CIA an Malta: Diese Frau ist gefährlich

 
  • Deutscher Titel: CIA an Malta: Diese Frau ist gefährlich
  • Original-Titel: Death is a Woman
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  • Regie: Frederic Goode
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1966
  • Darsteller:

    Mark Burns (Dennis Pumbrey), Shaun Curry (Joe), William Dexter (Malo), Trisha Noble (Francesca), Wanda Ventham (Priscilla Blunstone-Smythe), Terence de Marney (Jacomini), Mark Singleton (Costello), Michael Brennan (Bonelli)


Vorwort

Hinter der Fassade eines Spielcasinos betreibt Mr. Blake auf Malta schwunghaften Rauschgifthandel. Femme Fatale Francesca möchte von dem erklecklichen Kuchen Zaster, der bei derlei Geschäften anfällt, profitieren und killt Blake mit ihrem Komplizen und Liebhaber Joe. Leider haben sie an den ältesten Trick der Welt, das Guckloch in der Wand, nicht gedacht – zugekuckt hat Malo, Blakes Geschäftspartner bei nicht-drogenbezogenen Narreteien, und hätte nun gern als Gegenleistung für sein Schweigen einen nicht unerheblichen Anteil am Drogenreibach. Klare Sache: der Mann muss weg.

Das ist nun wieder dumm für Dennis Pumbrey, den mehr oder weniger smarten britischen Agenten, der dem Drogenring bislang erfolglos hinterherermittelt. Denn nicht nur ist er mit Blake und Malo seine einzigen brauchbaren Verdächtigen permanent los, nein, die örtliche Polizei hält ihn zumindest mal in Sachen Malo für dringend tatverdächtig, hat er doch nur Minuten vor dem Mord unter Zeugen und mit einer ordentlichen Portion von Malos Kohle (die er sich in seiner Tarnung als reichlich verlierender Casino-Stammgast geliehen hat) dessen Appartment verlassen. Der einzige Grund, warum Polizeichef Costello ihn nicht gleich ihn eine Zelle steckt und den Schlüssel wegwirft, ist, dass der Bulle auch nicht glaubhaft erklären kann, wie Pumbrey als böser Mordbube, nachdem er die Tür der Wohnung von außen abgesperrt hat, von innen die Türkette eingehängt haben soll.

Pumbrey, der als Verstärkung aus London die Agentin Priscilla Blunstone-Smythe, zum Glück nicht halb so verknöchert und unattraktiv wie der Name verspricht, als Tarn-Verlobte zugewiesen bekommen hat, ist sich darüber klar, dass die Polizei, sollte sie das locked-room-mystery nicht anderweitig lösen können, gerne auf ihn als 1B-Täter zurückgreifen wird, und er wohl oder übel selbst herausfinden muss, wer Malo umgebracht hat. Dass Costello ihn sehr unelegant beschatten lässt, macht die Sache nicht einfacher. Der Versuch, aus Francesca – die Priscilla schon aufgrund unmöglicher weiblicher Ko-Existenz für chronisch verdächtig hält – brauchbare Informationen herauszubekommen, scheitert. Allerdings ist Francesca sich nunmehr sicher, dass Pumbrey * irgendwas * weiß und hält ihren Komplizen Joe an, den Ball flach zu halten, was bei einem eher nicht zerebralgesteuerten Kerl wie Joe nicht ganz so einfach ist.

Pumbrey hat wenigstens zwei Namen potentieller Kontaktleute der Dealer. Metzger Bonelli lässt sich nicht mal durch ein paar freundschaftlich an die Rübe geworfene Schweinehälften zum Singen bringen, der lokale Saufbruder Jacomini scheint dagegen ein deutlich redseligerer Geselle zu sein..


Inhalt

Ich geb’s ja zu, ich fröne der von mir schon so oft beklagten Unsitte, nach Coverartwork und Filmtitel einzukaufen. Ich weiß selber, dass die Wahrscheinlichkeit, einen brauchbaren Film zu finden, umgekehrt proportional sinkt, je reißerischer das Cover und spektakulärer der Titel ist, aber meine Güte, wenn man nicht darauf hoffen würde, irgendwann mal die Nadel im Heuhaufen zu finden, kann man das mit der Filmkuckerei ja gleich ganz sein lassen…

„Death is a Woman“ ist – dem giallesken Titel zum Trotz – ein Film, den ich vermutlich normalerweise nie gefunden hätte, aber seit ich ein paar Stücke aus der löblichen „The British Film“-Reihe, die Network in Zusammenarbeit mit Studiocanal veröffentlicht, erstanden habe, schlägt mir der Empfehlungsbot von amazon UK zur Freude des dortigen Umsatzes immer wieder mal etwas aus der Reihe vor – und, naja, bei dem Titel und dem Bikini-Girl-mit-Harpune-Coverartwork brauch ich nicht viel mehr Argumente.

