Bruiser

 
  • Deutscher Titel: Bruiser
  • Original-Titel: Bruiser
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  • Regie: George A. Romero
  • Land: USA
  • Jahr: 2000
  • Darsteller:

    Henry Creedlow (Jason Flemyng)
    Milo Styles (Peter Stormare)
    Rosemary Newley (Leslie Hope)
    Janine Creedlow (Nina Gabiras)
    James Larson (Andrew Tarbet)
    Det. McCleary (Tom Atkins)
    Det. Rakowski (Jonathan Higgins)
    Tom Burtram (Jeff Monahan)
    „Nummer 9“ (Marie Cruz)
    Katie Saldano (Beatriz Pizano)
    sowie „The Misfits“ als sie selbst


Vorwort

George A. Romero, bei der Erwähnung dieses Namens schnalzt der geneigte Horror- (oder zumindest Splatter-) Fan anerkennend mit der Zunge. Ich sage natürlich mit Sicherheit den wenigsten hier mitlesenden etwas neues (tu ich das je?), wenn ich zu der Erkenntnis komme, dass der gute George das Zombie-Genre nicht gerade erfunden (dafür gab´s ja schon die Uralt-Grusler White Zombie oder I walked with a Zombie, aber doch zumindest in den heute anerkannten Kontext redefiniert zu haben. Mit dem legendären Night of the Living Dead wurden aus den eher harmlosen Untoten der jamaikanischen Voodoo-Praktiken, die more or less blosse Sklaven ihrer Herren waren, erstmals die schlichten menschenfressenden herumstaksenden Leichname mit ihrer eindimensionalen Fixieriung auf Happa-Happa vom lebenden Objekt – Millionen meist italienischer Epigonen stürzten sich auf diese simple Formel, zugegebenermassen erst nach Romero´s zweitem Zombie-Film, dem nicht minder legendären Dawn of the Dead und liessen Heerscharen von in unterschiedlichen Verwesungszuständen befindliche Untote fröhlich herummeucheln. Dabei übersahen all diese Nachahmer ausnahmslos, dass Romero seine Gore-Eskapaden nicht aus Jux & Dollerei unternahm, sondern stets in einen soziologisch-politischen Kontext setzte – kann man Night of the Living Dead, auf dem Höhepunkt des Vietnam-Kriegs entstanden, ansehen, ohne Anknüpfungspunkte zu diesem grossen amerikanischen Trauma zu finden und was, frage ich Euch, ist Dawn of the Dead, neben dem ein oder anderen kleineren Kontext, als eine einzige beissende Attacke auf den US-Konsumrausch der 70er Jahre?

Richtige Unterhaltungsfilme hat Romero nie gedreht, mit Ausnahme des Anthologiefilms Creepshow, und deswegen fand der Maestro es auch immer schwer, Kohle für seine ambitionierten Werke aufzutreiben. Bei Monkey Shines, einer seiner wenigen Grossproduktionen, überwarf er sich mit den Produzenten und The Dark Half konnte er wohl auch nur realisieren, weil er ein Busenkumpel von Stephen King war und ist. Und obwohl The Dark Half einen ordentlichen Batzen Geld einspielte, war dieser Film für lange Zeit das letzte, was man von Romero kinematisch orten konnte – und das war 1993. Satte sieben Jahre wälzte Romero diverse Projekte (so verfasste er z.B. ein abgelehntes Script für Resident Evil), ehe er sich 2000 mit Bruiser outete – der Film, für verdammt kleines Geld realisiert, hatte auf einem französischen Festival Premiere und musste ewige Zeiten auf einen amtlichen Release warten… und die komplette Romero-Fangemeinde zitterte doch einem neuen Lebenszeichen des Meisters entgegen, auch wenn es nicht der allgemein langerwartete vierte Teil des Zombie-Zyklus sein sollte (Update dahingehend: Dead Reckoning soll nun tatsächlich in Pre-Production gehen, es besteht also noch Hoffnung).

Okay, wir sind also endlich bei Bruiser angekommen – wenn man sich die Reaktionen so ansieht, scheint´s eine Art „love it or hate it“-Angelegenheit zu sein. Der Videodealer meines Vertrauens wurde jedenfalls eine Gebraucht-DVD an mich los, schliesslich bin ich a) neugierig und b) von einem unheilbaren Sammeltick getrieben – hätt´s ja theoretisch auch erst mal beim Ausleihen belassen können, aber nöööö… na dann, mal sehen, welches neues Gesicht der Schrecken denn nun so hat…


Inhalt

Wir steigen ein mit dem typischen Morgenritual des Henry Creedlow – und mit einem solchen Namen kann man ja gar nix anderes sein als ein menschlicher Fussabtreter… Henry beginnt den Tag mit Liegestütze, Dusche & Rasieren und pustet sich anschliessend mit seiner Kanone das Hirn raus – stop, it was just a fantasy, denn in einer Call-in-Morningshow im Radio hat sich gerade der letzte Anrufer nach einer Litanei des Selbstmitleids („niemand nimmt Notiz von mir“ etc.) live entleibt. Henrys hübsche Frau liegt mit ihrem hässlichen Pudel (nicht ganz so hässlich wie Timmy aus This is not a test) noch im Bett und outet sich bereits mit ihrer ersten Dialogzeile als ziemlich blöde Schlampe, denn sie beschwert sich, dass Henry sie geweckt hat und doch tatsächlich Sonnenstrahlen auf ihren zarten Teint scheinen (abgesehen davon raucht sie im Bett, wo das doch gefährlich ist…). Henry beeilt sich, ihren Wünschen nach Abdunkelung entgegenzukommen und führt anschliessend seinen offenbar schon länger andauernden Privatkrieg mit dem Köter weiter, ehe er sich zur Arbeit verabschiedet. Freundlicherweise nimmt ihn sein Freund & Anlageberater Jimbo Larsen mit bis zum Bahnhof, in seinem neuen S-Klasse-Benz, dessen Vorzüge er prahlenderweise erläutert. Schliesslich macht Jimbo seinem alten Kumpel noch nonchalant die Mitteilung, dass dessen letzte Börsenspekulationen nicht ganz den gewünschten finanziellen Erfolg gezeitigt haben. Dann drängelt sich auch noch eine Frau beim Einstieg in den Zug vor. Henry schnappt sich die Dränglerin, schlägt sie zu Boden, legt sich noch mit einem Menschen an, der ihr zu Hilfe eilen wird, während die Niedergeschlagene blöderweise kopfwärtig vom Zug überrollt wird. Aber nein, es war wieder nur eine Fantasie…

