- Deutscher Titel: Chatter Box!
- Original-Titel: Chatterbox!
- Regie: Tom DeSimone
- Land: USA
- Jahr: 1977
- Darsteller:
Candice Rialson (Penelope Pittman), Larry Gelman (Dr. Pearl), Jane Kean (Eleanor Pittman), Perry Bullington (Ted), Arlene Martel (Marlene), Michael Taylor (Dick), Cynthia Hoppenfield (Linda Ann), Rip Taylor (Mr. Jo), Irwin Corey (als er selbst), Sandra Gould (Mrs. Bugatowski)
Vorwort
CHATTERBOX!
Unterhalten wir uns mal wieder kurz über das Golden Age of Porn (auch wenn unser heutiger Film kein pornographischer Film ist)… In dieser kurzen Epoche zwischen ungefähr 1972 und 1979, war Hardcore-Pornographie, soweit sie sich mit einer Handlung umgab, einigermaßen hoffähig und wer in BEHIND THE GREEN DOOR oder THE DEVIL IN MISS JONES ging, musste sich dessen nicht unbedingt schämen. Diese ungewohnte gesellschaftliche Anerkennung verschaffte einigen der Regisseure aus der Branche die Gelegenheit, sich im quasi-seriösen Fach zu versuchen (wo dann auch die Wahrscheinlichkeit etwas geringer war, dass die Produktionen indirekt oder direkt von der Mafia, die das Porno-Business zur Geldwäsche nutzte, finanziert wurden).
Einer davon war Tom DeSimone der sich seit 1973 speziell um den Gay-Porn-Markt bemüht hatte, aber auch nach Anerkennung im Fach, das nicht primär auf das gegenseitige Reinstecken von Geschlechtsmerkmalen in Körperöffnungen ausgelegt war, strebte. Der endgültige Sprung ins nicht-pornographische Handwerk gelang ihm in den 80ern – mit HELL NIGHT fügte er dem frühen Slasher-Genre einen Eintrag hinzu, mit THE CONCRETE JUNGLE und speziell dem semikultisch verehrten Wendy O’Williams-Klopfer REFORM SCHOOL GIRLS legte er zwei einigermaßen wohlgelittene Frauenknastfilme vor, dirigierte 1988 ANGEL 3 und verlegte sich dann auf Fernseharbeiten, u.a. für FREDDY’S NIGHTMARES, SUPER FORCE oder DAS DING AUS DEM SUMPF. Sogar einen Stint in Mexiko absolvierte er und drehte dort eine komplette 120-teilige Telenovela namens ACAPULCO BAY. Speziell das Fernsehen kennt also keine Berührungsängste…
Noch aber befinden wir uns im Jahr 1977 und DeSimone inmitten einer lukrativen Hardcore-Filmer-Karriere mit eigener Produktionsfirma. Für sein erstes Werk ohne Penetration ging er – verständlicherweise – den Weg einer heterofreundlichen Produktion, und abgesehen davon sollte es auch noch lustig werden. Das Resultat – CHATTERBOX!, „der erste Film mit einer sprechenden Vagina.“ Guter Claim, nur leider falsch, denn schon zwei Jahre zuvor hatten französische Produzenten die gleiche Idee gehabt und PUSSY TALK gedreht (und sowohl in einer Hard- als auch einer Softcore-Fassung veröffentlicht). Aber ob französische Pornos um die Zeit zwangsläufig amerikanische Grindhousekinos erreichten, ist zumindest sehr sehr fraglich, also räumen wir Mr. DiSimone den Benefiz des Zweifels ein und lassen ihn glauben, er sei der erste mit diesem Einfall gewesen (oder zumindest der erste, der doof genug war, die Idee auch tatsächlich umzusetzen).
