Broken

 
  • Deutscher Titel: Broken
  • Original-Titel: Broken
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  • Regie: Adam Mason, Simon Boyes
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Nadja Brand (Hope), Eric Colvin (Der Mann), Abbey Stirling (Holly), Megan van Karro (Jennifer), Chesse Daves (Chesse), Olivia Hill (Lindsey), Rachel Townend (Louise), Atesh Salih (Patrick Bateman)


Vorwort

Hope, alleinerziehende Mutter einer kleinen Tochter und aktiv auf der Suche nach neuem männlichen Lebenabschnittsgefährten, wacht eines schönen Morgens in einer Kiste auf, begraben im Waldboden. Aber sie wird bald ausgebuddelt – der Kerl, der sie entführt hat, hat nämlich so einiges mit ihr vor. Zunächst darf sie eine ausgeklügelte Todesfalle überstehen, wozu sie u.a. in ihren eigenen Innereien wühlen muss, um dort das Objekt zur Befreiung herauszupuhlen. Vor die Wahl gestellt, sich entweder erschießen zu lassen oder das Spiel des Psychopathen weiterzuspielen, entscheidet sie sich für die zweite Variante, nicht zuletzt, weil sie herausfinden will, was mit ihrer Tochter passiert ist. Ihr Peiniger, der ihr zu verstehen gibt, dass ihre Tochter nicht mehr existiert und er nun ihre neue Familie sei, ist ein durchgeknallter Naturalist, der in den britischen Wäldern mit Hope als persönlicher Sklavin leben will. Nach gescheiterten Fluchtversuchen (und entsprechender Bestrafung) versucht Hope sich mit der Situation zu arrangieren, bis sich eine Möglichkeit bietet, das Schicksal ihrer Tochter zu klären und zu fliehen, doch dann bringt der Psychopath ein weiteres Entführungsopfer ins Spiel…


Inhalt

Ob es an der irgendwie latent unbehaglichen Atmosphäre von Gerichtsgebäuden (selbst, wenn man da nur ein paar Akten abholen will) liegt? Jedenfalls war ich vor ein paar Wochen nach einem solchen Gerichtsbesuch in Gorebauernlaune und willig, ein paar Euronen beim auf dem Weg liegenden Hauptbahnhofs-Drogenmüller in üblen gewaltverherrlichenden und frauenfeindlichen Splatterkrams umzutauschen. Da man trotz einer gut sortierten 18er-Abteilung in solchen Läden halt weniger Auswahl hat als auf der Börse des Vertrauens, griff ich eben zu „Broken – Keiner kann dich retten“, ohne irgendeine nähere Ahnung zu haben, was das denn wieder sein soll…

Für die ersten zehn-zwanzig Minuten kann man dann auch glauben, es bei dem Film, einer Ultra-Low-Budget-Produktion von der Insel, es mit einem x-beliebigen „Saw“-Rip-off zu tun zu haben, d.h. einer Aneinanderreihung von graphischen Folter-/Splattersequenzen, doch „Broken“ entwickelt sich (prinzipiell erfreulicherweise, weil’s eh schon zu viele offizielle „Saw“-Filme gibt) in eine eigenständige Richtung, in der Folter und Splatter zurücktreten, allerdings – und jetzt kommt die Einschränkung – nicht wirklich durch etwas anderes ersetzt werden. Sicherlich möchte das Werk (geschrieben von seinen beiden Regisseuren) sich in die Richtung eines intensiven Psychodramas orientieren, aber letztlich macht der Film nur ein paar vage Andeutungen in Richtung des altbekannten Stockholm-Syndroms, ohne letztlich tiefschürfend auszuloten, welche psychologischen Implikationen in einer Extremsituation wie dieser entstehen können.

