BloodRayne

 
  • Deutscher Titel: BloodRayne
  • Original-Titel: BloodRayne
  • Alternative Titel: BloodRayne - Die Vampirjägerin |
  • Regie: Uwe Boll
  • Land: USA/Kanada/Deutschland
  • Jahr: 2005
  • Darsteller:

    Kristinna Loken (Rayne), Michael Madsen (Vladimir), Matthew Davis (Sebastian), Will Sanderson (Domastir), Michelle Rodriguez (Katarin), Ben Kingsley (Kagan), Udo Kier (Mönch), Geraldine Chaplin (Wahrsagerin), Meat Loaf (Leonid), Michael Paré (Iancu), Billy Zane (Elrich)


Vorwort

Rumänien, im 18. Jahrhundert. Der böse Vampir Kagan trägt sich mit dem Gedanken absoluter Herrschaft und dank seiner ergebenen Armee unter der Leitung des dezent psychopathischen Domastir hat er da auch ganz gute Karten – zum großen Glück fehlen ihm nur drei Reliquien des einstmaligen Obervampirs Belial: Auge, Rippe und Herz. Gegen die Blutsaugerbrigade steht die wacklige Brimstone-Allianz, die aber längst in die totale Defensive gedrängt und stärker damit beschäftigt ist, einfach zu überleben, anstatt aktive Opposition gegen Kagans Mordbrenner zu betreiben, auch wenn zumindest eine Gruppe Vampirjäger um Vladimir bemüht ist, Vampire zu killen, wo immer sich die Gelegenheit bietet. Die Suche nach umzubringenden Vampiren bringt Vladimir auf die Spur von Rayne, einer Halb-Vampirin (einem sogenannten „Dhampir“), die von einem reisenden Zirkus gefangen gehalten und als Freak zur Schau gestellt wird. Als Vladimir und die Seinen den Zirkus finden, ist Rayne allerdings – nach einer versuchten Vergewaltigung durch einen der Schausteller – bereits ausgebrochen, hat ein mittelschweres Blutbad angerichtet und ist verschwunden… Vladimir plagt eine ungewisse Ahnung. Rayne indes erfährt von einer Wahrsagerin von ihrer Bestimmung – sie ist Kagans Tochter und könnte, wenn’s denn genehm ist, die von ihr gewünschte Rache dafür, dass Kagan ihre Mutter ermordete, mit dem für die Bevölkerung Nützlichen verbinden. Am einfachsten wäre es, meint die Zauberkugeltante, wenn Rayne sich einer der Reliquien bemächtigen und damit bei Kagan vorstellig würde. Rayne macht sich ans Werk und entdeckt tatsächlich in einem Kloster Beliars Auge, das sich in ihr einnistet. Bei einem nachfolgenden Überfall von Domastirs Armee wird Rayne – deren Identität Kagan wohlbekannt ist – gefangen. Vladimir, der vermutet, dass Rayne Schlüssel zu Kagans Niedergang ist, befreit sie und bringt sie ins Hauptquartier der Brimstone-Allianz, wo ihr von Katarin, Tochter von Elrich, einem vampirisierten Ex-Brimstone-Anführer, höchstes Misstrauen entgegengebracht wird. Elrich seinerseits versucht Katarin dafür zu gewinnen, ihre Kräfte zu bündeln, um Kagan zu stürzen und ein Reich unter seiner vampirischen Fuchtel zu errichten…


Inhalt

Nur weil Projekt 300 unvollendet abgeschlossen ist, heißt das ja noch lange nicht, dass wir uns nicht weiter mit Dr. Uwe Boll beschäftigen können (vor allem nicht, wenn das „BloodRayne“-Double Feature auf BluRay so günstig vertickt wird, dass selbst ein notorischer „nur-nix-kaufen-was-richtig-Geld-kosten-könnte“-Sparfuchs wie moi nicht mehr widerstehen kann). Ich hatte „BloodRayne“ (im etwas blutrünstigeren Director’s Cut) schon vor einiger Zeit mal gesehen, da lief der Streifen aber nur als Hintergrundberieselung und machte keinen gesteigerten Eindruck auf mich.
Wie die guckt, ist sie kein Dhampir, sondern ein Dummpir, muahahaha!

