- Deutscher Titel: Cabin Pressure
- Original-Titel: Cabin Pressure
- Alternative Titel: Hijack'd |
- Regie: Alan Simmonds
- Land: USA/Kanada
- Jahr: 2001
- Darsteller:
Craig Sheffer (Peter „Bird Dog“ Dewmont), Rachel Hayward (Reece Robbins), Winston Rekert (Ty Corbett), Francoise Yip (Tammy), John Pyper-Ferguson (Gabriel Wingfield), Alexandra Mitchell (Blair), Jason Low (David Caulfield), Nels Lennarson (Jimmy Dupre), Neil Schell (Don Parks), Michael Kopsa (Hardaway), Ed Evanko (Senator Caulfield), Stefanie von Pfetten (Brandee Caulfield)
Vorwort
Beim Jungfernflug des ersten vollständig computergesteuerten Flugzeugs „Genisys“, das auch die heiklen Start- und Landephasen vollautomatisch bewältigen kann, kommt es zu einer Katastrophe – aufgrund eines irreversiblen Systemausfalls schraubt sich das Flugzeug mitsamt seiner zwei hilflosen Piloten ungebremst in ein Feld außerhalb Seattles. Firmenboss Corbett feuert an Ort und Stelle den Systementwickler Gabriel Wingfield.
Sechs Monate später steht der erste Flug des Nachfolgemodells „Genisys II“ an. Der Publicity halber will Corbett selbst mit seinem Freund, Senator Caulfield, der ganz selbstlos lukrative Regierungsfördermittel für Corbett klargemacht hat, seiner Tochter Brandee und deren frischgebackenen Ehemann, dem Senatorensohn David, den Flug antreten. Alibihalber hinterm Steuerknüppel soll Reece Robbins sitzen, pikanterweise Freundin des vor einem halben Jahr verunglückten letzten Testpiloten, und auch noch Ex-Frau des versoffenen Peter Dewmont, der seine Fluglizenz verlor, weil er der Behörde ehrlich mitteilte, dass er im Suff besser fliegt als nüchtern und nun mehr oder weniger erfolgreich versucht, von der Flasche wegzukommen und sich eine neue berufliche Existenz als Charterflieger aufzubauen. Peter hält die voll computergestützte Fliegerei für relativ unsportlich und versucht, Reece erstens den Flug madig zu machen und sich zweitens wieder als permanenter Gefährte aufzudrängen. Eine Runde Mitleidssex ist zwar drin, aber das ist auch alles, was Reece ihrem Ex-Gatten gönnt.
Der Start der „Genisys II“ verläuft zunächst glatt, doch schon nach wenigen Minuten stellen Bodenkontrolle als auch Piloten verblüfft fest, dass die Maschine vom einprogrammierten Flugplan abweicht und statt nach L.A. zu donnern sinnlose Ehrenrunden über Seattle dreht. Schnell macht sich auch der Urheber der Sabotage bemerkbar – Gabriel Wingfield, rachedurstig aus Australien zurückgekehrt, hat sich in die Computerysteme eingehackt und das Flugzeug unter seine Fuchtel gebracht. Guter Rat ist teuer, denn Gabriel hat scheinbar an alles gedacht und sämtliche Hintertürchen im System säuberlich abgeschlossen. Und dieweil er den Anschein erweckt, als ginge es ihm um schlichte monetäre Entschädigung für erlittenes Unrecht, so sind seine wahren Motive eher misanthropischer Natur. Während der von seinem alten Kumpel Hardaway hinzugezogene Peter auch keine sonderlich produktiven Beiträge zur Tagesrettung leisten zu können scheint, bahnt sich für Gabriel das Ungemach aus ganz anderer Richtung an. Ein kleines Mädchen aus der Mietskaserne, in der er sich eingerichtet hat und mit dem er sich angefreundet hat, wird von einer giftigen Spinne aus seinem australischen Gepäck gebissen…
Inhalt
Hach, Best Entertainment. Ich liebe den Laden, irgendwie. Schon allein wegen seiner selten debil zusammengestellten Metalpak-Sondereditionen wie der „Action Collection“, acht Filme auf zwei DVDs, und mit viel gutem Willen und zusammengezwickten Augen kann man vielleicht zweieinhalb als Actionfilme rechnen (Cronenbergs „Unzertrennliche“, das Witwendrama The Pilot’s Wife und das „Teenager-außer-Kontrolle“-Vorbild Last Resort sicher nicht). „Cabin Pressure“, den ich anhand des mikrobenhaften Cover-Thumbnails auf der Boxrückseite und der doch immerhin einen Satz umfassenden Inhaltsangabe für ein typisches Wynorski-Stock-Footage-Produkt gehalten hatte, ist dann auch keiner, sondern ein handelsüblicher TV-Thriller, hergestellt von Lions Gates TV-Dependance.
