Bloody Bikini Massacre

 
  • Deutscher Titel: Bloody Bikini Massacre
  • Original-Titel: 36 Pasos
  • Alternative Titel: 36 Steps |
  • Regie: Adrian Garcia Bogliano
  • Land: Argentinien
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Noelia Balbo (Pilar), Ines Sbarra (Lucia), Ariana Marchioni (Emilia), Melisa Fernandez (Marilu), Priscila Rauto (Priscila), Andrea Duarte (Violeta), Priscila Caldera (Flor), Victoria Witemburg (La Buchona), Ana Haramboure (Madre), Omar Musa (Tio de Tamara), Sabino Molina (Pedro), Fernando Roa (Jaime)


Vorwort

Irgendwo in der amerikanischen Pampa lebt ein halbes Dutzend knackiger Bikini-Miezen in einer Villa das Dolce Vita – man ist immer gut drauf, singt und tanzt, plantscht im Pool und bereitet nebenher eine Geburtstagsfete vor. Klingt nicht sonderlich aufregend, allerdings sind die Schnuckis nicht aus freien Stücken hier, alle (alles alte Schulfreundinnen) wurden gewaltsam hierher verschleppt und sind nicht so gut drauf, weil sie wollen, sondern weil ein striktes Set von Regeln sie dazu zwingt. Neben dem Fröhlichkeitsmuss ist es verboten, über einen gewissen Punkt hinaus vom Haus wegzugehen, über die Vorfälle im Haus zu reden und in einen nahen Schuppen zu gehen (außer zu Bestrafungszwecken), außerdem müssen Anweisungen, die per Brief übermittelt werden, strikt befolgt werden, die Party wird für eine Klassenkameradin veranstaltet, die von unseren Bunnys seinerzeit gar grauslich schlecht behandelt wurde. Im Falle des Regelverstoßes droht Ungemach von Folter bis Tod. Schlimm genug, doch dann taucht noch eine weitere Klassenkameradin auf – an Lucia kann sich zwar keine so recht erinnern, aber sie ist ganz nett. Dumm nur, dass sie von den Regeln nichts weiß und der geheimnisvolle Entführer mit Nachdruck darauf hinweist, dass unsere Bikinihäschen für Regelverstöße Lucias mit Hand und Fuß haften. Zudem werden die Anweisungen per Brief langsam, aber sicher bösartig und laufen darauf hinaus, dass die Mädels sich gegenseitig killen sollen…


Inhalt

Das Wichtigste vorab (ich weiß, man soll Kritiken nicht mit dem Fazit einleiten): ich habe, diesen eingerechnet, nun zwei argentinische Horrorfilme gesehen (der erste war selbstredend Attack of the Killer Hog), und das waren genau zwei zu viel…

Aber okay – beginnen wir mit dem Positiven. Ich zolle den Filmemachern Respekt. Sie haben für (kolportierte) fünftausend läppische Dollar einen abendfüllenden Film fabriziert und den bei einem einflussreichen Genre-Filmfestival, dem FFF, platziert. Das kann nicht jeder. Dummerweise ist die Positivliste damit auch schon wieder abgehandelt – das ging schnell.

Okay, das ist jetzt auch wieder etwas unfair. Die Grundidee, eine Art Gute-Laune-„Big Brother“ unter Gefechtsbedingungen, ist nicht völlig übel (ich bin ja immer noch der Ansicht, es könnte gar nicht SO schwer sein, einen zünftigen Horror-Reißer auf Grundlage des „Big-Brother“-Konzepts zu drehen, aber bislang sind noch alle, die’s versucht haben, dran gescheitert, am triumphal-unansehnlichsten mit weitem Abstand die Schwachmaten, die Voyeur.com verbrochen haben), allerdings haben halt auch die Gebrüder Bogliano keinen Funken Talent, diese Idee zu einem abendfüllenden Spielfilm auszubauen.

Was im Endeffekt dazu führt, dass wir anderthalb Stunden belanglosestes Füllmaterial, in dem zugegeben hübsche Bikini-Girls so aufregende Sachen tun wie miteinander reden, auf Liegestühlen in der Sonne pflacken, in den Pool jumpen, Rasen mähen, Tanzchoreographieren einstudieren, Kuchen backen u.ä., mit ein paar halbseidenen Killszenen „aufwerten“, ohne, dass das ganze sonderlichen dramaturgischen Sinn entwickeln würde.

