Caesar and Cleopatra

 
  • Deutscher Titel: Caesar and Cleopatra
  • Original-Titel: Caesar and Cleopatra
  •  
  • Regie: Gabriel Pascal
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1945
  • Darsteller:

    Claude Rains (Julius Caesar), Vivian Leigh (Cleopatra), Stewart Granger (Apollodarus), Flora Robson, Francis L. Sullivan (Pothinus), Basil Sydney (Ruffio), Cecil Parker (Britannus)


Vorwort

Julius Caesar, Chef des römischen Weltreichs, mittlerweile gealtert und in einer leichten Sinnkrise, fällt mit ein paar Legionen in Ägypten ein, um den alten Pyramidenbauern Mores und römische Lebensart zu lehren. Die Ägypter sind aber mit sich selbst beschäftigt, alldieweil die sechzehnjährige Cleopatra (unter der Fuchtel ihrer tyrannischen Amme stehend) und ihr noch jüngerer Bruder Ptolemäus (angeleitet von seinem Vormund Pothinos) um den Landesthron balgen. Caesar wirft ein Auge auf die schöne, aber reichlich naive und nicht gerade hochintelligente Cleo (die hält Römer ursprünglich für siebenarmige Monster mit Elefantenrüsseln und Caesar nach persönlicher Sichtung für einen „netten alten Mann“), versucht aber zunächst, die Ägypter zu einer „ein Land-zwei Könige“-Regelung zu bewegen, was am Widerstand der Ptolemäus-Fraktion scheitert. Caesar verschanzt sich mit seinen zahlenmäßig den ägyptischen Streitkräften (die von einem römischen Überläufer angeführt werden) unterlegenen Legionen mit Cleopatra im alexandrinischen Königspalast und widersteht tapfer (und den Ptolemäern Rätsel aufgebend) der monatelangen Belagerung. Während Caesar dem Charme der Königin zu verfallen scheint, lernt diese (die übrigens schwer in – den im Film nicht vorkommenden – strahlenden Schönmann Marcus Antonius verschossen ist) schnell, wie man Machtpolitikerin im antiken Stil wird. Sie spekuliert darauf, dass Caesar ihre innenpolitischen Widersacher ausschaltet, sich anschließend nach Rom verzupft und sie sich ins gemachte Bett legen kann. Ob ihr der sizilianische Künstler und Teppichhändler Apollodarus bei ihren Plänen dienlich sein kann?


Inhalt

Ich weiß nicht, ob die Briten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs den damit einhergehenden Verlust von Empire und Weltmachtstellung damit zu kompensieren gedachten, Hollywood im Bereich der Monumentalfilme eins auszuwischen (okayokay, hab grad nachgekuckt, der Film wurde noch 1944 begonnen, da tobte der Kampf ja noch), aber „Caesar and Cleopatra“ sieht irgendwie schon danach aus, als hätten die insularen Filmemacher ein paar Minderwertigkeitskomplexe zu bewältigen gehabt. Für ein prächtiges Technicolor-Spektakel heuerten die Produzenten also den großen Dramatiker und Literaturnobelpreisträger George Bernard Shaw an, sein eigenes Bühnendrama für die Leinwand zu adaptieren, liehen sich beim Hollywood-Filmmogul David O. Selznick „Vom Winde verweht“-Star Vivian Leigh aus („by special arrangement“, wie sich die höflichen Credits auszudrücken belieben), engagierten jeden freilaufenden britischen Theatermimen, dessen man habhaft werden konnte, hatten ein üppiges 6-Mio-Dollar-Budget (1945, wohlgemerkt) zum Verbraten und setzten die gesamte Prestigeoperation dann gepflegt und nach allen Regeln der Kunst in den (Studio-) Wüstensand.