Mit solchen Bildern im Kopp entert Henry sein Büro, genauergesagt die Redaktion des Modemagazins „Bruiser“, wo auch niemand besondere Notiz von ihm nimmt, obwohl er sich nach Kräften bemüht, Konversation zu betreiben. Einzig mit Fotografin Rosemary scheint ihn eine Freundschaft zu verbinden… Egal, heutiges Thema der Redaktionssitzung ist die Wahl des neuen Covergirls und Bruiser-Chef Milo Styles erweist sich ohne Verzögerung als totales Arschloch. Nicht nur, dass er mehr unflätige Worte benutzt als ein durchschnittlicher Gangsta-Rapper, nein, er ist (selbstredend) absoluter Sexist und auch ein wenig rassistisch (als eingewanderter Osteuropäer sollte er da etwas vorsichtiger sein). Henry scheitert bei einem Versuch, Eindruck auf den Chef zu machen, indem er dessen Covergirl-Geschmack Rechnung tragen will (Rosemary hatte ihn vorher gebrieft, welches Girl nach ihrer Meinung Milos Geschmack trifft) und darf sich dafür vor voller Belegschaft zum Deppen machen lassen. Rosemary und Henry versuchen sich etwas zu unterhalten, reden aber aneinander vorbei und schliesslich wird Henry noch zu Milo zitiert, für den er nämlich einen grossen Maskenball organisieren darf und als Dank dafür samt Eheweib zu einem Barbeque eingeladen wird.

Der Tag hält noch weitere Tiefschläge für Henry bereit – seine Kreditkartengesellschaft will ihm wegen mangelnder Sicherheiten keine Platin-Karte geben. Beim abendlichen Tennis versucht Henry, sein Leid dem lieben Jimbo zu klagen, aber auch der hat nicht wirklich ein Ohr für die Seelennöte des Freundes.

Noch später am Abend, das Barbeque bei Milo… Milo haust, wie es für einen ordentlichen Verleger angemessen ist, in einer Riesenvilla mit entsprechendem Riesen-Park als Garten. Rosemary outet sich als in Scheidung lebende Ex-Frau von Milo, die aber immer noch mit ihm unter einem Dach lebt (vermutlich vor allem deshalb, weil die Aufteilung der diversen Vermögensgegenstände noch nicht geklärt ist). Rosemarys Hobby ist das Anfertigen von Gipsmasken und so lässt sich auch Henry, der, so scheint´s, latent scharf auf die ältere Frau ist, einen Gipsabdruck machen – eine schlichte weisse Maske, für die Bemalung, so Rosemary, sei er schon selbst zuständig, da müsse er seine Individualität sprechen lassen (hint-hint). Milo vermittelt „Nummer 9“, das neue Covergirl, unbürokratisch zwecks Beischlaf an seinen Mitarbeiter Tom und Milo selbst beschäftigt sich ausgiebig mit Henrys angetrauter Gattin Janine – sprich, er lässt sich von ihr handwerklich einen runterholen. Henry bemerkt dies zwar, schreitet aber nicht ein (we get it – this guy IS a loser, and a pathetic one, too).

Die Heimfahrt bietet den Eheleuten Creedlow ordentlich Gelegenheit, sich gegenseitig auf den Sack zu gehen. Janine nimmt kein Blatt vor den Mund, wirft Henry vor, dass er weder ihr noch Milo eine wegen der Hand-Nummer eine aufs Maul gehauen hätte, räsonniert, dass sie sich im Gegensatz zu anderen Frauen nicht nach oben, sondern nach unten geschlafen hätte und kommt zu dem nicht gänzlich von der Hand zu weisenden Schluss, dass Henry schlicht und ergreifend ein Nichts ist. Vor der heimatlichen Garagentür schmeisst sie ihn aus der Karre. Henry fantasiert, dass er Frau & Auto mit einer Axt attackiert, aber in blanker Realität zeigt ihm Janine lediglich die Rücklichter und düst von hinnen.

