Daimajin – Frankensteins Monster nimmt Rache

 
  • Deutscher Titel: Daimajin - Frankensteins Monster nimmt Rache
  • Original-Titel: Daimajin gyakushû
  • Alternative Titel: Daimajin Strikes Again | Majin Strikes Again | Return of Daimajin |
  • Regie: Kazuo Mori
  • Land: Japan
  • Jahr: 1966
  • Darsteller:

    Shinji Hori, Shiei Iizuki, Masahide Kizuka, Hideki Ninomiya, Riki Hashimoto


Vorwort

Im Tal des Koyama-Clans bereitet man sich auf den Winter vor – ein Unterfangen, das erheblich dadurch erschwert wird, dass die Holzfäller, die den Brennholzvorrat zurechthacken sollen, vom benachbarten Warlord, dem General Arakawa, gefangen genommen und als Sklavenarbeiter für dessen Festungsbau eingesetzt werden (der General trägt sich mit unspezifizierten Eroberungsplänen, für die er die Anlage braucht). Nur Saipei gelingt die Flucht, und das auch nur, weil er über den eigentlich als Tabu geltenden Majin-Berg kraucht.
Kaum im Heimatdorf angekommen, verbreitet er die frohe Kunde, ehe er seinen Verletzungen erliegt. Da der Rest der Koyama-Dorfbevölkerung praktisch ausschließlich aus alten Säcken und Frauen besteht, ist an eine Rettungsaktion kaum zu denken – es müssen halt die Kinder richten. Vier kleine Kids, Söhne und Brüder der Verschleppten, keiner älter als zehn oder zwölf, machen sich auf, um über den Majin-Berg ins „Höllental“ zu ziehen, um… naja… es ist jetzt nicht so, als ob die Kurzen einen *Plan* hätten, wie sie als insgesamt Zwölfkäsehöcher mit einer motivierten und schwer bewaffneten Samurai-Armee fertig werden wollen…

Damit’s den Kindern auf dem Weg nicht langweilig wird, dürfen sie drei Samurai, die Arakawa ausgesandt hat, um Saipei einzukäschen, ab und an foppen und werden dabei vom auf dem Bergesgipfel residierenden Daimajin in seiner „Avatar“-Form eines Falken beobachtet, geleitet und gelegentlich geschützt.

Im Höllental versuchen die Koyama-Holzfäller, insbesondere Jungdynamiker Johatchi (Gesundheit!), Widerstand zu leisten. Johatchis Fluchtversuch scheitert und Arakawa zeigt, dass er keine Skrupel hat, Leute, die ihn nerven, in den günstig herumliegenden Schwefelsee zu schubsen. Auch die Kids erleiden Verluste und als dann auch noch ein Schneesturm ausbricht und die verbleibenden Kinder dem Erfrierungstod ausgeliefert zu sein scheinen, kann nur noch ein Stoßgebet an den Majin helfen. Und tatsächlich rührt das Kinderklagen des Monsters steinernes Herz…


Inhalt

Hmpf. Ich hasse es, wenn Studios ihre Erfolgs-Franchises ruinieren. Und Daiei gelang das gleich zweimal mit den gleichen Mitteln. Gamera wurde vom Badass-Monster zur Kinderknuddelkröte und auch der furchteinflößende Daimajin wird in seinem dritten und letzten Kinoabenteuer (2010 wurde das Monster in kontemporären Setting für eine Fernsehserie exhumiert) zum Kinderfreund. Zum Glück nicht in diesem extrem aufdringlichen „wir-machen-den-Scheiß-nur-für-die-Kids“-Stil der Gamera-Reihe, aber immer noch nervtötend genug.

Wobei ich natürlich auch Drehbuchautor Yoshida irgendwo verstehe, der sicherlich verzweifelt versuchte, die ewig gleiche Story vom bösen Warlord und der geknechteten friedfertigen Bevölkerung ein bisschen zu variieren und das bis dato in der Trilogie exklusiv gepflegte „wie-können-wir’s-für-die-Helden-NOCH-schlimmer-machen“-Melodrama durch gute alte klassische Heldenreise-Topoi aufzupeppen.