Die Folge ist, dass der Film in seinem mittleren Akte (nachdem Hopes Fluchtversuche gescheitert sind) keinerlei psychologisches Drama anbietet, dass für Interesse sorgen könnte. Das führt soweit, dass uns allen Ernstes als „dramatischer Moment“ angeboten wird, dass Hope in dem vom Psychopathen ihr zur Verantwortung übergebenen Kräuter- und Gemüse-Minigärtchen eine hübsche Blume hegt und pflegt und er das nicht witzig findet – man versucht uns also zu verkaufen, der Konflikt „wird er die Blume kaputtmachen?“ stehe ungefähr hinsichtlich des emotinalen Impacts ungefähr auf einer Stufe mit „in eigenen Gedärmen nach einer Rasierklinge fummeln“ und „Beine brechen“, und bei aller Liebe für kleine Details, die einer Situation wie dieser zwischen „Hoffnungsschimmer“ und „purer Verzweiflung“ pendeln können, ist das nichts, was mich wirklich berührt. Die Autoren/Regisseure versäumen weitgehend, uns Anhaltspunkte dafür zu geben, wie und warum die Figuren ticken – der Psychopath hat keinerlei Hintergrund, keine erkennbare Motivation, außer, dass er eben durchgeknallt ist, ebensowenig aber erhalten wir statt dessen Einblicke in Hopes Innenleben; wir müssen spekulieren, dass es die Ungewissheit des Schicksals ihrer Tochter ist, dass sie ihr Martyrium ertragen lässt, aber wir haben dafür kaum Hinweise on-screen, dieses dramatische Moment findet bis auf ein paar kurze Dialogfetzen, in denen der Psychopath entsprechende Anfragen Hopes knapp abbügelt, kaum statt. Insofern ist es schon fast folgerichtig, dass im Schlussakt das zweite Entführungsopfer eingeführt werden muss (warum der Psychopath jetzt auf einmal zwei „Sklavinnen“ braucht, bleibt offen), um überhaupt etwas Interaktion zwischen den Figuren entstehen zu lassen (auch wenn der Film dann relativ zwanglos einfach ein paar Schlüsselgeschehnisse aus der ersten Filmhälfte nochmal abspult und Hope versucht, die „Neue“ daran zu hindern, die gleichen Fehler zu begehen wie sie selbst).

Psycho-Kammerspiele funktionieren halt nur, wenn wir über die Figuren auch etwas erfahren, das Script uns nahelegt, warum wir mit dem Opfer sympathisieren sollten (mal abgesehen vom „es wird von einem Fiesling gequält“). Die kurze Sequenz, in der wir Hope vor der Entführung sehen, tut wenig dazu, uns die Frau als sympathisch und mitleidenswert vorzustellen.

SPOILER: Die „Lösung“ der Geschichte kann dann auch kaum mehr überraschen – dass die Heldenfigur am Ende mindestens ebenso gewalttätig wird wie ihr Peiniger, ist seit dem seligen Witchfinder General kein origineller Ansatzpunkt und das „Twist-Ende“ ist zwar hübsch boshaft und ein wenig anders, als man es sich vielleicht gedacht hat, entfaltet aber keine rechte Wirkung, weil wir zu Hopes Figur aus oben geschilderten Gründen nicht wirklich eine echte Bindung entwickeln konnten (vgl. dazu Shuttle, der ein Negativ-Ende als echten Schlag in die Magengrube lieferte]]. SPOILERENDE

Des Weiteren stört eine etwas seltsame Schnitt-Entscheidung – wir erfahren als geneigter Zuschauer nie, *wie* Hope entführt wurde. Sie geht in ihrer Wohnung schlafen und einen Umschnitt später liegt sie lebendig begraben in einer Kiste. Das von den deutschen Publishern nicht mitlizenzierte Bonusmaterial der UK-Scheibe featured die entsprechende Szene als „deleted scene“ (der Waldschrat gabelt sie bei einer nächtlichen Autofahrt auf). Hätte es wirklich arg gestört, wenn wir das hätten sehen dürfen?

Filmtechnisch ist das ganze Treiben durchaus überzeugend gelöst – obwohl ich mittlerweile entschieden zu viel Filme gesehen haben, die zu 95 % im Wald spielen, ist den Regisseuren zu attestieren, dass sie durchaus eine beklemmende Atmosphäre schaffen, die das Gefühl der Einsamkeit und Verlorenheit durchaus optisch widerspiegelt (und das obwohl, wie man wiederum dem UK-Bonusmaterial entgegenkommt, sprichwörtlich hinter jedem Strauch außerhalb des Bildausschnitts schon wieder die Zivilisation in Form von Landstraßen lauerte). Die Anfangsphase ist packend inszeniert, allerdings verliert der Film ab des zweiten Akts aus oben geschilderten Gründen deutlich das Tempo und schafft’s auch im Schlussakt nicht mehr, verlorenes Terrain gut zu machen – zu belanglos war das Geplänkel im Mittelteil, zu wenig Dynamik entsteht im Finale zwischen den drei handelnden Figuren, zu gedrängt ist das „echte“ Finale.