Unter dem hübschen Titel „CIA an Malta: Diese Frau ist gefährlich“ (nicht, dass der CIA in diesem Film auch nur eine Fusselrolle spielen würde) sogar in Deutschland im Kino gelaufen, versucht diese britische Indie-Produktion sich ganz offensichtlich an die James-Bond-/Eurospy-Formel, die sich gerade entwickelte, anzuhängen: man nehme einen attraktiven Agenten, eine rassige femme fatale, eine exotische Location (naja, was man dafür hält), und der Rest wird sich dann schon irgendwie ergeben. Also z.B. das mit der spannenden Geschichte und der knackigen Action usw.

Was sich Wallace „Wally“ Bosco als Geschichte ausgedacht hat, wäre in einem Bond-Film (und auch in einem der italienischen Rip-offs) vermutlich allerbestenfalls Teasersequenz geworden. Die Plotte um den Drogenhandel auf Malta, in der der Agent als Mordverdächtiger herumtappert, ohne dabei arg viel von plotentscheidender Bedeutung zu tun (er fischt ja hinweismäßig völlig im Trüben und seine einzige „echte“ Ermittlungsarbeit, sein „Verhör“ von Jacomini, bringt nur Ergebnisse, weil er auf gut Glück eine Story aus der hohlen Hand erfindet, auf die der alte Süffel reinfällt), würde vielleicht als Film Noir durchgehen, man könnte auch einen „Mini-Hitchcock“ draus stricken, aber als flockige, schnelle Eurospy-Unterhaltung ist sie kein Bringer. Kann natürlich auch daran liegen, dass Autor Bosco ein, naja, vielleicht nicht idealer Schreiberling für den Stoff ist. Bosco war, als „Death is a Woman“ das Licht der Leinwände dieser Welt erblickte, stolze 86 Lenze jung, und brachte hier sein erstes (!) Script für einen abendfüllenden Spielfilm an den Mann. Was nicht heißt, dass Bosco in Sachen Film ein heuriger Hase war, ganz im Gegenteil, feierte er als Schauspieler sein Leinwanddebüt doch bereits 1913 (!) in einer „Ivanhoe“-Adaption. In der Stummfilmzeit gut beschäftigt, machte ihm offenbar der Wechsel zu den talkies zu schaffen und er verlegte sich auf die Schreiberei für juvenile frühe Fernsehserien wie „Rin Tin Tin“ oder „Jungle Jim“. Im hochbetagten Alter gelang es ihm dann tatsächlich, für den Produzenten Harry Field einige Kino-Drehbücher realisiert zu bekommen, allerdings mit Ausnahme des hier vorliegenden Streifens ausschließlich Abenteuerfilme für Kinder (wie der vermutlich parallel zu diesem Film auf Malta gedrehte „Der Schatz des Davy Jones“), die gerade mal eine Stunde Laufzeit aufweisen.

Wahrlich also nicht unbedingt der erste Name, der einem in den Sinn käme, flottes Abenteuerkino zu scripten, und was den Regisseur angeht, sieht’s da nicht wesentlich anders aus. Frederic Goode hatte mit „The Flood“ und „Valley of the Kings“ zwei Spielfilme im Bereich des, freundlich ausgedrückt, Familienfilms auf dem Kerbholz, aber mit „Stopover Forever“ zumindest auch einen kleinen B-Noir-Thriller. In der Folge pendelte er zwischen Familienfilmen wie „Abu, der Sohn der Sahara“ oder dem ebenfalls von Bosco geschriebenen „Ponydiebe“ und „erwachsenerem“ Stoff wie dem B-Horror „The Hand of Night“ oder dem Krimi „The Syndicate“. Seine beiden letzten Filme inszenierte er kurioserweise in Nigeria in Zusammenarbeit mit dem einheimischen Filmemacher Hubert Ogunde.