Dabei fängt’s gar nicht mal so übel an – der Prolog ist ganz pfiffig (da fahren zwei Nasenbären zu einem Puff in der Prärie und überfahren versehentlich ein Mädel, von dem wir uns allerdings zusammenreimen müssen, dass es dasjenige ist, das ihre Leidensgenossinnen später als „die, die zu fliehen versucht hat“, erwähnen), fährt mit den explizitesten und gekonntesten Gore-Einlagen auf, erweckt aber den selbstredend völlig falschen Eindruck, wir kämen auf die Situation (und die Charaktere der Szene) noch mal irgendwann zurück (im Nachhinein betrachtet wirkt die Szene so, als hätte man nach Drehende bemerkt, dass noch eine zünftige Teaser-Sequenz gebraucht wird und deswegen noch schnell etwas hingewurschtelt).

Die eigentliche Geschichte, die sich daran anschließt, wird leider auf denkbar ungünstigste Art erzählt – über die verschiedenen Mädels erfahren wir „background“ in Flashback-Vignetten (besonders „toll“ ist das erste Flashback-Segment, in dem wir das Leben des betreffenden Girls als zeitgerafferte Rückwärts-Sequenz aufgetischt bekommen. Auch nicht die allerschlechteste Idee, aber eine, deren Punkt nach ungefähr zwanzig Sekunden gemacht ist, die Szene aber drei Minuten dauert). Problematisch dabei ist allerdings, dass die Charaktere uninteressant sind (wir haben ein sportliches Girl, ein zickiges Girl, eine Tratschtante, ein arrogantes upper-class-Girl, das designierte final girl kommt natürlich aus dysfunktionaler Familie blablabla…).

Das Gimmick des Films, die „erzwungene Fröhlichkeit“, sorgt für dramaturgische Schwierigkeiten; ganz abgesehen davon, dass die „Überwachung“ der Regeln nie wirklich etabliert wird (ein Mädel bricht eine Regel und eine Sekunde später stürmt der – extrem lächerlich und debile Killer – ins Gehöft und haut ihr die Rübe vom Kopf), wäre das theoretisch zwar ein probates Mittel, um Konflikte zu schüren (sofern die Girls solche hätten, die der Rede wert wären und über „die andere ist doof“ hinaus gingen), allerdings (und da muss ich der Schauspielerschelte vorgreifen) sind die Darstellerinnen nicht kompetent genug, um „erzwungene Fröhlichkeit“ zu spielen – die sehen in einer Szene, wie eine der ihren geköpft wird, müssen die Schweinerei aufputzen und sind in der nächsten Szene am Pool ungezwungen-lustig und gut drauf, als wäre nichts gewesen; sorry, selbst wenn mir jemand eine Knarre an den Schädel halten würde, ich wäre in der Situation vielleicht oberflächlich ungezwungen, aber nicht SO fröhlich. Zerstört natürlich die, ähm, Glaubwürdigkeit…

Man darf auch nicht vergessen, dass die Motivation der Bösen ziemlich läppisch ist – die Girls haben also ihre Klassenkameradin, festhalten, gehänselt! Keine körperlichen Mißhandlungen, keine „Prom Night“-mäßigen bösen Streiche, sondern Schulhofhänseleien und Nicht-Mitmachenlassen in der Clique; und, wenn wir uns das betreffende Mädel ansehen, so wirklich „geschadet“ scheint’s ihr nicht zu haben (nach eigener Aussage hat sie ’nen Uni-Abschluss gemacht und wirkt, solange das Script von ihr nicht verlangt, psychopathisch-durchgeknallt zu sein, nicht wirklich gestört) – letztlich muss als „Motivation“ wohl reichen, dass die Familie aus völlig derangierten Geisteskranken besteht, denen man aus Prinzip alles zutrauen muss. Mag bei „Texas Chainsaw Massacre“ angehen, wo der Leatherface-Clan jeden niedermetzelt, der ihnen auf die Pelle rückt, aber nicht hier, wo die Fieslinge nach einem, hüstel, „Plan“ vorgehen.

