Condorman

 
  • Deutscher Titel: Condorman
  • Original-Titel: Condorman
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  • Regie: Charles Jarrott
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1981
  • Darsteller:

    Michael Crawford (Woody Wilkins), Oliver Reed (Krokov), Barbara Carrera (Natalia), James Hampton (Harry), Jean-Pierre Kalfon (Morovich), Dana Elcar (Russ), Vernon Dobtcheff (KGB-Agent), Robert Arden (CIA-Chef)


Vorwort

Comic-Zeichner Woody ist, was seine Geschichten angeht, Perfektionist. Was seine Helden im Comicheft können, muss im realen Leben auch funktionieren, sonst fliegt’s aus der Story. Deswegen muss er auch persönlich den Condorman-Schwingenanzug ausprobieren, indem er in Paris damit vom Eiffelturm hüpft. Ergebnis: ein Bad in der Seine (das hätte schlimmer kommen können. Frag nach bei Franz Reichelt).
Nichtdestotrotz verfällt sein bester Freund Harry, seines Zeichens Aktenschubser bei der CIA, auf den unglücklichen Gedanken, Woody für eine – nicht sonderlich wichtige – Geheimdienstaktion zu rekrutieren, einen kleinen Dokumentenaustausch mit einem russischen Agenten in Istanbul. Jener Agent entpuppt sich als rassige Agentin und Woody geht bei ihr, um Eindruck zu schinden, mit der Mär des Superagenten Codename „Condorman“ hausieren. Da es ihm durch schieren Dusel gelingt, ein paar türkische Agenten krankenhausreif zu prügeln, ist Natalia angemessen begeistert – und fordert daher wenig später niemand anderen als Condorman an, damit der ihr bei ihrer Flucht in den Westen zur Hand geht.

Woody mag aber nur mitspielen, wenn die Agency ihm einige Spielzeuge (Spezialfahrzeuge und Waffen) finanziert. Zähnenknirschend wird’s genehmigt und so reist Woody nach Jugoslawien und gabelt dort Natalia (in die er sich natürlich längst verschossen und die er als „Laser Lady“ bereits in seine Comicheldengalerie aufgenommen hat) auf. Dass Natalia sich abseilen will, hat ihr Ex-Geliebter und Immernoch-Führungsoffizier Krokov aber längst auf dem Schirm und das ein oder andere KGB-Killerkommando auf sie angesetzt. Natalia soll lebend apportiert werden, der Yankee darf, bitteschön, entsorgt werden.
Woodys Technik leistet gute Dienste, und wenn alle Stricke reißen, ist noch Harry da. Doch am Matterhorn ist die Glückssträhne beendet – Krokov gelingt es, Natalia zurückzunappen und in seine Villa nach Monte Carlo zu verschleppen. Das kann Woody sich natürlich jetzt nicht bieten lassen…


Inhalt

Disney. Das Imperium der Maus ist erfolgsverwöhnt – die seltenen Flops werden gerne unter den Teppich gekehrt oder nachträglich in Erfolge hochgerechnet. Dennoch werden auch die Disney-Strategen zugeben müssen, dass ihre britische Dependance nicht immer ins schwarze traf (man denke z.B. an „Wer hat unseren Dinosaurier geklaut?“, den selbst die kombinierte Acting-Power von Peter Ustinov, Helen Hayes, Jon Pertwee und Joan Sims nicht retten konnte). Auch „Condorman“, von den Briten 1981 ins Rennen geworfen (und, wenn ich das recht übersehe, eine der letzten, wenn nicht *die* letzte Produktion, die die Tommies im Alleingang stemmen und mit dem Maus-Siegel versehen durften), versank trotz zeitgenössisch hohen Promotion-Aufwand (ich müsste irgendwo tatsächlich noch das Comic zum Film haben) nach kurzem Kinoleben in der Obskurität und darf sich wohl zumindest aus kommerzieller Sicht mit Fug und Recht „Flop“ nennen. Und aus filmischer Sicht?