Erdacht von Tom Greene („Thunder in Paradise“, „Knight Rider“), Douglas Schwartz („Baywatch“), Kevin Beggs („Baywatch“), drei routinierten Produzenten eher weniger intellektuell orientierter TV-Kost, und Newcomer Scot Morison, enpuppt sich „Cabin Pressure“ als anspruchsloser, aber insgesamt auch inoffensiver Sendeplatzfüller für den weniger diskriminierenden Kabelsender-of-choice. In den USA wurde der Film auf Pax TV ausgestrahlt, einem kleinen Network, das sich ursprünglich zur Aufgabe gestellt hatte, nur Programme ohne Sex, Gewalt und Profanitäten auszustrahlen (u.a. überließ Pax seine Nachtschleife dem christlichen Erbauungssender „The Worship Channel“, ohne offiziell als „christliches“ Network zu firmieren). In den ersten Jahren ließ Pax tatsächlich eigene Serien und Filme produzieren, stellte dies aber größtenteils ein und wurde zu einem „Infomercial“-Sender, in dem gelegentlich noch Talkshows und Gameshows liefen. Nach mehreren Re-Brandings (über „i“ zum gegenwärtig benutzten „ion“) und der Drohung eines der größten Kabel-Provider, Pax aus dem Angebot zu nehmen, sollte der Sender nicht den Infomercial-Anteil reduzieren, nahm das Netzwerk seine alten Eigenproduktionen und Public-Domain-Filme- und -Serien ins Programm, fristet aber weiterhin ein Nischendasein und musste im Mai 2009 „chapter 11“-Insolvenz anmelden.
Damit ist dann auch klar, dass „Cabin Pressure“ weder vom Budget, noch von Story und/oder Staraufgebot her, auch nur mit einer mittelmäßigen Produktion eines größeren Networks mithalten kann (SciFi oder neumodisch SyFy nehmen wir da mal aus, *der* Sender ist ein Kapitel für sich), in Anbetracht dieser Einschränkungen aber recht seriös gewerkelt ist. Die Story hat genügend Abweichungen von der klassischen Katastrophenfilmformel, um als halbwegs originell durchzugehen, ohne die Vorbilder der „Airport“-Reihe u.ä. Genreklassiker zu verleugnen – der Gedanke des voll computergesteuerten Flugzeugs ist zwar momentan noch recht abstrus (und die Einwände, die Peter aus Sicht des „echten“ Piloten bringt, berechtigt), die Umsetzung des Einhackens in das System bestenfalls unter Heulen und Zähneklappern zu ertragen (und später nicht mal mehr das, wenn es Gabriel gelingt, Reeces Laptop im Wortsinne zum Durchschmoren zu bringen), es ist andererseits ein einigermaßen innovativer Ansatz (ein in den Grundzügen vergleichbarer Ansatz findet sich im Pro7-TV-Film „Vollgas“), allerdings auch einer, mit dem sich die Autoren in eine ziemliche Sackgasse schreiben – dadurch, dass das Flugzeug komplett und unwiederbringlich unter der Kontrolle des Bösewichts steht, sind die Protagonisten weitgehend lahmgelegt – weder an Bord des Flugzeugs noch am Boden kann allzuviel ausgerichtet filmenswertes ausgerichtet werden, viel mehr als bloße reaction shots sind da eigentlich nicht drin. Die Autoren bedienen sich zweier fernsehtypischer Kunstgriffe – zum einen einer langwierigen Auftaktphase (die „Genisys II“ startet ungefähr zur Halbzeitmarke des Films, was bedeutet, dass der eigentliche Plot sich auf gut 40 Minuten beschränkt) und zum anderen des Stilmittels praktisch jeder dramatischen Ensemble-TV-Serie: des gefürchteten „B-Plots“, d.h. neben der eigentlichen Haupthandlung (hier: die computergestützte Flugzeugentführung) entfaltet sich ein Nebenkriegsschauplatz, der idealerweise im dritten Akt mit der Hauptstory zusammenläuft (hier: Gabriels Freundschaft mit dem kleinen Mädchen und dem daraus resultierenden Spinnenbiss).
