- Deutscher Titel: Caprona 2. Teil
- Original-Titel: The People That Time Forgot
- Alternative Titel: Caprona II |
- Regie: Kevin Connor
- Land: Großbritannien/USA
- Jahr: 1977
- Darsteller:
Patrick Wayne (Ben McBride), Sarah Douglas (Charly), Doug McClure (Bowen Tyler), Dana Gillespie (Ajor), Shane Rimmer (Hogan), Thorley Walters (Norfolk), Tony Britton (Captain Lawton), John Hallam (Chung-Sha), David Prowse (Henker), Milton Reid (Sabbala), Kiran Shah (Bolum), Richard LeParmentier (Lt. Whitby), Jimmy Ray (Lt. Graham)
Vorwort
Wir schreiben das Jahr 1919 – der Krieg, um alle Kriege zu beenden, ist vorbei, und manch einer kann sich nun wieder um zivile Angelegenheiten kümmern. So z.B. Ben McBride, der endlich auf die Suche nach seinem vermissten Sandkastenfreund Bowen Tyler gehen kann. Tyler ist vor einigen Jahren verloren gegangen, hinterließ aber einen Behälter mit Tagebuchangaben über einen verlorenen Kontinent voller Dinosaurier und anderem urzeitlichen Gesocks. Nach wissenschaftlicher Abklopfung durch Professor Norfolk ist es McBride gelungen, eine Suchexpedition zu organisieren und von der New York Times finanziert zu bekommen. Mit dem Haken, dass McBride die Fotografin Charlotte, Nichte des Herausgebers, mitnehmen muss, und das geht McBride persönlich auf den Senkel, da Charlotte, wie der Name vermuten lässt, Eierstöcke besitzt und damit laut McBrides Ansicht generell unqualifiziert für alles ist, was nicht mit Kinder, Küche und Kirche zu tun hat. Ein wahrer Frauenfreund.
Die Polar Queen erreicht antarktische Gefilde und geht dort vor Anker, damit McBride, sein Kriegskumpel Hogan, Norfolk und Charlotte ihr Flugboot satteln können und ins Unbekannte vordringen können. Nach einigen hundert Meilen eisiger Berglandschaft erreichen die Abenteurer lebensfreundlicheres Terrain. Lebensfreundlich allerdings auch für den Pterodaktyl, der das Flugboot als unerwünschten Konkurrenten in luftiger Höhe sieht. Am Propeller der Maschine ropft sich der Flugsaurier zwar den Schnabel ab, aber auch das Flugboot taumelt dem Boden entgegen – McBride muss all sein fliegerisches Können aufbringen, um die Maschine mit halbwegs vertretbaren Schäden zu landen.
Aber wo man nun schon mal da ist, kann man ja auch zu Fuß weitergehen. Während Hogan den undankbaren Job hat, die Maschine zusammenzuflicken, machen sich McBride, Norfolk und Charlotte auf die Selbstgestrickten, und können schon bald einem Steinzeitmädchen zur Seite stehen, das von fiesen Raubsauriern attackiert wird. Das Girl (lebender Beweis dafür, dass es auch in der Steinzeit schon erstklassige Coiffeure gab) spricht erstaunlicherweise Englisch, stellt sich als Ajor vor und kennt Bowen Tyler! Wie sich schnell klärt, haben Bowen und Lisa Clayton zwei Jahre lang unter Ajors Volk gelebt und diesen Stamm eigenhändig von der Stein- in die Eisenzeit gehievt. Allerdings kann halt der Frömmste nicht in Frieden eisenzeiten, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt, und der böse Nachbar sind in diesem Falle die kriegerischen Naga, die Ajors Stamm mit Stump + Stiel ausgemerzt haben. Ob Bowen und Lisa noch leben, weiß Ajor nicht – die Naga stehen eigentlich nicht im Ruf, Gefangene zu machen, aber Norfolks Einwand, dass die Naga durchaus selbst von Bowens modernem Wissen profitieren könnten, ist zugkräftig genug, um eine weitere Suche sinnvoll erscheinen zu lassen. Ajor schließt sich der Gruppe als Führerin an.