Wird das natürlich alles nicht so heiß gelöffelt, wie’s auf den Tisch kommt. In erster Linie litt „Condorman“ unter völlig falscher Vermarktung. Der Titel und der Umstand, dass auch das Promotion-Material stark auf „Held im Vogelkostüm“ abstellte, ließ natürlich praktisch jeden an eine Superhelden-Komödie denken, doch wie unschwer zu erkennen, ist „Condorman“ natürlich nichts anderes als eine James-Bond-Parodie, ein Agentenfilm (wie auch die literarische Vorlage, „The Game of X“, ein Spionageroman aus der Feder von niemand geringerem als Robert Sheckley, nie etwas anderes zu sein behauptete). Kalter Krieg, böse Russen und Agentengerangel war aber offenkundig nicht das, was das zahlende Publikum von „Condorman“ erwartete…

Drehbuchautor Marc Stirdivant ist dann auch keine große Leuchte seiner Zunft – seine Qualifikation für den Job war offensichtlich, dass er eine (1) Folge der Krimiserie „Beretta“ (und die war eh nich‘ so dolle) verantwortete. Nach „Condorman“ schrieb er sprichwörtlich nichts mehr (zumindest nichts, was verfilmt worden wäre) und fand sein Glück schließlich als „assistant director“ bei „Frasier“. Immerhin, Stirdivant bekam zumindest insofern Unterstützung, als Woody Allens Co-Autor aus frühen Jahren („Bananas“ oder „What’s Up, Tiger Lily?“), Mickey Rose, unkreditiert mal über Stirdivants Script drüberputzte.

Leider begnügt sich Stirdivant mit einer (zugegeben durchaus) cleveren Idee, nämlich der, aus dem Protagonisten einen Comic-Zeichner zu machen, der den Fimmel hat, jedes Gadget, das seine Helden im Strip benutzen, vorab selbst auszuprobieren (und deswegen im weiteren Filmverlauf eben auch die Konstruktionspläne für diverse Superfahrzeuge und -Waffen, die er selbst nie bauen könnte, auf Halde liegen hat und sie vom CIA bezahlen lässt). Der Gag wäre natürlich noch treffender gewesen, wenn der Film-„Condorman“ dann tatsächlich auch nur real funktionierende Technik benutzt, aber das war den Disney-Machern dann wohl doch etwas zu bodenständig – deswegen gibt’s dann halt den funktionierenden Kondor-Fluganzug, Transformer-Autos und Laserwaffen (ja mei, „Krieg der Sterne“ war da halt grad in. Ohne Laser braucht man sich da nicht mehr ins Kino zu trauen).
Der „Rest“, also das, was wir anspruchsvollen Filmexperten bedeutungsschwanger „Plot“ nennen, ist strikt „by-the-numbers“, eine wenig aufregende oder gar originelle Bond-Humoreske. Wer mehr als drei Agentenfilme gesehen hat, wird jede Drehung und Wendung vorhersagen (wobei der Streifen ob seiner Disney-bedingten Familienfreundlichkeit noch nicht mal die „Verräter-im-eigenen-Team“-Karte spielen darf). Sowieso ist die Struktur quasi mit der Rechenlehre konstruiert – im ersten Akt werden Helden und Schurken ausführlich vorgestellt, der zweite Akt ist eine einzige internationale Verfolgungsjagd, in der die Helden ab und zu mal gefangen werden, wieder flüchten, gefangen werden usw., die mit dem vermeintlichen Sieg der Schurken endet, der dritte Akt schildert dann die große Befreiungsaktion. Das ist durchaus brauchbar aneinandergereiht, man merkt, dass Stirdivant die Gesetzmäßigkeiten, die Formel des klassischen Agentenkintopps wohl verinnerlicht hat – er belässt es halt bei bloßer Reproduktion und hofft, dass sich der Humor durch den ein oder anderen Dialog und ansonsten durch das aufgesetzte Comic-Image irgendwie automatisch ergibt.