CHATTERBOX! schaffte es sogar in den Vertrieb von American International Pictures und wurde daher breit – und nicht nur in den USA – in die Kinos gebracht. Kein anderer als Russell Crowe gab zu Protokoll, CHATTERBOX! wäre der erste Film gewesen, den er im Kino gesehen habe. In Neuseeland nimmt man’s mit dem Jugendschutz wohl nicht so peinlich genau wie hierzulande. Nur in Deutschland scheint der Film keinen Kino-Release gesehen zu haben, dafür wurde er schon in den Kinderjahren des Heimkinosektors vom Ramschlabel All Video auf VHS herausgebracht. Und eines dieser VHS-Tapes war Great Movies dann auch gut genug, um als Master für einen DVD-Release zu fungieren (klar, ein Publisher dieses Qualitätsbewusstseins macht sich nicht die Mühe, bei Shout Factory anzufragen, was die für ihr Master an Penunz‘ sehen wollen). Und der Doc war dann auch dusslig genug, sich diese hochwertige Scheibe im Rahmen der 5-für-20-Daueraktion von Drogenmüller anzueignen. Und das wiederum habt Ihr jetzt davon…
Inhalt
Wir steigen in den Film ein, als Penelope Pittman (Candice Rialson, CANDY STRIPE NURSES, HOLLYWOOD BOULEVARD, STUNTS) und ihr, da 70er-Jahre, beschnurrbarter Freund Ted (Perry Bullington, in seiner einzigen Filmhauptrolle, und später Casting-Director für Cannon und Full Moon – Ihr werdet seinen Namen daher sprichwörtlich hundertmal in einem Vorspann gelesen haben), gerade dabei sind, ihre Schlafzimmerakrobatiksession für die Nacht zu beenden. Man und frau sind eigentlich ganz guter Dinge, doch da meldet sich eine Stimme: „And you call THAT a fuck?“ Ted fällt erstens vor Schreck nackig aus dem Bett und fasst die Anmache zweitens als unangebrachte Kritik an seiner sexuellen Performance auf, aber Penelope ist sich einigermaßen sicher, die Schnauze gehalten zu haben, wie sich das für Weibsvolk gehört. Die Stimme setzt ihre Beleidigungsorgie allerdings fort – Penelope flüchtet sich ins Bad, während Ted beim Versuch, sich gleichzeitig anzukleiden und der Stimme die Meinung zu geigen, das Schlafzimmer demoliert. Im Bad kann Penelope die Quelle der Quasselei verorten – es ist ihre Mumu, die da spricht, und das ist jetzt erst mal eine erschütternde Erfahrung. Dieweil Ted wutig und im festen Willen, sich derlei unqualifizierte Bemerkungen nicht anhören zu müssen („hat sich noch keine beschwert“, newa?), versucht Penelope ihrer Vagina das vorlaute Mundwerk zu stopfen. Aber viel mehr als die Beine fest zusammenpressen scheint nicht zu funktionieren (keine Tampons im Haus?).
Penelope arbeitet im Friseursalon des (of course) tuntigen Mr. Jo (Rip Freakin‘ Taylor, THE GONG SHOW MOVIE, AMAZONEN AUF DEM MOND, EIN UNMORALISCHES ANGEBOT). Naja, arbeiten tut sie momentan nicht, sie hängt am Telefon und versucht Ted zu überzeugen, dass die Stimme in der letzten Nacht ausdrücklich nicht Meinung und Ansichten der Sony Pictures Gro-, äh, von Penelope Pittman (für die Frechheit, Penny tatsächlich Penelope Pitstop zu nennen, hat’s dann doch nicht mehr gereicht) vertreten hat, aber Ted will davon nichts hören und beendet nicht nur das Telefonat, sondern auch die Beziehung. Batsch. Über der (dringend nötigen) Schönheitsbehandlung von Mrs. Bugatowski (Sandra Gould, VERLIEBT IN EINE HEXE, DIE TOTAL BEKNACKTE NUSS) diskutiert Penelope die unglücklichen Entwicklungen mit ihrer Kollegin-slash-besten