- Deutscher Titel: Big Bad Rat
- Original-Titel: Big Freaking Rat
- Regie: Thomas J. Churchill
- Land: USA
- Jahr: 2020
- Darsteller:
Scott C. Roe (Brody)
Caleb Thomas (Dylan)
Cece Kelly (Naomi)
Theresa Ireland (Ashley)
Dave Sheridan (Lenny)
Vincent M. Ward (Jaeckel)
Barry Papick (Marco)
Vorwort
Zu Beginn (nach einem beachtlich mies animierten, dreiminütigen Vorspann) begrüßen uns zwei Idioten, die in dunkler Nacht einige verdächtige Fässer ausladen, um sie in einem mit Brettern vernagelten Schacht zu entsorgen, während sie Witze darüber machen, eine Videothek und eine Marihuana-Abgabestelle zu eröffnen (nein, das Skript macht sich nicht einmal mehr die Mühe irgendwelche Referenzen einzubauen, sondern bringt einfach mal die Reizwörter „Videothek“ und „Marihuana“ ins Spiel; das kann ja heiter werden). Doch noch bevor sie ihren Giftmüll verschwinden lassen können, fällt eine riesige Ratte über sie her (okay, Giftmüll in freier Natur führt hier zu Riesenratte, so einfach ist das).
Dann begleiten wir die fesche Ashley (Theresa Ireland) und die junge Naomi (Cece Kelly), wie sie in diesem Naturpark zur Arbeit fahren und sich über Frauensachen unterhalten. Denn der Park soll schon bald wieder für Besucher eröffnet werden, nachdem er seit Jahren als illegale Mülldeponie missbraucht wurde. Der Initiator der Wiedereröffnung ist Park Ranger Brody (Scott C. Roe), der allerdings noch verkatert im Bett verweilt. Auf der Couch liegt sein Neffe Dylan (Caleb Thomas), Naomis Bruder und angehender YouTuber-Millionär, der es dem Onkel gleich tut, weil er des Nächtens noch lange mit seinem Handy im Internet unterwegs war (hier herrscht also Geschlechtertrennung vor; Ashley hilft Naomi mit Frauenproblemen, Brody lebt Dylan vor, wie schwer es ist, ein verantwortungsbewusster Mann zu sein).
Millennials!
Doch kurze Zeit später hat Brody den faulen Dylan dann hochgescheucht, und sie können in der Ranger Station der frohen Kunde durch Jaeckel (Vincent M. Ward) beiwohnen, dass der Naturpark alle Auflagen erfüllt, um wieder Camper empfangen zu dürfen (also alle Giftmüllfässer weggeräumt, alle angefressenen Leichen beseitigt? Und das Rattenproblem? Das ist natürlich nicht behoben, wollen wir wetten?). Man ist also froher Erwartung und Ashley vermag gleich zu berichten, dass man fast ausgebucht wäre. Es gibt also eine Menge zu tun, zum Unmut unserer beiden Teens.
Es befindet sich auch schon ein nerviges Camper-Pärchen auf dem (Fuß-)Weg, dass sich andauernd streitet, weil sie den Weg zu weit findet und er sich darüber aufregt, dass kein Autofahrer sie mitnimmt. Aber hier kann man sich auf die nette Monsterratte verlassen, die die beiden ganz unbürokratisch weghostelt, was zumindest schon einmal ein Seufzer der Erleichterung wert ist (zumindest bis man frustriert feststellt, dass der Film gerade mal die Drittelmarke passiert hat – jetzt bin ich der nervige Camper). Auch ein Ferienhaus auf dem Gelände ist schon besetzt. Die drei Mieter – für den geübten Zuschauer sofort als Klischee-Gangster zu erkennen, jedoch nicht für den darin wohl ungeübten Brody -, deren Wortführer sich als Marco DiStefano (Barry Papick) vorstellt, haben zu vermelden, irgendwo im Haus Geräusche gehört zu haben, die wahrscheinlich von Ratten herrühren würden, sind aber selbst gerade hier, um eine buchstäbliche selbige, sprich einen Verräter, auszuquetschen (sie wollen irgendwelches Geld, was die Ratte vom FBI bekommen hat, um sie zu verraten… ähm) und zu erledigen. Beim Aufräumen eines weiteren Gebäudes entdeckt Dylan mit Naomi dann einen Tunnel (hinter einer Tür!!!), der scheinbar zu einer unter dem Gelände angelegten Minenanlage gehört (und vielleicht auch unter das Haus der Gangster führt, wer weiß).