Es fängt eigentilch ganz vielversprechend an, denn im Gegensatz zu den Vorgängern beginnt „Strikes Again“ gleich mit einer ordentlichen Monster-Rampage-Montage, die allerdings den technischen Fehler hat, dass sie nicht wirklich „wahr“ ist (der Erzähler erklärbärt, dass die Dorfbewohner Naturerignisse wie Stürme, Fluten oder Erdbeben als Majin-Zorn interpretieren).
In der Folge unterliegt der Streifen einer konsequenten (und nervigen) Zweiteilung, alldiweil wir stetig zwischen den Sklavenarbeitern und ihrem Leid (das auf einer Linie mit dem Original-Daimajin liegt) und dem fröhlichen Spaziergang mit Samurai-Verarschung der Knder hin- und herschalten. Sure, besonders der Kinder-Handlungsstrang zeigt einmal mehr das Händchen der Daiaei-Kameraleute und besonders ihr Auge für betörend schöne Landschaftsaufnahmen, doch… es… ist… furchtbar… langatmig. „Strikes Again“ ist mit 88 Minuten eh schon der längste Daimajin-Film und, ja, er ist derjenige, der sein Willkommen eindeutig overstayed. Der zweite Akt (und der geht hier fast ’ne Stunde) ist eine nahezu unerträgliche Abfolge repetetiver Plotsituationen, in denen sich lediglich die Location verändert und in der die gelegentlichen Schalten in den Steinbruch des Bösen, auch wenn sich dort für Trilogieveteranen nichts tut, was er nicht schon (und besser) gesehen hätte, zur gern gesehenen Abwechslung mutieren (ein angedrohter dritter Handlungsstrang, nämlich eine Rettungsmission für die Kinder, erledigt sich zum Glück schnell durch das Erwachen des Daimajin, das sowieso jegliche anderweitige störende „Handlung“ beendet).

Es wäre ja noch alles halbwegs erträglich – die Grunddüsternis der „Daimajin“-Reihe und ihr Mantra, das guten Menschen stets Schreckliches widerfährt, bleibt aufrecht erhalten; der Streifen sinkt nie auf das Kinderquatsch-mit-Monster-Niveau eines späten Showa-Gamera-Filmes, hell, die Filmemacher gönnen sich sogar den Luxus, eins der Kids irreversibel umzubringen (dito den in Schwefel gebadeten Bruder eines anderen Kurzen, was einen in seiner Beiläufigkeit wunderbar rührenden Moment im Wrap-up ermöglicht, als der Kleene, während seine überlebenden Gefährten ihre Verwandten herzen, realisiert, dass sein Bruder eben *nicht* da ist) – ich fürchtete einen Moment, Mori und Yoshida würden die „Gott-macht-am-Ende-alles-wieder-gut“-Karte spielen, was mich dazu veranlasst hätte, nach Japan zu fliegen, um ihre Gräber zu schänden, aber sie beherrschen sich.

Nein, es stören hauptsächlich eben zwei Dinge. Zum einen, dass der Mittelpart sich ohne jegliche Handlungsrelevanz (denn wir alle wissen, interessant wird’s erst, wenn der Daimajin erwacht) furchtbar Zeit schindet, zum anderen sind es die Kids selbst. Ich bin bekanntlich kein Fan von Kinderdarstellern und/oder Kindercharakteren in zentralen Rollen und „Daimajin Strikes Again“ werde ich als Beweismittel vorlegen, wenn ich jemals unter Eid ausgequetscht werde, warum das so ist. Sowohl die völlig hinririssigen Charaktere an und für sich als auch ihre Darsteller erzeugen beim Zuschauer spontanen Fußpilz, Magengeschwüre und Gehirnkrebs. Es sind die vier nervigsten Kackbratzen, die ich seit „John“ aus Ein Zombie hing am Glockenseil anzusehen hatte – es fällt wirklich schwer, zwischen fiktiver Figur und realem Darsteller zu untescheiden, alldieweil durchgängig beide furchtbar sind. Die Charaktere sind schrecklich geschrieben, haben schreckliche Dialoge und tun schrecklich dämliche Dinge, die Darsteller sind die unfähigsten Nasenbären diesseits eines Krippenspiels der Behelfs-Sonderschule Erkenschwick-Nord, die praktisch nie den richtigen emotionalen Ton treffen oder gleich der von ihnen zu spielenden Situation mit kompletter Ratlosigkeit entgegentreten.
Ich hau ungern auf dem Kleinsten herum, aber gerade der Darsteller des „Little Sugi“, des Kürzesten der Kurzen, hampelt über die komplette Laufzeit mit einem Gesichtsausdruck zwischen „totalem Unverständnis“ und „Debilität“ herum und erweckt jedenfalls nicht den Eindruck, als wüsste er auch nur ungefähr, was er gerade tut und was von ihm verlangt wird; ein anderes schönes Beispiel liefert der Daisuke-Darstellknilch (der, wie oben erwähnt, komischerweise die einzige emotional funktionierenden fünf Sekunden des Films spielt, aber das war dann wohl ein Versehen) in einer ach so dramatisch-abenteuerlichen Szene, in der unsere lieben Kinder via eines Baumstamms über eine ungefähr fünf Meter hohe „Schlucht“ krabben müssen und Daisuke, portraitiert als eher langsam-im-Kopp und ungelenk, beinahe abstürzt, sich aber wieder hochzieht und dann über völlig emotionslos über den Baumstamm weitertrappelt, als ginge er er von der Gartentür zur Bushaltestelle. Way to kill any potential drama, dude. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass sich auch die Erwachsenen nicht mit thespischem Ruhm bekleckern…

