- Deutscher Titel: Bones
- Original-Titel: Bones
- Regie: Ernest Dickerson
- Land: USA
- Jahr: 2001
- Darsteller:
Snoop Dogg (Jimmy Bones), Pam Grier (Pearl), Michael T. Weiss (Det. Lupovich), Clifton Powell (Jeremiah „J-Bird“ Peet), Ricky Harris (Eddie Mack), Bianca Lawson (Cynthia), Khalil Khan (Patrick Peet), Merwin Mondesir (Bill Peet), Sean Amsing (Maurice), Katherine Isabelle (Tia Peet)
Vorwort
Die drei Peet-Geschwister (zwei schwarze Jungs und ein weißes Mädel… das passiert in Mischehen) und ihr Kumpel Maurice, allesamt aus eher besserem Hause kommend und als DJ-Team „Resurrection Brothers“ am Start, verfallen auf den Gedanken, eine heruntergekommene, seit 20 Jahren leerstehende Hütte in einer üblen Gegend zu renovieren und zum in Eigenregie geführten In-Club zu machen – ein Unterfangen, das von den Anwohnern, allen voran der „psychischen“ Pearl kritisch beäugt wird. Klar, die Jungspunde können nicht wissen, dass auf dem Haus kein Segen liegt. Vor 22 Jahren wurde dort nämlich Jimmy Bones, seines Zeichens fürsorglicher und allgemein hochgeschätzter Gangster-Pascha seiner Hood, u.a. von seinem Rivalen Eddie Mack, dem korrupten Bullen Lupovich und seinem eigenen rechte-Hand-Mann Jeremiah (dem Vater der Peet-Kids) entleibt, weil er sich dem aufkommenden Crack-Handel widersetzte. Prompt stolpern die Kids im Keller der Bude über ein vermodertes Skelett, unschwer anhand der Accessoires als das von Jimmy Bones zu identifizieren. Via einem dämonischen Hund begeht Bones‘ begreiflicherweise rachedurstiger Geist erste Morde, um dadurch wieder zu einer körperlichen Präsenz zu gelangen. Wieder unter die lebenden Untoten zurückgekehrt, hat Bones natürlich nichts besseres zu tun, als die feierliche Club- Eröffnung durch einen Mord und einen leckeren Maden-Regen zu sabotieren und die Bude abzufackeln. Doch damit beginnt sein Feldzug gegen seine ehemaligen Peiniger und alle unglückseligen Elemente, die ihm im Wege stehen, erst so richtig. Pearl, als Spiritistin, ahnt, wie man Bones, der auch noch ihr ehemaliger Lover und Vater ihrer Tochter, die mittlerweile in einen der Peets verknallt ist, wieder zurück ins Jenseits befördern kann…
Inhalt
Uh-oh, black themed urban horror, noch dazu mit Snoop Dogg in der Hauptrolle, das MUSS nicht unbedingt gut gehen – wir haben ja alle (naja, die zweieinhalb Leute, die ihn gesehen haben) noch Albert Pyuns Bratislava-basiertes „Crow“-Rip-off „Urban Menace“ in guter schlechter oder schlechter guter Erinnerung. Aber die Vorzeichen stehen hier schon anders – mit New Line Cinema steht ein Studio hinter der Produktion, das von seinen Regisseuren nicht erwartet, mit 300.000 Dollar in drei Wochen drei Filme zu drehen, und Ernest Dickerson, langjähriger Kameramann von Spike Lee, bewies mit souveränen Filmen wie „Surviving the Game“ und „Ritter der Dämonen“ ja bereits vorher eine geschickte Hand im Umgang mit Genre-Stoffen.