Jetzt könnten wieder kritische Bürger daherkommen, dass ich als Joseph-Lai- und Fred-Olen-Ray-Fan nicht dazu berufen bin, klassisches Star-Drama-Kino aus vergangenen Tagen zu zerreißen, aber was soll ich machen, wenn ich bei einem (wie sich aus obiger Inhaltsangabe ja auch ergibt) völlig ernst gemeinten epischen Drama phasenweise vor Lachen am Boden liege? Das ist höhere Gewalt, da kann ich nix für! „Caesar and Cleopatra“ ist nur unwesentlich unwitziger als der Schaffenshöhepunkt der englischen „Carry On“-Brachialkomikertruppe, „Ist ja irre – Cäsar liebt Cleopatra“, mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass die Ist-ja-irre-Belegschaft hart und bewußt daran arbeitete, ihren Film lustig zu machen, während das Multimillionenepos mit Starbesetzung bis in die kleinste Nebenrolle das gleiche Kunststück ungezwungen und unbeabsichtigt fertigbringt.

So, und jetzt, wo’s an die Begründung dieser These geht, rastet Schreiber dieser Zeilen völlig aus und maßt sich an, einem Literaturpreisträger wie George Bernard Shaw posthum zu verklickern, dass sein Script nix taugt (und da mich bis dato kein göttlicher Blitz der Rache getroffen hat, scheine ich da nicht ganz verkehrt zu liegen). Und zwar sowohl aus grundsätzlicheren als auch speziellen Erwägungen. Zunächst zum „Grundsätzlichen“ – „Caesar and Cleopatra“ krankt heftigst an der Tatsache, dass der Film sich beinahe über die komplette Laufzeit wie ein abgefilmtes Theaterstück spielt. Praktisch alle Szenen sind sehr lange Dialogszenen an jeweils einer Location, da kann man sich förmlich die Umbaupausen auf der Theaterbühne nach jeder größeren Sequenz vorstellen – das sieht dann so aus, dass ein paar Gesellen in einem (zugegeben, zumeist luxuriös-schwelgerisch ausgestatteten) Set rumstehen und/oder -sitzen und labern, als würd’s um ihr Leben gehen. Man merkt, das ist ein Drama, das 1:1 von einem Bühnenstück übernommen wurde und bei dem keiner der Produzenten oder der Regisseur den Mut hatte, da und dort mal ein wenig zu kürzen, etwas Bewegung, etwas kinematische Aktion einzubauen. Dummerweise (für Shaw und seinen Ruf) spielt sich das ganze Stück aber nicht als hohes Drama, sondern eher als burleske Boulevardkomödie, was in den teilweise zum Brüllen komischen Dialogen und dem schieren Unverständnis, mit dem die renommierten Mimen ihrer Aufgabe entgegentreten (womit wir bei den „speziellen Erwägungen“ wären) begründet liegt. Ich meine, wie anders als mit schallendem Gelächer kann man reagieren, wenn gen Filmmitte plötzlich und unerwartet Stewart Granger als Apollodarus auftaucht (völlig ungeklärt übrigens, wer der Knabe eigentlich ist und wieso er plötzlich erscheint) und sich bedeutungsschwanger mit den Worten „Ich bin Künstler UND Sizilianer“ (Betonung authentisch) vorstellt? Oder wenn ein römischer Zenturio Cleopatras Amme respektlos (und zutreffend) als „ägyptische Vogelscheuche“ tituliert? Cleopatra in der Anfangsszene, als sie Caesar zum ersten Mal trifft und noch keine Ahnung hat, wer der Knabe eigentlich ist, in einem herzigen Monolog rezitiert, wie sie sich Römer vorstellt (und die entsprechende Reaktion Caesars ist auch drollig)? Oder, um von den Dialogen abzukommen, ungeahnte Gipfel der Situationskomik erklommen werden, wenn Ptolemäus und Cleopatra sich stilvoll gegenseitig die Zungen rausstrecken oder Caesar in Ermangelung einer anderweitigen Sitzgelegenheit zum Entsetzen des versammelten ägyptischen Establishments auf einer heiligen Opferschale Platz nimmt? Caesar sich, kurz vor einer entscheidenden Schlacht, auf die Brüstung einer Wehrmauer setzt und die Beine baumeln lässt, als säße er auf einer Hollywoodschaukel auf der Veranda? Tut mir leid, ICH kann da nur noch herzlich lachen – mindestens 90 der 122 Minuten Laufzeit (wobei die vorliegende Fassung noch um gut 20 Minuten gegenüber der Originalversion gekürzt ist), spielen sich als unfreiwillige Komödie, erst im letzten Akt wird’s einigermaßen dramatisch (aber auch nicht wirklich ernstzunehmen).

