Dance of Death

 
  • Deutscher Titel: Dance of Death
  • Original-Titel: House of Evil
  • Alternative Titel: Totentanz im Schreckensschloss | Macabre Serenade |
  • Regie: Jack Hill, Juan Ibanez
  • Land: USA/Mexiko
  • Jahr: 1968
  • Darsteller:

    Boris Karloff (Matthias Morteval), Julisse (Lucy Durant), Andres Garcia (Charles Beasler), Jose Angel Espinosa „Ferrusquilla“ (Ivor Morteval, als Angel Espinosa), Beatriz Baz (Cordelia Rash), Quintin Bulnes (Dr. Emerick Horvath), Manuel Alvarado (Morgenstern Morteval), Arturo Fernandez (Professor Frank)


Vorwort

Irgendwo in Osteuropa… die einheimische Bevölkerung wird durch zwei grauenvolle Morde aufgeschreckt. Bei den Opfern handelt es sich um junge Frauen, denen die Augen ganz offensichtlich mit bloßen Händen aus dem Schädel gerissen wurden.
Matthias Morteval (Boris Karloff, in einer seiner mehr-tot-als-lebendig-Vorstellungen) ist geneigt, es mit den offiziellen Verlautbarungen, es handele sich um Unfälle, und die Sache mit den Augen, naja, die hätten irgendwelche Tiere erledigt, bewenden zu lassen, doch sein Freund und Leibarzt Dr. Emerick Horvath (Quintin Bulnes, „Curse of the Doll People“) weist den alten Zausel darauf hin, dass die Autoritäten nicht blöd sind und genau wissen, dass hier nicht irgendwelches viehisches Kroppzeug, sondern ein psychopathischer Killer sein Unwesen treibt. Wie er da drauf kommt und wieso das Matthias Morteval mehr interessieren sollte als Horvaths Frisör, bleibt zunächst unklar. Klar ist allerdings, dass die beiden Opfer einem eigenbrötlerischen Stamm von „Bergzigeunern“ angehörten, die sich nach Kräften abseits der Zivilisation halten und archaische Rituale wie Blutrache noch immer für eine töfte Idee halten.

Der alte Herr hat momentan eh anderes im Sinn – sein baldiges Ableben spürend, hat er seine ganze bucklige Verwandschaft in seine Villa eingeladen, sozusagen zum Abgewöhnen. Matthias macht nämlich, sobald die Erbschleicher im Wartestand vollständig versammelt sind, keinen Hehl daraus, dass er die ganze Blase für großflächige Arschlöcher hält, die ihm gepflegt am Allerwertesten vorbeigehen, egal, ob das seine verbrauchte ehemalige Sexpot-Cousine Cordelia (Beatriz Baz), die ihm verwandschaftlich offenbar näherstehenden Ivor (Jose Angel Espinosa, „Ein Fressen für die Geier“) und Morgenstern (!, Manuel Alvarado, „Tintorera“) oder Professor Frank (dessen Relation zu Matthias ich nicht mitbekommen habe, Arturo Fernandez, „Alien Terror“) ist. Ein bisschen gnädiger ist er allenfalls im Hinblick auf seine junge Nichte Lucy (Julissa, „Cult of the Dead“), aber das heißt noch lange nicht, dass sie ungefragt ihren Verlobten Charles (Andres Garcia, „Unheimliche Begegnung in der Tiefe“) mitbringen darf. Der junge Mann wird freundlich, aber bestimmt, zurück in den nächsten Ort und in ein Hotel komplimentiert, denn das, was immer Matthias auch im Schilde führt, ist reine Familienangelegenheit und „bald verheiratet“ ist nun mal nicht das gleiche wie „verheiratet“. Charles lässt sich notgedrungen auf das Spielchen ein, nimmt aber Mortevals Kutscher Fodor, der zufälligerweise auch zu dem Zigeunerstamm gehört, das Versprechen ab, auf Lucy ganz besonders aufzupassen.

Nachdem Matthias seine Gäste einmal querbeet durchbeleidigt hat, zieht er sich auf ein Nickerchen oder drei zurück und überlässt es Frank, dem Rest der Sippe etwas über die Morteval-Familie zu erzählen. Zum einen sind die Mortevals berühmt für ihre mechanischen Puppen, die das nicht unbeträchtliche Familienvermögen eingebracht haben und von denen Matthias eine ordentliche Auswahl in seinem Hause aufbewahrt. Offensichtlich hat der alte Knacker sich entschlossen, das Geheimnis um die Funktionsweise der lebensgroßen Automaten mit ins Grab zu nehmen, und reverse engineering war augenscheinlich zu dieser Zeit (der Film dürfte so um 1900 spielen wollen) noch nicht erfunden. Außerdem lastet auf dem Geschlecht derer von und zu Morteval, wie es bei einem solchen Namen eigentlich vornehme Familientradition sein sollte, ein Fluch – ein Ahnherr des Clans, ein gewisser Hugo, seines Zeichens ein Mann des Verstandes, wurde aus eher unerfindlichen Gründen mit dem Fluch belegt, langsam seine Geisteskraft zu verlieren, und weil so etwas Leute, bei denen’s was zu verlieren gibt, härter trifft als den gemeinen AfD-Wähler, schnappte er irgendwann ganz über und riß sich mit bloßen Händen die Gucker aus den Glotzbuchten. Ah-haaaaa…