Der nächste Morgen, die übliche Prozedur – bis Henry beim Blick in den Spiegel entsetzt bemerkt, dass er kein Gesicht mehr hat, sondern nur eine weisse konturlose Maske. Henry versucht, die Maske abzuziehen, aber das funzt nicht, sondern hinterlässt nur eine blutende Wunde (während in der wieder laufenden Radioshow ein Anrufer behauptet, der gestrige Selbstmörder zu sein und nun Rache üben zu wollen – Subtilität ist was anderes, Georgie…). Die Persönlichkeitsveränderung, die wir alle erwarten (und Zeit wird´s…), setzt nahezu sofort ein, als das spanische Hausmädchen ankommt und recht schamlos Henrys Anzugtaschen nach verwertbaren Bargeldbeständen durchsucht und ihn obendrein, da sie ihn aushäusig vermutet, mit diversen spanischen Beleidigungen belegt. Henry konfrontiert die Bedienstete (die erstaunlicherweise keine Reaktion auf Henrys neues Gesicht zeigt) nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit der Tatsache, dass er spanisch kann und über ihre Diebestouren Bescheid weiss. Sie versucht sich herauszureden, aber Henry greift sich ihre mit Diebesgut gefüllte Tasche („wenn du nichts geklaut hast, hast du auch nichts zu befürchten“) und knallt sie ihr volle Kante an den Kopf, was die Dame mit sofortigem Dahinscheiden quittiert.

Noch während Henry sein Opfer in plastic wrapped (unnötige Twin Peaks-Referenz), kommt Janine von ihrer nächtlichen Tour zurück. Henry versteckt sich und kann sogar den aufdringlichen Pudel mittels eines Koteletts ruhigstellen und kann so in aller Seelenruhe mitverfolgen, wie Janine ihren Liebhaber anruft und Pläne für ein gemeinsames Wochenende schmiedet, nicht ohne mehrfach darauf hinzuweisen, was für ein Verlierer Henry doch sei. Janine und ihr Lover verabreden ein sofortiges Treffen (natürlich muss Janine nicht für ihren Lebensunterhalt arbeiten, dafür ist dann doch der Familien-Loser zuständig) und Henry nimmt die Verfolgung auf. Zu Henrys Überraschung führt ihn dies direktemang in die „Bruiser“-Redaktionsräume, wo Milo Janine schon notgeil erwartet und das Girl ohne weitere Umschweife auf den nächstbesten (40.000 Dollar teuren, wie Milo uns erfreulicherweise unterrichtet) Konferenztisch wuchtet und zur Verrichtung des Sexualaktes schreitet (insert gratitious boob shot here – and, if you look closely, gratitious dick shot, too), und das, obwohl Janine von der vorigen Nacht, die sie mit Milo verbracht hat, noch etwas erschöpft ist. Die schönste Rammeleinlage wird von einem Blitzlicht gestört – Rosemary sammelt noch Beweisstücke für ihre Scheidungsklage. Milo wirft sich in ein Unterhöschen Marke Radlerhose und sprintet der davoneilenden Rosie nach, so dass endlich Henry aus dem Schatten treten und sich mit Janine befassen kann. „Du nahmst mir meine Identität!“ grummelt er und will ihr anschliessend durch eindeutige Taten versichern, dass er im Gegensatz zu kurz vorher von ihr geäusserter Meinung sehr wohl wisse, was man mit einem Verlängerungskabel so alles tun kann – und ich bezweifle, dass er seinen Toaster anschliessen will…

Und so bietet sich Milo, der draussen vor der Tür noch mit Rosemary streitet, ein erstaunlicher Anblick – erst mal fliegt ein Bürodrehstuhl durchs Fenster, dann Janine hinterher, mit dem Nachteil für letztere, dass ihr noch das Verlängerungskabel um den Hals gewickelt ist, das ihren Sturz recht abrupt bremst (soliden Stecker hat das Teil…). Während sich also auf offener Strasse der zu erwartende Aufruhr abspielt, stellt Henry einerseits fest, dass Teile seines eigentlichen Gesichts zurückkehren (nicht aber bei seinem Spiegelbild – sicherlich eine tiefenpsychologische metaphysische Analogie, aber die erschliesst sich mir als Nichtabiturienten nicht), andererseits ein Zeuge seine Missetat beobachtet hat – Tom. Unter der Bedingung, niemals nicht zu verraten, dass er hier war, lässt Henry den bibbernden Tom laufen.

Mittlerweile ist auch die Polizei eingetroffen, in Form der Detectives McCleary und Rakowski, die sicherlich jeden Preis für die inkompetenteste Police Work seit dem seligen Sheriff Buford T. Justice gewinnen würden. Während Rakowski ob der Bescherung und der seitens Milo rasch eingeräumten Affäre mit Janine der Theorie zuneigt, dass der gehörnte Ehemann zur Selbstjustiz gegriffen hat, schiesst sich McCleary auf Rosemary als Täterin ein, die ja auch am Tatort gersichtet wurde, obgleich Milo felsenfest versichert, dass seine Ex mit dem Mord nichts zu tun hat (für einen in Scheidung lebenden Amerikaner zweifellos ein denkwürdiger Anflug von Ehrlichkeit). Henry räumt derweil zuhause die Hausmädchen-Bescherung weg und ignoriert geflisstentlich Anrufe und Türgeklingel der ermittelnden Detectives. Das Abhören des Anrufknechts bringt eine Message von Jimbo, der schon von Janines vorzeitigem Ableben gehört hat und um baldiges Treffen zwecks Klärung der finanziellen Seite der Angelegenheit bittet. Das nimmt Henry zum Anlass, die bislang von Janine gepflegten Finanzunterlagen durchzugehen und zu einem wohl wenig erfreulichen Ergebnis zu gelangen. Dann arrangiert er sorgfältig mittels seiner Wumme ein gepflegtes Shoot-out im heimischen Wohnzimmer, vergisst dabei nicht, seinen Ausweis zu durchlöchern. Und dann ist da ja noch dieser Köter…

Anschliessend packt sich Henry irgendeine fleischfarbige Paste auf die weisse Visage, um etwas menschlicher zu wirken, um dann den Kadaver des Hausmädchens im nächstbesten Fluss zu entsorgen.