Aber der Reihe nach – wie üblich beim Maestro basiert „BloodRayne“ auf einem populären Computerspiel und ebenso wie üblich warf er praktisch alles über Bord, was das Game populär machte, und hier muss man sich mal ganz besonders fragen, warum, denn zum Geier nocheins, was könnte eigentlich einen fetzigeren Film abgeben als eine Halbvampirin, die sich mit Nazis rumschlägt? Statt dessen meint Boll – bzw. seine Drehbuchautorin Guinevere Turner („American Psycho“, „The Notorious Bettie Page“) die Origin-Story erzählen zu müssen. Naja, wenn’s der Sache dienlich ist… Obwohl der Doktor also bei „BloodRayne“ ein Script verfilmt, das nicht von einem seiner eigenen Filmfabrik zugehörigen Autoren stammt, sondern einem etablierten Profi von der Tastatur ging, ist das Drehbuch fraglos einmal mehr der Schwachpunkt des Possenspiels.

Von schlüssiger Erzählweise kann nicht die Rede sein – abgesehen von den üblichen Problemen eines Fantasy-Abenteuerfilms vor, hüstel, historischem Hintergrund (die Plotte soll so im 18. Jahrhundert spielen, trotzdem staunen alle Beteiligten die sprichwörtlichen Bauklötze über „chinesisches Schwarzpulver“, und wir befinden uns offensichtlich wieder in dem Paralleluniversum, in dem alle Frauen, die’s sich erlauben können, bauchfreie Klamotten tragen. Nicht, dass ich mich dahingehend beschweren möchte) muss sich Frau Turner behelfen, die Hintergründe um Kagan, Rayne und die Brimstone-Allianz in mehreren heftigen Expositions-Blöcken (getarnt z.B. als Raynes Besuch in der Wahrsagerinnen-Sprechstunde) zu erläutern; die „Liebesgeschichte“ zwischen Rayne und Vladimirs Assistenten Sebastian kommt aus dem Nichts (erst will sie ihn beißen, besinnt sich, küsst und poppt ihn und von Stund an sind sie ein Herz und eine Seele); der Vladimir-Charakter und seine Kenntnisse über Rayne sind rätselhaft; die Mythologie der Belial-Artefakte (die einen Vampir vor garstig Ungemach wie Wasser, Sonnenlicht und Kruzifix beschützen, respektive) irgendwie unausgereift (man redet darüber, dass Rayne mit zwei der Reliquien immer noch chancenlos gegen Kagan sei, * obwohl * sie als Dhampir gegen das Kruzifix von Haus aus immun ist) und eine Menge Nebencharaktere wie die Wahrsagerin, Elrich, Iancu oder Leonid hat man ersichtlich nur ins Script geschrieben, um noch die ein oder andere bekannte Nase mehr im Cast unterbringen zu können – dramaturgisch notwendig sind die Figuren durch die Bank nicht (SPOILER was man auch daran merkt, dass Elrich, der irgendwo nach Drehbuchwille ein wichtiger Katalysator für Katarins Verrat ist, nicht mal eine „closure“ bekommt, noch nicht mal einen Aufhänger für ein Sequel. SPOILERENDE).

Charakterisierungen sind die Sache des Scripts auch ganz grundsätzlich nicht wirklich; weder aus dem zentralen „Dilemma“, dass Rayne zumindest anfänglich nicht aus persönlicher Überzeugung mit den Brimstones zusammenarbeitet, sondern nur „zufällig“ ein kompatibles Ziel verfolgt, noch aus dem Gedanken, dass Rayne als Dhampir (übrigens keine Erfindung des Buchs, vielmehr tatsächlicher Bestandteil osteuropäischer Vampir-Folklore) von den anti-vampirischen Brimstones ja eher skeptisch gesehen werden müsste (programmatisch ist es nur Katarin, die ernsthaft Einwendungen gegen Raynes Anwesenheit im Brimstone-HQ erhebt), erarbeitet Turner echte Konflikte, die Figuren bleiben blass und ohne rechte Motivation. Die Dialoge schwanken zwischen pfiffig und grauenvoll, und insgesamt wirkt das ganze Konstrukt (wenig überraschend) so, als wären die Dialogszenen lästiges, aber halt unvermeidliches Füllselmaterial zwischen den diversen Actionszenen.
Bei der zwölften Prüfung der Vertragspapiere wird Kingsley endgültig klar, dass er keine Chance hat, aus diesem Film auszusteigen…

