land: Kanada
  • Jahr: 2010
  • Darsteller:

    Jai Koutrea (Will Cain), Zero Kazama (Raymond Hua), Mary Christina Brown (Rachel Gant), Victoria Floro (Dr. Sophie Miller), Rob O’Brien (Allen), Eric Raymond Lim (Mitchell), Rodney Wiseman (Tucker), Andre Benjamin (Wessler)


Vorwort

Der Großkonzern AltraCorp betreibt auf einer unbewohnten Insel vor der kanadischen Westküste geheimnisvolle Bio-Experimente. Irgendetwas scheint aber schiefgelaufen zu sein, denn der Kontakt zum Forschungsteam bricht ab. Grund genug für Kampfwissenschaftler Raymond, die Hühner und ein Search-and-Rescue-Team, bestehend aus seiner Kollegin Rachel, der Ärztin Sophie, dem IT-Experten Allen und dem Bootsbesitzer und Armee-Veteranen Will zu satteln. Die Insel begrüßt die Retter-in-spé mit pissigem Wetter und einer Batterie gepfählter Krähen – nervig bis rätselhaft, aber nicht so nervig und rätselhaft wie Mitchell, Raymonds alter Kumpel und Leiter des verschollenen Forschungsteams, der die Rettungstruppe attackiert und sich als krönenden Gag in eine agressive Rauchwolke verwandelt. Nachdem Wills Kajütkreuzer spurlos verschwindet und Raymond in der Nacht von der Inselflora angegriffen wird, hat Will doch ein paar drängende Fragen. Raymond muss zugeben, dass er nur Ex-AltraCorp-Mitarbeiter ist – er wurde gefeuert, als er feststellte, dass seine Forschungsarbeiten für militärische Zwecke (as usual), sprich Herstellung eines Super-Virus, missbraucht wurden. Mitchell hielt ihn über die Entwicklungen auf dem Laufenden. Nun sieht es so aus, als wäre ein Immunisierungs-Test (schließlich ist’s im Kriegsfall wünschenswert, dass die eigenen Soldaten nicht am selbst mitgebrachten Biovirus krepieren) gründlich schief gelaufen. Ungeachtet der Tatsache, dass niemand so richtig weiß, wie man von der verdammten Insel wieder runterkommen soll, würde Ray gerne die katastrophalen Testergebnisse und damit die fiesen Machenschaften des Konzerns ans Tageslicht bringen. Doch das bedeutet, dass man den Computer aus Mitchells Camp bergen muss – dort allerdings hat’s sich das virale Rauchmonster kuschlig gemacht…


Inhalt

J.J. Abrams ist sicherlich nicht der uncoolste Typ auf Erden – „Alias“, „Fringe“, das „Star Trek“-Reboot, „Armageddon“ und meinetwegen sogar „Mission Impossible III“ (war der gut? Ich werd’s nie erfahren, ich kuck den Cruise-Shit nicht), das ist kein schlechter Lebenslauf. Aber da fehlt doch was… stimmt, da gibt’s noch „Lost“. Fing toll an, schrie aber schon Ende der ersten verdammten Staffel lauthals „ich hab keine Lust, den ganzen Krempel jemals aufzulösen, ihr Trottel!“ und machte es mir trotz toller Besetzung und phantastischer Einfälle recht leicht, auszusteigen, bevor ich mich zu sehr grämen würde. Nun, meine berechtigte Vorahnung hinderte „Lost“ nicht daran, zum globalen Hit zu werden und wo ein solcher Hit sein müdes Haupt erhebt, ist er mindertalentierte Epigone nicht weit.

Der Epigone ist in diesem Fall sogar gleich vier Epigonen – das Autorenduo Simon Boyes (Broken, „Blood River“, „The Devil’s Chair“) und Gregory Gieras („Centipede!“, Beeper, „Dark Asylum“) bzw. das Regie-Doppel Sam Gorski und Niko Pueringer (beide hauptamtliche Digital-Effekttrickser), die sich offensichtlich die bange Frage stellten, was dabei rauskommen würde, wenn man einen ganzen Film um das in „Lost“ groß eingeführte (und später einen arg bemühten Plottwist, charakteristisch für die „Twists-um-der-Twists-willen“-Mentalität späterer „Lost“-Staffeln, darstellende) „smoke monster“ und anstelle einer esoterisch-veschwurbelten eine technisch-wissenschaftliche Erklärung hierfür konstruieren würde. Ob das nun eine Frage ist, deren Stellung zwingend notwendig war und, fast noch wichtiger, deren Antwort es tatsächlich bedurfte, lassen wir mal dahingestellt. Das, was die vier Herrschaften schlussendlich als Antwort ausgekaspert haben, liegt nun mehr scheibenförmig unter dem Titel „Dark Island“ (den Film „Lost Island“ zu nennen, trauten sich die Macher dann wohl doch nicht. Der deutsche Verleih hatte mit dem Untertitel weniger Skrupel – dafür beschloss er, die „Lost“-Connection im Klappentext herunterzuspielen und stattdessen auf „Dschungelcamp“-Anklänge zu setzen [mit denen der Film nun wirklich nix am Hut hat]) vor. Da müssen wir jetzt alle durch.