Dieweil überrascht uns Charles, der mitnichten in einem Hotel eincheckt, sondern sich vielmehr ein Pferd mietet und umgehend zum Morteval-Haus zurückgaloppiert. D.h. er beabsichtigt solches, wird aber von Horvath und einigen Helfern aufgehalten. Dass Charles zu allgemeiner und insbesondere unserer Verblüffung einen Polizeiausweis zückt, beeindruckt Horvath keinen Meter Balkanfeldweg weit. Mit einem kryptischen „Sie können mein Vorhaben nicht stören“ lässt er Charles in ein praktisches Verlies werfen. Und wo gerade der plot thickens, verstirbt auch noch Matthias im Schlaf und wird Fodors entstellte Leiche gefunden.

Das drückt die Stimmung, aber Horvath lässt sich nicht irritieren und vor allem die mittlerweile gelinde genervten Gäste nicht gehen – am nächsten Tag wird des Verblichenen letzter Wille und Testament verlesen und bis dahin verpisst sich hier keine alte Sau. Ivor und Cordelia amüsieren sich mit einem der Automaten, dem tanzenden Scheich, aber Ivor kann ihn, als Cordelia außer Tritt kommt, nur mit Mühe abschalten, ehe schlimmeres passiert. Morgenstern wird in seinem Zimmer von Spielzeugkanonen erschossen, und wer spielt eigentlich so schrecklich schlecht die Orgel, und ausgerechnet Matthias‘ letzte unvollendete Komposition, immer wenn grad eine gar grauslige Mordtat von statten geht? Prinzipiell würden wir ja alle Horvath für chronisch verdächtig halten, aber den zerrt Professor Frank tot aus dem Brunnenschacht! Cordelia fällt erst in Ohnmacht und dann doch noch dem tanzenden Scheich zum Opfer. Während Charles sich aus seinem Gefängnis befreit und über einen ausgeschalteten Automaten stolpert, der Horvath bis aufs Barthaar gleicht, attackiert eine mechanische Ritterrüstung mit geschwungener Axt erst Ivor und dann Lucy…

Die Auflösung des Ganzen ist ebenso hirnrissig wie nihilistisch…


Inhalt

Ich hab ja schon öfter gesagt, dass entgegen der landläufigen Meinung auch Boris Karloff zum Ende seines Lebens hin so manchen Gurkenfilm abdrehte, um die Kosten für seine medizinische Behandlung zu bezahlen – neben dem ruinierten Rücken und einem steifen Bein plagte der gute Boris sich ja auch nur noch mit einem Lungenflügel herum. Der Tiefpunkt seines Schaffens war sicherlich der Viererpack, den Boris 1968 für Columbia und die mexikanische Azteca Films back-to-back herunterkurbelte. Sein Gesundheitszustand war dabei mittlerweile so schlecht, dass er nicht wie geplant nach Mexiko City reisen konnte, sondern seine Szenen von Jack Hill in Hollywood gedreht wurden, während Juan Ibanez den jeweiligen Hauptanteil des Films mit den mexikanischen Darstellern im Lande der Sombreros und Mariachis abarbeitete.

„Dance of Death“ aka „House of Evil“ wurde, nachdem Columbias Verantwortliche nach Fertigstellung der Filme die Werke tatsächlich ansahen und prompt aus ihrem Vertriebsdeal ausstiegen, erst 1978 von einem mutigen Vertreiber in die amerikanischen Kinos gebracht. Es muss 1978 für einen Kinozuschauer schon ein Kulturschock gewesen sein, einen 1968 gedrehten Film zu sehen, der so aussah, als wäre er, Farbe notwithstandig, bestenfalls aus dem Jahre 1938! Und selbst 1938 wäre einem Kinobesucher sicher aufgefallen, dass er eine solche Plotte sicher schon drei bis achtmal gesehen hat – am Ende des Tages ist es ein „old dark house“-Mystery, das vordergründig die üblichen Konventionen bedient. Der exzentrische Erblasser, die krüppelkrumme Verwandschafts-Baggage, die junge Unschuld zwischendrin. Es ist schon sehr altbacken, und die Versuche, die althergebrachten Tropes durch semi-originelle Ideen aufzupeppen, wollen sich nicht richtig zusammenfügen. Der ganze Schmu mit den ausgerissenen Augen der Zigeunermädchen bleibt letztlich unaufgeklärt – man *könnte* durch couragiertes zwischen-den-Zeilen-Lesen auf die Idee kommen, das wäre ein Ablenkungsmanöver, um die Autoritäten von dem eigentlichen Verbrechen abzulenken (als Fodor ins Gras beißt, könnte man das als Außenstehender so interpretieren, als wäre er ein weiteres Opfer von Zigeuner-Blutrache) oder ein Testlauf für die wirklich relevanten Mordtaten – und was wirklich geschieht, ist (SUPERSPOILER) freilich nichts anderes, als dass der ganz gewiss nicht tote Matthias Morteval sich mit Horvaths Hilfe an seiner Sippe für unspezifiziertes Doofsein zu rächen gedenkt – was genau die Bande ihm getan hat, scheint uns nicht interessieren zu sollen, jedenfalls will er den ganzen Haufen „läutern“ und noch kaum jemand, der „läutern“ ernstlich als Vokabel gebraucht hat, tat dies in einem zutiefst menschenfreundlichen Zusammenhang. Überraschend ist allerdings, wie vollständig und ganz Matthias‘ Plan gelingt (zumindest in der vorliegenden Schnittfassung, die bei 75 Minuten einklackert)!

