Bonnie & Clyde vs. Dracula

 
  • Deutscher Titel: Bonnie & Clyde vs. Dracula
  • Original-Titel: Bonnie & Clyde vs. Dracula
  •  
  • Regie: Timothy Friend
  • Land: USA
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    Tiffany Shepis (Bonnie), Trent Haaga (Clyde), Allan Lowman (Dr. Loveless), Jennifer Friend (Annabel), Russell Friend (Dracula), F. Martin Glynn (Henry), T. Max Graham (Jake), Anne Willow (Rosie)


Vorwort

Anfang der 30er Jahre in den USA… das gefürchtete Gangster-Pärchen Bonnie und Clyde verdingt sich, im Bestreben dem langen Arm des Gesetzes soweit wie möglich aus dem Weg zu gehen, mit verhältnismäßig kleinen Gaunereien irgendwo im Mittleren Westen. In einer letztklassigen Prohibitions-Spelunke trifft das Paar auf Clydes alten Kumpel Henry, der – im Verbund mit dem Kneipenwirt Jake – glaubt, eine risikolose Methode zur umgehenden (und von Clyde aufgrund akutem Pleiteseins gewünschten) Bargeldvermehrung ausgemacht zu haben… man mag auf’m platten Land sein, deswegen gibt’s hier aber auch den Alk-Dealer des Vertrauens, der die Großgrundbesitzer und sonstigen anwesenden Kapitalisten mit Stoff beliefert. Sowohl die Ware als auch den monetären Gegenwert könnte man sich doch unter den Nagel reißen…

Ein paar Häuser weiter haust der entstellte Mad Scientist Dr. Loveless, der zur Tarnung seiner Gesichtsbaracke stets einen Sack über die Visage zieht und nicht nur seine leicht zurückgebliebene Schwester Annabel als Privatsklavin (die er mit Vorliebe für jegliche Verfehlung mit einem Elektrohalsband zappt) hält, sondern im Keller den leibhaftigen und echten Grafen Dracula aufpäppelt. Dem Graf dürstet es nach Blut und Loveless wäre nur zu gern bereit, Annabel als wandelnde Blutbank zur Verfügung zu stellen, doch der alte Beißer wittert „reine Unschuld“ und daraus folgender Unverträglichkeit des Lebenssaftes…

Dieweil läuft Bonnies und Clydes Plan so gar nicht rund – Jake wird angeschossen und droht, auf der Theke seiner Schankstube zu verbluten. Ein Arzt müsste her… gibt es da nicht diesen Dr. Loveless in der Nähe? Bonnie macht sich auf, um den Medizinmann zu apportieren, kommt aber nicht wieder. Clyde schwant Übles – berechtigterweise, denn Dracula sieht in Bonnie mehr als nur eine Zwischenmahlzeit…


Inhalt

Hach, ich dachte, die Zeiten von Filmen wie „Jesse James Meets Frankensteins Daughter“ wäre vorbei, aber Timothy Friend belehrt mich glatt eines besseren: der pseudohistorische Low-Budget-Camp-Heuler ist wie der alte Holzmichel – er lebt noch.

Gut, man kann sich fragen, ob’s das wirklich gebraucht hätte – „gut“ waren die klassischen Vorbilder nie und zum unterhaltsamen Trash wurden sie durch Zeitablauf. „Intentional trash“ ist, wie ich schon des Öfteren schrob, unheimlich schwierig zu realisieren – man kann die Absicht erkennen, aber deswegen wird so’n hingeschluderter Camp-Fetzer eben noch lang nicht automatisch zum spaßigen Entertainment für die bierselige Filmfete.

Letztlich ist es auch die Falle, in die „Bonnie & Clyde vs. Dracula“ läuft – die Idee ist schräg genug, um für ein Projekt dieser Kragenweite zu funktionieren, jedoch bleibt das Problem bestehen: Friend und seine Leute sind sich der Tatsache bewusst, dass sie einen Camp-Heuler drehen, es fehlt ihnen daher an der notwendigen Selbstein- und -überschätzung, wirklich bedeutsames Kino zu machen oder ersatzweise der „I don’t give a shit, Hauptsache, ich mach mit dem Ding ein paar schnelle Dollar in den Drive-ins“-Attitüde der Al Adamsons, Larry Buchanans & Co. Für eine „richtige“ Horror-Komödie (also, nach meiner bekannten Definition, eine im Grundsatz ernste Story, über die Humor gestreut wird) ist dann aber wieder die Prämisse zu abstrus.