Milo und Rosemary bekommen Besuch von den Cops. Henry, im zahlreichen Gebüsch des Gartens versteckt, warnt Rosemary telefonisch, dass die Cops sie des Mordes verdächtigen. Die Detectives ziehen eine ziemlich lasche Befragung durch (bei deren Ermittlungstempo würde Ed Gein heute noch sein Unwesen treiben), Rosemary setzt sich von dieser wenig gewinnbringenden Tätigkeit ab und encountered den versteckten Henry. „Einer von uns beiden hat Janine umgebracht. Und du warst es nicht,“ legt ihr Henry auseinander, aber das Weib versteht nur Bahnhof. Hallo? Jemand zuhause? Soll Henry es buchstabieren? Er war´s!

Ein weiteres Beispiel für die schlampige Polizeiarbeit gefälligst? Bitte gern, bitte gleich. Im Gegensatz zu den Cops hat sich nämlich ein schlauer Fernsehreporter die Bänder der Überwachungskameras im „Bruiser“-HQ mal genauer angesehen und dort ist klar & deutlich der „Mann ohne Gesicht“ zu erkennen. Hindert McCleary nicht daran, weiterhin Rosemary für die Täterin zu halten. „Das kann genauso gut ´ne Frau sein.“ Mit der Beobachtungsgabe sollte der Kerl nicht mal Falschparker aufschreiben dürfen. Seiner Rosemary-did-it-Theorie kommt allerdings zupass, dass die Gesetzeshüter mittlerweile das Creedlow´sche Anwesen aufgebrochen und die dort angerichtete schöne Bescherung gefunden haben – McCleary geht felsenfest davon aus, dass Rosemary auch Henry gekillt hat (warum sollte sie das tun, gesetzt den Fall, sie wäre die Killerin?) Erstaunlicherweise ist aber der Köter immer noch am Leben (George A. Romero, Du bist ein Weichei). Henry kratzt sich derweil in einem secret hideout die Paste von der Maske und ersetzt sie durch eine Kriegsbemalung, für die sich The Crow in Grund und Boden schämen würde (jaja, ich weiss, Plot Point, Henry hat keine Identität und demzufolge keine Fantasie für sowas). Jetzt ist nämlich Jimbo fällig, der sich von einer Ballmaschine Tennisbälle um die Ohren fetzen lässt und als sich Henry in der ansonsten verlassenen Tennishalle blicken lässt, um über sein Portfolio zu sprechen, fast schon erleichtert ist, dass die Sache endlich zur Sprache kommt. „Es war alles Janines Idee,“ versucht Jimbo sich herauszureden, nachdem er gestanden hat, dass er über die Jahre 30.000 Dollar aus Henrys Investments für eigene Zwecke, z.B. töfte Mercedes-Limousinen, abgezweigt hat. Aber Jimbo ist natürlich aufrecht genug, die Missetat zu bereuen und an Ort und Stelle einen Scheck als Ausgleich für erlittene Verluste auszustellen, so ihm Henry doch mal bitte seinen Aktenkoffer aus dem Spind reichen würde. In dem ist aber nicht nur Jimbos Scheckbuch, sondern auch seine Bleispritze (ohne die ein Börsenmakler, oder was auch immer der Knabe nun auch sein mag, bekanntlich selten seine Hütte verlassen sollte). Dummerweise ist Jimbo ein äusserst schlechter Schütze, im Gegensatz zu Henry und so geht kurze Zeit später ein gewisses S-Klasse-Modell aus BaWü mitsamt einer Leiche schwimmen.

Die Polizei verhört derweilen Tom, der auch einräumt, jemanden am Tatort gesehen zu haben, er könne aber beim besten Willen nicht sagen, wer das war. Blöd für ihn, dass Henry, der nur sieht, wie Tom von den Men of the Law heimkutschiert wird, die Aussage leider nicht mitbekommen hat. Im heimischen Pool kann nicht mal „Nummer 9“ die Libido des nervösen Tom in Schwung bringen, und das ist auch angemessen so, denn hinter dem nächstbesten Busch kauert Henry, Pistole im Anschlag. Zum Glück redet sich Tom sein Dilemma gerade vor „Nummer 9“ von der Seele, als ob sein Leben davon abhinge (was es, ha-ha, welch Ironie, auch tut): „Ich habe ihn nicht verpfiffen. Er ist ein guter Mann, vielleicht der beste Freund, den ich je hatte.“ Do people actually talk that way? Vor allem, wenn´s um einen recht kaltblütigen Killer geht? Ich persönlich würde nur sowas von mir geben, wenn ich wüsste, dass der, um den´s geht, mit geladener Knarre nur darauf wartet, mich wegzuputzen, so maybe hat der gute Tom den sechsten Sinn. Jedenfalls rettet es sein Leben, denn sichtlich gerührt ob dieser Ansprache (so sinnlos sie auch sein mag, denn es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt, dass Tom und Henry vor dieser Aktion auch nur die geringste Gemeinsamkeit hatten – eher war Tom der eifrigste Speichellecker bei Milo; von Freundschaft keine Spur) lässt Henry die Pistole sinken und wendet sich anderen Dingen zu.

