Bestie des Grauens

 
  • Deutscher Titel: Bestie des Grauens
  • Original-Titel: Missile to the Moon
  •  
  • Regie: Richard E. Cunha
  • Land: USA
  • Jahr: 1958
  • Darsteller:

    Richard Travis (Steve Dayton), Cathy Downs (June Saxton), K.T. Stevens (Lido), Nina Bara (Alpha), Tommy Cook (Gary), Gary Clarke (Lon), Laurie Mitchell (Lambda), Michael Whalen (Dirk Green)


Vorwort

Eigentlich sollte Raketenwissenschaftler Dirk Green allen Grund zur Freude haben – die US-Armee interessiert sich stark für seine Experimente und insbesondere seine Erfindung, Sonnenlicht als permanente Energiequelle für den Raumflug zu nutzen. Aber ganz im Gegenteil – Green ist mächtig angesäuert, dass das Militär sich seine Entdeckungen unter den Nagel reißen will. Jetzt hat er’s nämlich auch mit der Bürokratie zu tun und bevor nicht alles neunfach getestet, überarbeitet und genehmigt ist, wird ihm keiner erlauben, auch nur einen Schmutzfleck an seiner schon fertigen Rakete wegzuwischen, geschweige denn, wie von ihm eigentlich gewollt, in baldigster Bälde zum Mond aufzubrechen.

Sein Assi Steve Dayton sieht’s deutlich entspannter, erlaubt ihm doch der nunmehr etwas organisiertere Betrieb hoffentlich, endlich seine Verlobte June vor den Traualtar zu schleppen (um’s präziser zu sagen, primär June hofft, dass er nun endlich schleppen wird).

Aber es kommt wie immer erstens anders als man zweitens denkt – ein Duo entflohener Sträflinge, der hitzköpfige Autodieb Lon und der eigentlich brave, aber auf Abwege geratene Gary, verstecken sich in der von Dirk offenbar nur unzureichend gesicherten Rakete. Dirk entdeckt die Eindringlinge, überrascht das kriminelle Gezücht aber mit einem unmoralischen Angebot. Sie können mit ihm sofort und auf der Stelle zum Mond fliegen und wenn sie zurückkommen, werden etwaige Gesetzesverstöße sicherlich ob der triumphalen Heldentat vergessen sein. Und wenn sie nicht wollen… nun, Dirk hat ’ne Knarre und ist bereit, Lon und Gary widrigenfalls auch gewaltsam in seine Dienste zu nötigen.

Steve und June bemerken, dass die Rakete zum Start vorbereitet wird und begeben sich hastig an Bord, um herauszufinden, was los ist. Bevor sie sich’s versehen, hat das Raumschiff aber schon die gute alte Mutter Erde verlassen. Erst mal im Weltraum klärt sich alles rasch auf und Steves Hilfe kann Dirk gut brauchen, weil vor allem Lon nach wie vor auf Krawall gebürstet ist. Als während eines Meteoritensturms Lon und June allein in der Zentrale sind, weil der Rest Justierungsarbeiten vornimmt, geht er ihr an die Wäsche. Dirk ertappt den Schlimmfinger und verwickelt ihn in einen Zweikampf. Zwar erfordern die Meteoriten den Abbruch der Kampfhandlungen, aber beim Versuch, eine schwere Batterie zu halten, fällt letztere Dirk auf den Dez und er verscheidet mit dem rätselhaften Namen „Lido“ auf den Lippen.