Schon am Abend überschlagen sich dann die Ereignisse. Während Jaeckel die Leichen der Nervbacken entdeckt (was mich fast schon wieder überrascht hat, so unentdeckt die Ratte bisher ihr Unwesen treiben konnte; und ja, es ist nur die eine), ist eine weitere Gruppe nerviger Camper eingetroffen, von denen einer durch seine Gitarre und seinen Hang zu ausgelutschten Lagerfeuer-Liedern dann auch besonders übel hervorsticht. Unsere große, böse Ratte sieht dies als nettes Abendbüffet an und stürzt sich auf die Gesellschaft, der Jaeckel noch zur Hilfe eilt, was ihm nicht besonders gut bekommt.
Am nächsten Morgen entschließen sich die Mädels frei zu nehmen. Dylan dagegen wird zur Müllentsorgung eingeteilt, doch die Schweinerei des Abends hat noch niemand entdeckt, auch wenn Brody vergeblich versucht, seinen Kollegen Jaeckel zu erreichen. Derweil trifft Kammerjäger Lenny (Dave Sheridan) ein und wird von den Gangstern erst einmal versehentlich für einen Killer gehalten. Als ihnen ihr Irrtum bewusst wird, beschließen sie, ihn erst zu beseitigen, wenn er erledigt hat, weswegen er gekommen ist und schicken ihn in den Keller. Doch Lenny hat da noch keine Ahnung, was für ein Brocken von Ratte ihn dort erwartet…
Inhalt
Joa, die Inhaltsangabe ist vielleicht etwas sehr ausführlich ausgefallen, aber wir halten uns hier ja eh nie mit der schnöden „Zwei Sätze stellen alle Personen vor und umreißen die Situation“-Kurzfassung auf, sondern gehen von Anfang an ins Eingemachte. Genau wie BIG BAD RAT, der damit zumindest eine der wichtigsten Regeln im Tierhorror beherzigt, nämlich, dass es im Teaser zu erstem Blutvergießen kommt. Und leider können wir anhand dessen schon recht gut ausmachen, auf welchem Niveau das folgende Ratten-Spektakel stattfindet – die Dialoge sind hölzern, die Anspielungen sind platt und nicht witzig und man ist wirklich froh, dass die beiden Trottel schon schnell das Zeitliche segnen; aber wie dies bewerkstelligt wird, drückt die Erwartungen an ein zünftiges Blutbad dann auch noch entscheidend, denn von der Ratte sieht man nur Teile eines Kopf-Modells mit Augen, Schnauze, Zähnen und Nase, das sich auf seine Opfer stürzt, die mit Blut besudelt werden. Naja, zumindest kein CGI, aber trotzdem eher erheiternd (also beim ersten Mal), da dies schon sehr stark nach Amateurfilm riecht. Und das ist ein Geruch, den der Film auch im Folgenden nicht mehr los wird – das könnte glatt ein ambitionierter Jungfilmer sein, der seinen Helden von The Asylum nacheifern möchte, quasi ein Asylum-Fanfilm.
Nun ist Regisseur und Autor Thomas J. Churchill mit seinen 50 Jahren aber leider kein aufstrebender Jungfilmer, beehrt die Welt seit ein paar Jahren mit, dem Vernehmen nach, schlechten Billigfilmen, die kein Arsch will und kennt. Seine Erfahrung in der Filmproduktion bemerkt man in BIG BAD RAT allerdings nur bedingt. Abseits der wirklich lausig realisierten Kills, bei denen nur der modellierte Rattenkopf überzeugen kann (die blutverschmierten Darsteller kreischen sich dagegen nur einen ab und reißen die Arme hoch; das ist richtig amateurhaft), leistet er sich technisch keine gröberen Schnitzer, Kamera-Arbeit und Schnitt sind auf solidem Kabel-TV-Niveau. Churchill weiß auch zumindest, womit er unterhalten will, und führt alle paar Minuten einige nervige Personen ein, die die Ratte dann killen darf. Und jedes Mal ist man schon echt froh, wenn die Ratte endlich auftaucht, um das Geschmeiß vom Antlitz der Erde zu tilgen. Ob nun die beiden Giftmüll-Verklapper, die Tramper-Camper oder die Lagerfeuer-Romantiker, keinen von ihnen hätte man nur eine Minute mehr gegönnt. Doch leider trifft das auch auf die meisten Protagonisten zu. Wenn schon gleich zu Anfang Ashley und Naomi übertrieben gestikulierend ihre gestelzt wirkenden Dialoge, die dazu noch angefüllt sind mit „Lebensweisheiten“, die direkt irgendwelchen Boulevard-Magazinen entsprungen sein könnten, an denen ich im Arzt-Wartezimmer immer geflissentlich vorbeigreife, von sich geben, hofft man darauf, dass die Ratte sich bitte doch schnell auch diese beiden vorknöpfen möchte. Bei den Herren der Schöpfung, sprich Brody und Dylan, ist es nicht ganz so schlimm, aber auch noch lange nicht unterhaltsam.
