Dänische Delikatessen

 
  • Deutscher Titel: Dänische Delikatessen
  • Original-Titel: DE GRONNE SLAGTERE
  • Alternative Titel: The Green Butchers |
  • Regie: Anders Thomas Jensen
  • Land: Dänemark
  • Jahr: 2003
  • Darsteller:

    Nikolaj Lie Kaas (Bjarne/Egil), Mads Mikkelsen (Svend), Line Kruse (Astrid), Nicolas Bro (Häuser-Hans), Ole Thestrup (Holger), Aksel Erhardtsen (Villumsen), Bodil Jorgensen (Tina)


Vorwort

Die Metzgergesellen Svend und Bjarne haben die Nase voll vom Angestelltendasein, zumal vor allem der mittelschwer paranoide Svend (nicht ganz zu Unrecht) der Meinung ist, dass ihr Boss Holger sie nur schikaniert. Die einfache Lösung der Problem: eine eigene Schlachterei. Das kostet zwar Geld (und um seinen Anteil aufzubringen, muss Bjarne schon zwecks des Vermögens seines im Koma liegenden Bruders Egil dessen lebenserhaltende Geräte abschalten lassen), wird aber in die Tat umgesetzt. Nur macht ein eigener Laden allein noch keinen Umsatz – Svend und Bjarne stehen sich in ihrem Geschäft die Beine in den Bauch. Bis Svend eines Abends irrtümlich einen Elektriker im Kühlraum einschließt… kurz darauf wird die neue Spezialität des Hauses, marinierte „Hühnerfilets“, zum Verkaufsschlager. Svend ist nicht gewillt, den geschäftlichen Erfolg moralischen Erwägungen hintanzustellen und Bjarne hat andere Sorgen, als seinen Kompagnon auf die rechte Bahn zurückzuführen: Zum einen ist er frisch verliebt, zum anderen ist ein Wunder geschehen und sein komatöser Bruder wieder erwacht…


Inhalt

Und schon wieder freches Kino aus Dänemark, auch beim FFF 2004 gelaufen – es gibt einige Berührungspunkte zum jüngst besprochenen Stealing Rembrandt – nicht nur, dass Nicolas Bro und Nikolaj Lie Kaas hier und dort spielen, nein, Delikatessen-(an dieser Stelle sei mir gestattet, darauf hinzuweisen, dass ich die deutsche Titelanbiederung an den Jeunet/Caro-Riesenerfolg Delicatessen für nicht wirklich glücklich halte)-Regisseur- und Autor Jensen war auch für das Rembrandt-Script zuständig. Aber einen wesentlichen Unterschied gibt’s dann doch – wo Rembrandt zwar nett, aber ungeheuer langatmig war, ist Delikatessen sicher kein Tempowunder, aber eine bitterböse, pointierte rabenschwarze Komödie der besten Sorte, die fast schon britisch sein könnte…

Dänische Delikatessen macht fast alles richtig, was bei Rembrandt (der zugegebenermaßen ein völlig anderes Thema hat, aber sich einfach aufgrund der Tatsache, gerade mal vor einer Woche von mir gesichtet worden zu sein, als Vergleich anbietet) mißglückt ist – das Script gibt erstens wirklich einen Abendfüller her, ist zweitens straff umgesetzt (die 95 Minuten vergehen wie im Flug im Vergleich zum Kaugummi Rembrandt, die Story ist zwar absurd, aber in sich schlüssig (bis auf das Ende), die Inszenierung flott, ohne in Hektik zu verfallen. Zusätzlich funktionieren die Sachen, die in Rembrandt schon klappten, hier eben auch – die schrulligen, fast schon Twin Peaks-mäßigen schrägen Charaktere und die darstellerischen Leistungen. Jensen ist sichtlich als Regisseur seinem Kollegen Jannik Johansen meilenweit überlegen, so dass ich mich schon frage, ob Jensen sein Rembrandt-Script nicht doch lieber selbst verfilmen hätte sollen (andererseits – wenn er sich zwischen den zwei Stoffen entscheiden musste, hat er die richtige Wahl getroffen).

Das Schöne an Delikatessen: der Film muss nie die Brechstange auspacken, um zu wirken – sein Witz ist vergleichsweise subtil. Nie wird der Versuchung nachgegeben, in Slapstick oder Klamauk zu verfallen, statt dessen gibt’s pointierte, prägnante Dialoge (sogar in der deutschen Synchronfassung) und sparsame, aber umso effektivere Mimik der Darsteller (da punktet besonders Nikolaj Lie Kaas (Idioten, Open Hearts, Reconstruction, In China essen sie Hunde, hier in einer Doppelrolle, wobei er auch die Herausforderung, den geistig behinderten Zwillungsbruder zu spielen, ausgezeichnet bewältigt), bei dem ein Blick in der Tat oft mehr sagt als tausend Worte). Nicht mal Mads Mikkelsen (Open Hearts, Wilbur Wants to Kill Himself), dessen durchgeknallter Svend potentiell ein Kandidat für hemmungslose Übertreibung wäre, tappt in die Falle, sich unkontrolliert gehen zu lassen und gestaltet seinen Charakter dadurch um so wirkungsvoller. Die hervorragenden Nebendarsteller wie Ole Thestrup und Nicolas Bro schlagen in die gleiche Kerbe – da wird nicht auf Teufel komm raus übertrieben, sondern genau die richtige Dosis Exaltiert- und Durchgeknalltheit in die Waagschale geworfen (huch, jetzt bin ich irgnedwie direkt zur Schauspielerkritik übergegangen. Naja, mal was anderes).

Selbstredend handelt es sich bei dem Streifen nicht um eine deftige Horrorkomödie – das hat der Film gar nicht nötig, mehr als ein paar abgetrennte Körperteile (und einen aufgesägten halben Körper, der dem „Körperwelten“-Spezi gefallen dürfte) braucht der Film nicht, um seinen Punkt zu machen. Visuell ist der Film nicht wirklich aufregend, aber schon erheblich über dem TV-Vorabendkrimi-Niveau von Rembrandt.

Jensen gelingt mit Dänische Delikatessen ein wirklich großer Wurf – der Streifen ist durchgängig witzig (kaum eine Minute vergeht ohne Lacher), wobei vom subtilen, fast schon unauffälligen Grinser bis hin zum echten Brüller die komplette Gag-Bandbreite aufgefahren wird. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, was dem Freund schwarzer Komödien an diesem Film nicht gefallen könnte. Daher ein flammender Appell an alle Kinogänger, da der Film mir etwas unverständlicherweise relativ schwach gestartet ist: unbedingt reingehen, ihr werdet es nicht bereuen, das ist ein rabenschwarzer Spaß erster Kajüte, den man sich nicht entgehen lassen sollte!

(c) Dr. Acula


mm
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