Dann muss es also die Regie erledigen – nun ist Charles Jarrott nicht unbedingt DER Regisseur, der mir für eine turbulente Action-Komödie als erster Name einfiele. Klar, der Mann hat Renomée, dirigierte in dem Historiendrama „Königin für tausend Tage“ gleich drei seiner Darsteller zu Oscar-Nominierungen, „Maria Stuart, Königin von Schottland“ heimste auch fünf Nominierungen (vier in technischen Diszplinen) ein, aber mit der Musical-Fassung der „Lost Horizon“-Schmonzette fiel er auch heftig auf die Nase und mit seiner Jekyll-und-Hyde-Version langweilte er mich beinahe erfolgreich zu Tode – man könnte also meinen, Jarrott wäre doch eher im Historienfach daheim. Aber, surprise-surprise, Jarrott holt aus dem Material viel raus.
Natürlich hilft das recht hohe Tempo mit einer Vielzahl von Schauplatzwechseln (gedreht wurde u.a. in Paris, Zermatt, Italien und Monte Carlo) und das sich damit zwangsläufig einstellende internationale Flair, aber Jarrott hat die Chose ziemlich gut im Griff – „Condorman“ ist straff inszeniert, verliert sich nicht in Nebensächlichkeiten und weiß immer, wann Zeit für eine ausgewalzte Actioneinlage ist. Sicherlich limitiert der Disney-Touch (und 1981 hatte der Maus-Konzern noch keinen rechten Sinn für erwachsenere Unterhaltung), wie weit „Condorman“ in Sachen Gewalt (stets jugendfrei, und auch wenn impliziert gestorben wird, gibt’s doch keine einzige echte Sterbeszene) und, hüstel, Erotik (da hat man Barbara Carrera im Cast und *darf* nichts draus machen) gehen darf.
Jau, der Streifen verschießt seine Höhepunkte zu früh – eine lustigere Szene als die grandiose Slapstick-Prügelei Woodys mit den türkischen Goons hat der Film nicht zu bieten und eine mitreißendere Actionszene als die schnittige Verfolgungsjagd im zweiten Akt, als Woody in seinem Condorman-Spezialfahrzeug von fünf Porsche in KGB-Diensten auf’s Korn genommen wird, auch nicht – nominell soll natürlich der Condorman-Anzug-Einsatz und die Rennboot-Verfolgungsjagd mit Laserfeuer im Schlussakt spektakulärer sein, aber der Anzug ist nun mal selbst für ’ne Disney-Komödie unrealistisch und die Rennboot-Jagd gerade trotz des Einsatzes von Laserstrahlen und Raketenwerfern deutlich weniger „greifbar“ als die realere, glaubhaftere und damit spannendere Autoverfolgung.

Dass aus dem Comic-Gimmick nicht mehr gemacht wird als eine kurze Sequenz im Vorspann, in dem ein Zeichentrick-„Condorman“ in Realfilm-Aufnahmen aus Paris Unsinn treibt, ist sicher auch dem Umstand geschuldet, dass die Produktion, so hört man, finanziell nicht auf Rosen gebettet war und wohl den Löwenanteil des Budgets in die Condorman-Technik leitete. Der Condorman-Sportwagen ist äußerst cool (und der 911er-Porsche-Umbau, den KGB-Chefkiller Morovich fährt, ooch), auch das Condorman-Rennboot ist von Design her patent und der Vogelanzug mag unrealistisch wie Hulle sein, sieht aber zugegebenermaßen durchaus pfiffig aus.
Dafür sind die Rückprojektionen (in Autofahr- und natürlich Vogelflug-Sequenzen) auf dem technischen Level von 1965, die „Laser“-FX wirken extrem willkürlich (und schießen jedenfalls nicht dahin, wohin Woody zielt) und der steife Dummy, den die Tricktechniker Ende des zweiten Akts vom Seilbahnseil schmeißen, ist nur deswegen „besser“ als der aus Zombi Holocaust, weil ihm unterwegs nicht der Arm abfällt (aber das wiederum wohl auch nur, weil das Ding aus einem massiven Holzstück gefräst wurde. So sieht’s jedenfalls aus).

Stichwort „Level von 1965“ – diesen hält auch der wirklich altbackene Score von Altmeister Henry Mancini, dem nur leider auch nicht etwas ansatzweise so memorables wie sein „Pink Panther“-Theme eingefallen ist (dafür aber einige eher rätselhafte cues. Warum Condormans Absturz in die Seine von einem kurzen „Rule Britannia“-Snippet untermalt wird, wäre jetzt schon mal etwas, was mir Mr. Mancini im Rahmen einer spiritistischen Sitzung mitteilen könnte).

Gut aufgelegt sind die Hauptdarsteller – Michael Crawford vor allem, der in der Geek-der-über-sich-hinauswachsen-muss-Rolle mal was ganz anderes spielt als sonst – der renommierte Bühnenakteur feierte seine erste wichtige Filmrolle in Gene Kellys „Hello, Dolly!“ und avancierte in den 70ern zum Musical-Star; Andrew Lloyd Webber heuerte ihn auf Empfehlung von Sarah Brightman für die Titelrolle in der Original-Bühnenfassung des „Phantoms der Oper“ an. Crawford wandelt erfolgreich auf dem schmalen Grat, der eine glaubhafte „Geek/Held/romantic lead“-Performance ermöglicht.
Barbara Carrera, die’s zwei Jahre später in „Sag niemals nie“ ja noch zum quasi-echten Bond-Girl brachte (je nachdem, ob man einen Nicht-EON-Bond nun zählen will), zeigt, was ihr auch eher selten ermöglicht wurde, dass sie auch in einem komödiantischen Stoff, der nicht (nur) auf ihre körperlichen Reize setzt, eine ordentliche Leistung abliefern kann.
James Hampton (einstmals Sidekick von Doris Day in ihrer „Doris Day Show“, außerdem zu sehen in „Die Kampfmaschine“, „Das China-Syndrom“ und „Teen Wolf“) gibt den spießigen CIA-Bürohengst durchaus überzeugend, wenn auch etwas verstaubt (das ist so ’ne typische early-70’s-Interpretation. So wie Hampton das spielt, ist es schwer zu glauben, dass er und Crawford die besten Freunde sind).
Dana Elcar übt in der kleinen Rolle des Pariser CIA-Vorstehers schon mal für „MacGyver“; Vernon Dobtcheff („Michael Strogoff“, „Gwendoline“, „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“) und Jean-Pierre Kalfon („Week End“, „Die Schule der verlorenen Mädchen“) sind adäquate Russen-Bösbuben.