Auf der handwerklichen Seite gibt’s dagegen nicht sonderlich viel zu kritisieren – Matthias Neumanns Kameraführung ist wieder einmal bemerkenswert, wenn auch vielleicht etwas zu sehr verliebt in GROSSE Landschaftspanoramen (die in Schwerter des Königs – Dungeon Siege dann doch besser aufgehoben waren), die Ausstattung ist trotz der begrenzten finanziellen Verhältnisse (25 Mio. $ spekuliert die IMDb, und davon möchte ich dann doch eher zehn Mios. Abziehen) gar nicht mal so schlecht, Locations, Sets und Kostüme überzeugen durchaus (und wenn man darüber hinwegsehen kann, dass Raynes Schwerter-Design eher der Coolness denn der praxisgerechten Anwendung entspricht, gehen auch die Requisiten okay). Ein großartiger Storyteller wird Boll auf seine alten Tage nicht mehr werden, aber „BloodRayne“ hat zumindest eine gewisse Energie, die ausreicht, um sich von Actionszene zu Actionszene zu hangeln, ohne akute Langweile auszulösen. Dramaturgisch fehlen „BloodRayne“ echte Höhepunkte bzw. die druckvolle Inszenierung auf solche Höhepunkte hin – der Film befleißigt sich einer recht flotten, aber auch ziemlich gleichförmigen Gangart, die zum Finale hin nicht entscheidend anzieht.

Die Actionszenen sind – im erkennbaren und anerkennenswerten Bestreben, die Stars möglichst viel selbst erledigen zu lassen – nicht epochal mitreißend choreographiert, halten aber durchaus – auch dank ihrer Ruppigkeit, auf die noch einzugehen sein wird – bei Laune. Der Score von Henning Lohner („Ring 2“, Shuttle, „Lauras Stern“, „Schwerter des Königs“) brennt sich nicht gerade in die Gehörgänge ein, untermalt das Geschehen aber durchaus adäquat.

In Punkto visuelle Effekte beschränkt sich „BloodRayne“ digitaltechnisch hauptsächlich auf einige erträgliche CGI für Außenaufnahmen von Kagans Burg (Elrich sitzt übrigens in einer digital retuschierten Ausgabe von Schloss Neuschwanstein), die „praktischen“ Spezialeffekte legte Boll vertrauensvoll in die Hände des deutschen Oberschmodderanten Olaf Ittenbach (der die Splatter-Sequenzen als offizieller second unit director auch persönlich inszenieren durfte). In Sachen sudeliges Herumsauen mit Kunstblut und Prosthetics macht Ittenbach bekanntlich kaum jemand etwas vor – auch wenn die „reguläre“ Fassung von „BloodRayne“ ohne die härtesten Gore-Einlagen (und das drollige „best-of“ der Splatter-FX, das man im Director’s Cut ans Ende rangetackert hat) auskommen muss, erlegt sie sich auch nur wenig Beschränkungen auf – gut blutig, und auch noch ohne die ganz großen Körperteilungen o.ä. explizit genug für’s rote Papperl.
„…und es schneidet selbst durch Quitten wie durch Butter!“

Kommen wir zum Cast, und für den hat Boll, der Meister des „große-Namen-für-wenig-Geld-Einkaufens“, sein Meisterstück abgeliefert. Kristinna Loken („Terminator 3“) ist optisch die perfekte Rayne, schält sich auch mal kurz aus dem Oberteil, ist in ihren „dramatischen“ Charaaktersequenzen heillos überfordert, aber als Action-Heroine tauglich (nachdem sie in Teil 2 durch Natassia Malthe ersetzt wurde, wird sie im anstehenden dritten Teil wieder mit von der Partie sein).
Michael Madsen („Reservoir Dogs“, Kill Bill) leiert sich zu meiner persönlichen Überraschung eine seiner motivierteren Performances aus dem Kreuz – nicht, dass es nach echter Bedeutung oder großer Schauspielkunst riecht, aber wenn man weiß, wie Madsen durch eine Rolle schlafwandeln kann, auf die er * richtig * keinen Bock hat, müsste man ihm für seinen Vladimir glatt ’nen Oscar an den Kopf werfen.
Als jugendlichen Sidekick/Love Interest für Rayne gibt sich Matthew Davis („Pearl Harbour“, „Below“, „Blue Crush“, Wasting Away) die Ehre und unverbindlich-sympathisch-belanglos, Bolls Busenspezi Will Sanderson (House of the Dead, Blackwoods) erledigt als blutrünstiger Chief Henchman des Bösen einen akzeptablen Job. Michelle Rodriguez („Resident Evil“, „Lost“, „Avatar“) ist anwesend, aber nicht sonderlich motiviert.
Unter „Gaststars“ lassen sich die weiteren zahlreichen name actors des Ensembles einordnen. Charlie-Tochter Geraldine Chaplin („Doktor Schiwago“, „Balduin, der Sonntagsfahrer“) spielt als Klischee-Wahrsagerin die wandelnde Expositionsmaschine (für eine Szene), Udo Kier (Far Cry) überzeugt in seiner Rolle des Mönchs, der auf Beliars Auge aufpassen soll, durch schiere Präsenz, Rockbrummer Meat Loaf („Roadie“, „Rocky Horror Picture Show“) darf – aus Kostengründen – mit echten rumänischen Nutten rumspielen und hat sichtlich die Zeit seines Lebens (und sein Vampir-Make-up erinnert verblüffend an den Make-up-Job, den man ihm für sein „I’d Do Anything For Love“-Video angedeihen ließ). Billy Zane („Titanic“, „Phantom“, I Woke Up Early The Day I Died) hat in seinen zwei Szenen als fieser Elrich die besten Lacher des Films und Michael Paré („Das Philadelphia Experiment“, „Straßen in Flammen“) markiert uns so etwas wie den spätmittelalterlichen Q. Das sind streng genommen sicher nicht mehr als „spot-the-star“-Cameos, die sich ergaben, weil Boll die Leute günstig für einen oder zwei Drehtage bekommen konnte (außer Paré, der hat nix besseres zu tun), aber für den Filmnerd ist’s amüsant anzusehen.