Unklar ist mir allerdings auch, ob die Filmemacher das ganze Treiben eventuell, äh, „witzig“ gemeint haben könnte – es gibt ein paar Einlagen, die zum Schmunzeln anregen (gerade, als das Publikum fragt, ob der fette Killer bei der Verfolgung eines Girls durch Treppenhäuser etc. nicht langsam aus der Puste kommen müsste, legt er seufzend eine Verschnaufpause ein), aber andererseits sind die Folter- und Killeinlagen zweifellos todernst und sadistisch – Funsplatter sieht anders aus.

Mittendrin serviert uns der Film als weiteren „Flashback“ noch eine Nackedei-Folter-Sequenz, in der die Girls auf „Gehorsam“ und „Fröhlichkeit“ gedrillt werden (aber hauptsächlich dazu dient, uns die Mädels nackt und in Bondage Gear zu zeigen, dass es Jess Franco Tränen der Rührung ins nikotingetrübte Auge treiben würde) und, nachdem wir als Zuschauer schon längst aufgegeben haben, dem Film einen tieferen (oder auch nicht so tiefen) Sinn entnehmen zu wollen, als „Traum“ eine (für das Budget des Films gar nicht SO üble) Zeichentricksequenz einzufiedeln. Man könnte „Respekt“ für das Einbinden geradezu avantgardistischer Elemente sagen, oder aber auch „die haben eingebaut, was immer ihnen im Suff eingefallen ist“. Ich tendiere zu letzterer Variante.

Handwerklich ist der Film – was uns angesichts des spärlichen finanziellen Backgrounds – ein ziemliches Schlachtefest. Die Bildqualität ist deprimierend güllig (da half dann auch die ansonsten im FFF-Verlauf beeindruckende Blu-Ray-Projektion nichts mehr), Kameraführung und Schnitt zwischen einfallslos, hanebüchen oder schlicht abwegig, Tempo oder Spannung kommt aufgrund der konfusen und umsetzungshalber in sich witz- und reizlosen Plotte nicht auf; abgesehen von der, wie gesagt, recht patenten Eröffnungssequenz sind die Effekte ein Witz; selbst in dem, was man so leichtsinnig Showdown nennt, in dem die letzten Girls sich mit Knarre, Kettensäge und Bolzenschussgerät Saures geben, gibt’s splattertechnisch irgendwas auch nur annähernd sehenswertes.

Die Darsteller sind allesamt bestenfalls ambitionierte Amateure. Die diversen Girls sind hübsch anzuschauen, können sich einigermaßen präsentabel bewegen, haben mir Schauspielerei aber nicht wirklich etwas am Hut. Noela Balbo, die nominelle Hauptdarstellerin, ist erfreulicherweise sowohl das hübscheste als auch das, eh, talentierteste Mädchen im Cast (nicht, dass das viel heißt). Ines Sbarra als die nominelle Böse laboriert, wie gesagt, daran, dass sie nur dann, wenn im Script steht „sei böse und psychopathisch“, überhaupt irgendetwas ausstrahlt. Dass die Rolle theoretisch vielschichtiger wäre, ist bei ihr völlig verloren.

Okay, machen wir’s kurz… „36 Pasos“ ist eine Zeitverschwendung ersten Ranges, handwerklich grauenhaft, amateurhaft geschauspielert und dramaturgisch eine Zumutung – kein Wunder also, dass manch einer das Ding schon wieder als Kultfilm abfeiert (und Sunfilm sich bereits die DVD-Rechte gegriffen hat). Seine einzige Existenzberechtigung hat der Streifen als Fleischbeschau eines halben Dutzend attraktiver Girls – wem das reicht, kann aber genauso gut die Sexy Sport Clips-DVDs kaufen, da wird er dann nämlich auch nicht von lächerlichen Kills und Killern behelligt. Vielleicht sollten die Argentinier es aufgeben, mit wenig Geld Horrorfilme zu drehen – sie können’s nicht; und wenn sie’s partout nicht lassen können, sollen sie wenigstens vorher keine schlechten Drogen nehmen. Der Doc würde sich freuen… Auf den ersten ansehnlichen „Big Brother“-Horrorfilm müssen wir also weiter warten.

1/5
(c) 2008 Dr. Acula


mm
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