Nun ist es aber so, dass eine fröhlich vor sich hin puffende Rauchwolke, so imposant sie auch CG-animiert sein mag, nicht unbedingt das aller-kinematischte Filmmonster ist, will sagen, das alle paar Wochen mal in einer TV-Serie für ein paar Sekunden als BUH-Moment zu bringen, ist in Ordnung, aber als „Antagonist“ im Wortsinne für einen spannenden Anderthalbstünder… naja, das ist nicht so der Bringer. Weswegen unsere Filmemacher auf Plot Nr. 23/b-Untervariante-zweiter-Spiegelstrich zurückgreifen müssen – „Evil Company“, was natürlich heißt, dass *mindestens* einer unserer Protagonisten falsch spielt, noch in AltraCorp-Diensten steht und alles daran setzt, nicht nur zu verhindern, dass die Daten an die Öffentlichkeit gelangen, sondern auch noch den bislang schmählich gescheiterten Testlauf noch zum Erfolg zu bringen. Dummerweise heben sich die Autoren diese Erkenntnis aber bis zum Schlussakt auf (wo dann die „Überraschung“ enorm ist… der Verräter ist natürlich genau der, den wir von Anfang an dafür gehalten haben) – gut, sie packen später noch einen weiteren Twist drauf, der die Wurst aber auch nicht vom Teller zieht, uns nur daran erinnert, dass die ganze Plotte in sich völlig unlogisch ist (SUPERDUPEREXTREMMEGASPOILER: Mit der Schlussszene erfahren wir, dass mindestens noch eine weitere Person im Team auf Firmenlinie liegt. Stellt sich schon die Frage, warum sich die Company dann überhaupt die Mühe gemacht hat, eine gegen sie gerichtete Undercover-Operation zu infiltrieren als den ganzen Schmu nicht gleich direkt SELBST zu erledigen).

Um erst mal an diese Stelle zu kommen, muss der Virus in Form von Mitchell manifestiert (hübsch übrigens, wie „Dark island“ sowas von überhaupt keinen rationalen Grund dafür bietet, wieso sich ein Infizierter in eine Rauchwolke verwandeln kann, außer „in ‚Lost‘ war’s auch so“) und Rachel infiziert (und wieder von Supertoxikologin Sophie kuriert) werden, was ein paar leidlich interessante Actionszenen gewährleistet; der Rest der Spielzeit wird durch mehr oder minder sinnfreies Gekeife zwischen den Charakteren und „Lost“-erprobten Flashbacks über deren jeweilige Vergangenheit totgeschlagen (wobei wir diesen Flashbacks nichts wirklich Gehaltvolles entnehmen, außer dass Will ein Idiot ist. Er schlägt sich mit einem Trauma herum, das aus seiner Soldaten-Vergangenheit und den ihn offensichtlich extrem überraschenden Umstand, dass es in diesem Beruf ab und an mal Tote zu beklagen gibt, resultiert. Passt aber auch dazu, dass Wil mit mehr Stimmungsschwankungen als eine PMS-geschädigte Tussi aufwarten kann). Garniert mit einer Prolog-Sequenz, die mir unter vier Augen sicher auch nicht glaubhaft erklären kann, wie sie rein logisch mit der Restgeschichte zusammenhängt, ergibt das insgesamt ein storytechnisch eher, naja, löchriges Konstrukt, da wundert’s uns dann auch nicht mehr, dass die Dialoge nur die Optionen „lächerlich“ oder „klischeehaft“ kennen (die Helden treffen auf ein geschmackvoll angerichtetes Ensemble gepfählter Krähen und was fällt Will dazu ein: „Es ist eine Warnung!“ Well, no shit, Sherlock!).