Bevor ich darauf eingehe, wie auch die Schauspieler themselves ihr Scherflein zum grandiosen Scheitern der Operation beitragen, ein paar Anmerkungen zur technischen und handwerklichen Seite. Dass Gabriel Pascal kein Regisseur ist, merkt man sehr deutlich (er hat ausser diesem Film nur 1941 die Komödie „Major Barbara“ auf dem Kerbholz und war ansonsten überwiegend als Produzent, so z.B. bei der Oscar-prämierten Shaw-Adaption „Pygmalion“ tätig) – ihm fehlt jeglicher Blick fürs „Kinematische“, das ist schlichtes Abfilmen, was um so tödlicher für den Film ist, als er ja schon vom Script her nicht mehr als ein Theaterdrama ist, das dringend ein wenig Nachhilfe in Form inszenatorischer Finesse gebraucht hätte. Gerade durch diesen uninspirierten Umgang mit dem Medium muss man als Zuschauer ja geradewegs auf die Unzulänglichkeiten von Script (und Umsetzung des selben) sowie Schauspielern stoßen… nur die zugegeben prächtigen Kulissen und die üppige Ausstattung allein (auch wenn die meisten „Exteriors“ mühelos als Studioaufnahmen erkennbar sind) lenken von diesen Problemen und Problemchen nicht ab. Für einen „Monumentalfilm“ fehlt ein wenig das „monumentale“ – es gibt zu wenig große Massenszenen (von den großen Schlachten erfahren wir meistens nur dadurch, dass ein Zenturio o.ä. von deren Ausgang berichtet), aber das liegt natürlich auch im Drehbuch des Dramatikers Shaw begründet, dem’s ersichtlich weniger um die Möglichkeiten der filmischen Umsetzung ging (geschweige denn um historische Akkuratesse), sondern um eine werkgetreue Übertragung seines Bühnenstücks – und da Theater und Film zwei zwar verwandte, aber dennoch völlig unterschiedliche Medien sind, kann das nicht im Sinne von GROSSEM KINO funktionieren (Shaw musste denn auch für sein Script auch von der zeitgenössischen Kritik ungeahnte Prügel einstecken).

Ein nicht zu unterschätzender Fakt für die Beurteilung des Films als „unfreiwillige Komödie“ liegt sicher auch in der schon erstaunlich konsequenten Fehlbesetzung der Hauptrollen begründet. Claude Rains („Der Unsichtbare“, „Casablanca“) steht seinem Charakter offenbar recht ratlos gegenüber – das Script möchte aus Caesar gerne einen „altersweisen“ Politiker machen, der um ein friedliches Zusammenleben und Ausgleich mit dem von ihm unterworfenen Völkern bemüht ist, einige seiner früheren Maßnahmen wie die Tötung des Gallierchefs Vercingetorix zutiefst bedauert sowie darüber hinaus ein echtes Problem mit seinem Alter hat, aber Rains versteht es in keiner Sekunde, die beabsichtigte Dramatik des Charakters zu verkörpern – er spielt den Caesar viel zu sehr „tongue-in-cheek“ als verschmitzt-lustigen Gesellen, der das ganze Treiben um ihn herum nicht sonderlich ernst nimmt (er spielt sogar mit soviel „Augenzwinkern“, dass er ab und an gewisse Lines *tatsächlich* mit einem Augenzwinkern serviert). In Zusammenwirken mit seinem knautschigen Gesicht könnte man das wirklich für eine beabsichtigte komödiantische Performance halten. Chemistry mit Vivian Leigh als Cleopatra verbindet ihn dabei null und gar keine. Obwohl die damals 32-jährige Leigh die 16-jährige Cleo einigermaßen plausibel-kindlich verkörpert, spielt sie die Rolle viel zu sehr als naives Dummchen, ihre Konvertierung zum Machtmenschen bleibt dadurch unglaubwürdig, mal ganz abgesehen davon, dass sowohl Script als auch die Darstellung der beiden ausführenden Künstler die sexuelle Komponente völlig negieren bzw. nicht verstehen (Caesar findet sich zu Cleopatra, so scheint’s zumindest im Film, nicht aufgrund ihrer Schönheit – die hübsche Nase übrigens, die schon Asterix beobachtete, ist tatsächlich hübsch 🙂 – hingezogen, sondern eher, weil ihn ihre kindliche Naivität amüsiert) und sich die ganze Chose schon deswegen ins Knie schießt, indem es Cleopatra von den starken Armen eines Marcus Antonius (den wir, wie erwähnt, im ganzen Film nie sehen) schwärmen lässt, den muskulös-attraktiv-heldenhaften Apollodarus aber, von einer rein erotisch-körperlichen Seite her gesehen, nicht mal eines Blickes würdigt. Stichwort Apollodarus – Stewart Granger spielt seinen Charakter, als wär’s ein Bewerbungsvideo für Gladiatorenfilme und spätestens, wenn er mit einem anmutigen Kopfsprung von der Hafenmauer ins Meer jumpt und man als Zuschauer nur noch auf die Einblendung der Kampfrichter-Noten wartet, ist’s um jeden seriös-dramatischen Approach des Films sowieso geschehen. Aber, wie gesagt, das macht das ganze Treiben um so lustiger, denn die weiteren Darsteller zelebrieren ihre Rollen ähnlich cartoonesk-unpassend: Flora Robson („Kampf der Titanen“) als Schreckschrauben-Amme, Francis L. Sullivan („Great Expectations“) als schmieriger Pothinos, Basil Sydney („Salome“) als trunkfreudiger Heerführer Ruffio, Cecil Parker („Das Rätsel des silbernen Dreiecks“, „Carry on Jack“) als Caesars britannischer Sekretär, das sind alles völlig unglaubwürdige, aber hochgradig erheiternde Figuren. „Klaatu“ Michael Rennie mimt einen Zenturio.