Wie gesagt, Sinn ergibt das alles kaum und Ibanez und Hill (der das Script in einer schwachen halben Stunde runtergerasselt haben muss und sich angeblich an Poes „Untergang des Hauses Usher“ orientiert haben soll) machen sich nicht mal die Mühe, halbseidene Erklärungen für Vorgänge wie das mysteriöse Orgelspiel oder den mörderischen Tanzautomaten einfallen zu lassen. Das Fehlen einer wirklich durchgängigen Hauptfigur macht sich auch störend bemerkbar – Lucy und Charles sind sicherlich als Protagonisten gedacht, sind aber über weite Strecken des Films verlassen an der Seitenlinie aufgehoben – Charles im Verlies und Lucy als im Bildhintergrund stehendes lebendes Requisit, das zur Handlung nichts wesentliches beiträgt. Die Schurkenfront bietet nicht viel mehr – Karloff verbringt den Löwenanteil des Films angeblich tot und Horvath ist auch keine derart mesmerierende Präsenz, dass er den Film tragen kann, obwohl ihm das Schurkentum aus jeder Pore trieft. Und zu guter Letzt sind auch die Opfer nicht wirklich interessant, weil wir nicht wirklich viel über sie erfahren. Morgenstern ist verarmt, Cordelia zumindest in Matthias‘ Augen eine Schlampe, das ist ein bisschen dünn.

Die Special Effects sind nicht der Rede wert – die „ausgerissenen Augen“ sind nicht mehr als Kunstblut auf der Visage, lediglich für Fodor hat man sich wohl eine Ganzkopf-Latexmaske aus dem Kreuz geleiert. Die Kills sind auch nicht sonderlich aufregend. Morgensterns Abgang durch die Spielzeugkanone ist noch recht unterhaltsam, insgesamt macht der Streifen aber – sicher aus Budgetgründen – zu wenig aus der Idee der Killerautomaten (Charles darf sich mit einigen lebensgroßen Soldatenfiguren herumschlagen). Ziemlich erschütternd und ohrenfolternd ist der Score, wobei ich hier die Möglichkeit offen halten möchte, dass der vom späteren Vertrieb draufgepackt wurde und deswegen gar so unpassend wirkt (neue Titeleinblendungen bekam der Film 1987 wohl für den Videorelease). Andererseits – das Orgelspiel dürfte Original-1968 sein und… naja, wenn ich drei meiner Katzen auf die Klaviatur einer Bontempi setze, kommt mit ziemlicher Sicherheit melodisch angenehmere Mucke ‚bei rum…

Schauspielerisch wird wie bei mexikanischer Billigware üblich bemüht am dünnen Brett gebohrt. Karloff ist zu diesem Zeitpunkt schon zu halbtot, um noch wenigstens durch Präsenz zu punkten, und die mexikanischen Darsteller… naja, die würden vermutlich auch in einem Santo-Lucha-Film noch unangenehm auffallen. Manch einer versteigt sich dazu, dass Julissa (Lucy) sexy wäre, aber da unterscheiden sich dann wohl die Geschmäcker, zumal sie auch nicht wirklich Gelegenheit hätte, sexy zu wirken.

Objektiv gesehen ist „Dance of Death“ vermutlich ein schlechterer Film als die vorher von mir gesichteten Mex-Karloffs „The Torture Zone“ und „Alien Terror“, allerdings erringt der Streifen gerade durch seinen Unwillen, eine richtige Geschichte mit Charakteren und Plot und Zeuch zu erzählen, und der Hoffnung, es würde sich durch die Zusammenfügung des old-dark-house-Topos mit den möglicherweise in einem „richtigen“ Film tatsächlich unheimlichen Killerpuppen schon automatisch was Unheimliches ergeben, schon wieder einen gewissen Kuriositätenwert. Nichts für Freunde Karloffs, die ihn in aller Würde in Erinnerung behalten möchten, aber für den Trash-Curio-Feinschmecker vielleicht kein sättigender Hauptgang, aber ein halbwegs amüsanter Appetizer.


BOMBEN-Skala: 8

BIER-Skala: 6


mm
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