Für die Mission ist der Abgang des großen Meisters zwar tragisch, aber nicht lebensgefährlich, da die Landung automatisch vorgenommen wird. Die Mondfahrer erkunden die Umgebung, werden aber von fiesen Steinwesen angegriffen und müssen sich in eine Höhle flüchten. Dort werden sie mit Gas betäubt und finden sich in der Obhut von Mondkönigin Lido (a-haaa!), der Chefin von „Olando“ wieder. Olando ist, wie es sich gehört, eine reine Weiberwirtschaft. Lido, die erblindet ist, verwechselt Steve mit Dirk, den sie zu allgemeiner Überraschung kennt. Es ergibt sich, das Dirk ein Mondmann (und wohl offenbar auch der letzte dieser Sorte) war und zur auf Erkundungsmission zur Erde geschickt wurde, um Informationen zu sammeln, die die Evakuierung der Mondbewohner vorbereiten sollten. Den Mondmädels geht nämlich langsam, aber sicher, die Luft aus. Der ganze besondere Haken an der ganzen Geschichte – Dirk sollte nach seiner Rückkehr Alpha, Lidos machthungrige rechte Hand, heiraten, und auch nachdem sich aufgeklärt hat, dass Steve nun eher kein Mondkalb ist, wollen die Lunarladies dieses Arrangement beibehalten.

Das stört June begreiflicherweise, aber Alpha, der Lidos Umgang mit den Fremden eh zu lasch ist, stürzt Lido, bringt Steve unter ihre mentale Fuchtel und lässt Hochzeitsglocken bimmeln. Verkompliziert wird alles noch durch Lon, der herausgefunden hat, dass Diamanten auf dem Mond einfach so rumliegen und als nicht besonders wertvoll betrachtet werden. Das Mondmädchen Lambda, das sich mit Gary angefreundet hat, will den Erdenmenschen zur Flucht verhelfen, doch Alpha hat noch ein As im Ärmel – eine Riesenspinne, der sie ihre Feinde zum Fraß vorwerfen will…


Inhalt

Wie schnell der moderne SF-Film nach seinem vielversprechenden Beginn mit dem Doppelschlag „Destination Moon“ und „Rocketship X-M“ im Ghetto der low-budget-drive-in-fare versumpfte, ehe er Ende der 60er von den großen Studios wiederentdeckt wurde, lässt sich exemplarisch an „Missile to the Moon“ festmachen. Vordergründig ein plausibler Nachzieher des „ernsten“ Weltraumdramas mit einem Hauch juvenile delinquency erweist sich der Streifen von Richard E. Cunha („Frankensteins Tochter“) spätestens bei Ankunft auf dem Erdtrabanten als schnödes rip-off der schon nicht besonders hochwertigen Hystericals „Cat-Women on the Moon“ oder „Queen of Outer Space“, nur *noch* billiger.

Ist mir eigentlich ein Rätsel, warum so viele SF-Filme der 50er weiblich dominierte außerirdische Gesellschaften zeigen, die von virilen Erdenmännern an die Kandare genommen werden müssen – es ist ja eigentlich nicht so, dass das klassische Frauenbild Kinder, Küche, Kirche in den Fifties, speziell in den USA, schon auf so tönernen Füßen stand, dass es Rückversicherung von der Kinoleinwand brauchte, dass „men first“ gottgewollt ist…

Gut, aus heutiger Sicht kann man sich über diese naiven Versuche, selbstbewusste Frauen aufzubauen, nur um sie zum Schlussakt wieder niederknüppeln zu können, beömmeln. Aber versuchen wir mal den Film ohne moralischen Zeigefinger zu untersuchen.

Wie schon angedeutet, ist „Missile to the Moon“ ein ziemlich genau zweigeteilter Film. Die erste Hälfte nimmt ihre Inspiration aus der klassischen Heinlein-SciFi – ein exzentrischer Erfinder, der sich von Staat und Militär nicht reinreden lassen will und sich etwaigen Repressalien durch einen vorzeitigen Start entzieht, soweit, so praktisch „Destination Moon“. Das damals blühende juvenile-delinquency-Genre wird durch die Einbindung der jungen Taugenichtse Lon und Gary gestreift, wobei Gary eigentlich ganz nett ist, aber irgendwo (niemand sagt uns, wieso und warum) mal falsch abgebogen ist, wohingegen Lon ein echtes kriminelles Subjekt ist (große Überraschung – seine Gier wird sein Untergang).