Und dann kommt noch die Baggage im Ferienhaus dazu, der Mafioso Marco mit seinen doofen Handlangern, die einen Verräter ausquetschen und töten wollen. Hier nimmt Churchill dann auch jedes Wortspiel mit „Ratte“ mit, was sich ihm bietet, reizt das bis zum Erbrechen aus. Trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) kann man diesen Handlungsstrang als das Highlight des Films sehen, denn zum einen treffen einige Lines und regen zum Kichern an, zum anderen stößt hier später der Kammerjäger hinzu und damit die einzig halbwegs unterhaltsame Person des Films. Das hat auch seinen Grund, gespielt wird diese Karikatur eines Kammerjägers von Comedian Dave Sheridan (in dessen IMDB-Eintrag der Film lustigerweise fehlt… Absicht?), der schon Deputy Doofy in SCARY MOVIE zum besten gab; er kann in seiner Darstellung hier, knapp 25 Jahre später, nicht gänzlich anknüpfen, aber er gehört sichtlich zu den begabteren Akteuren des Films und ist in seiner überzogen coolen Art, seines Rollen-immanenten Wissens über die Schädlingsbekämpfung und den Umstand, dass man ihm nicht sofort den Tod wünscht, dafür prädestiniert, letztlich der späte Held des Films zu werden (das war jetzt natürlich wieder ein Spoiler… aber mal ehrlich, Ranger Brody kauft man zwar den netten Kerl ab, doch zum Helden taugt er nun ganz und gar nicht). Aber die Art, wie er naiv in einen mit Folie ausgelegten Raum, in dessen Mitte eine blutender, geknebelter und gefesselter Mann sitzt, versucht, dies zu übersehen und auf das „Rattenproblem“ zu sprechen zu kommen, ist natürlich trotzdem teils hochnotpeinlich.
15 Tausend Dollar? Das ist ein ganz beachtliches Zubrot.
Okay, BIG BAD RAT offenbart halt Potenzial für einen mäßigen, über weite Strecken langweiligen, zeitweilen auch einen lachhaften Film, doch was mir wirklich das Hirn zermartert hat, waren einige Handlungspunkte und Dialoge, die überhaupt keinen Sinn machen. Gut, darüber, dass der Park von Müll gesäubert, aber bspw. die Leichen vom Anfang nicht gefunden worden sind (wir haben hier auch keinen Anhaltspunkt, wann das geschehen ist, kann auch schon Jahre her sein), mag ich drüber hinwegsehen, genauso über das Verhalten der Ratte, die Menschen nur zu töten, aber scheinbar nicht zu essen. Doch wie kann es sein, dass die hinter einigen Brettern an einer Stelle, hinter einer schlichten Tür an anderer Stelle versteckte Mine bei den großen Aufräumarbeiten unentdeckt blieb? Da aus dem Dialog der Videotheken-Kiffer vom Prolog hervorgeht, dass sie wohl schon öfters hier Müll versteckt haben, müssten die Stollen auch noch voll mit dem Zeug sein. Und warum gibt es nur eine Monsterratte? Wie ist sie dazu geworden? Das Drehbuch liefert einfach nur Giftmüll und Riesenratte, das war’s, macht was draus, ihr habt doch Fantasie! Und was mich am meisten aus der Bahn geworfen hat, ist, dass Brody Dylan und Naomi „Millennials“ nennt. Mir scheint, dass Churchill keine Ahnung hat, was das bedeutet. Wann, verdammt nochmal, spielt der Film? Dylan verdient hier als YouTuber angeblich 15 Tausend Dollar im Monat, ist wahrscheinlich um die 16 Jahre alt (und Jungfrau). Rein instinktiv würde ich dann sagen, dass die Handlung des Films doch recht nah am aktuellen Datum ist, auf jeden Fall nah genug, dass weder Dylan noch Naomi (die altersmäßig gerade das Minimum zu trennen scheint) „Millennials“ sein können, also vor dem Jahr 2000 (oder genauer gesagt vor 1997, aber auf die 3 Jahre will ich hier gar nicht pochen) geboren. Gerade auch im Verhalten und als erfolgreicher Repräsentant der YouTube-Generation ist Dylan ja nun das Paradebeispiel für einen „digital native“ und einen „Zoomer“ (Generation Z, die zwischen 1997 und 2010 auf die Welt kamen). Und wieso kommt das Drehbuch überhaupt auf die Idee, dass Dylan unbedingt erfolgreich sein soll und dermaßen viel Geld verdient? Das bringt weder Dramaturgie noch Personenzeichnung irgendwie weiter, wirkt wie wahllos reingepfeffert. Vielleicht wollte Churchill damit einen Gegenentwurf zu den verwöhnten und unbedarften Teenagern abliefern, die diese Filme sonst bevölkern, aber es wirkt hier halt verdammt beliebig und unnütz. Jede einzelne Lächerlichkeit könnte man BIG BAD RAT, selbst in dieser Konzentration, verzeihen, wenn es wenigstens abseits dessen oder in diesem Zusammenspiel auf irgendeine Art und Weise unterhaltsam, gerne auch unfreiwillig komisch wäre. Aber das ist es halt nicht im Geringsten.