Doch zunächst einmal fallen McBride, Norfolk und Charlotte in die Hände einer anderen Steinzeitbande, und die würden ihre Gefangenen gerne den von ihnen als Göttern verehrten Sauriern als leckeren kleinen Snack für zwischendurch servieren. Ajor rettet die tapferen Abenteurer und mit Müh und Not gelingt der kleinen Truppe die Flucht in eine Höhle, die direkt ins Naga-Gebiet führt.
Zu allgemeiner Überraschung werden die Eindringlinge von den Naga aber ausnehmend freundlich, auf Englisch und im Namen Bowen Tylers empfangen. Hat Bowen es geschafft, die Naga, die ungefähr auf dem zivilisatorischen Stand feudaler japanischer Samurai-Krieger stehen, zu befrieden? Ihre Totenkopfflagge und ihre sehr hübsche Hauptstadt aus riesigen Schädeln sprechen dagegen. Dito auch die Behandlung den dicken grünhäutigen Sabbala, der offenbar der hiesige Chef ist, Norfolk und McBride umgehend in den Kerker werfen lässt und Charlotte und Ajor als exzellentes Material für eine kleine Opferung dem Vulkangott zuliebe auskuckt.
Im Kerker machen die Gefangenen eine überraschende Entdeckung – wer ist da hinter einer (nicht übermäßig stabilen) Wand aus Schädeln (Schädelfreunde, die Naga, allenthalben) eingemauret? Bowen Tyler, unrasiert und fern der Heimat, aber selbstverständlich bannich froh, seinen alten Freund und Kupferstecher wiederzusehen. Schnell wird ein Plan zum Ausbruch und zur Rettung der Frauenzimmer geschmiedet…
Inhalt
Dieweil die filmhistorische Geschichtsschreibung das britische Studio Amicus überwiegend für seine Horror- und da speziell seine Anthologiefilme würdigt, fuhrwerkte das Unternehmen um Milton Subotsky auch in anderen Genres herum. Z.B. darf man nicht vergessen, dass Amicus‘ erste Produktionen reinrassige Musikfilme waren (allerdings, weil Amicus sich immer rühmte, „wholesome entertainment“ zu machen, traten da keine langhaarigen Hippies auf, wie später auch Amicus‘ Horrorfilme erstaunlich frei von, hm, naja, „Horror“ blieben).
1974 hatte das Studio sich an einen für seine Verhältnisse (viel Geld konnte Amicus auch nie ausgeben) opulenten großen Fantasy-Abenteuerfilm gewagt – „The Land that Time Forgot“, zu gut Deutsch „Caprona – Das vergessene Land“, nach dem gleichnamigen Roman von „Tarzan“-Erfinder Edgar Rice Burroughs. Dank des US-Vertriebsdeals mit Sam Arkoffs American International Pictures spielte der Streifen einiges an Geld ein, was eine Fortsetzung erfolgversprechend erscheinen ließ – zumal es auch nicht an einer weiteren Romanvorlage mangelte, hatte Mr. Burroughs doch in weiser Voraussicht eine ganze Trilogie um den verlorenen Kontinent Caprona (oder Caspak, wie ihn seine angestammten Einwohner nennen) zu Papier gebracht.
Der britische SF-Autor Patrick Tilley bekam den Auftrag, Burroughs‘ Geschichte ein wenig aufzupeppen und den bloßen Abenteuerelementen mehr Drama und Konflikt hinzufügen, und da Doug McClure, Star des ersten Films, nur eine verhältnismäßig kleine Rolle übernehmen sollte, brauchte man auch noch einen neuen Star und fand ihn im Sohn des Duke, Patrick Wayne, für den „Caprona II“ zusammen mit dem Harryhausen-Spektakel „Sinbad und das Auge des Tigers“ der letzte einigermaßen verzweifelte Versuch war, sich doch noch auf Teufel komm raus irgendwie als Kinostar zu etablieren – in der Folge zog er sich dann überwiegend ins amerikanische Fernsehen zurück, wo er doch deutlich besser aufgehoben war.