Freundin Linda Ann (Cynthia Hoppenfield, ANGEL 3, REVENGE OF THE NERDS IV). Da sich die Unterhaltung in Regionen begibt, die für Kundinnenohren nicht geeignet sind, verziehen sich die Freundinnen in eine Besenkammer, wo Linda Ann den Behauptungen Penelopes durch persönliche Inaugenscheinnahme ihrer südlichen Regionen auf den Grund geht, rein wissenschaflich, versteht sich. Virginia, so nennt sich die Mö-, äh, Vagina, bekundet akute Langeweile und Linda Jo vermutet, dass da was dran ist, genießt Penelope doch nicht gerade den Ruf einer aufgeschlossenen, experimentierfreudigen Vielvöglerin. Linda Anns Tipp ist, öfter mal auf Virginia zu hören und Spaß zu haben. Die Gelegenheit bietet sich umgehend in Form der aufreizenden Kundin Marlene (Arlene Martel, T’Pring aus STAR TREK, außerdem in ZOLTAN – DRACULAS BLUTHUND, THE GLASS CAGE, ANGELS FROM HELL). Virginia findet Marlene ganz entzückend und verleiht dieser Ansicht auch vaginalverbal Ausdruck, und Marlene ist nur zu gern bereit, der zögern- und zaudernden Penny ein paar Nachhilfestunden in Sachen gleichgeschlechtlicher Liebe zu erteilen. Allerdings tut sie dies in Mr. Jos Privatbüro, und als der rechtmäßige Eigentümer der Räumlichkeit erscheint, ist er für solche Schweineferkeleien ü-ber-hauprt nicht zu haben. Mit Frauen hat man halt nur Ärger.
Penelope kommt zur Schlussfolgerung, professionelle Hilfe zu benötigen – Virginias Geplapper kann ja nur Ausdruck eines mittelprächtigen Dachschadens sein, also konsultiert sie den hierfür ausgebildeten Dachschadenkurierer Dr. Pearl (Larry Gelman, DREAMSCAPE, ALICE IN WONDERLAND: AN X-RATED MUSICAL FANTASY, THE STRONGEST MAN IN THE WORLD). Pearl ist aus dem Häuschen – Penelope hat keine Meise, sondern mit ihrer sprechenden Muschi die größte medizinische Sensation der Neuzeit zwischen den Beinen. Kein Grund zur Sorge, ganz im Gegenteil, Penelope sollte an die Chancen denken, die sich ihr nun bieten – erst recht, als Virginia ungefragt eine Kostprobe ihrer Sangeskunst bietet, die Pearl sofort zum Telefonhörer greifen und einen befreundeten Plattenfirmenboss anrufen lässt (der ist allerdings minderbeeindruckt, denn durch ein Telefon hört sich eine singende Vagina nicht grundlegend anders aus als ein herkömmliche Sängerin). Jedenfalls ist der Shrink sich sicher – Penelopes Karriere ist gesichert, und auch seine eigene!
Um Virginia einen Gefallen zu tun, brezelt sich Penelope aufrisstauglich auf – enges T-Shirt, Hot Pants, so über den Hollywood Boulevard latschen muss ja wohl in damit enden, Virginia was zu tun zu geben. Allerdings ist der Rocker, der sich als erster stark interessiert zeigt, so gar nicht nach Penelopes Geschmack. Sie flüchtet sich zu einer Gruppe College-Basketballspieler, die gerade ein Match beendet haben (things I’ve learned: US-College-Basketballspieler duschen nach einem Spiel nicht, sondern entern in ihren Trikots den Mannschaftsbus). Die jungen Sportler sind ausgesprochen willig. Ja, auch Penelope vor den Zudringlichkeiten eines Rockers zu schützen, aber auch, sich dafür ein gewisses Dankeschön abzuholen. Penelope versucht, aus der Sache irgendwie rauszukommen, doch ihr Angebot eines Gutenachtküsschens für jeden wird als Aufforderung zur Gangbang-Party missverstanden. Whoopsie (aber keine Angst, das ist ein anständiger Film, hier bleibt alles clean).
