Breakout from Oppression

 
  • Deutscher Titel: Breakout from Oppression
  • Original-Titel: Sha chu chong wei
  • Alternative Titel: Breakout from Oppression |
  • Regie: Karen Yang
  • Land: Hongkong
  • Jahr: 1985
  • Darsteller:

    Fonda Lynn (Fonda Chiu), Alan Tam (Simon Chang), Lona Chang (Sheena), Jacky Lim (Joe Chan), Agnes Lee (Editorial Manager), Carol Chan (Sheenas Großmutter), Warren Chan, Simon Wong, Rex Chung, Neil Wu, Cherry Fung, Paul Chun, Lin Lin Li (=Maggie Lee), Chia Hui Lui


Vorwort

Nachdem sie acht Jahre wegen Mordes an ihrem Geliebten gesiebte Luft atmen durfte, kehrt die junge und hübsche Fonda zurück ins „normale“ Leben. Der Präsident einer Zeitung hat ihr tatsächlich einen Job als Redaktionsassistentin zugesagt. Zwar ist besagter Präsident gerade unauffindbar, aber Chefredakteur Simon findet trotz jeglicher fehlender Berufserfahrung Gefallen an dem attraktiven Ding und stellt sie ein. Einer Wohnung ist auch schnell gefunden und Sheena, eine junge Redaktionssekretärin, freundet sich ebenfalls mit Fonda an – nur der bissige Redaktionsdrachen lässt keine Gelegenheit aus, Fonda und ihre Arbeit schlecht zu machen. Dabei bräuchte Fonda eh Zuspruch, denn die lange Zeit im Knast verschafft ihr immer noch Alpträume, ganz abgesehen davon, dass sie die acht Jahre unschuldig hinter Gittern verbracht hat. Doch Sheena, die ihre greise, rollstuhlfahrende und nicht mehr zu verbaler Kommunikation in der Lage seiende Oma versorgen muss, ist eine falsche Fuffzigerin. Nicht nur, dass der vermisste Zeitungspräsident in ihrem Keller vor sich hin stirbt, nein, sie hat’s speziell auf Fonda abgesehen – bei einem Straßenfest betreibt sie zusammen mit Fonda einen Frühlingsrollenstand und mischt Glasscherben in den lecker Schmackofatz, mit blutigen Folgen für einen von Fonda mit einer Gratisrolle bedachten Steppke, nur, um Fonda die Schuld zuzuschanzen. Als wenig später Simon verschwindet – der freilich auch in ihrem privaten kleinen Folterkeller schmachtet – deichselt sie es, dass erneut Fonda zur Hauptverdächtigen ernannt wird. Doch das ist freilich nur die Vorbereitungsphase für ihren finalen Vernichtungsschlag gegen die arme Fonda, die gar nicht weiß, wie und warum ihr geschieht…


Inhalt

Ich glaube, ich erwähnte es bereits, aber die Mill-Creek-„Drive-In Movie Classics Box“ entwickelt sich immer mehr zur wildesten Zusammenstellung aberwitzigster Filme diesseits einer Woche Silverline-Programm – es muss daher schon nicht mehr überraschen, wenn nach Redneck-„Knight Rider“-Rip-offs (Ein Supertruck auf Gangsterjagd), kanadischem Hardcore-Horror (Rituals), einem fast vergessenen Hammer-Dracula (Dracula braucht frisches Blut) und einem Richard-Burton-Drama (Absolution) uns nun – juxigerweise auf einer DVD-Seite mit eben „Absolution“ eine IFD-Produktion entgegenlächelt. Jawoll – Joseph Lai! Godfrey Ho! Woot!

Schrauben wir aber unsere Erwartungen zurück – „Breakout from Oppression“ (merkwürdiger Titel) ist kein Ninja-Film, noch nicht mal ein Patchwork-Streifen, sondern ein vergleichsweise, äh, stringenter Film, den IFD augenscheinlich komplett gedreht hat. Ganz sicher sein kann man sich da nie – die IMDb gibt als Produktionsbaujahr 1978 an, und das mag ich anhand Outfits, Klamotten und Frisuren fast glauben, die IFD-Copyright-Notiz meint dagegen ein 1985 in den Ring werfen zu müssen, was angesichts des ein oder anderen Plotkniffs und dem erlesen zusammengeklauten Score (u.a. musste Pino Donaggios „Dressed to Kill“-Score dran glauben) auch plausibel erscheint. Im Endeffekt ist also mal wieder nicht auszuschließen, dass IFD einen 1978 mal angefangenen und irgendwo auf halbem Weg verendeten Streifen aufgekauft und ein paar Jahre später, aber zumindest wohl mit den meisten ursprünglich Beteiligten, fertiggedreht hat.