Bleibt noch Oliver Reed. Dessen darstellerische Leistung entspricht in dem, was man erwarten durfte, wenn man Oliver Reed anno 1981 engagierte, als der Maestro zumeist entschlossen war, seine Jobs mit möglichst geringem schauspielerischen Aufwand zu erledigen. Für die Rolle des Ober-Bösewichts passt die Stoneface-Nummer, die er hier schiebt, schon ganz gut. Als Ausgleich für möglicherweise überschaubares Engagement sind ein paar Anekdoten vom Dreh überliefert – zum einen war ihm in einer Szene, in der er mit Barbara Carrera in einem Hubschrauber sitzt und ihr ein paar vage Drohungen ins Gesicht hustet, die Carrera nicht „ängstlich“ genug. Die method-actor-approved Lösung: man öffne die Helikoptertür (im Flug) und schubse die Kollegin sanft in diese Richtung. Und schon klappt das mit dem ängstlichen Gesichtsausdruck (Carrera revanchierte sich mit einem Ellbogencheck, den Reed, Trooper, der er war, brav wegsteckte)! Bei anderer Gelegenheit hielt Reed es, vermutlich nach dem Genuss von drei-vier Flaschen Whiskey, für eine sensationelle Idee, den Anzug, den er praktisch den ganzen Film über trägt, ins Mittelmeer zu werfen. Ein Mitarbeiter der Produktionsfirma ruderte aufs Meer hinaus, um den feinen Zwirn zurückzubingen, um das strapazierte Filmbudget nicht noch durch die Neuanschaffung eines Ersatzanzuges zu belasten…

Bildqualität: Disney hat den Film schon deutlich spüren lassen, dass er für die Firma eine herbe Enttäuschung war. Für den DVD-Release (und der ist immerhin brandaktuell) hat man sich nicht mal die Mühe gemacht, einen anamorphen Transfer auf die Beine zu stellen. 2.35:1-Letterbox heißt die Devise und das macht, aufgepumpt auf moderne Flatscreen-Monitore, dann nicht mehr so richtig Frohsinn. Da der Orignal-Print schon nicht mehr sonderlich großartig in Schuss war (digital remastern? Wozu denn?) darf man sich mit einer ziemlich unscharfen, pixeligen und nicht gerade schmutz- und beschädigungsfreien Angelegenheit auseinandersetzen.

Tonqualität: Englischer O-Ton, deutsche und französische Synchronfassung jeweils in Dolby 2.0. Als Untertitel werden Deutsch, Englisch, Englisch für Hörgeschädigte und Französisch mitgeliefert. Es gilt ähnliches wie beim Bild – das hätte man sicher ein bissl einerseits aufblasen, andererseits entrümpeln können…

Extras: Bare bones – nicht mal ’n Trailer.

Fazit: Ja, sicher, „Condorman“ ist in der langen Disney-Spielfilm-Ahnenreihe kein denkwürdiges Ruhmesblatt – die Obskurität, in die der Streifen gefallen ist, hat er aber auch nicht verdient. Klar, statt der versprochenen Superhelden-Geschichte bekommen wir „nur“ ’ne ein bisschen technik-frisierte Agentenparodie, aber die macht – auch, weil sie keine Experimente eingeht und sich an bewährte Mechanismen hält – wenig verkehrt, hat immerhin zwei stand-out-Szenen (die Klopperei in Istanbul und die Porsche-Jagd) und einen gut aufgelegten Cast zu bieten. Ergibt summa summarum ein kurzweiliges, anspruchsloses Filmvergnügen, dem eine bessere Behandlung seitens Disney zu wünschen wäre. Amüsanter Film, doch die DVD-Umsetzung ist bestenfalls mäßig.


mm
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