Dr. Pearl hat indes die Präsentation Virginias (und notgedrungen halt auch Penelopes, da die eben zwangsläufig mitdranhängt) vor der Ärztekammer vorbereitet. Die versammelten Medizinmänner sind es nicht wirklich gewohnt, dass ihnen neue wissenschaftliche Durchbrüche in Form einer musikalischen Darbietung vermittelt werden, aber so ist’s – eine Dixielandkapelle steht zur Begleitung bereit, und auf einer hochstellbaren Liege ruht Penelope. Mir ist nicht hundertprozentig klar, warum Penny dazu splitterfasernackt von der Haarspitze bis zum Zehennagel sein muss, wenn Virginias Organ gemeinhin auch durch Kleidung zu hören ist (und selbst wenn nicht, würd’s ja reichen, die entsprechenden Regionen textilfrei zu halten). Aber nicht, dass ich mich beschweren möchte. Ähm. Die Professoren und Doktoren sind zunächst mal vom Donner gerührt, aber Virginia reißt die Massen zu Begeisterungsstürmen hin! Keine Frage, dieses Organ MUSS ins Fernsehen!
Vor die große TV-Karriere hat der liebe Gott aber alltäglichere Probleme gestellt. So z.B. die Tatsache, dass der Besitz einer sprechenden und singenden Vagina noch nicht zur Abstellung des Kraftfahrzeugs in Parkverbotszonen berechtigt. Penelope würde ja nur zu gern den Strafzettel bezahlen, aber Virginia kann mal wieder die Schamlippen nicht beieinander halten und unterbreitet dem ausstellenden Cop unmoralische Angebote, die dieser als Bestechungsversuch interpretiert. Penelope wandert erst mal ins Kittchen, wo Virgina ihrer Zellennachbarin durch Gesang auf den Geist geht. Um die Zahlung der Kaution kloppen sich gleich zwei weiße Ritter. Ted, der zuerst da war, aber auch klar macht, dass sein Willen, Penny hier aus der Patsche zu helfen, in keinster Weise aussagen soll, dass er einer Wiederaufnahme der Beziehung mit positiver Attitüde gegenüber steht, und Dr. Pearl, der Penny nicht hinter Gittern brauchen kann, steht doch ihr TV-Debüt vor der Tür!
Okay, es ist vielleicht nicht Jimmy Carson, aber immerhin die Late-Night-Show von Irwin Corey (als er selbst, ein durchaus erfolgreicher stand-up-comedian mit der Paraderolle eines chaotischen Professors, „the world’s foremost authority“, und dem hier auch vorgeführten Gimmick, Zuschauerfragen auf non-sequitur-Weise zu beantworten. Er ist übrigens der Erfinder des von Buckaroo Banzai berühmt gemachten Bonmots „Wherever you go, there you are!“ und seiner Variante „If we don’t change direction soon, we’ll end where we’re going to!“). Corey macht also sein Ding und öffnet dann den Vorhang für den großartigen „double act“ Penelope und Virginia. Penelope hat Lampenfieber, Virginia… weniger. Dabei muss Penelope auch nicht mehr tun, als in einem schicken weißen Kleid, das mit einem Seilzug aufgezogen wird und den Blick auf Virginia (bzw. die samtene Abdeckung derselben) freigibt, dekorativ rumstehen. Das Publikum rastet aus – obwohl ich zumindest ob der Anwesenheit zweier Tänzerinnen/Background-Sängerinnen Virginias Stimme nicht eindeutig ausmachen könnte. Sei’s wie’s ist – ein neuer Star ist geboren und Virginia, und damit denknotwendigerweise auch Penelope erobert die Welt, zumindest soweit es sich um die USA handelt.
