Blood Night – Die Legende von Mary Hatchet

 
  • Deutscher Titel: Blood Night - Die Legende von Mary Hatchet
  • Original-Titel: Blood Night
  • Alternative Titel: Blood Night: The Legend of Mary Hatchet | |
  • Regie: Frank Sabatella
  • Land: USA
  • Jahr: 2009
  • Darsteller:

    Bill Moseley (Graveyard Gus), Danielle Harris (Alissa), Nate Dushku (Alex), Samantha Siong (Mary Hatchet), Anthony Marks (Chris), Billy Magnussen (Eric), Alissa Dean (Nicole), Maryam Basir (Jen), Samantha Hahn (Lanie), Michael Wartella (Gibbz)


Vorwort

1978 – als (leicht überzogene, möchte ich meinen) Reaktion auf ihre erste (und zugegebenermaßen recht, äh, ausführliche) Periode schlachtet die zwölfjährige Mary sicherheitshalber mal ihre Eltern brutal ab und wird dafür verdientermaßen in einer Irrenanstalt weggesperrt.
Elf Jahre später – aus dem kleinen Mädchen ist eine ziemlich lecker anzusehende (und bevorzugt nackt in ihrer Zelle hockende) junge Frau geworden und das weckt Vergewaltungsbegehrlichkeiten bei einem der hässlichen Wärter, der sonst keine Pussy abkriegt. Resultat dieser kleinen trauten Zweisamkeit ist eine Schwangerschaft und deren Ende wiederum, das sagt man zumindest Mary, eine Totgeburt. Mary trägt’s mit Fassung, bricht aus der Klinik aus und massakriert dabei mehrere Wagenladungen Klinikpersonal, ehe sie von den Bullen umgenietet wird. Und das war dann mal die Teasersequenz…

20 Jahre später hat die Dorfjugend Marys Todestag zum lokalen Feiertag erklärt – die „Blood Night“ ist eine willkommene Ausrede für grobe Späße, Vandalismen, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung und Saufen, bis der Arzt kommt – quasi Spring Break meets Halloween ohne lästiges trick-or-treatin‘ mit den jüngeren Geschwistern.
Auch Alex will eine gepflegte „Mary Hatchet“-Party veranstalten – die Hütte seiner Freundin Nicole (bzw. die deren abwesender Eltern) soll die Location sein, doch vorher macht die Posse noch einen Abstecher zum lokalen Friedhof, wo Alex als große Überraschung ein Hexenbrett auspackt und eine kleine Killer-Beschwörung vornimmt. Friedhofswärter Gus hält das für eine mindergute Idee, ist aber dennoch leutselig genug, die Kids – als ob die das nicht längst wüssten – mit der passenden urban legend, wonach Mary jedes Jahr in ihrer Todesnacht umgehe, um ihr totes (und auf dem Gelände der Klinik begrabenes) Baby zu finden und dabei jedem den Kopf abzuhauen, der ihr blöderweise vor die Krallen läuft.

Trotzdem ist die Partystimmung prächtig, auch weil Alex‘ kleiner Bruder Gibbz, der eigentlich Partyverbot hatte, sich mit einer erlesenen Auswahl harter Spirituosen eingeschleimt hat. Man säuft, poppt und kuckt Filme, und Alex‘ Schwester Danielle bringt mit Alissa noch eine alte Sandkastenfreundin mit, die mittlerweile in der großen Stadt lebt, nur auf Besuch da ist und sehr sehr schnucklig aussieht. Alles also im grünen Bereich – so lange, bis die ersten brutal abgeschlachteten Teenager die Gemütslage doch etwas drücken. Die Überlebenden werden von Gus aufgegabelt – und der sieht klar: an der verdammten Legende um Mary ist offensichtlich doch einiges dran, ergo kann die Lage nur gerettet werden, wenn man die augenscheinlich untot und killend umgehende Mary mit ihrem Baby zusammenbringt. Doch Gus und die zwangsrekrutierte Teeniebande erleben eine böse Überraschung…


Inhalt

Und da war ich und dachte, es gäbe keine debilen Teenieslasher mehr (es wäre irgendwie ironisch gewesen, wenn ausgerechnet der von vielen – mir nicht – als Genre-Wiederbelebung gefeierte All the Boys Love Mandy Lane stattdessen der Totengräber der Filmgattung gewesen wäre).

„Blood Night“ kommt mit ein paar Jahren Verspätung in die deutschen Lande, aber es hat nicht immer was zu sagen, wenn’s mit der deutschen Veröffentlichung länger dauert (Ti Wests famoses Gruselstück The Innkeepers brauchte auch über eineinhalb Jahre bis zum Release). Wie üblich im Genre versucht eine ziemlich kleine Indie-Produktion die Fans über ein-zwei bekannte Namen anzuziehen – hier haben wir Bill Moseley (Haus der 1000 Leichen, The Devil’s Rejects) und Danielle Harris (Halloween 4, Halloween 5, „Halloween“ (2007), Halloween II (2009), Vampire Nation) zwei verdiente Genre-Veteranen als Zugpferde; Namen, die einer kleine 3-Mio-Dollar-Produktion, deren Kreativköpfe Elke Blasi (Drehbuch) und Frank Sabatella (Story, Regie) jeweils ihr Debüt vorlegen, mit ihrer Credibility schon helfen können.