Die Plotte selbst ist so ziemlich eine der allerältesten, die man auf dem Gebiet des Horrorfilms exhumieren kann – der Tote, der aus dem Jenseits zurückkehrt, um sich an seinen Mördern zu rächen, ist nun wahrhaft keine originelle Idee. „Fresh“ und „hip“ ist das nicht, es sei denn, man hat seit den seligen EC-Comics aus den 50ern keinen Kontakt mehr zum Horrorgenre gehabt. Das war dann auch den Autoren klar, weswegen sie ein paar halbseidene Bezüge zum drogen- und kriminalitätsbedingten Verfall der afro-amerikanischen Gesellschaft von den „goldenen“ 70er zur Jetztzeit eingebaut haben – nett gemeint, aber für den Film und seine Geschichte schlechterdings belanglos; aber es erlaubt dann wenigstens Dickerson, ein wenig im Zitatenschatz der blaxploitation-Geschichte zu wildern. Leider ist die Story trotz dieser Abschweifung einfach zu simpel gestrickt und auch der Schachzug, die Vorgeschichte um Bones in den 70ern und seine Ermordung durch die ganz bösen Buben in einer Reihe von Flashback-Sequenzen parallel zum Gegenwarts-Plot um die Kids, die in das verwunschene Haus einziehen, zu erzählen, hilft nicht wirklich weiter, da die Pointe der Background-Story fürchterlich vorhersehbar ist. Dass die sprichwörtliche Leiche im Keller Bones sein muss, wüssten wir auch ohne ausführliche Rückblenden – wie heißt der Film nämlich noch gleich? Zudem passiert auch in den Flashbacks nicht so elementar viel, dass es der recht langwierigen Anlaufphase des Films über die Längen helfen würde. Es ist wieder mal die klassische Krux einer EC-Comic-inspirierten Geschichte – diese Storys haben selten die Substanz für einen abendfüllenden Spielfilm – sie sind prädestiniert für Anthologiefilme oder TV-Serien, weil es einfach schlichte Geschichten sind, die auf eine einzige grimmige Pointe hin konzipiert sind. Alles, was der Film an „Nebenkriegsschauplätzen“ auffährt, ist zwar, wie gesagt, gut gemeint und lebt von vergleichsweise guten Charakterisierungen einiger Nebenfiguren wie Pearl und Jeremiah, bringt aber keine echte Substanz ein. Logik ist rein optional – nicht alles in sich schlüssig (speziell die zentrale Frage der „Wiedererweckung“ Bones‘ und die Methode, mit der er letztlich besiegt wird), aber immerhin wird das Geschehen in der zweiten Filmhälfte, nominell ab der körperlichen Reanimierung Bones‘, flott vorangetrieben, wobei der Ton der Geschichte grundsätzlich ein düster-ernster ist, weswegen einige Versuche in Richtung auflockernder Comedy eher deplaziert wirken.
„Bones“ punket also kaum durch sein Script, um so mehr aber durch seine fulminante Optik. Wie Dickerson selbst im Begleitmaterial ausführt, versteht er „Bones“ bzw. seine Inszenierung desselben, als Hommage an den europäischen, speziell italienischen gothic horror der 60er und 70er Jahre, und explizit als Würdigung Mario Bavas, was bis hin zu teilweise direkten Zitaten geht. Wider Erwarten, weil black urban horror und italienischer Schauerfilm jetzt nicht unbedingt zwei Genres sind, die man auf Anhieb als artverwandt einstufen würde, funktioniert das ziemlich gut – nicht nur, weil sich das Script erfreulicherweise mit jive-talk zurückhält, sondern weil die visuelle Gestaltung des Streifens schlichtweg famos ist und in der Tat den Geist von Kameragurus wie Bava und Dario Argento atmet, garniert mit einem guten Schuss Expressionismus. Grandios eingefangen von Alex de la Iglesias Stammkameramann Flavio Labiano („Perdita Durango“, „El Dia de la Bestia“) präsentiert sich „Bones“ visuell geradezu überbordend – seien es die expressionistischen schattenhaften Auftritte Bones‘ in seiner noch körperlosen Form, atemberaubende Kamerafahrten durch das unheimliche Gebäude (das auch ein Meisterwerk des Set Designs darstellt), exquisit durchkomponierte, schlüssige Farbgebung und Beleuchtung – es ist ein Augenschmaus, den Dickerson und Labiano zelebrieren, ohne dabei gimmickverliebt zu werden (einzig ein paar zeitgerafferte Aufnahmen um einen dämonischen Hund, der in einer paranormalen Verbindung zu Bones steht und zu Beginn dessen Hund-, äh, Handlanger ist, stören mich, aber das ist was persönliches – ich schätze dieses Stilmittel einfach nicht). Das Finale mit seinem bizarren Setting der „Stadt der Toten“ könnte schon fast wieder einem Fulci-Film entsprungen sein. Es ist schade, jedoch auch irgendwo in der „guten alten“ Tradition des italienischen Horrorkinos, dass der eigentliche Inhalt des Films, sein Plot, nicht mit der optische Ausgestaltung mithalten kann.