Während die Radioshow sich und ihren Hörern die Frage stellt, wer „Faceless“, dessen Foto mittlerweile die Titelseiten der Zeitungen schmückt, besucht Henry Rosemary in ihrer immer noch mit Milo geteilten Villa. „Ich bin hier, um eine Rechnung zu begleichen,“ sülzt er, worauf Rosy frank & frei erwidert, dass Milo gerade nicht da sei. Den will er auch gar nicht… hält Henry jetzt Rosemary ob ihres Masken-Tricks für verantwortlich für seinen Gesichtsverlust (ha, war das wieder ein gutes Wortspiel oder was?)? Rosemary hält es für besser, reinen Tisch zu machen und gesteht, dass sie über Milos Verhältnis mit Janine schon seit einiger Zeit Bescheid wusste. Das allerdings interessiert Henry gar nicht mal so wirklich, denn er will sie „retten“ – „du betrügst dich selbst, wie ich mich mein Leben lang betrogen habe“, hält er ihr vor, im Klartext übersetzt meint er, dass Rosemary Milo gar nicht wirklich verlassen will und spielt dann noch auf seine von ihr unverstandenen offenkundigen Freundschaftsangebote an. Dann greift er sich das Telefon, ruft die Radiosendung an und gesteht live on air die bisherigen Morde, selbstverständlich unter seinem echten Namen. „Damit du nicht verantwortlich gemacht wirst für das, was heute abend geschieht,“ düstert er finstere Vorankündigungen und verabschiedet sich mit einem „Ich werde dich befreien!“. Oookay, wer jetzt nicht mitgekriegt hat, dass Milo der nächste auf Henrys Abschlussliste ist, sollte zukünftig intellektuell für ihn geeigneteres Material wie z.B. die Sesamstrasse oder Teletubbies über die Mattscheibe flimmern lassen.

Und da bietet sich doch der Maskenball geradezu an (er drängt sich regelrecht auf – it is SOOOO obvious). Henry wirft sich in ein „Phantom-der-Oper“-Outfit (an dieser Stelle war ich kurz davor, meinen Glauben in Romero endgültig zu verlieren) und hat erstaunlicherweise trotz seines Radio-Geständnisses keine Probleme, sich in seiner echten „Identität“ an den (zugegebenermassen von ihm als Organisator des Events selbst gedungenen) Einlasswächtern vorbei aufs Areal zu begeben, selbiges übrigens ein generic warehouse im „Rotlichtbezirk“ der Stadt. Während auf der Tanzfläche ein buntes Assortment ausgeflippter Typen in lächerlichen Kostümen (die Themen der Party scheinen Tod, Horror und S/M zu sein)zu den Klängen der live & in person auftretenden Horror-Punk-Legende „The Misfits“ den Wolf tanzen, lässt sich Henry von einem gar lustigen Nerd die Technik der Lasershow erklären (nein, bitte nicht!).
Die Stimmung im Saal ist aggressiv-fröhlich, d.h. irgendwelche Typen, die aussehen, als hätte man sie beim letzten WWF-Sichtungslehrgang abgelehnt, prügeln mit der Band, schmeissen den Sänger von der Bühne und kloppen sich auch so mit jedem im Publikum, der dafür empfangsbereit wirkt, und unsere beiden Super-Detectives sind, als Beschattungstrupp für

Rosemary, auch schon da. Henry nutzt einen nicht allzulang auf sich warten lassenden Blackout der Bewacher, Rosemary beiseite zu ziehen und auf den Speicher zu verschleppen. Rosemary ahnt, was Henry vorhat (ist ja auch nicht wirklich schwer zu erraten), kann ihn aber nicht davon abbringen, versucht´s daher auf die romantische Tour. „Wenn du das tust, ist alles was wir hatten, verloren. Ich dachte, du könntest mein-“ „Freund sein? Seelenverwandter?“ unterbricht Henry gereizt, „kauf dir dafür ´nen Hund, aber keinen Pudel!“ Dann entschwindet er. „Niemand wird mich erwischen. Ich bin unsichtbar – ich war es schon immer!“ Ganz so unsichtbar aber nicht, denn in einem unerwarteten Anfall von Kompetenz hat McCleary ihn im Visier und feuert ein paar blaue Bohnen in seine ungefähre Richtung. Henry feuert zurück, aber niemand wird verletzt.

In seinen weiteren Plänen also nicht entscheidend behindert, versichert sich Henry der Mithilfe einiger der von ihm angeheuerten Partyhelfer für einen kleinen Streich… man passt Milo ab, der gerade auf dem Dixie-Klo für Rollstuhlfahrer eine heisse Nummer schiebt („darum sorge ich immer dafür, dass ein Behinderten-Klo da ist. Viel Platz, um die Salami zu schwingen,“ erläutert Milo seine Sextaktiken). Als Henry und seine Helferlein ihn packen, hält Milo erstmal eine weitere Fäkal-Tirade mit dem Tenor „du bist ein Nichts“, ohne zu wissen, wen er vor sich hat, aber die Helfer setzen ihm den auch von ihnen geglaubten Floh ins Ohr, dass alles nur ein Teil der Show ist und man ihn nun für das „grosse Finale“ bräuchte. Milos Laune ändert sich schlagartig um 180 Grad und er lässt sich freudestrahlend abschleppen.