Was nicht heißt, dass der Streifen völlig ohne Reize wäre. Schon die Eröffnungssequenz gefällt – wir wohnen den Überfall-Vorbereitungen eines Pärchens bei und sind verständlicherweise der Ansicht, dass es sich dabei um Bonnie und Clyde handeln sollte, nur um mit der Baggage festzustellen, dass sie bei ihrem kriminellen Versuch nur in einen Coup der *echten* Bonnie und Clyde platzen – was ihnen ausgesprochen schlecht, da bleihaltig, bekommt. Ein anderer grandios-debiler Moment folgt etwas später, als Clydes Bekannter ankündigt, einen weiteren Komplizen herbestellt zu haben. Der trifft ein und wird von Clyde umgehend amtlich totgeschossen. Dann dreht er sich zu seinem Kumpel um und sagt: „Frag mich NIE, warum ich das getan habe!“ (Und tatsächlich wird diese Frage nicht mehr aufgeworfen). In der Theorie passen auch die Charaktere, die man dem Gangstpärchen verpasst hat: Bonnie ist eine Zicke, die ihr Temperament nicht im Griff hat (und aus ein paar Möchtegern-Hillbilly-Vergewaltigern mit ihrem Schnappmesser Geschnetzeltes macht) und von Glanz und Glamour träumt, während Clyde ein eher bodenständiger Typ ist, den Existenznöte plagen und der sich sorgt, Bonnie nicht halten zu können. Nachteil vor allem letzteren Ansatzes im Rahmen einer Trash-Comedy: ein „brooding“ Charakter, der nachdenklich über die diversen Ungerechtigkeiten der Welt nachdenkt, ist nun nicht unbedingt das, was wir sehen wollen.

Kurz und knapp kann man sagen, dass der Bonnie & Clyde-Angle nicht sonderlich gewinnbringend ist – vor allem ist er recht langweilig, da sich nicht viel relevantes tut und es verdammt lange dauert, bis die beiden Haupthandlungsstränge B&C/Dracula miteinander in Kontakt treten. Zum Glück ist der Loveless/Dracula-Strang, der leider rein mengenmäßig der Parallelstory deutlich unterlegen ist (Verhältnis dürfte bestenfalls bei 1/3 zu 2/3 liegen), schon deutlich eher auf Trash-Camp-Spur. Das fängt schon mit der Gestalt des Dr. Loveless an (den wir nur zweimal kurz ohne sein Sackgesicht sehen, und davon einmal von hinten), geht weiter mit dem Umstand, dass wir eigentlich keine auch nur entfernt rationale (oder wenigstens nach mad-scientist-Logik verständliche) Begründung für seine Dracula-Wiedererweckung (oder auch nur, wie er an den untoten Sauger rankam) geliefert bekommen (Loveless labert mal kurz von irgendwelchen „Transfusionen“, ohne näher zu verraten, wer, wen oder was da transfusioniert werden soll), setzt sich fort über seine Behandlung Annabels bis hin zum Annabel-Charakter selbst, einer jungen Frau auf dem geistigen Niveau eines Kindes, die in einer selbsterdachten Märchenwelt lebt und im Filmverlauf endlich auf den Trichter kommt, der Fuchtel ihres garstigen Bruders zu entkommen. An dem Part des Films hatte ich meinen Spaß, da kommt auch Witz auf (überwiegend der gröberen Sorte freilich, wie es sich für einen Camp-Film gehört) – auch, wenn Dracula im Finale lächerlich einfach zu besiegen ist, Loveless seinen „Endkampf“ mit Annabel bestreitet und die „Doppel-Schlusspointe“ antelegrafiert wird. Nicht wegzudiskutieren ist aber, dass der Streifen für das annoncierte „vs.“ im Titel einen reichlich langen Anlauf nimmt…

Formal ist das Filmchen, Friends zweites Werk als Writer/Director nach dem mir völlig unbekannten „Cadaveralla“, in Ordnung, was irgendwo auch wieder ein Teil des Problems ist – es ist größtenteils uninspiriert, aber basiskompetent heruntergekurbelt; dass ein nicht unbeträchtlicher Reiz eines „echten“ Trashfilms eben auch das fragwürdige Können (bzw. eben das komplette Fehlen eines solchen) von Regisseur/Cutter/Kameramann etc. ausmacht, dürfte unbestritten sein. „Bonnie & Clyde vs. Dracula“ ist da schon wieder eine Spur zu professionell – in Sachen Ausstattung vielleicht sogar zu „liebevoll“, da man Kostüme, Sets und Props durchaus authentisch nach 30er-Depression-Prohibitions-Zeitalter aussehen – keine Spur von liebenswert-unbeholfenen Anachronismen, sondern für eine sicherlich ausgesprochen preiswerte Produktion geradezu überwältigend detailverliebte Requisite (und das beißt sich dann wieder mit dem kostenbewussten Videolook, dem man mit dem ein oder anderen kleinen Rauschfilter vielleicht etwas kinematischere Glorie hätte verleihen können). Eins ist allerdings klar – der Streifen ist *deutlich* zu lang für seine Idee, gut 20 Minuten hätte man, bevorzugt aus dem Bonnie-und-Clyde-Part rausschnippeln können, ohne für die Story wertvolles Material zu verlieren, dafür aber dem Film einen amtlichen Tritt in den Arsch zu geben.