Bildqualität: Für eine Grabbeltisch-Veröffentlichung ist Power Station/Magic Videos Release mit einem ordentlichen Bild gesegnet. Das Bildformat ist mit 4:3-Vollbild nicht ganz im Original-Ratio (1.37:1) gehalten, aber es geht nicht viel verloren (man merkt’s eigentlich nur an einigen fehlenden Buchstaben im Abspann), dafür aber ausgesprochen hübsch. Schöne Technicolor-Farben, wenig Verunreinigungen/Artefakte, für den Preis der Scheibe zufriedenstellende Kontrast- und Schärfewerte, die Kompression geht erst bei hohen Zoomstufen etwas aus dem Leim, aber (auch weil der Film entsprechende Szenen gar nicht hergibt) Nachzieheffekte o.ä. stellen sich nicht en.

Tonqualität: Der O-Ton hätte mich hier schon stark interessiert (schon allein der Dialoge und ihrer Betonung wegen), aber mit der deutschen Fassung in Dolby 2.0 kann man durchaus leben. Ein leichtes Grundrauschen ist zu verzeichnen, stört aber nicht wirklich (man weiß ja auch, dass man einen fast 60 Jahre alten Film ansieht), die Sprachqualität ist gut, und ein Soundeffekt-Gewitter braucht man ja auch nicht zu erwarten.

Extras: Nichts.

Fazit: „Caesar and Cleopatra“ ist als Filmadaption eines klassischen Dramas rundweg als gescheitert zu beurteilen, macht aber, wenn man vergißt, was die eigentliche Intention des Streifens war, eine ganze Menge Spaß – es fällt sehr schwer, sich nicht köstlich darüber zu amüsieren, dass der Film als Drama mißraten, dafür aber als unfreiwillige Komödie über weite Strecken bestens funktioniert. Da machen sich wirklich GROSSE Mimen in einem ziemlich vermurksten Script eines Oscar- und Nobelpreisträgers zum Harry (bewußt oder unbewußt, bei Claude Rains möchte ich wirklich fast glauben, er treibt seine Schelmereien mit Absicht), das sorgt für Frohsinn und gute Laune. Ich hab jedenfalls oft gut gelacht und/oder ungläubig gestaunt und das bei einem Film, von dem ich weder das eine noch das andere erwartet hätte. Wer ein paar Euro übrig hat und sich mal etwas anders unterhalten lassen will, kann ruhigen Gewissens zur Power-Station-Scheibe greifen, denn Bild und Ton sind angesichts des Alters des Films aller Ehren wert…

3/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
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