Immerhin – auch wenn die ganze Sache sicherlich nicht mehr kanadische Dollar gekostet hat als Michael Bay an einem Abend verkoksen kann, es sieht zumindest nach Film aus. Klar, „Dark Island“ ist schon ein Vertreter der „wir-laufen-hauptsächlich-durch-den-Wald-denn-das-koscht-nix“-Schule, aber es wird überwiegend sauberes Handwerk abgeliefert. Gut, das einzige größere Prop (eine Art „Bodeninjektionsmaschine“, mit der die Bösen fieses Zeug ins Grundwasser der Insel jagen wollen) sieht ein bissl aus wie eine Konstruktion von Dr. Bakterius unter fachkundiger Hilfe von Rudi Rakete, und Wills Militäruniform aus dem Flashback nervt mich durch Vorhandensein meines pet peeves (falschrum aufgenähter Flaggenpatch – oder spiegelverkehrt eingeschnippelte Szene. Eins so schlimm wie’s andere), aber Kameraarbeit und Schnitt sind in Ordnung; die Make-up-Effekte für die Infizierten hauen niemandem vom Hocker, sind allerdings brauchbar und die CGI-Rauchwolke sieht durchaus ebenso imposant aus wie das „smoke monster“ aus „Lost“ – das darf man aber bei einem Film von zwei hauptamtlichen Digital-FX-Tüftlern auch erwarten. Dass das Regieduo dramaturgisch die ein oder andere fragwürdige Entscheidung trifft (bzw. ihnen außer den Flashbacks nicht viel einfällt, um das Script, das wenig Überraschungsmomente bietet, aufzupeppen), ebenso. Die recht spärlich gesetzten Actionszenen inszenieren die Regisseure ordentlich. Härtetechnisch braucht sich der Gorehound den Streifen nicht auf die dringliche Einkaufsliste malen lassen, sowohl Bodycount als auch graphische Explizität desselben halten sich in absolut FSK-16-tauglichen Grenzen (und wäre nicht ein recht ruppiger Kopfschuss dabei, würde ich mir sogar beinahe ’ne FSK 12 überlegen).

Die Schauspielerei ist dagegen eher, naja, Holzklasse. Jai Koutrae („I Know How Many Runs You Scored Last Summer“ – das dürfte der einzige Cricket-Horrorfilm der Weltgeschichte sein) kämpft mit seinem inkonsistent geschriebenen Charakter und ist, leider, klarer Verlierer; Zero Kazama („Wasteland“), ausgebildeter Stuntman, müht sich redlich, ist aber insgesamt ziemlich unglaubwürdig (sobald sein Charakter verrät, dass er nicht Soldat, sondern Wissenschaftler sein soll); Mary Christine Brown („Night of the Dead“) darf sich Totalausfall nennen; Victoria Floro („Harvey Putter and the Ridiculous Premise“… nie mehr beschwere ich mich über „Harry Pottwal“) hält sich noch ganz wacker; Rob O’Brien („Loose Cannons: The Movie“) ist als IT-Nerd zumindest halbwegs erträglich.

Bildqualität: Die BluRay von MiG präsentiert den Film in okayishem 1.77:1-Widescreen – manchmal wird’s leicht vergrieselt; insgesamt wird der Print vor keine unlösbaren Aufgaben gestellt – allerdings hat mindestens meine Scheibe einen heftigen Hänger, die den Player kurz mal auf Bluescreen-Ebene warf (aber dann von selbst weiterlief).

Tonqualität: Deutscher (DTS-HD 5.1 / Dolby DD 5.1) und englischer (Dolby DD 2.0)-Ton. Der englische O-Ton ist brauchbar, die mitgelieferten deutschen Untertitel eher nicht; nicht nur, dass sie manchmal ziemlich neben der Spur liegen, sie hinken mit fortschreitender Laufzeit dem Dialogton dann schon mal fünf Sekunden hinterher.

Extras: Trailer.

Fazit: Belangloser B-Film, der nicht gerade nervt, aber jenseits der aus „Lost“ , äh, „entliehenen“ Motive außer einer unlogisch konstruierten Story und sehr mittelprächtigem Schauspiel kaum Gründe dafür bietet, sich tiefer mit ihm zu beschäftigen (schrob er auf Seite 3 seines Reviews). Schundgestärkte Allesseher werden sich auch mit „Dark Island“ nicht langweilen, aber wer seine Zeit gerne sinnvoll verschwendet, sollte sich anderweitig orientieren.


mm
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