Das Publikum kloppt sich noch immer, und Henry kloppt den Technik-Nerd k.o., während seine kleinen Helferlein Milo von der Saaldecke abseilen (ganz im Zuge des S/M-Themas hat man einige solche Suspension-Vorrichtungen angebracht). Henry hat sich der Laser-Kontrolle bemächtigt und lasert Milo erst mal ins Bein (uff! Mit einem Show-Laser!) Milo schreit wie am Spiess und seine Gäste halten den Party-Gag für echt gelungen. Zeit, den Fiesling zu finishen – Henry justiert den Laser neu und brennt Milo ein hübsches Laserloch mitten auf die Stirn (Doppel-uff!). And guess what? Kaum ist der böse Milo tot, hat Henry sein Gesicht wieder! Das muss ihm allerdings erst ein namenloses Partygirl verklickern – natürlich blöd für Henry, denn nun ist er ja wieder eindeutig zu identifizieren (im Vergleich zu „schwer zu identifizieren, weil ja zigtausend Leute mit einem plain white face herumlaufen“), und so schalten sich sofort die Gesetzeshüter McCleary und Rakowski ein, um Henry festzunehmen, doch da ist auf einmal ein zweites „Phantom“ mit Maske – Rosemary, die verkündet, selbst der Killer zu sein. „Nein, ich war´s“, brüllt Henry, der ahnt, dass McCleary seine einmal aufgestellte Theorie gern in die Praxis umgesetzt sehen würde. Die Partygänger erweisen sich entweder als Spartacus-Fans oder extrem dumb crowd, denn auf einmal schreit jeder einzelne „ich war´s, ich war´s“ und unsere Cops sind jetzt wirklich echt verwirrt, was Henry zum unbürokratischen Stiftengehen nutzt, alldieweil endlich jemand feststellt, dass Milo real ins Gras gebissen hat.

Outside des Lagerhauses wartet McCleary auf Rosemary. „Ich werde ihn finden,“ verspricht McCleary, der jetzt doch seiner langgehegten The-Lady-did-it-Theorie abgeschworen hat, und möchte wissen, warum Rosemary diesen Auftritt hingelegt hat. „Ich hab keine Ahnung, wovon sie reden,“ lächelt Rosemary und reicht dem Bullen ihre Maske, bevor sie davonstolziert. „Rufen sie mich an, wenn sie ihn vor mir finden,“ resigniert der Polyp und unbegreiflicherweise nickt Rosy ihm darauf zu…

Epilog bzw. Twist-Ende (gähn). Irgendwo in einem Büro brüllt ein Ekel-Chef seine Untergebenen zusammen (interessanterweise mit fast identischem Vokabular wie Milo in seiner Eröffnungsszene). Ein Bürobote hört sich das ganze interessiert an (ist das Henry? Erkannt hab ich ihn nicht, also glaub ich´s nicht), muss sich einige dumme Sprüche des Ekelpakets anhören und dreht sich schliesslich auf Aufforderung um, um ein blankes weisses konturloses Gesicht zu zeigen (SHOCK!).

H m, ich weiss nicht, was ich davon halten soll. Ich habe selten ein Horrorfilm-Thema gesehen, dass so viel Potential hat wie das des Menschen, der im wahrsten Sinne des Wortes sein Gesicht verliert (korrigiert das in: ein Filmthema, denn das muss nicht nötigenfalls Horror zur Folge haben), und das so für einen Regisseur massgeschneidert zu sein scheint wie dieses für George A. Romero, bei dem man nahezu sein gesamtes Film-Ouevre auf das Problem des Identitätsverlustes reduzieren kann – nahezu jeder Reviewer führt hierzu als Beispiel den wenig bekannten Martin und The Dark Half an, aber wenn man so will, was ist das Zombie-Dasein anderes als der ultimative Identitätsverlust?

Sprich: hier passt von den Voraussetzungen her der Arsch sprichwörtlich auf den Eimer – und dann ist das Ergebnis derart medioker…

Man könnte ob des filmischen Endresultats auf den Gedanken kommen, dass Mr. Romero sein Herzblut nicht wirklich an Bruiser vergossen hätte, aber dagegen spricht eben, dass sich das grundlegende Thema wie ein roter Faden durch seine Karriere zieht, und auch, dass er das Drehbuch selbst verfasste und auch mit seiner eigenen Produktionsfirma beteiligt war. Stellt sich dann doch die Frage, was da schief gelaufen ist. Wer hat versagt? Der Regisseur Romero oder der Scriptwriter Romero?

Zumindest darauf kann man eine ziemlich eindeutige Antwort geben und die heisst: beide. Zunächst mal zum Regisseur Romero. Der deutet an, dass er rein grundsätzlich nichts verlernt hat, denn es gelingen ihm trotz der schmalen Kasse einige eindrucksvolle Bilder und gelegentlich eine eigentümlich surreale Atmosphäre, auf der anderen Seite versäumt er es, das Tempo ein wenig anzuziehen – streckenweise ist Bruiser schon eine etwas schwergängige Angelegenheit – was andererseits nicht verwundert, denn seine Filme sind selten Non-Stop-Action-Rides, sondern nehmen sich immer ihre Kunst- und Atempausen, da machen auch Dawn of the Dead, den Dario Argento für die europäische Fassung zwecks Temposteigerung nicht ganz zufälligerweise um eine knappe halbe Stunde zusammenkürzte, oder mein persönlicher Romero-Favorit, das wenig bekannte Motorrad-Ritter-Spektakel Knightriders mit einem grossartigen Ed Harris keine Ausnahme (von dem stellenweise entsetzlich drögen Monkey Shines wollen wir an der Stelle mal gar nicht reden). Und hier kreuzt sich das Problem des Regisseurs Romero mit dem des Drehbuchautors Romero – denn wo Romero diese Atempausen in seinen sonstigen Werken meist geschickt nutzte, um versteckt oder weniger versteckt seine sozialkritischen Kommentare unterzubringen, ist dieses Bemühen zwar auch bei Bruiser festzustellen, aber das erweist sich in diesem Fall als Bumerang, da die „Message“, die Romero rüberbringen will, dermassen mit dem Holzhammer serviert wird, dass spätestens nach zehn Minuten Filmlaufzeit weitere „dezente“ (das war Sarkasmus) Hinweise völlig überflüssig sind – der Film suhlt sich förmlich in der Widerwärtigkeit des Milo-Charakters, dabei haben wir schon bei seinem ersten Auftritt deutlich genug mitbekommen, dass er ein Ekel ist; und dafür, dass Henry in seiner Gesichtslosigkeit sein Leben endlich selbst in die Hand nimmt, anstatt es von anderen bestimmen zu lassen, das haben wir auch innerhalb zweier Minuten nach dem entscheidenden Punkt in der Geschichte (der viiiel zu lange auf sich warten lässt) begriffen, ohne dass wir das in endlosen Passagen mit den ach-so-subtilen Kommentaren der allgegenwärtigen Radioshow vorgekaut bekommen müssen.