Wenn „Death is a Woman“ vielleicht noch einen zwölfjährigen Knirps, der Pumbrey die besten Tipps gibt und den Fall quasi für den Agenten löst, im Plot hätte, ich würde glatt glauben, der Streifen wäre eine Art Krimi für Kids. Alles, was „Death is a Woman“ macht, ist gleichzeitig so offensichtlich wie unspannend, so „wir nehmen das erste, was uns einfällt“, so… wenig interessiert an der eigenen Geschichte. Die Charaktere sind langweilig und ohne rechte Motivation (was besonders auffällt, weil wir gleich mit Francescas und Joes Mord an Blake einsteigen, d.h. Die Schurken von Anfang an etablieren, aber nicht wirklich einen Schimmer haben, warum sie das tun. Und selbst als klar wird, dass es um den lukrativen Drogenhandel geht, wird nie wirklich deutlich, wie genau Francesca und Joe nun die Operation selbst übernehmen wollen, denn nur sich die Drogen unter den Nagel reißen, wie sie’s im Film tun, macht von allein noch nicht reich), was an Charakterisierung bleibt, ist die grobe Holzschnittart (Jacomini ist der trottelige Säufer, Priscilla die typisch steife no-sex-we’re-British-Tante, die sich trotzdem und ohne jegliche Begründung in Pumbrey verliebt, usw.). Manches wirkt beinahe absichtlich parodistisch (Costellos Gehülfentschakl , der Pumbrey unwesentlich unauffälliger beschattet als ein rosa Elefant im weißen Tütü, der von einer Blaskapelle begleitet wird), manches kommt dann wieder völlig out-of-leftfield (Jacomini führt Pumbrey zu einer mysteriösen alten Dame, die Pumbrey umgehend wieder hinauswerfen lässt, Jacomini maßregelt und dann nie wieder gesichtet wird, aber wohl irgendwie in dem ganzen Schlamassel mit drin hängt). Und reden wir mal nicht über das zentrale „locked door mystery“, das SO mysteriös ist, dass ich, der sofort zugibt, nicht der größte Detektiv der Welt zu sein, in ungefähr anderthalb Minuten gelöst hatte…

Trotz der eigentlich angenehm kurzen 80 Minuten Laufzeit (inkl. Vor- und Abspann, wobei den Vorspann das herzige Gimmick auszeichnet, dass er die Namen im Takt der Musik einblendet) gelingt es Goode nie, einen Spannungsbogen aufzubauen. Alles plätschert in gleichförmigem Tempo vor sich hin, selbst wenn mal zur Auflockerung der Angelegenheit eine (dramaturgisch sinnlose) Kneipenschlägerei oder eine eigentlich kuriose, da mit Schlachtviehkadavern durchgeführte Kampfszene durchgezogen wird. Obschon der Film vom ehemaligen Militär- und Dokumentarfotografen William Jordan ansprechend ins Bild gesetzt wird, könnte man sich etwas mehr „Spiel“ mit den pittoresken Motiven der Mittelmeerinsel Malta (die bekanntlich als Filmkulisse bei mir einen schweren Stein im Brett hat) wünschen – gerade aus den winkligen Gassen Vallettas ließe sich filmisch mehr Kapital schlagen (andererseits bleibt dem Malta-Kenner das Amüsement über die wilde Geographie des Streifens. Malta ist zwar nicht groß, aber von der alten Hauptstadt an die Küste läuft man trotzdem nicht in fünf Minuten, wie’s Goode hier suggeriert. Aber dann erinnere ich mich wieder als Robert Schwenktes wüste Umgestaltung Berlins in „Flight Plan“ und verfalle in trübsinniges Schweigen).

Weil nach „Feuerball“ auch jeder Agentenkrimi Unterwasserszenen brauchte, hat auch „Death is a Woman“ ebensolche. Diese besorgt mit Stephen Halliday ein Dokumentarfilmer, und das absolut auf gutem Niveau (auch wenn die Unterwasser-Klimax nicht nur deswegen enttäuscht, weil sich keine Legionen von Froschmännern mit Harpunen spicken. Ich mag mich irren, aber wenn man einem Scuba-Taucher in einer Tiefe von drei-vier Metern die Luftschläuche durchschneidet – und nach mehr sieht’s hier nicht aus – dürfte das nicht SOFORT tödlich sein).

Der Score von Joan Shakespeare ist 60er-typisch beschwingt, dafür aber gern mal an den falschen Stellen. Für zwei Möchtegern-James-Bond-Titelsongs hat’s auch noch gereicht. Was Gewalt angeht, ist „Death is a Woman“ blitzsauber (die einzigen Blutstropfen gibt’s in der Kneipenprügelei), dafür überrascht der Film mit einem Satz Brüsten in Person von Caron Gardner als Joes neueste Flamme.