Weniger amüsant ist die Leistung von Oscar-Preisträger Ben Kingsley, der sich sichtlich fragt, wie zum Geier er eigentlich so blöd sein und Bolls Angebot für schnell verdiente Kohle annehmen konnte. Der ewige „Gandhi“ ist sich zwar schon seit geraumer Zeit nicht mehr für schnöde Kommerzklopper zu schade (Species, „Thunderbirds“, „A Sound of Thunder“), aber er hat in solchen Heulern schon Leistungen abgeliefert, für die man ihm * nicht * nachträglich die Goldstatuette wieder wegnehmen und den „Sir“ aus den Namen streichen möchte. Wahre Professionalität ist das dann auch nicht…
Im Bild: Meat Loaf. Nicht im Bild: Ein subtiles Toupet.

Bildqualität: Die BluRay aus dem Hause Splendid präsentiert den Film in 1.78:1-Widescreen und besticht durch ausgezeichnete Qualität, speziell die Tiefen- und Detailschärfe ist beeindruckend. Ansonsten will ich mich mangels größerer Erfahrung mit dem neuen Medium noch nicht sooo weit aus dem Fenster lehnen (ich könnte mir etwas besseren Kontrast in den „dunklen“ Passagen vorstellen), zufrieden war ich allemal.

Tonqualität: Deutscher und englischer Ton in DTS-HD 5.1; soweit es die englische O-Ton-Fassung betrifft, ist die Sprachqualität ausgezeichnet, der Musik- und speziell der Effektmix sehr gut.

Extras: Neben dem Umstand, dass man das Sequel quasi gratis mit dazubekommt, finden sich wie Boll-üblich zwei Audiokommentare (deutsch und englisch) an, eine behind-the-scenes-Featurette, Videointerviews mit den wesentlichen Beteiligten, deleted und extended scenes, ausgesuchte FX-Szenen sowie das „Dinner mit Uwe Boll“. Solides Package.

Fazit: Ich höre mich vermutlich mal wieder an wie eine rostige Gebetsmühle, aber ich hatte (beim zweiten Anlauf) dann doch eine Menge Spaß mit „BloodRayne“. Ja, auch dieser Film hat wieder kein wenigstens durchschnittliches Script, doch die Action- und Splatterszenen sorgen dafür, dass mein niederen Instinkte gut bedient werden und allein schon die Fülle an namhaften Akteuren, die so völlig unterschiedlich mit dem Umstand umgehen, irgendwie in einen Boll-Film hineingeraten zu sein, bringt Frohsinn. Ich wiederhole mich – man muss Boll-Filme einfach als das sehen, was sie sind: durchkalkulierte, gut aussehende, inhaltlich leere bis doofe B-Filme, die auch ihr Macher nicht als „Klassiker“, sondern als Geschäftsmodell sieht (das selbiges Modell bislang noch immer in die Binsen gegangen ist, fügt dem Grundkonstrukt ja erst mal keinen Schaden zu). Das muss man nicht gut finden, hat man diese Prämisse jedoch akzeptiert, sind die meisten seiner Filme völlig akzeptable Popcorn-Quickies, die nicht besser, aber auch nicht schlechter sind als der meiste Genre-Müll, den andere Regisseure rausrotzen und in den Videotheken dieser Welt verklappen (und Bolls Größenwahn, der auch „BloodRayne“ in 2500 US-Kinos bringen sollte [woraus dann, qu’elle surprise, nichts wurde… 985 waren’s dann letztendlich, und da spielte der Streifen dann klägliche 2,4 Mio. Dollar ein; komischerweise war er in Russland und in den Vereinigten Arabischen Emiraten sehr erfolgreich], macht die Sache dann halt noch ein wenig amüsanter). Ich sag immer noch – die meisten Boll-Filme (Alone in the Dark nonwithstanding) tun nicht weh…


mm
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