Tilleys Geschichte geht mit der Vorlage relativ freimütig um – die meisten Charakternamen wurden geändert und lediglich die Grundidee der Rettungsmission in das Filmdrehbuch übernommen. Von Burroughs phantastischeren Ideen (wie der dem ganzen Caspak-Zyklus zugrundeliegenden „Evolution durch Metamorphose“) ist nichts übrig geblieben; die grundverschiedenen Entwicklungsstufen der Völker, auf die McBride trifft, sind halt so, weil sie so sind, und nicht, wie Burroughs besonders im dritten Teil der Serie, „Out of Time’s Abyss“ deutlich macht, Teil eines einzigartigen biologischen Systems der Weiterentwicklung.
Aber klar, Amicus und AIP waren an einer simplen Abenteuergeschichte (mit Dinosauriern!) interessiert und nicht an alternativen evolutionären Theorien. Also bruchlanden McBride und seine kleine Gruppe inklusive gar fürchterbaren Weibsvolks in Caprona, schlagen sich mit ein paar Dinosauriern rum (ein armer Stegosaurus wird sogar zu Zwangsarbeit herangezogen) und treffen mit Ajor dann tatsächlich einen leibhaftigen Charakter aus der Vorlage (nicht nur mit perfekter Fönfrisur, sondern, wie ein gehässiger IMDB-User vermerkte, auch der lebendige Beweis, dass auf Caprona plastische Brustvergrößerungen offenbar bereits erfunden wurden). Mit der literarischen Ajor verbindet sie zwar mehr oder minder nur der Name, aber wir nehmen ja alles, was nichts kostet. Da es wohl zu langweilig gewesen wäre, unsere Helden nur mit Höhlenmenschen rangeln zu lassen, führt Tilly die Naga ein, ein verhältnismäßig hoch entwickeltes kriegerisches Volk (von dem bei Burroughs natürlich keine Rede sein kann – dort sind Ajors Leute auf neolithischer Entwicklungsstufe die Krone der Schöpfung), das den anderen Völkern Capronas um ungefähr 10.000 Jahre voraus ist. Zahlenmäßig überlegen, bösartig und sehr offensichtlich asiatisch – letzteren Eindruck besttigen nicht nur ihre Samurai-artigen Rüstungen, sondern auch der Name ihres Generals, Chung-Sha. Dass die Naga unter ihren Masken auch noch gar grausam entstellt sind, macht ihre Erscheinung nicht erfreulicher und „untermenschlicher“. Jedenfalls kann man die Gesellen ohne jedes schlechte Gewissen abmurksen, ne?
Abmurksen ist auch ein gutes Stichwort, denn mit den Helden des ersten Teils, an deren Schicksal wir womöglich interessiert und emotional beteiligt sein könnten, geht „The People That Time Forgot“ schon ziemlich garstig um. Bowen Tyler darf immerhin einen knappen Nachmittag seine Freiheit genießen, bevor er im Kampf mit den Naga den heroischen Opfertod sterben darf, und seine Gefährtin Lisa trifft’s noch härter – die ist irgendwann zwischen den Filmen von den Naga dem Vulkangott geopfert (und damit geköpft und dann in den Vulkan geworfen) worden. Shit outta luck.
Abgesehen von der harschen Behandlung vormaliger Helden bedient der Film dann aber die üblichen Klischees des „lost-world“-Films. Unsere Helden balgen sich mit der aggressiven Fauna der Urwelt und den mehr oder minder gewalttätigen Primitivlingen, werden gefangen genommen und entkommen, schocken die Höhlenmenschen mit ihren modernen Waffen, bekämpfen ein fieses Unrechtsregime, und das geht dann, wie sich das gehört, per Vulkanausbruch unter. Been there, done that, bought the T-Shirt – auch 1977 war das keineswegs originell.