Schlicht und ergreifend: der Plot ist zu dünn, um eineinhalb Stunden Film zu rechtfertigen – eine dreiviertelstündige Twilight Zone-Episode könnte man, ohne zu langweilen, mit dieser Geschichte bestreiten, aber für einen abendfüllenden Spielfilm ist allein dieser Gedanke zu mager, vor allem, da Romero erstaunlicherweise hierzu auch nichts einfällt. Henry Creedlow verliert sein Gesicht, kann dadurch sein Leben selbst in die Hand nehmen – und alles, was ihm dazu einfällt, ist das Abmurksen seiner früheren Peiniger? Das ist eine arg maue Ausrede für simple Slasher-Routine. Klar, die Botschaft, die Romero vermitteln will, kommt schon rüber: Lass dich nicht als Fussabtreter benutzen, sei du selbst, bestehe auf deiner Individualität. Aber kommt Individualität dadurch zum Ausdruck, dass man die Leute, die einen schlecht behandeln, umbringt? Weia, dann hätte ich aber schon ´ne ganze Latte Leichen im Keller. Das ist schon fast wieder eine gefährliche Moral, die sicher irgendwo in den Romeroschen Kanon passt, die endgültige Individualität als krasser Gegenpunkt zur absoluten Uniformität seiner Zombie-Brigaden, aber ethisch doch eher bedenklich (verdammt, eigentlich wollte ich hier ein halbwegs lustiges Review schreiben und keinen intellektuellen Ausflug in Ethik und Moral wagen…). Eine solch eher billige Rechtfertigung für den Amoklauf seines Helden hätte ich von geringeren Regisseuren als dem politischen Intellektuellen unter den Splattergurus erwartet.

Okayokay, für die paar Leute, die jetzt tatsächlich noch mitlesen, beenden wir jetzt den Diskurs zu moralischem Anspruch und Wirklichkeit und wenden uns wieder dem Film als solchen zu. Was mir noch auffiel, war die erstaunliche Freizügigkeit des Streifens – gut, es gibt nur zwei paar Möpse im Bild, aber jede Menge knappgeschürzter Damen – das kann bei Romero natürlich auch eine Allegorie auf die moralische Verderbtheit der Charaktere sein, andererseits kam der Maestro in früheren Werken sehr gut ohne Tits & Ass aus, so dass auch der Verdacht nicht ganz von der Hand zu weisen ist, dass der Altmeister, nach vierzig Jahren im Business ja auch nicht mehr der Jüngste, sich vielleicht doch gern mit ein wenig Frischfleisch umgeben hat.

Der eigentliche Horror-Gehalt des Streifens ist auch nicht überwältigend – grössere Gore-Eskapaden braucht der geneigte Fan nicht zu erwarten, da Henry Creedlow seine Opfer auf verhältnismässig zahme und konventionelle Weise um die Ecke bringt. Was nicht heisst, dass der ein oder andere Mord nicht recht effektiv ins Bild gesetzt wird (hauptsächlich der eine, nämlich Janines Fenstersturz, der obwohl unblutig doch eindringlich ist) und sekundenbruchteilsmässig auch z.B. ein vom Zug überrollter Kopf oder ein netter Kopfschuss zu bewundern sind – dafür muss man aber den Finger schon über der Standbildtaste ruhen haben. Dagegen ist die finale Mordmethode per Showlaser ist sogar in der endlosen Historie der gemeinen Slasherfilme als besonders dämlich auszumachen. Ansonsten haben die Effekttüftler nichts weltbewegendes zu leisten – selbst die an sich faszinierende Grundidee der „Gesichtslosigkeit“ wird durch die eher einfallslose technische Umsetzung, den Creedlow-Darsteller (ja, ich weiss, wie er heisst, gleich dazu mehr) mit einer Gipsmaske bzw. einem Imitat einer solchen aus Latex herumlaufen zu lassen, in ihrer Wirkung eher verkehrt und fast schon ins Lächerliche gezogen (abgesehen davon ist der Film vollständig humorlos).

Kommen wir daher lieber gleich zu den redeeming values des Films, denn die gibt es… und, für einen Horrorfilm schon mal per default eher ungewöhnlich, sind es die schauspielerischen Leistungen, die über ein recht dürftiges Drehbuch und ein reichlich maues Tempo hinweghelfen und den Film trotz seiner angesprochenen und reichhaltigen Mängel sehenswert machen, und das fast durch die Bank.