Die 18er-Freigabe ist mal wieder ein ziemlicher Witz – großartige Splattersequenzen sucht man vergeblich. Zwar wird’s ab und an recht blutig, aber nicht übermäßig explizit, nichts, was man nicht auch mit einer blauen Plakette aus der FSK hätte entlassen können. Aber angesichts des Labels bin ich mir nicht sicher, ob das, was draußen auf dem Cover picht, auch das ist, was die FSK empfahl… (nachgekuckt: war klar, die FSK hat das Ding mit 16 durchgewunken).

Die Darsteller sind keine große Leuchten, erfüllen aber ihre Pflicht. Bekanntester Name im Cast ist aktuell sicherlich scream queen Tiffany Shepis, die wir gerade erst in Strippers vs. Zombies gesehen haben und die hier als Bonnie eine passable Gangsterbraut gibt. Trent Haaga gab sein Debüt einst in Tromas „Terror Firmer“ und holzt sich seitdem durch zahlreiche no- bis low-budget-Operationen wie „Killjoy 2“ (und, entsetzlicherweise, den fast fertigen dritten Teil der Killerclown-Saga), „Tales from the Crapper“, „Splatter Disco“ oder „Killer Biker Chicks“. Für den Clyde fehlt’s ihm ein wenig an Charisma. Allen Lowman ist nicht fair zu bewerten – er agiert ja komplett unter’m Sack und in der mir ausschließlich vorliegenden deutschen Synchro kann man ja noch nicht mal sein voice acting beurteilen… aber er scheint Spaß an der Sache zu haben. Jennifer Friend möchte ich mal spontan im Familienkreis des Regisseurs verorten, sie macht ihre Sache als kindliches Dummchen aber wirklich gut. Russell Friend hingegen (hmm… mit wem *der* wohl verwandt ist?) dürfte als einer der blasseren Dracula-Darsteller in die Filmgeschichte eingehen. T. Max Graham („Eraserhead“ [!], „The Sting II“, „Manchmal kommen sie wieder“) ist als Kneipenwirt Jake gut aufgelegt, der bislang nicht weiter aufgefallene F. Martin Glynn ist adäquat als Clydes Kumpel Henry.

Bildqualität: „Bonnie & Clyde vs. Dracula“ ist in Deutschland ausschließlich über den, ehm, kontrovers eingeschätzten Deutschen Videoring und dessen Hauslabel Cascarde Films erhältlich (zum entsprechenden Mondpreis, für den sich andere Leute Blu-Ray-Fassungen vom „Herrn der Ringe 1-3“ kaufen). Das Bild (anamorphes 2.35:1-Widescreen) ist akzeptabel, kaum merkliche Körnung, okaye Farben, gut durchschnittliche Schärfe und Kontrast.

Ton: Ausschließlich deutscher Dolby 2.0-Ton. Die Synchronfassung ist erträglich (d.h. doch ein-zwei Stufen über Pornsynchro-Qualität), wenn auch noch lange nicht gut. Klangdynamik ist auch was anderes, aber für den Hausgebrauch reichts.

Extras: Cascarde ist bekanntlich Champion der tollen Features Auto-Run und Auto-Repeat. Weitere „Gutzis“ sucht man vergeblich.

Fazit: Hmtja. Ich wiederhole mich: „intentional camp“ ist schwierig bis unmöglich, und letztlich scheitert auch Timothy Friends kleines Projekt daran, dass es eben einfach nicht geht, das Chaos, die Inkompetenz und/oder die Selbstüberschätzung der großen Trash-Strategen der 60er und 70er im Bewusstwein, Trash zu schaffen, zu simulieren. Die Idee ist pfiffig, einige Sequenzen, besonders eben im Loveless/Dracula-Handlungsstrang, sind witzig und die Schauspielerei ist noch im Rahmen des Vertretbaren, aber insgesamt ist der Streifen zu lang und damit zu langatmig und zu gefällig, zu anständig, zu professionell, um als das zu überzeugen, als was er intendiert war. Man kann sich fraglos schlimmer unterhalten und der Freund anspruchsloser Horror-Comedy wird sich nicht mit Grausen abwenden, aber „es hätte schlechter sein können“ ist halt nun auch nicht das große Qualitätsmerkmal. Okay to watch once, but not more.

2/5
(c) 2010 Dr. Acula


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