Thomas J. Churchill hat hier eine vollkommen belanglose, sich in einer Aneinanderreihung von Klischees ergehende Plotte zusammengeschrieben, die zudem (egal ob im englischen O-Ton oder der deutschen Synchronfassung) noch mit hinrissigen und hölzernen Dialogen zugeschüttet wurde. Seine IMDb-Filmografie verkündet zudem gleich 11 neue Filme von ihm, 4 in der Nach-, 4 in der Vor- und eine in der Produktion, 2 angekündigte (u.a. Dinge, die die Welt nicht braucht, wie weitere AMITYVILLE-Filme und THOMAS J. CHURCHILL’S M, hüstel). Das spricht nicht nur für Fließbandarbeit (die schlichtweg unangebracht ist, wenn man vom Handwerk eh nichts versteht), sondern auch Selbstüberschätzung bis hin zum Größenwahn. Sogar seine Mini-Biografie dort wirkt lanciert, ergeht sich in Lobhudelei, ergänzt durch ein Trade Mark („When’s back is up against the wall…Thomas is known to create magic with scotch tape and glue!“) und unnützer Trivia, wo allen Ernstes auf einen Preis für einen High School Film verwiesen und von einer Begegnung als Kind mit Fred Williamson in einem New Yorker Zoo erzählt wird. Dazu bringt man seinen Namen hier mit Martin Scorsese in Verbindung, weil beide mal in einer Kirche in New York gedreht haben (also nicht zur selben Zeit natürlich). Das erinnert schon wieder stark an einen Frankfurter Filmemacher mit den Initialen MV, der sich in der Vergangenheit ähnlich aufzublähen versuchte (wobei letztlich nur ein Furz bei rumkam).
Da ich hier keinen Sinn drin sehe, jetzt auch noch auf die einzelnen Darsteller einzudreschen, unter solch einer Regie und solch einem Skript sicherlich keine guten Bedingungen vorfanden, um aus ihren Rollen irgendetwas herauszuholen (abgesehen von Dave Sheridan selbstverständlich), kommen wir gleich zum Fazit. BIG BAD RAT ist ein Rattenschiss von einem Film. Die unterdurchschnittliche Inszenierung wird durch die hölzernen und teils dümmlichen Dialoge und auch die lahmen Kills, die nur anfangs zum Kichern anregen, kaum bereichert. Alleine 10 % der Nettospielzeit von 80 Minuten gehen schon für den viel zu langen Prolog drauf, und auch darauf folgen noch viele weitere Szenen, die gerne hätten gestrafft werden dürfen, sowie Dialoge, die man ersatzlos hätte schneiden können. Das ist Zeitschinden, das bringt allein keinen Spaß und eignet sich höchstens als Trinkspiel auf der Basis, wann jemand wieder was doofes sagt oder tut (was hier aber sehr schnell im tiefen Delirium enden würde). Der Gorehound geht fast vollkommen leer aus, denn die Rattenangriffe verlaufen, wie oben beschrieben, immer gleich und sind kein bisschen explizit (später gibt es einige Body Props zu sehen, die dann die FSK-Freigabe knapp rechtfertigen). Wer sich also Trash-gestählt sieht und furchtlose Mitstreiter mit jeder Menge Alkohol um sich scharen mag, kann sich BIG BAD RAT u.U. ein wenig angenehmer trinken. Ansonsten rate ich aber von diesem filmischen Sondermüll ab. Geht lieber ein Stündchen an die frische Luft, um die Sonne zu genießen. Oder nehmt YouTube-Videos mit Unboxing oder Schminktipps auf. Habt ihr mehr davon.
BOMBEN-Skala: 8
BIER-Skala: 2
Review verfasst am: 13.06.2021
Den Artikel zu lesen ist anstrengender als den coolen Film zu sehen ! !!