Sei’s drum – diese Frage müssen wir, bis sich jemand die Mühe macht und ein extensives Joseph-Lai-Kompendium schafft (ich würd’s kaufen, aber vermutlich müsste ich es vorher selbst schreiben), in die Schublade „ungeklärte Geheimnisse des Universums“ einsortieren. Relativ gesichert kann man annehmen, dass die Plotte (oder das, was wir ersatzweise dafür halten sollen) aus der fleißigen Feder des unvergleichlichen Godfrey Ho stammt, für die Regie wird eine gewisse Karen Yang kreditiert, zu der abgesehen von diesem Film aber schlichtweg nichts bekannt ist, weswegen ich diesen Namen einfach mal unbefangen für eins von Meister Hos zahllosen Pseudonymen halte (was Godfrey, die alte Pfeife, wahrscheinlich mit sämtlichen Extremitäten abstreiten und sowieso jeden Meineid schwören wird, von einem Film dieses Namens sein Lebtag nix gehört zu haben).

Okay, also ist „Breakout from Oppression“ kein Ninjafilm und nicht mal ein anderer Heuler, in dem man Mike „Knuddelbär“ Abbott verorten könnte, aber das kann ja trotzdem einen gewissen Unterhaltungswert haben. Kann es und tut es, denn dieser Film ist schon ein bizarrer Knaller. Irgendwo zwischen Melodrama, Liebesfilm und Psychothriller angesiedelt, erlaubt sich das stolze Werk einige heftige Schlenker in reinrassige Horror-Gefilde (bekanntlich ein Genre, das den Chinesen, zumindest so es sich um Horror westlicher Fasson handelt, nicht wirklich liegt) sowie ein paar Ausflüge in Frauenknast-Regionen (wo sich die Chinesen dann schon wieder deutlich wohler fühlen). Kurz gesagt – eine wahre Wundertüte von Film, die sprichwörtlich alle zwei Minuten ein neues Faß aufmacht, und, quasi als besonderen Gag zum Abschluss, als Finale das aus dem ersten Friday the 13th praktisch 1:1 nachspielt (was dann wieder für die ’85er-These spricht).

Dieser Film ist wild – es ist praktisch unmöglich, dem „Plot“ zu folgen, da der Streifen unglaublich hektisch inszeniert ist, Szenen oft mal nur 10, 20, 30 Sekunden dauern, Schauplatzwechsel en gros geboten werden, zwischendurch immer wieder mal eine Flashback-Sequenz eingebaut wird, ab und zu mal einfach eine Szene um der schlichten weirdness wegen kommt (z.B. als Fonda und Simon an einem Mord-Tatort, den sie aus journalistischen Gründen aufsuchen, plötzlich von einer durchgeknallten Schreckschraube mit Hackebeil angegriffen werden – worauf nie wieder jemand eingehen wird); durchzublicken, was da wie und eventuell sogar warum passiert, ist eine echte Prüfung für die Aufmerksamkeit (wobei natürlich nicht hilft, dass die entscheidende Motivation der Psycho-Tante buchstäblich fünf Minuten vor Ultimo aufgeklärt wird).

Aber das macht nicht viel – denn „Hektik“ ist in diesem Fall gleichbedeutend mit „Tempo“, und Karen Yang, whoever she may be, dreht in den knappen 87 Minuten eben so viele Genres durch den Wolf, dass man als Zuschauer praktisch nicht dazu kommt, sich überhaupt Gedanken über interne Logik, psychologische Plausibilität oder schieren Wahnsinn zu machen – da haben wir in einer Sekunde einen an die Tür genagelten Affen, dann Kaminfeuersex (der jugendfrei-prüden Art), dann wieder eine madenumwuselte Leiche, einen Duschfight in einem Frauenknast-Flashback, ein blutspuckendes Kind, einen 1-A-Slasher-Kill usw. usf. Wahrlich ein Film aus Bizarroland, nicht intelligent, nicht nachvollziehbar, nicht „gut“, aber ein weiterer Beweis dafür, dass „komplette“ Lai-Produktionen sich hinter dem Irrsinn eines typischen Verhackstückungsfilm Marke Crackdown Mission kaum zu verstecken brauchen, das walte Godfrey.

Handwerklich ist das aufgrund des wirren Schnitts und der alles andere als überzeugenden Kameraarbeit (die sich aber zwei-dreimal tatsächlich um Stimmung und Atmosphäre bemüht und das nicht vollständig vergeigt) eher bedenklich, aber für den Trash-Freund durchaus freudenspendend; langweilig wird’s keine Sekunde. Sonderlich hart ist der Streifen trotz seiner diversen Horror-/Slasher-Elemente und einiger angedeuteter Splattereien und Make-ups nicht, auch nicht in seinen Kills, für’s Finale hat man sich immerhin einen Kopf-ab-mit-Machete-„Effekt“ gegönnt, der zumindest hohen Unterhaltungswert besitzt. Wäre es kein IFD-Film, würde ich sagen, dass „Breakout from Oppression“ sehr un-chinesisch ist (auch für Kronkolonie-Verhältnisse), aber Lai hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass seine Firma praktisch ausschließlich für den internationalen Markt produziert – ob die Filme in Hongkong jemals gelaufen sind, dürfte man bezweifeln können.