Jason Flemyng, dem breiten Publikum bekannt durch Mitwirkung in den erfolgreichen Guy-Ritchie-Gangsterfilmen Bube Dame König grAS und Snatch bewältigt die Rolle des Henry Creedlow, die gewiss nicht einfach zu spielen war, hervorragend. Es tut sich sicherlich kein Schauspieler leicht damit, in einer Rolle zu brillieren, in der man den Löwenanteil der Screentime hinter der beabsichtigt emotions- und identitätslosen weissen Maske verbringt, aber Flemyng meistert diese Prüfung makellos. Im ersten Filmdrittel, noch maskenlos, verkörpert Flemyng den absoluten Oberloser vortrefflich (wenngleich die Definition Loser gewagt erscheint, wenn man einen nicht uninteressanten Job, Ekelchef her oder hin, ein Rasseweib im heimatlichen Schlafzimmer und eine selbstpersönliche Eigentumsbleibe nebst Aktiendepot hat) und auch nach seiner Maskierung gelingt es ihm ausgezeichnet, Creedlows nachlassende Selbstzweifel und steigendes Selbstbewusstsein zu portraitieren. Gratulation!

Der auf Ekelpakete abonnierte Peter Stormare (vgl. Fargo oder 8 mm) hat im personifizierten Ekelvirus Milo Styles natürlich eine Prachtrolle vorgefunden und die lebt er nach allen Regeln der Kunst aus. Mag man es Overacting, scenery chewing oder einfach nur Spass-an-der-Freud nennen, Stormare gibt seinen Styles larger than life. Selbstredend ist der Charakter so unglaubwürdig, wie er nur sein kann (im wahren Leben hätte Styles vor lauter Sexual-Harassment- und Beleidigungsklagen vermutlich keine freie Sekunde, um seine „Salami“ schwingen zu lassen), aber Stormare macht es perfekt einfach, Styles zu hassen.

Die weiblichen Hauptrollen, obgleich weniger prominent besetzt, stehen dem kaum nach. Nina Gabiras (Janine) ist die perfekte bitch, der man ohne weiteres sofort den Tod an den Hals wünscht, bevorzugt auf eine speziell grausame Art, auch wenn sie durch ihr Tun & Reden identifiziert genauso gut ein „I´m first“-Schild um den Hals tragen könnte – aber das muss man erst mal in solcher Perfektion und Authenzität hinkriegen. Und Leslie Hope als zwischen der von Henry zitierten Freiheit und der von Milo gewährten Sicherheit hin- und hergerissene Rosemary bringt die Vielschichtigkeit ihres Charakters sehr gut zum Ausdruck.

Genre-Veteran Tom Atkins (Halloween III) fällt auf den ersten Blick ein wenig ab, aber ihm hilft natürlich auch nicht, dass seine Rolle gelinde gesagt etwas schwachbrüstig und lächerlich daherkommt, so wundert es dann auf den zweiten Blick nicht, dass Atkins den Part mehr oder wenig auf „automatic“ durchspielt. Ansonsten aber geben sich auch die Nebendarsteller keine Blösse.

Damit wären wir dann auch mit den Darstellern durch, können also, bevor wir zum Fazit kommen, noch kurz auf die DVD-Präsentation des mir bislang völlig unbekannten Labels Sunfilm kommen. Bild- und Tonqualität (die deutsche DVD bietet lobenswerterweise sowohl D-Fassung als auch das englischsprachige Original, wobei ich selbstredend die Originaltonspur bevorzugt habe) sind absolut zufriedenstellend, an Extras gibt´s neben Audiokommentar von George A. Romero himself (muss ich mir noch zu Gemüte führen) noch Biographien für Flemyng, Stormare, Romero und Produzent Grunwald, des weiteren den Trailer und, als Highlight, ein Musikvideo des Punk-Kuriosums The Misfits (ein hübsches Beispiel dafür, wie sich ein einstiges Schock-Image selbst überholen kann – Anfang der 80er, noch mit Glenn Danzig am Mikro und mit Klassikern wie „Last Caress“ bewaffnet, mochten die Misfits mit ihrem Horror-Outfit noch mächtig shocking sein, doch heutzutage, wo wir von Krachattackern wie Slipknot belästigt werden, wirkt der Kontrast zwischen Outfit und dem fröhlichen Pop-Punk, den die Band spielt, und der sich kaum von chartkompatibler Ware a la Blink 182 unterscheidet, irgendwie herzig), abgedreht von Romero selbst und in diesen knapp zweieinhalb Minuten, in denen die Misfits als Zombies ein Krankenhaus heimsuchen, gibt es komprimiert all das an Gore, was einem im Hauptfilm vielleicht gefehlt haben mag – auf jedenfall ein ziemlich spassiges Video.

Also endlich die berühmten letzten Worte. Als „George A. Romero“-Film ist Bruiser eine mittelschwere Enttäuschung, da oft etwas langatmig, vorhersehbar und nicht wirklich innovativ oder psychologisch interessant. Als Horrorfilm nicht wirklich aufregend, spannend oder wenigsten splattrig, aber als Schauspielerfilm durchaus interessant. Ich weiss nicht, ob Euch das letztendlich bei der Entscheidung pro oder contra Bruiser wirklich hilft, aber ehrlich gesagt weiss ich selbst nicht, ob ich den Streifen nun empfehlen soll oder nicht. Ein Teil von mir möchte ein entschiedenes Nein ob der vielen Schwächen, die ich in aller Ausführlichkeit ja schon ausgebreitet habe, brüllen, ein anderer (zugegeben kleinerer) Teil möchte dagegen, dass Ihr dem Streifen eine Chance gebt.

Belassen wir es schlussendlich bei der unbestechlichen untenstehenden Bewertung und einem neutralen „Hmptjä, und hoffen, dass der Maestro für den anstehenden Dead Reckoning genügend Kohle auftreiben kann, um den vierten Zombie-Streich so zu realisieren, wie´s bei ihm im Script steht (wir haben ja alle in Erinnerung, was die Budget-Limits aus Day of the Dead gemacht haben).

(c) 2002 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 4


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