Die Filmmusik ist sehr unauffällig, der irgendwie Tom-Waits-meets-John-Zorn-artige Abspannsong hat aber was…

Im Gegensatz zur Erwartungshaltung des Publikums ist „Broken“ keine Gore-Schlachtplatte. Seine ausgesprochen krassen und expliziten Gedärm-Sudeleien (auf gutem technischen Niveau für das Budget) haut der Film dem Zuschauer gleich in der ersten Viertelstunde um die Ohren, danach herrscht Zurückhaltung (Beinbruch und eine Zungen-, ähm, „Extraktion“ werden zwar recht intensiv, aber vergleichsweise un-graphisch dargeboten). Die KJ verdient sich der Streifen aber allemal für seine Eingeweide-Wühlereien…

Zu den Darstellen: während Eric Colvin (wie die meisten seiner Mitstreiter bislang nur in früheren Werken des Teams tätig gewesen) einen durchaus berzeugenden Psychopathen abgibt (es sind nunmal diejenigen die eindringlichsten Psychopathen, die nicht mit over-the-top-antics daherkommen, sondern mit kühler Ratio und die ihre Taten eher wie ein Alltagsgeschäft vollführen), kann Nadja Brand (mittlerweile die Ex-Frau von Co-Director Adam Mason, was mich irgendwie nicht wirklich wundert) da nicht mithalten – nichts dagegen zu sagen, dass Brand keine klassische Filmschönheit ist, sondern eher „interessant“ denn hochglanzattraktiv wirkt, aber die darstellerische Bandbreite, die ansatzweise vermitteln würde, wieso ihre Figur sich so verhält, fehlt ihr (aber, wie gesagt, das Script gibt ihr auch wenig mit, außer „kuck leidend, Baby, kuck LEIDEND“). Abbey Stirling kann als zweites Opfer nicht viel zum Gelingen des Films beitragen. Als kleinen in-joke spielt Atesh Salih einen Charakter namens „Patrick Bateman“ (Hopes Date zu Filmbeginn).

Bildqualität: MiG bringt „Broken“ in die DVD-Shops dieses Landes. Die Erstauflage kam noch mit 3D-Hologrammcover, mittlerweile muss der Konsument mit einem handelsüblichen Einleger vorlieb nehmen. Der anamorphe Bildtransfer (1.85:1) ist problemlos – die düstere Waldatmosphäre kommt gut zur Geltung, Schärfe- und Kontrastwerte sind im oberen Durchschnittsbereich, Bilddefekte oder Verunreinigungen sind nicht zu verzeichnen.

Tonqualität: MiG packt deutschen und englischen Ton jeweils in Dolby 2.0 auf die Scheibe. Der O-Ton ist (trotz der Tatsache, dass es sich um einen Briten-Film handelt) gut verständlich und klar, ein Festival der Soundeffekte ist ob der Prämisse des Films nicht zu erwarten.

Extras: Die vorhandenen Extras (Making-of und deleted scenes) hat MiG nicht mit lizenziert, so dass wir uns mit einem Adam-Mason-„Showreel“ (eine Art Musikvideo mit diversen Filmschnipseln aus seinem bisherigen Schaffen) und einer ausführlichen Trailershow zufrieden geben müssen. Im Übrigen verhökert MiG „Broken“ auch im Doppelpack mit „Broken 2“, der im Original „Cellar Door“ heißt, aus den USA stammt und mit „Broken“ selbstredend nicht das Geringste zu tun hat.

Fazit: Ich weiß nicht recht, ob ich „Broken“ empfehlen soll oder nicht. Einerseits rechne ich dem Film positiv an, dass er offenkundige „Saw“-Anleihen nur als interesseheischenden Aufhänger für seine eigentliche Geschichte zu nutzen versucht (und im Gegensatz zum Sägen-Franchise gar nicht erst versucht, durch eine pseudomoralische „Message“ Bedeutung zu heucheln) und nicht nur „noch ein Folterfilm“ sein will, andererseits entwickelt sich diese Story aber nie richtig, schöpft vor allem ihr psychologisches Potential nicht aus und wird daher nie so wirklich emotional-intensiv, wie es möglich wäre; die eingeschränkten schauspielerischen Fähigkeiten von Najda Brand können dazu beigetragen haben (man sollte halt nicht immer nur die eigenen Freunde und Lebenspartner casten). Auf der Habenseite verbucht der Film seine atmosphärische Kameraarbeit und eine gute Psychopathen-Darstellung von Eric Calvin, was den Streifen trotz der Längen im Mittelpart und der Repetitivität (äh, ist das ein Wort?) des Schlussakts über seine 90 Minuten rettet (die 78-Minuten-Coverangabe von MiG ist Mumpitz). Wie verbleiben wir also? Mit einem entschiedenen „mittelprächtig“ – hätte besser, aber auch schlimmer sein können, aber insgesamt ist „Broken“ mal wieder ein Film, dessen Idee besser ist als ihre Umsetzung.

2/5
(c) 2008 Dr. Acula


mm
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