Mit einer Montage der gemeinsamen Erfolge des ungewöhnlichen, äh, Duos, können wir prima ein paar Minuten Zeit totschlagen, aber es ist nicht alles Gold, was selbiges in der Kehle hat. Ruhm macht weder besonders glücklich, soweit es Penelope angeht, doch füllt es, ähmpt, gewisse Löcher. Penelopes Mutter Eleanor (Jane Kean, zur praktisch gleichen Zeit in ELLIOT, DAS SCHMUNZELMONSTER zu sehen gewesen, außerdem WO DIE LIEBE HINFÄLLT, TÖDLICHER CHARME), die zielsicher in ein Nackt-Fotoshooting des neuen Stars platzt, ist zunächst angemessen entsetzt, doch als Dr. Pearl ihr versichert, welch Berühmtheit und finanzieller Reibach mit der Ausbeutung Pennys Vagina einhergeht, ist sie schnell für die Sache gewonnen und äußerst bestrebt, sich bei jeder Gelegenheit als stolze Mum des Objekts öffentlicher Begierde darzustellen. I can believe that.
Nichtsdestoweniger – es ist allgemeiner Konsens, dass Penelope einen Kerl braucht, und zwar nicht nur einen beliebigen 08/15-Bespringer für den Kick, für den Augenblick, sondern was ernstes. Pearl vermittelt Penny daher einen Auftritt als Kandidatin in „The Mating Show“, einer sehr sehr sehr unzureichend getarnten Parodie der Sendung, die wir in Teutonien als HERZBLATT kennen und fürchten. Ihre drei prospektiven Dates sind ein elender Nerd (Tom Logan, BEACH GIRLS – STRANDHASEN, MASSAKER IN KLASSE 13), ein von sich selbst sehr eingenommener Macho-Stecher (Barry Hostetler, MASTER BLASTER 2, MEIN GEIST WILL IMMER NUR DAS EINE) und der Sympathikus und Gentleman Dick (Michael Taylor, JEANIES CLIQUE, DIE KLAPPERSCHLANGE). Penelopes Wahl wäre schnell getroffen, da Dick der einzige anständige Kandidat ist, aber der Typ muss ja auch Virginia gefallen. Zur Erleichterung von Mama Eleanor schließen Penelope und ihre Muschi eine Art Waffenstillstand und Virginia erklärt sich mit der Wahl von Dick einverstanden. Scheint eine gute Entscheidung zu sein, denn Dick und Penelope verstehen sich beim Party-Abend wunderprächtig und hinsichtlich der anschließenden Liebesnacht ist Dick geradezu ein Paradebeispiel für Ritterlichkeit. Gut, vielleicht ist es ETWAS übertrieben, dass er wortwörtlich mit der Ritterrüstung ins Bett steigt, um die holde Prinzessin zu beglücken (Rollenspieler ist er also auch noch), aber am nächsten Morgen haben weder Penny noch Virginia Grund für Beschwerden. Ooooder aber vielleicht doch, denn Dick ist, well, a dick, und teilt Penelope mit, dass er grundsätzlich nur einmal mit der gleichen Frau schläft, und es zwar schön war, Penelope sich nun aber gepflegt verpissen kann. Die nächste Nummer wartet schließlich schon vor der Schlafzimmertür. Es gibt halt doch keine anständigen Männer mehr (gez. Frauenversteher Doc).
Dr. Pearl, der als Penelopes Therapeut-slash-Agent mittlerweile ein erkleckliches Büro bevölkert und sich von mutmaßlich beruflich minderkompetenten, aber heißen Sekretärinnen im Dutzend umschwärmen lässt, setzt die Prioritäten wieder richtig, Karriere hat Vorfahrt, und als neuesten Streich in dieser Sache hat er einen Multi-Film-Deal für Penny abgeschlossen. Wie üblich ist die Frage, ob Penelope das auch wirklich will, keine solche, die ernstlicher Beantwortung bedarf. Pearl, Virginia und Eleanor haben in der Partnerschaft eine solide Dreiviertelmehrheit, also wird gefälligst auch gefilmt.