Natürlich, und das macht die Inhaltsangabe oben sicher deutlich, ist „Blood Night“ ein fürchterlich unorigineller Slasher, der sein geschlechtsvertauschtes „Halloween“-Sampling mit einer Spur „Urban Legends“ garniert und ansonsten höchstens noch damit überrascht, dass er sich strukturell wesentlich dichter an das klassische John-Carpenter-Vorbild hält als die meisten 08/15-Slasher; einer spannenden Auftaktphase (wobei Sabatella im Vergleich zu Carpenter uns gleich mit einem Doppelteaser kommt) folgt ein sehr sehr ausführlicher und bewusst vergleichsweise langsamer Mittelpart (aufgepeppt durch den Urban-Legend-Flashback aus Gus‘ Erzählung, der dafür sorgt, dass zwischen Minute 20 und 60 überhaupt ein Splattereffekt zur Geltung kmmt), in dem wir dem üblichen Teenie-Geplänkel und -Gepöppel beiwohnen dürfen, ehe in den letzten 25 Minuten der Cast in einer geradezu konzertierten Aktion im Minutentakt weggehobelt wird, dass die Funken fliegen. Wenn heute Slasher kritisiert werden, weil’s mal zehn Minuten ohne kreativen Kill gibt, muss man sich immer wieder mal vor Augen halten, welch langen Anlauf eben Carpenter seinerzeit nahm, ehe er zum „meat“ des Films kam, und Sabatella eifert ihm dienstfertig nach.

Nun ist es aber auch so, dass der betuliche Mittelpart in der „Halloween“-Folge gerne deswegen eingedampft oder glatt weggelassen wurde, weil man nach „Halloween“ als Zuschauer eben wusste, was kommen wird und sich daher nicht unbedingt mit den mehr oder weniger (und meist mehr weniger) interessanten Suff- und Sexeskapaden des Kanonenfutters abgeben mochte, erst recht, wenn es so ziemlich keinem Drehbuchautoren gelingt, halbwegs interessante oder sympathische Figuren zu zeichnen, an deren Schicksal man freiwillig teilhaben können wollte.
Ich will nicht behaupten, dass Blasi und Sabatella nun die Quadratur des Kreises gelungen ist und sie ein Pantheon der wunderbaren Charaktere geschaffen haben, aber… im Vergleich zu so ziemlich fast allen Slashern der letzten umpfzig Jahre haben wir’s hier mit einem Rudel Teenies zu tun, denen ich nicht innerhalb von drei Sekunden ein blutiges Ende wünschte. Im Gegenteil, es gelingen den Autoren tatsächlich ein paar nette Momente und Einfälle, die sich vom Gros des hack’n’slash-Einerlei positiv abheben.
Da haben wir z.B. Gibbz, den kleinen Bruder unseres primären Protagonisten – wenn der, von den anderen in der Gruppe des Altersunterschieds wegen eigentlich nicht ernstgenommen, von der hübschen Jen auf ein Schäferstündchen abgeschleppt wird, rechnet man als geplagter Vielkucker eigentlich damit, dass die Nummer eine Verarsche wird, aber nein, da ist genuine Zuneigung im Spiel (SPOILER: allerdings mit, hehe, kurzer Lebensdauer). Oder Eric, der Stoner-Charakter, der in einer kurzen Szene alleine in der Küche steht, den Mixer tätschelt und dabei so… sympathisch-debil grinst, dass ich fast meine Hand dafür ins Feuer lege, dass es ein „Schauspieler-hat-spontan-Spaß-am-Set“-Outtake ist, den Sabatella in den Film nahm. Oder die lustige Sequenz, in der die Teenies in der Abstellkammer der Erwachsenen eine Super-8-Kopie von „Angriff der Killertomaten“ finden, begeistert die Leinwand und den Projektor aufbauen und dann, zu noch größerer Begeisterung, feststellen, dass es sich in Wahrheit um einen 70er-Jahre-Porno handelt. Das sind kurioserweise Passagen, die sich „echt“ anfühlen und in denen man *mit* den Charakteren lacht anstatt über sie – und tatsächlich anfängt, ein bisschen was für diese Gestalten zu empfinden. Nicht so viel, dass man jetzt anfangen würde zu heulen, wenn sie geschnetzelt werden, aber doch immerhin mehr als im x-beliebigen „Friday the 13th“-Sequel.