Nuja, zumindest tröstet mich der Film dank seiner gewissen mean-spiritedness immerhin damit, wie gesagt eins der Kinder umzubringen (und das besorgt noch nicht mal der Gott selbst, der sich damit begnügt, ein Rudel seiner Worshipper im Rahmen seiner Erweckung zu zermalmen. Tough bastard) und zumindest in der Schlussviertelstunde den Fokus wieder auf großflächige Zerstörung zu lenken. Wobei… klar… sieht man alle drei Daimajin-Filme in relativ kurzer Zeit, wie ich für diese Reviews, haut’s einen im dritten Aufguss nicht mehr so vom Hocker, wenn der Majin wieder mal eine Festung plättet.
Regisseur Mori, auch er einer der Regisseure der „Zatoichi“-Reihe, versucht seinen Beitrag etwas aufzupeppen: nicht nur, dass der Showdown in winterlich-verschneiter Landschaft zumindest visuell recht reizvoll ist, er lässt auch Kanonen gegen den Majin auffahren (die sind ungefähr so effektiv wie die Anti-Godzilla-Laser bei Toho) und, das fragte ich mich tatsächlich über zweidreiviertel Filme, er beweist, dass der Majin sein steinernes Schwert aus der steinernen Scheide ziehen und damit blutigen Blödsinn anstellen kann. Nicht ganz so glücklich bin ich mit einigen perspektivischen Shots, die leicht missraten sind und auf eine nicht ganz so eindrucksvolle vier-fünf Meter-Höhe des Majin kalkulieren lassen würden, nähme man sie für baren Yen.

Abgesehen davon ist die Kameraarbeit aber, wie gesagt, okay und besonders in den Landschaftsaufnahmen angemessen episch. Ein überzeugender Schnee-Ersatz hätte vielleicht helfen können, die winterlichen Szenen etwas glaubhafter zu gestalten. Im Vergleich zu den Vorgängern bleibt Akira Ifukubes Score in der dritten Auflage unauffällig.

Bildqualität: Auch der dritte Film wird von Mill Creek in feinem 2.35:1-Widescreen zelebriert, wie es bei einem fast fünfzig Jahre alten, nicht gerade elementar filmhistorisch „wichtigen“ Monsterfilm kaum besser hinzubekommen sein dürfte.

Tonqualität: Japanischer O-Ton oder neue englische Synchro jeweils in DTS-HD 2.0. Auch wenn die neue Synchronfassung nicht SO schlecht ist, ist die O-Ton-Spur zu bevorzugen – der englische Track ist nicht sonderlich lippensynchron und mischt die Dialoge zu stark in den Vordergrund. Dann eben lieber Japanisch mit englischen Subs.

Extras: Siehe hierzu Daimajin.

Fazit: „Daimajin Strikes Again“ ist sicher der schwächste der drei Daimajin-Filme und das nicht *nur* wegen der Kinder. Die selbstauferlegte dramaturgische Limitierung, den Majin erst in den letzten 20 Minuten ins Spiel bringen zu wollen – und damit natürlich streng genommen die Stunde vorher mehr oder weniger überflüssig zu machen, weil nur wenig, was da passiert, am Ende große Relevanz hat – zeigt sich beim dritten Aufguss der schließlich und endlich gleichen Geschichte überdeutlich; und der Versuch, durch den „Kinderkreuzzug“ ein neues, pfiffiges Plotelement einzubringen, scheitert an der schwachen dramaturgischen Einbettung ebenso wie an den abenteuerlich grusligen Leistungen der Kinderdarsteller.
Es überrascht daher kaum, dass der „Daimajin“ erst 2010 für eine TV-Serie wieder ausgegraben wurde, aber insgesmt ein einer stiefmütterliches Dasein im kaiju-Kanon fristet (manch einer behauptet, dass der nordkoreanische „Pulgasari“-Elemente aus der „Daimajin“-Reihe übernommen habe, was ich aber erst glaube, wenn ich Kim-Jong Ils Labour of Love gesehen habe…). Für einen Film ist’s eine interessante Deviation von der kaiju-Norm, beim zweiten Film nutzt sich die Novität schon ab, beim dritten sagt man sich dann doch „reicht jetzt auch wieder“. In diesem Sinne – ich empfehle das Mill-Creek-Dreierpack schon des Preisschilds wegen, doch „…Strikes Again“ sollte man wirklich allenfalls als kostenlose Zugabe sehen.


mm
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