Wo der Film also punkten muss und auch kann, ist die Umsetzung. Selbstverständlich ist “Caprona II” liebenswert altmodisch, vergessen wir nicht, im gleichen Jahr erschien „Krieg der Sterne“ und hievte das effektgeladene Spektakelkino auf eine völlig neue Ebene. Dagegen kann Connor nur den naiven Charme seiner Kulissen und Tricks in die Waagschale werfen, und das gelingt ihm ziemlich gut. Die Sauriereffekte sind ansehnlich genug, auch wenn sie nicht mit stop motion, sondern überwiegend mit Puppen und lifesize props bewerkstelligt werden. Die visuellen Effekte (für das Flugboot) sind hübsch, aber unrealistisch (das Flugboot bewegt sich in die Trickszenen viel zu langsam, um sich in der Luft zu halten, und die Real-Landschaftsaufnahmen beißen sich oft genug mit den Miniaturtricks). Geht man aber mit der passenden Erwartungshaltung an die Sache, und wer anno 2019 einen Kevin-Connor-Film kuckt, sollte die eigentlich von Haus aus mitbringen, sieht die Sache nicht soo schlecht aus, zumal, wie gesagt, AIP und Amicus ja auch keine Unsummen in ihre Projekte investierten, auch ein „Caprona II“ also nichts anderes als ein low-budget-Film war, und dafür macht er seine Sache mit der Fülle an Tricks und Effektshots ganz manierlich.
Patrick Wayne gibt hier eine seiner besseren performances – der etwas hüftsteife altmodische Abenteurer, der’s mit selbstbewussten Frauen eher nicht so hat, liegt ihm, und bis zum Ende hin ist er dem Zuschauer vielleicht sogar ein bisschen ans Herz gewachsen. Sarah Douglas marschierte vom „Caprona“-Set direkt zu „Superman“ und zementierte ihr zukünftiges Image als böses Weib, dabei kann sie auch eine positive Figur, hier das selbstbewusste, forsch auftretende und gelegentlich schnippische Frauenzimmer, darstellen. Und, wie sie im Bonusmaterial betont, die Figur trug sie zuerst und nicht Leia Organa… Doug McClure hat vielleicht zehn Minuten Screentime, verbringt die hinter einem Rauschebart und geht am Ende drauf.
Für Sexy-Höhlenmädchen bin ich immer anfällig, und Dana Gillespie („Bestien lauern vor Caracas“) ist auch ein Schnuckelchen… Thorley Walters macht als Norfolk nichts falsch, und Shane Rimmer („Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben) hat als Hogan nicht viel zu tun. Milton Reid, der eine Karriere draus machte, alle möglichen Asiaten zu spielen, sollte man als grün gepinselten Naga-Priester schon mal gesehen haben, und als sein ausführender Henker reüssiert niemand geringeres als Darth Vader David Prowse persönlich ohne Rüstung…
Die Koch-Blu-Ray aus der „Creature Feature“-Reihe bietet einen schönen, farbenprächtigen 1.85:1-Transfer, deutscher und englischer Ton sind solide, und als Extras gibt’s jeweils gut zwanzigminütige Interviews mit den leading ladies Sarah Douglas und Dana Gillespie.
„Caprona II“ ist ein charmanter, naiver und angenehm altmodischer Abgesang auf den „klassischen“ Fantasy-Abenteuerfilm der alten Hollywood-Schule, bevor das Genre ein paar Jahre später durch „Conan“ und seine Epigonen in die sword-and-sorcery-Richtung geschoben und anstatt fanatasievollen Kreaturen und abstrusen Plotten Sex und Gewalt die Oberhand gewinnen sollten; vielleicht eines der letzten Aufflackern des familienfreundlichen Matinee-Kinos…
© 2019 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 5
BIER-Skala: 6
Review verfasst am: 23.07.2019