Gut, hör ich Euch sagen, dann mag der zweite Akt als Teenie-Komödie funktionieren, aber was ist mit dem Horror? Sicher ist die zugrundeliegende Mythologie nicht von übermäßiger Originalität geprägt, aber die Frage, ob es sich um übernatürliche Vorgänge handelt oder nicht, hält bei Laune (auch wenn die Auflösung für den genrebewussten Vielseher recht deutlich ist, vom saudämlichen Kickerende mal abgesehen), und die Kills überzeugen, auch wenn sie nicht übermäßig kreativ sind, zumindest durch Brutalität. Da wird geköpft und gehackt, und das überwiegend auf handgemachte Weise, da kann sich der Splatterfan nicht beschweren (und eine ziemlich krasse Goresequenz hat Sabatella auch am Start). Jeremy Selenfriend (auch tätig bei „Chernobyl Diaries“, „Boardwalk Empire“ oder „Men in Black 3“) leistet für den SFX-Freak sehr zufriedenstellende Arbeit (und verdient die FSK-18-Freigabe mühelos).

Kameraarbeit und Schnitt sind unspektakulär, aber professionell und Sabatella selbst kommt als first-timer mit dem abendfüllenden Format einigermaßen zurecht. Ja, er muss die Flashback-Sequenz setzen, um nicht völlig das Tempo (und den Horror-Aspekt) zu verlieren, aber der Schlussakt gleicht die Lässigkeit des Mittelparts energisch aus. Und auch der Score von Victor Bruno und Stephen Tubin ist akzeptabel.

Auf der Schauspielerseite hat Bill Moseley, wie so oft, wenn’s um stunt casting geht, nicht wahnsinnig viel zu tun. Die Rolle des halbverrückten Friedhofswärters lässt ihm nicht arg viel Möglichkeiten (die Chance auf ein wenig Ambivalenz oder wenigstens dezente Infragestellung der Motivation des Charakters bleibt vertan), aber er ist Profi genug, um allein durch Präsenz zu punkten. Größere Leistungen vollbringt Danielle Harris und, verdammtundzugenäht, da ist das Mädel zum Drehzeitpunkt 32 und sieht trotzdem aus wie Teenage-Jailbait… ich hab das Gefühl, Danielle wird noch ’ne ganze Weile überzeugend Schuluniformen o.ä. tragen können. Mit mittlerweile über 20 Jahren Berufserfahrung ist sie auch in der Lage, im Finale die nötige Intensität aufzubringen. Respekt.

Der Rest der Belegschaft ist nicht ganz so eindrucksvoll. Nate Dushku (bei dem eher seltenen Namen nicht ganz überraschend der ältere Bruder von Eliza, zu sehen u.a. in Vampire Clan, My Dinner with Jimi und „Alphabet Killer“) fehlt einfach ein wenig das Charisma für den leading man, selbst in einem Teenieslasher. Billy Magnusson („As the World Turns“, „Boardwalk Empire“) hat mit seiner Stoner-Rolle ’nen Batzen Spaß, der sich tatsächlich auch auf den Zuschauer überträgt. Alissa Dean, hauptsächlich mit TV-Serien-Guest-Shots beschäftigt, ist hübsch genug anzukucken, aber nicht gerade die größte Entdeckung auf dem Scream-Queen-Sektor. Maryam Basir („Mooz-Lum“) und Newcomer Michael Wartella (eine Art Mini-Seth-Green) geben ein überraschend gut harmonierendes Pärchen ab. Samantha Siong („The Book“, „The Abductor“) verdient Respekt dafür, die Molly-, äh, Mary-Hatchet-Rolle praktisch ausschließlich splitterfasernackt zu bestreiten (und dafür auch den geeigneten Body zu haben, ähm).

Bildqualität: Sunfilms BluRay kommt mit einem exzellenten 2.35:1-Print.

Tonqualität: Deutscher und englsicher Ton in DTS-HD 7.1. Die deutsche Synchro ist – bei einem nicht unbedingt als Prestigetitel auf einem Indie-Label erschienenen Horrorfilm nicht selbstverständlich – ziemlich gut ausgefallen.

Extras: Audiokommentar, Outtakes und Making-of.

Fazit: Für einen „erwarten-se-nix“-Streifen, den ich ohne größere Hoffnungen einfach auf Verdacht aus’m Supermarkt-Regal mitnahm, hatte ich doch ordentlich Spaß mit „Blood Night“ – kein Film, der das Genre neu definiert, aber ein überraschend sympathischer old-schooliger Slasher, der tatsächlich versucht, aus seinen Figuren mehr zu machen als bloße Nummern für den Bodycount; er mag damit nicht immer Erfolg haben (grade bei den nominellen leads), aber ich anerkenne guten Willen, wo ich ihn sehe – und die mehr als nur ordentlich blutigen Splattereien bringen dem geneigten Fan auch Frohsinn. Man muss halt nur realisieren – es ist ein Film, der sich eben auch strukturell an die „ganz alten“ Slasherklassiker anlehnt und daher aus Sicht eines „modernen“ Zuschauers, dessen Sinne permanent reizversorgt werden wollen, einen ziemlich ausführlichen „Leerlaufpart“ aufweist (deswegen gehen die Kritiken auf den üblichen Horrorfanseiten auch ziemlich auseinander). Damit muss man leben können… (Übrigens bin ich beleidigt – wenn Arrow in the Head hier schon ’nen Filmauftritt hat – erfreulicherweise der einzige Anflug von self-awareness, den sich der Streifen leistet -, wann baut endlich ein Filmemacher badmovies.de in sein stolzes Werk ein?)


mm
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