- Original-Titel: Chandu the Magician
- Regie: William Cameron Menzies, Marcel Varnel
- Land: USA
- Jahr: 1932
- Darsteller:
Edmund Lowe (Chandu/Frank Chandler), Irene Ware (Prinzessin Nadji), Bela Lugosi (Roxor), Herbert Mundin (Albert Miggles), Henry B. Walthall (Robert Regent), June Lang (Betty Lou Regent), Michael Stuart (Bobby Regent), Virginia Hammond (Dorothy Regent)
Vorwort
Nachdem er seine Ausbildung zum amtlichen Yogi mit Shiva-Gütesiegel erfolgreich absolviert at, wird der Amerikaner Frank Chandler, nunmehr Chandu genannt, von seinem Lehrmeister in den Kampf gegen das Böse geschickt. Das Böse hat einen Namen und ein Gesicht – Roxor, ein Wahnsinniger mit offenbar unbegrenzten Mitteln, der gerne die Welt erobern und/oder vernichten möchte. Dazu braucht Roxor freilich eine Superwaffe, und, lo and behold, wer anderes als Franks eigener Schwager arbeitet, keinen Steinwurf entfernt von Roxxis Hauptquartier im ägyptischen Alexandria, an einem Todesstrahl, der ganze Städte auslöschen kann (warum er dies tut, bleibt ein Geheimnis. It seemed like a good idea at the time, vermute ich). Roxor entführt Schwager und Laborequipment, doch für den Moment ist der Erfinder standhaft und weigert sich beharrlich, für den Schurken zu arbeiten.
Roxor hat indes auch Prinzessin Nadji, so etwas wie die legitime Pharaonin, wenn’s die noch gäbe, gekidnappt. Nadji wiederum ist – Zufälle gibt’s – eine intime Bekanntschaft Chandus (zum Glück haben Yogis offensichtlich kein Zölibat). Mit seinen awesome hypnotic powers gelingt es Chandu, Nadji zu befreien und mit seiner Schwester und deren zwei Teenage-Kids auf ihrem Hausboot zu entkommen. Roxors Handlanger sind aber auch unter Nadjis Personal und verüben ein Giftattentat auf Chandu, allerdings ohne Erfolg. Vielmehr gibt das Chandu eine Spur – Roxor hat sein Labor augenscheinlich unter einem mehr oder minder vergessenen altägyptischen Tempel eingerichtet (geographisch verortet in Meidum, aber leeeeeicht zweifelhaft, da das letzte Mal, als ich dort war, Meidum mitten in der Wüste und nicht in einem der zahlreichen ägyptischen Dschungel lag… ähem). Während Chandu und seine Freunde den Tempel untersuchen, entführt Roxor Chandus Nichte Betty Lou, um sie als Druckmittel für ihren Herrn Papa auf dem Sklavenmarkt zu verhökern. Papa bleibt allerdings trotz der geifernden Araber immer noch standhaft. Da hat Betty Lou Glück, dass ihr Käufer Chandu in disguise ist.
Die strategische Niederlage will Roxor in einen taktischen Sieg umwandeln – jetzt weiß er, mit wem er es zu tun hat, und an Chandu würde er sich schon gern rächen (ja, ich weiß.. Chandu ist praktisch erst seit vorgestern Yogi und Roxor kannte er bis dato nicht. It does not make sense). Die Kraft des Yogis liegt in seinen Augen – und als Chandu und Nadji einen anderen Tempel aufsuchen, der Roxor als Versteck zu dienen scheint, lauern dessen Leute dem Yogi auf und blenden ihn mit Tränengas. Chandu und Nadji werden gefangen genommen und ohne den Schutz des Yogis sind auch die restlichen Familienmitglieder leichte Beute. Wird unser tapferer Erfinder jetzt einknicken?
Inhalt
Man kann argumentieren, dass „Chandu the Magician“ der erste Superheldenfilm der Geschichte ist. Normalerweise wird diese Ehre seinem Berufskollegen Mandrake zugedacht, der 1939 sein Serial-Debüt feierte, bevor in rascher Folge Captain Marvel, Supie, Batman und Captain America ebenfalls in Serial-Form die Leinwände eroberten, aber nur weil Chandu keine Comic-Vorlage hat, sondern auf einer populären Radioshow basiert, ist er nicht zu disqualifizieren. Superkräfte hat er jedenfalls – fantastische Hypnosekräfte (er kann bis zu „zwölf mal zwölf“ Leute gleichzeitig hypnotisieren) und die Fähigkeit, einen Astralkörper zu bilden, der unabhängig von ihm operieren kann, zu Doctor Strange fehlt da nicht mal mehr so viel 🙂
This being 1932 spielt sich „Chandu“ natürlich eher wie ein Abenteuerfilm und obwohl als feature konzipiert, erinnert seine episodische Struktur schon an Serials (die Fortsetzung „Return of Chandu“ war dann prompt ein Serial, aus dem aber auch eine Filmfassung editiert wurde). Dadurch ist der Streifen natürlich ordentlich flott. Er profitiert auch von exzellenten Bauten (ein Markenzeichen von Regisseur Menzies, der später „Things to Come“ und „Invaders from Mars“drehen sollte und auch als production designer/art director, u.a. für „Vom Winde verweht“, tätig war) und für das Baujahr erstaunlichen Special FX (auch wenn die größten Zerstörungssequenzen „nur“ Abbildungen von Roxors Visionen sind). Ein bisschen heikel sind aus heutiger Sicht natürlich die braun angemalten sehr kaukasischen Extras, die Ägypter darstellen sollen (allerdings nur solche ohne Sprechrollen. Wer sprechen darf, darf auch weiß bleiben… those were the days…). Problematisch ist auch ein ziemlich furchtbarer running gag mit Chandus Sidekick, einem versoffenen Soldaten, den Chandu hypnotisiert hat, bei jedem Versuch, Alkohol zu trinken, eine Mini-Version von sich selbst zu sehen, die ihn maßregelt (am Ende gibt der Mini-Me auf und geht mit seinem großen Ich einen saufen), und, leider, die Hauptfigur. Edmund Lowe ist einfach nicht gut als Chandu und stinkt in Punkto Charisma gegen Roxor Bela Lugosi, der all seine Screenpräsenz ausspielt, deutlich ab (das sahen dann wohl auch die Produzenten so – in „Return of Chandu“ geht die Titelrolle an Bela…) und Chemistry mit der durchaus attraktiven Irene Ware (allerdings natürlich die unglaubwürdigste Ägypterin seit Zita Johann in „The Mummy“ – aber wenigstens ist sie nicht blond) geht ihm auch ab. Dieweil Bela den Film also ohne größeren Widerstand von Hauptdarstellerseite stiehlt, hat die memorabelste Szene allerdings June Lang als Chandus Nichte Betty Lou – in schönsten pre-Hayes-Code-Zeiten trägt sie in der Sklavenmarktszene keinen BH und ein semi-durchsichtiges Kleid – oh la la, bis man realisiert, dass June grad mal 15 Jahre alt war…
Wenn man damit leben kann, dass der Hauptdarsteller nahe an einem schwarzen Charisma-Loch ist, bekommt einen sehr dynamisch inszenierten, flotten Abenteuerfilm mit Superheldenanklängen. Frisch auf Blu-Ray erschienen bei Kino Lorber (Region A)
BOMBEN-Skala: 4
BIER-Skala: 7
Review verfasst am: 16.09.2018