Das stolze Lichtspielwerk ist allerdings… seltsam. Okay, dass es ein Musical ist, kann man sich aufgrund Virginias Talent zusammenreimen, aber WAS für ein Musical das ist… Penelope spielt offenbar ein Huhn, und wird als solches von Hähnen umschwärmt – Kerlen mit angeklebten Federn an Armen und, humpf, Behinds, und die gorße Nummer heißt „Cock-a-doodle-doo.“ Ich bin nicht vollständig davon überzeugt, dass dieses Kunstwerk bei der nächsten Oscar-Verleihung mit Preisen beworfen wird (bei den Razzies, however…). Ob Chicken oder Chick, Penelope ist hier ganz offensichtlich ein Sexobjekt, und die, öhm, Klimax der Szene ist, dass die „Hähne“ sich zu ihr aufs Bett stürzen und sie begrabschen. #metoo. Das ist mehr als Penelope zu ertragen bereit ist – gegen Virginias Protest (aber zumindest hat Virginia nur eine große Klappe und keine Kontrolle über Pennys Körper) flieht sie direkt vom Set in ein Taxi und lässt sich ans Meer fahren.
Allerdings nicht an den Strand, sondern an die Sorte Meer, die so fuffzich Meter unterhalb einer Klippe vor sich hin pladdert. Mit Nerven und allem anderen am Ende hat Penelope beschlossen, der ganzen Misere mittels Kopfsprung ein Ende zu machen. This turned rather dark quickly. Zu Virginias Ehrenrettung sei gesagt – in Anbetrecht des nahenden Endes ist die Vagina ziemlich zerknirscht und gibt zu, dass alles ihre Schuld sei, auch wenn Penelope den alleinigen Haufen der Verantwortung nicht der Mumu zuschanzen will. Penelope will nun grad Anlauf nehmen – doch da, am nächsten Felsvorsprung, da steht jemand mit identischer Absicht und identischem Problem, da gerade in ähnlich verabschiedungs-versöhnlicher Diskussion mit seinem Penis begriffen. Es ist Ted! Ted und sein Schwengel sind ohne Penelope und Virginia auch nicht glücklich geworden und wollten nun ebenfalls den Sprung ins Nirvana wagen, aber die Erkenntnis trifft nun alle Beteiligten zwischen die Augen und es kommt endlich zusammen, was zusammengehört, und das Quartett kann sich glücklich gegenseitig in die Arme sinken… das hättet Ihr nu alles auch wesentlich einfacher haben können…
Mal eins vorangestellt. CHATTERBOX! mag in allen Belangen der kinematographischen Kunst kein Weitwurf sein, aber der Streifen ist besser und lustiger als Doris Dörries schauderhafte „sprechender Penis“-Komödie ICH UND ER – schon allein, weil Tom DeSimone ungefähr weiß, wie weit er den singulären Kniff seines Films ausquetschen kann und es bei charmant schlanken 70 Minuten belässt. Was allerdings nicht bedeutet, dass CHATTERBOX! ein Meilenstein erwachsenen Humor ist, von dem man seinen Enkeln (so sie denn mal alt genug geworden sind) berichten müsste, sondern nur ein ziemlich larifari runtergekurbelter Schnellschuss, der aus seiner „Idee“ mit Sicherheit nicht alles rausholt, was rauszuholen wäre (und ich verbitte mir jegliche Anzüglich- und Zweideutigkeiten. Dies ist ein jugendfreies Review, jawoll).