Womit wir nahtlos bei den Darstellern angekommen wären. Mark Burns arbeitete sich mit Indie-Filmen wie diesen vom Briten-TV ins Kinofach hoch. Auch wenn die Rolle hier nicht sonderlich gehaltvoll ist und Burns auch nicht wahnsnnig viel damit anzufangen weiß, reichte es doch, um sich bald in wichtigeren Filmen wie „Angriff der leichten Brigade“, Viscontis „Tod in Venedig“ und „Ludwig II.“ oder „18 Stunden bis zur Ewigkeit“ wiederzufinden. Seine letzte Rolle spielte der 2007 verstorbene Brite in „Der Sternwanderer“. „Joe“ Shaun Curry feiert nach ein paar TV-Rollen hier sein Kinodebüt. Die Produzenten waren sich offenbar uneins, ob Curry ein tumber Haudrauf oder ein eher „suave“ ausgerichteter Gentleman-Gangster sein soll (siehe Bonusmaterial) – letztlich setzt sich der Haudrauf durch, was, glaube ich, nicht Currys Stärke war. Curry schloss eine lange Karriere als Charakterdarsteller, gerne als Cop oder Soldat, vornehmlich im britischen Fernsehen an, sein größter Kinoauftritt war sicherlich der großbudgetierte stargespickte Kriegsfilm „Die Brücke von Arnheim“. Wanda Ventham hat nicht viel mehr zu tun als die steife Britin raushängen zu lassen und trotzdem im Bikini gut auszusehen und macht das eigentlich (bis auf einen fürchterlich faken suntan) ganz gut. Hammer-Freunde kennen sie aus Captain Kronos: Vampire Hunter. Sie gehörte außerdem zur Belegschaft von „UFO“ und war mehrfach bei „Doctor Who“ dabei. Die Rolle des alten Saufkopps Jacomini mag klischeehaft sein, aber der routinierte britische Charakterdarsteller Terence de Marney („Das Grauen auf Schloss Witley“, „Die den Tod nicht fürchten“) macht ’ne Menge draus – ungefähr so hätte das vielleicht auch Jon Pertwee gespielt. Trisha Noble (mit einem „introducing“-Credit ausgestattet) sollte wohl nach dem Willen der Produzenten ein Star (oder zumindest ein Pin-up-Starlet) werden – klappte nicht so richtig. Im Kino sah man sie erst drei Jahre später im „Ist ja irre“-Schwank „Das total verrückte Camping-Paradies“ wieder, ansonsten reichte es nur für Gastauftritte in Fernsehserien wie „Detektiv Rockford“, „Flamingo Road“ oder „Buck Rogers“. Erst 1981 ergatterte sie eine feste Serienrolle in der kurzlebigen Krimireihe „Strike Force“. Ihren Karrierehöhepunkt feierte sie 2005, als sie in „Star Wars Episode III – Revenge of the Sith“mitmischen durfte. Zurück nach 1966 – hier hat sie zwar einen reschen Body, aber nicht das notwendige Charisma für eine mörderische femme fatale.

Bildqualität: Network/Studiocanal legen den Film in einem sehr schicken 1.66:1-Transfer vor. Die Farben sind ausgezeichnet, der Kontrast lässt sich sehen und die Schärfewerte sind für einen Film dieses Alters aller Ehren wert.

Tonqualität: Englischer Mono-Ton. Rauschfrei, gut verständlich, passabler Musikmix.

Extras: Trailer, Bildergalerie, Pressemappe als PDF und eine gut sechsminütige „alternative“ Szene, in der Francesca und Joe ihren Mord an Blake nicht im Bett, sondern bei einem feudalen Abendessen feiern und von Malo telefonisch erpresst werden. Hier wird der Unterschied zwischen dem hemdsärmligen Primitivling Joe und dem eleganten Gentleman Joe besonders deutlich. Zur Szene existiert kein Ton.

Fazit: Ich mag die Network-Sachen (trotz der fusseligen Slimcases. I’m an Amaray guy, sue me) – sie erlauben wir relativ schmales Geld einen Einblick in die randständigeren Gefilde des britischen Genrefilms (und dabei in der bestmöglichen Präsentation. Nicht wenige Publisher belassen es ja dabei, irgendeinen VHS-Rip oder eine TV-Maz auf DVD zu kloppen und „da, da habt ihr“ zu brummeln) – von Spukhauskomödie über SF-Thriller bis hin jetzt zum Agentenkrimi beleuchtet diese Reihe die Sorte Inselkinos, die unterhalb der Hammer-/Amicus-&Co.-Riege spielte. „Death is a Woman“ ist sicherlich kein großer Film, nicht mal ein sonderlich guter, aber eben auch wieder ein Kuriosum, weil hier ganz ersichtlich Leute an einer korrekt erkannten vogue verdienen wollten, blöderweise jedoch keine Ahnung hatten, wie dieses Genre funktioniert. Und manchmal ist es eben auch ganz amüsant, Leuten beim ambitionierten Scheitern zuzusehen (ja, ich weiß, dass mich das nicht sehr weit von den Menschen trennt, die „DSDS“ kucken). „Death is a Woman“ bietet einiges an schönen Bildern, leider kein besonders gutes Mystery und nur wenig Action – aber es reicht, damit ich mir die DVD in meine Malta-Collection neben Filme wie „Cutthroat Island“, „Malta sehen und sterben“, „Red Eagle“ oder „Russian Transporter“ stelle 😉

2/5
(c) 2015 Dr. Acula


mm
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