So plätschert „Bones“, wie schon angedeutet, über die Hälfte seiner Laufzeit zwar schön anzusehend, aber nicht gerade mitreißend dahin, und auch die zweite, temporeichere Hälfte wird selten wirklich zupackend, auch wenn Dickerson und sein Tricktechnikerteam mit blutigen Ruppigkeiten und bizarren Effekten, die die 18er-Freigabe völlig rechtfertigen, nicht sparen (die apostrophierte „gross-out“-Ekelsequenz eines wahren Madenregens wirkt leider ein wenig lächerlich). Dafür mangelt’s dem Film, zum Ärger seines Regisseurs, auf Studiogeheiß an nudity. Can’t have it all, I guess.
Ein Problem ist das Missverhältnis von „Stars“ und „Hauptfiguren“. Die namhaften Akteure bedienen nämlich durch die Bank eher Nebenrollen, was die Screentime angeht. So liefert Snoop Dogg durchaus eine gute Performance ab und zeigt, dass er ein überraschend vielseitig verwendbarer rapper-turned-actor sein kann; blaxploitation-Ikone Pam Grier macht ihren Job ebenfalls gut, Michael T. Weiss, der TV-„Pretender“, lässt unter dem Alters-Make-up nichts anbrennen und auch Clifton Powell („Phantoms“, „Deep Rising“) erweist sich als gut aufgelegt, aber die Hauptfiguren sind halt einmal mehr die Jungdarsteller (auch wenn die teilweise schon 37 Lenze auf dem Buckel haben) und die sind bei allem Bemühen halt wieder einmal austauschbare Pappkameraden, die keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, da nehmen sich die nett anzusehende Bianca Lawson („Save the Last Dance“, „Dead & Breakfast“), Khalil Kain (gut beschäftigter TV-Akteur), Merwin Mondesir und Sean Amsing („Stargate SG-1“) nicht viel. Sträflich unterbeschäftigt bleibt Katherine Isabelle („Ginger Snaps“), die sich zur Halbzeitmarke praktisch völlig aus dem Film verabschiedet.
Bildqualität: Auch wenn die DVD aus dem Hause Warner Deutschland nun auch schon wieder ein paar Tage alt ist, kann sie qualitativ durchaus überzeugen. Der anamorphe 2.35:1-Transfer bringt die exzellente Fotografie des Streifens und die gute Effektarbeit schön zur Geltung – die Farbgebung kommt sehr gut rüber, der Kontrast in den vielen dunklen Szenen ist gefällig, die Schärfewerte sind nicht überragend, aber solide. Keinen Grund zur Klage birgt die Kompression.
Tonqualität: Warner stellt uns den Film auf Deutsch und Englisch, jeweils in Dolby 5.1 EX zur Verfügung. Ich würde persönlich zur O-Ton-Fassung raten, die, auch wenn’s ein black themed film ist, auch einen Schulenglisch-Sprecher und -Versteher nicht ratlos vor dem Fernseher sitzen lässt (und zudem liefert Warner sowohl deutsche als auch englische Untertitel mit). Die deutsche Fassung scheint mir eher lieblos synchronisiert zu sein. Der englische Track ist sehr dynamisch, kraftvoll und laut, wenn’s sein muss.
Extras: Verblüffend viel Bonusmaterial klatscht Warner zur Freude des Fans auf die Scheibe. Neben dem Audiokommentar von Dickerson, Snoop Dogg und Autor Adam Simon gibt’s zwei Dokumentationen (eine making-of-Doku und eine interessante und erhellende Doku über die erwähnten europäischen Einflüsse), eine ganze Latte deleted scenes, wahlweise mit Audiokommentar zu genießen, zwei Musikvideos von Snoop sowie den Kinotrailer. Runde Sache.
Fazit: Auch „Bones“ stellt keine Revolution des Horrorkinos dar – wieder einmal wird uns eine althergebrachte Story, zeitgemäß aufgepeppt und mit Versatzstücken des blaxploitation-Kinos versehen, aufs Brot geschmiert. Wäre normalerweise nicht der Rede wert, aber die fantastische Optik des Streifens und seine erkennbaren Wurzeln im klassischen Eurohorror-Kintopp machen „Bones“ nicht zum Reißer – dafür ist sein Script zu vorhersehbar und die darstellerischen Leistungen zu gemsicht -, aber auf alle Fälle zu einem Werk, das sich speziell Bava- und Argento-Freunde mal ansehen sollten. Allein, was alle Aspekte der Kameraarbeit angeht, ist „Bones“ ein Highlight unter den oft uniformen 08/15-Horrorthrillern aus Hollywood.
4/5
(c) 2006 Dr. Acula