Womit ich hier nicht weiterkomme, ist meine übliche Drehbuchkritik – die beißt sich an beabsichtigten Komödien eh meist die Zähne aus, und wenn das Thema dann noch ein solch absurdes ist, wo sollte ich da anfangen? Okay, vielleicht damit, dass es nicht unbedingt die sich am zwingendsten aufdrängende Bearbeitung der Idee ist, aus der sprechenden Vagina einen Sangesstar zu machen. Da fielen mir dann doch erst ein-zwei-drei Dutzend andere komödiantische Möglichkeiten auf, auch und gerade, wenn man wie DeSimone aus der Pornobranche kommt. Aber DeSimone ist tatsächlich erst in zweiter Linie daran interessiert, mit seinem Gimmick per se Schabernack zu treiben, sondern versucht sein Glück mit einer Showbiz-Satire. `kay, das ist natürlich auch ein immer wieder potenter (äh) Stoff, und auch einer, den der Hardcorefilm selbst oft genug thematisiert hat. In CHATTERBOX! geht’s denn auch nach der Auftaktphase auch weniger um turbulent-komische Situationen, die sich daraus entwickeln, dass Virginia ihre Trägerin in mehr oder minder witzige Schwierigkeiten bringt, sondern um den Ruhm, den Glamour, aber eben auch seine Schattenseiten, die Trittbrettfahrer und Ausbeuter, und den Umstand, dass Geld und Berühmtheit allein eben doch nicht glücklich machen, wenn Herz, Seele (und Vagina) nicht auch gestreichelt werden. Ergo ist der erste Akt von CHATTERBOX! auch der lustigste, wenn DeSimone mit dem Gimmick tatsächlich spielt und Situationskomik daraus zieht – sobald wir dann in den eher satirisch angelegten Teil um Penelopes/Virginias Karriere gehen, lässt der Film ordentlich nach, die Gags zünden nicht mehr wirklich, die Satire bleibt, da nun auch nicht speziell überraschend oder tiefsinnig, stumpf, lediglich die große Musical-Nummer ist in ihrem abgedrehten Wahnsinn dann noch mal ein echter Hinkucker, wohingegen selbst ein eigentlich für ein paar wenigstens zotige Lacher gut sein müssender Part wie die „Mating Show“-Sequenz erstaunlich unlustig bleibt.
Was abseits der inhaltlichen Kapriolen (bzw. dem Mangel an solchen) auffällt, ist wie erstaunlich „squeaky clean“ CHATTERBOX! für das Werk eines bekennenden Pornofilmers ist. Ja, es gibt nackte Tatsachen, aber alles ist so hochanständig und sauber, dass man den Film, wäre sein Thema nicht gerade die sprechende Möse (eh, jetzt hab ich’s doch geschrieben) glatt ab 12 freigeben könnte, so wenig, was die sittliche und psychische Entwicklung eines Teenagers gefährden könnte, findet sich in diesem Film, z.B. nicht eine einzige Aufnahme einer Vagina… ja, okay, jetzt direkt zwischen die Beine halten wäre bei einem Film, der sich nun nicht als Hard- und nicht mal als Softcore versteht, sondern als reine Komödie, wohl nicht angebracht gewesen, aber nicht mal ein Schamhärchen aus der geographischen Körperregion, von der wir hier reden, verirrt sich vor die Kamera. Wann immer Penelope „full frontal“ geht, ist die entsprechende Stelle entweder durch einen strategisch platzierten Gegenstand oder, im „career mode“, durch die modisch und glitzerisch immer weiter aufgepeppten V-förmigen Schambedecker, eh, bedeckt. Das „Anstößigste“, was der Film zu bieten hat, ist der nackte Hintern eines zukünftigen Casting-Directors und die zarte Andeutung einer lesbischen Liebeseinlage, die natürlich auch gestört wird, bevor ernstlich etwas passieren kann, was das Interesse des männlichen Zuschauers, hihi, erregen könnte (okay, „anstößig“ aus heutiger Sicht ist dann vielleicht noch Rip Taylors Tunten-Performance als Mr. Jo, aber da reden wir eben von anderen Zeiten).
Handwerklich ist der Film einigermaßen in Ordnung – klar, Tom DeSimone hat hier bestenfalls Sofaritzengeld zur Verfügung, und das sieht man natürlich an der begrenzten Ausstattung und daran, dass in den ersten zehn Minuten dreimal das Boom Mike im Bild hängt… Was immer der Film an „überflüssigem“ Geld gehabt hat, muss in die „Cock-a-doodle-doo“-Sequenz geflossen sein. Aber unter den gegebenen Umständen hat DeSimone seine Produktion im Griff, was auch daran liegt, dass er den ein oder anderen talentierten Menschen im Team hat – Kameramann Tak Fujimoto wurde ein Jahrzehnt später zum A-Lister und fotografierte so kleine, bescheidene Werke wie DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER, THE SIXTH SENSE, PHILADELPHIA oder SIGNS, und DeSimones 2nd Assistant Director ist Chuck Russell, der später mit A NIGHTMARE ON ELM STREET 3, DER BLOB, DIE MASKE oder ERASER eigene Regiewerke vorlegen sollte, von denen sein hiesiger Chef nur in seinen kühnsten Alpträumen eine dezente Vorstellung haben konnte.