Der Score, wie erwähnt, wurde von Stephen Tsang mal wieder aus allen möglichen anderen Filmen und sonstigen ihm zur Verfügung stehende Sound-Archiven zusammengeklaut.

Auf Darstellerseite macht Fonda Lynn (Inferno Thunderbolt) ihrer Zunft keine Schande – sie sieht schnucklig genug aus und ist darstellerisch kaum schwächer als Aktricen aus „regulären“ Hongkong-Produktionen der 80er. Ihr Co-Star ist ein echt großer Name: Alan Tam entwickelte sich in den 80ern zu DEM Cantopop-Star schlechthin, räumte so ziemlich jeden erdenklichen HK-Musikaward an, spielte neben Jackie Chan in „Der rechte Arm der Götter“ eine Hauptrolle (und zählt zu Jackies persönlichen Freunden) und gibt sich hier in einem Frühwerk die Ehre (Tams Rolle spricht übrigens nun wieder dafür, dass der Film doch aus dem Jahr 1978 stammen könnte, denn ungefähr aus dieser Zeit datieren seine ersten Filmauftritte – und 1987 war er ja schon Jackies Busenkumpel). Auch wenn Alan sich keiner gravierenden schauspielerischen Leistung befleißigt, deutet er in einigen Szenen sein Charisma an. Lona Chang, die eine passable Psychopathin angeht, auch wenn ihre diversen Stimmungswechsel nicht sonderlich glaubhaft sind, hat keine weiteren überlieferten Filmauftritte zu verzeichnen, dito Jacky Lim in einer Nebenrolle als Zeitungsfotograf und spektakulärstes Sheena-Opfer. Warren Chan tauchte in „Ninja the Protector“ wieder auf, ob Lin Lin Li (besser bekannt als Maggie Lee), die in Filmen wie „The Magnificent Gunfighter“ oder „The Killer Snakes“ spielte, tatsächlich in diesem Film zu sehen ist, wage ich beinahe zu bezweifeln – sie spielte nämlich in einem Gordon-Liu-Film gleichen Namens von 1973 (was die ganze Sache nicht einfacher durchschaubar macht).

Bildqualität: Wie Joseph-Lai-Filme gemeinhin aussehen, ist uns allen ja durch zahlreiche Best-Releases bekannt. Mill Creek macht’s auch nicht hübscher – ein liebloser 4:3-Pan & Scan-Transfer (wenn der Vorspann nicht offensichtlich für Scope gedacht wäre, würde ich ja vermuten, dass IFD die Dinger einfach in diesem Format rausrotzt), kontrastarm, mittelprächtig scharf, aber immerhin einigermaßen verschmutzungsfrei; also ungefähr auf dem Level der deutschen IFD-Veröffentlichungen.

Tonqualität: Uns ist durch Ninja Terminator & Co. ebenfalls schon bekannt, dass englisches Dubbing solcher Filme auch nicht besser ist als deutsches – es wird schnell gequasselt, dafür zum Ausgleich dumpf und oft genug nur schwer verständlich. Der Score knarzt und rumpelt ohne Ende und bietet in den letzten 10 Minuten als kostenlose Zugabe noch ein hübsches Knattern.

Extras: –

Fazit: Jungejunge. „Breakout from Oppression“ ist die Sorte Film, die man nicht wirklich reviewen kann (meine Kritiker können behaupten, ich hätt’s gar nicht erst versucht) – es ist ein wildes Genredurcheinander, ein buntes Potpurri westlicher Thriller-, Drama- und Horrormotive, die die HK-Chinesen ganz ersichtlich nicht wirklich begriffen haben und sich daher auf schlichtes copy & paste beschränkt haben: das Nachspielen solcher Motive mit eigenen Leuten, weitgehend ohne größeren Sinn, Verstand und Gesamtzusammenhang, aber ausgesprochen flott und kurzweilig, sobald man sich damit abgefunden hat, dass ein Versuch, der Story zu folgen, zum Scheitern verurteilt ist, weil Godfrey Ho einen Umschnitt weiter einfach wieder etwas einbauen wird, was er in einem US-Film gesehen hat und dringlich emulieren muss. Ein krudes, wirres, aber in seiner planlosen Hysterie schon wieder hochgradig sympathisches Machwerk (wo sonst bekommt man als Spannungssequenz einen tollkühnen Ritt der Heldin auf einem Fahrrad, dessen Bremsschlauch gekappt ist?), das leider in Deutschland bislang noch nicht erhältlich ist; die Mill-Creek-Box ist daher die wohl einzige gangbare Chance, diesen Streifen der IFD-Sammlung einzuverleiben.

3/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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