Erfreulicherweise wird dieser B-Plot tatsächlich sinnvoll verwendet – was auf den ersten Blick aussieht, als wäre es nur dazu da, um ein paar Minuten Laufzeit zu schinden, wird tatsächlich nicht nur dazu genutzt, dem Schurken ein wenig Tiefgang zu verleihen (in der Disziplin ist „Cabin Pressure“ eh weit über seinen meisten Genrerivalen – Gabriel *hat* einen legitimen Grund, reichlich angepisst zu sein, und die Interaktion mit dem Mädchen zeigt auf, dass er – auch wenn er recht unbefangen einen Telefontechniker, der sich als Hackerpartner aufdrängt, killt – durchaus noch ein menschliches Wesen ist, kein eindimensionaler Cartoon-Charakter, sondern eine in Ansätzen tragische Figur; das Script gibt sich sogar Mühe, Peter mit seiner Alki-Vergangenheit, die ihn nicht gänzlich loslässt – gerade, als er zur Krisensitzung geladen wird, hat er sich wegen des Scheiterns seines Geschäftsvorhabens nach zwei Wochen Trockenheit mal wieder zugesoffen – als kantigen Protagonisten zu zeichnen, also haben sowohl Helden- als auch Schurkenfraktion ihre Grautöne), sondern spielt auch tatsächlich in die Auflösung (zwar ein bisschen sehr „convenient – die Tatsache, dass eine in Seattle nicht ansässige australische Giftspinne zugebissen hat, führt Peter zu Gabriels Versteck) und gibt dem nominellen Helden noch etwas wirklich Produktives zu tun, während er ansonsten dazu verurteilt wäre, im Kontrollzentrum ratlos Löcher in die Luft zu stieren. Der höheren Dramatik wegen wird an den eigentlichen Showdown noch das klassische „Flug-in-Gefahr“-Ende rangetackert (mit der Variante, dass eine erfahrene Piloten ein sieches Flugzeug zu landen hat, was Peter Gelegenheit gibt, unsägliche Weisheiten wie „sei eins mit dem Flugzeug“ ins Funkgerät zu rülpsen) – das allerdings ist ein Klischee, das man heutzutage einfach nicht mehr bringen kann…
Alan Simmonds, der nach dem Leslie-Nielsen-Drama „Striker’s Mountain“ und „In the Blue Ground“, einem Spin-off der kanadischen Drama-Serie „North of 60“, mit „Cabin Pressure“ seinen dritten abendfüllenden TV-Film vorlegt (ansonsten inszenierte er haufenweise Episoden für Serien wie „Airwolf“, „Nick Knight“ oder „The Crow“), erledigt zwar handwerklich einen sauberen Job, kämpft aber damit, dass das Script für ein disaster movie nicht viel an disaster oder großen dramatischen Momenten hergibt – der Crash in der Prolog-Sequenz ist ganz nett, danach muss sich Simmonds aber mit einer (im Hinblick auf Pax TV schon *sehr* expliziten) unnötige Sexszene behelfen, um das Zuschauerinteresse zu erhalten (die natürlich auch in der TV-Ausstrahlung gefehlt haben könnte, dramaturgisch gebraucht wird sie ja nicht) – später dann gibt’s viel Glotzen in Computermonitore und verzweifelte Reden, aber nur wenig „Action“; Konsequenz eines Scripts, das einerseits die komplette Kontrolle in die Hand des Antagonisten legt, ihn aber andererseits auch nicht *so* unmenschlich zeichnen möchte, dass er damit auch wirklich grobe Unredlichkeiten anstellt. Die Folge – der von „Masters of Horror“-Stammkameramann anständig fotografierte Streifen plätschert, auch wenn die eigentliche Story des Unglücksfluges mal in die Puschen kommt, in recht gleichförmig-unaufgeregten Tempo vor sich hin, das nicht einmal zu den vorgesehenen Werbepausen hin deutlich anzieht; professionell, technisch solide, aber eben eindeutig Fernsehformat.
Dazu passen auch die CGI-Effekte für die „Genisys“-Flugzeuge, die deutlich über dem stehen, was die typische SciFi-Channel-Movie-of-the-Week-Produktion aus ihren bulgarischen oder russischen Rechnern zaubert, aber auch keine anspruchsvollen Aufgaben zu erledigen haben – ist halt etwas schöner als stock footage…
Die 16er-Freigabe errechnet sich hauptsächlich aus der Sexszene, in der Rachel Hayward ihre (übersichtliche) Oberweite herzeigt und zwei kleineren gewalttätigen Szenen (der Mord an dem Telefontechniker und das Handgemenge zwischen Peter und Gabriel im Showdown).