Auch die musikalische Abteilung besteht nicht aus Spacken – Musical Director Fred Karger schrob Songs u.a. für Elvis (für FRANKIE UND JOHNNY) und war in Hollywood Marilyn Monroes erster Liebhaber, und der Komponist der Original-Songs ist ein gewisser Mike Hazlewood, der so manchen unsterblichen Gassenhauer für Albert Hammond („It Never Rains in Southern California“), Leapy Lee („Little Arrows“) oder die Everly Brothers („The Air That I Breathe“) schrieb. Manchmal fragt man sich, wie das Leben manche Menschen zueinander führt… Zugegeben, auch wenn Hazlewoods hiesige Kompositionen ganz spaßig im Sinne der Komödie sind, ich wäre nicht auf die Idee gekommen, dass hier ein seriöser und höchst erfolgreicher Songwriter am Werke war.
Auf Schauspielerseite ist zu sagen, dass Candice Rialson natürlich zuckersüß ist – wirklich spielen kann sie nicht und ihr komödiantisches Timing ist eher beklagenswert, aber die ist süß. Reicht ja manchmal auch schon. Perry Bullington macht verständlich, warum er auf die andere Seite der Casting-Couch wechselte und Larry Gelman ist ungefähr das, was man sich unter einer gewollt komischen Figur in einem gewollt komischen, aber nicht unbedingt sehr lustigen Film vorstellt. Jane Kean und – natürlich – Rip Taylor, der sich leider viel zu früh aus dem Film verabschiedet (aber den konnte sich DeSimone sicher nicht für länger als einen Drehtag leisten), nicht von ungefähr die „old pros“, machen aus ihrem Material das bestmögliche, und Irwin Corey, von dem man hierzulande vielleicht möglicherweise schon mal etwas gehört, aber kaum gesehen haben könnte, mal mit seinem shtick zu sehen (der gewöhnungsbedürftig, aber nicht unlustig ist), ist auch schon was wert. Auch Arlene Martels Auftritt als liebeshungrige Lesbe im SM-Outfit hat was für sich – wenn das mal Spock erfährt…
Die DVD von Great Movies ist erwartungsgemäß eher mürbe – der 4:3-VHS-Transfer ist ziemlich abgeschraddelt, und obschon ich es prinzipiell nett finde, dass Great Movies sogar den O-Ton mitliefert, ist der dermaßen bass-übersteuert, dass er sich deutlich zur „unanhörbar“-Seite einpendelt. Zum Glück ist die deutsche Sprachfassung authentisch zeitgenössisch und zumindest halbwegs anhörbar, wenn man alle Ansprüche auf Grasnarbenlevel senkt. Dem oben angezeigten Cover zum Trotz ist die Nummer natürlich FSK-16-freigegeben, warum auch nicht. Mein gekauftes Exemplar trägt auch stolz sein blaues Siegel.
Berühmte letzte Worte: CHATTERBOX! ist – jedenfalls für mich – die Sorte Film, von der ich viel gehört hatte (nicht unbedingt nur Gutes, versteht sich) und einfach mal sehen wollte, damit ich mal weiß, was hier geboten ist. Und das ist es dann auch so ziemlich – ein Film zum einmal ansehen und dann abhaken, denn aus seiner Idee macht er dann doch nicht besonders viel, und das was er daraus macht, nämlich eben den Versuch einer Showbusiness-Satire, macht er nicht besonders gut oder clever oder auch nur aufreizend sexy. DeSimone war wohl dann doch eher für Schmutz und Sleaze bestimmt als für „sauberes“ Komödienentertainment.
© 2019 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 6
BIER-Skala: 5
Review verfasst am: 02.10.2019