Darstellerisch muss man sich damit anfreunden, dass Craig Sheffer die Hauptrolle spielt – das fällt mir vermutlich schwerer als so manch anderem (die Gründe hierfür habe ich an anderer Stelle ausführlich dargelegt, ähem), aber da er hier offensichtlich method acting betrieben und vor Drehbeginn eine sechsmonatige Sauftour unternommen hat, muss ich noch nicht mal meine persönliche Antipathie in die Waagschale werfen. Sheffer, der um diesen Film herum auch noch die ebenfalls dem Flugzeug-Katastrophenthriller „Turbulence 2“ und „Turbulence 3“ drehte (er wollte wohl gleich ’ne Trilogie draus machen), spielt, sofern man von „spielen“ reden kann, seine Rolle als Mischung eines aufgeschwemmten Michael Paré und eines unmotivierten Michael Madsen. Eine Performance zum Wegwerfen, nicht recycling-fähig.
Die kanadische Actrice Rachel Hayward („Hellraiser: Hellseeker“, „Die Schreckensfahrt der Orion Star“) hat – abgesehen von ihrer Sexszene mit Sheffer, und darum beneide ich sie nicht – nicht viel zu tun, macht aber zumindest einen ganz netten Eindruck.
Winston Rekert, der Hayward später in „The Art of War II“ wiedertreffen sollte und ansonsten hauptsächlich in kanadischen TV-Serien aktiv ist, bringt eine routinierte Vorstellung als arroganter Firmentycoon; John Pyper-Ferguson („Die Abenteuer des Brisco County jr.“) macht aus der Not eine Tugend, sich selber eine Freude und legt eine überdrehte over-the-top-performance hin, die in einen Wynorski-Hobel oder wenigstens UFO-Hobel wohl besser gepasst hätte als in einen sich vergleichsweise ernst nehmenden Film wie diesen, dennoch aber ganz lustig anzuschauen ist (sein unrhythmisches Luftgitarrenspiel hätte der Küblböck nicht, äh, besser hinbekommen).
Bildqualität: Hoppla, das ist ja mal ein richtig schöner Transfer, den Best Entertainment aufgetrieben hat, Widescreen (1.78:1) und sogar anamorph, bin ich von dem Laden gar nicht gewohnt. Die Bildqualität ist auch nicht übel – trotz vierer Filme auf einem Silberling solide gutdurchschnittliche Schärfe, passable Farbtiefe und okayer Kontrast, die Kompression muss natürlich ziemliche Überstunden schieben, ist aber noch tragbar.
Tonqualität: Ausschleßlich deutscher Ton in Dolby Digital 2.0, anständige Synchro, gute Sprachqualität, brauchbarer, wenn auch nicht sehr powervoller Mix.
Extras: –
Fazit: Das Doofe an durchschnittlichen Filmen ist, dass sie eben durchschnittlich sind (duh!). Ein Streifen wie „Cabin Pressure“, der für die Verhältnisse eines nicht sonderlich aufwendigen TV-Movies achtbar gearbeitet ist (und nur unter seinem völlig unmotivierten Hauptdarsteller leidet), aber sich nicht wirklich bemüht, über das Gimmick seiner Geschichte hinaus etwas denk- und/oder sehenswürdiges anzubieten, fesselt einen weder aufgrund seiner Qualitäten noch wegen seiner Inkompetenz vor den Fernsehschirm. „Cabin Pressure“ ist in der Hinsicht der ideale Fernsehfilm, denn er ist hervorragend zum Nebenher-Konsumieren geeignet; wenn man da mal drei-vier Minuten nicht hinkuckt, verpasst man nichts wesentliches, und wenn man nur mit einem halben Auge hinsieht und einem Ohr zuhört, hat man gute Chancen, der Story vollständig folgen zu können. Will sagen, der Film gibt keinen Anlass, sich konzentriert mit ihm auseinanderzusetzen, ihm aufmerksam zu folgen – da kann man nebenher Socken stopfen, den Abwasch erledigen oder im Netz surfen. Das macht den Film zur passablen Feierabendberieselung, wenn man eigentlich keinen Bock hat, wirklich seinen Grips zu bemühen, aber wenn man – wie ich – von einem Film mehr erwartet als ihn im Hintergrund nebenher laufen zu lassen, nur damit die Glotze überhaupt an ist, während man irgendwas anderes erledigt, hat man von „Cabin Pressure“ nicht viel. Und Craig Sheffer zieht das Ding eh in den Keller…
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(c) 2009 Dr. Acula