Es gibt unterwegs ein paar Schwierigkeiten zu bestehen, aber klar ist, das wahre Abenteuer wird erst auf dem Mond beginnen. Und da wird der Film dann albern – selbst für die Verhältnisse von 1958 ist der Streifen wissenschaftlich dämlich (auf dem Mond gibt’s Tag und Nacht, und am „Tag“ ist es auch wirklich taghell und kochend heiß), die Steinwesen (die zwar ordentlich creepy aussehen, obwohl sie natürlich nur „men-in-suits“ sind) sind langsamer als ein fußlahmer Romero-Zombie nach Amputation der unteren Extremitäten – wie man von denen bedrängt oder gar bedroht werden soll, kann mir sicher niemand glaubhaft erklären. Und die ganze Mondzivilisation der Frauen, die auf dem Prinzip „stärkster Wille = Chef“ basiert, wird nie wirklich auserzählt (warum’s z.B. keine Männer mehr gibt)… aber hey, es ist ’ne Ausrede, ein Rudel Schönheitsköniginnen (die Produzenten verpflichteten jede Menge Teilnehmerinnen an der 1957er-Miss-Universum-Wahl, darunter auch die Miss Germany!) in Badeanzügen rumlaufen zu lassen, also wer will sich beschweren?

Das Gimmick, dass Dirk Green ein Mondmensch auf Exkursion war, wird mehr oder weniger vergessen, sobald mit Stanley ein anderer verheiratbarer Erdenmensch zur Verfügung steht (dass Lon und Gary jünger und damit als, sagen wir mal, Samenspender eigentlich geeigneter wären, wird ignoriert. Gary spielt auf dem Mond eh überhaupt keine handlungsfördernde Rolle mehr und Lon ist nur der tertiary villain nach Lido und Alpha).

Immerhin, Cunha, dessen Regiewerke hit or miss sein können („Frankensteins Tochter“ war spaßig, „Giant from the Unknown“ eine trübsinnige Schlaftablette), inszeniert die Chose flott (dadurch, dass die beiden Handlungshälften nicht arg viel miteinander zu tun haben und mehr oder minder abgeschlossen sind, wird’s nicht langweilig, wie sich der Streifen mit 75 Minuten eh keine epische Laufzeit vornimmt) und mit der hanebüchenen Spinnen-Marionette hat der Trashfan auch ordentlich was zu kichern… Und wer alle Auftritte des berühmten V2-Raketenstarts sammelt, kann hier einen weiteren Haken auf seiner Liste machen.

Die Darsteller sind nicht der Rede wert. Richard Travis („Mesa of the Lost Women“) ist mit 45 sicher auch schon ein paar Tage zu alt für die Heldenrolle (und auch nicht sonderlich attraktiv, schätze ich). Cathy Downs („Faustrecht der Prärie“, „The Phantom from 10,000 Leagues“) muss nicht mehr als rumstehen, dummschwätzen und kreischen (ihre Dialoge sind selbst für 50er-SciFi-Frauenrollen extrem… fifties). K.T. Stevens, die schon mit zwei Jahren in einem Stummfilm debütierte, ist als Lido viel zu wenig exaltiert, und Nina Bara („Space Patrol“) ist zwar engagiert, aber talentfrei. Der ehemalige Kinderstar Tommy Cook (später in „Das Ding mit 2 Köpfen“) wäre als Gary vielleicht nicht schlecht, hätte er irgendetwas memorables zu spielen, und sein Kollege Gary Clarke („Die Leute von der Shiloh Ranch“, „Tombstone“, „Der Satan mit den 1000 Masken“) gibt auch nicht mehr als eine sehr generische young-hoodlum-Vorstellung ab. Die besten Leistungen bieten Laurie Mitchell („Attack of the Puppet People“, „In den Krallen der Venus“) als Lambda und Veteran Michael Whalen („Poor Little Rich Girl“, „The Phantom from 10,000 Leagues“) als Dirk Green.

Daredo hat einen zauberhaften 4:3-sw-Print ausgegraben – der ist wirklich herausragend restauriert, vielleicht sogar etwas zu sehr, denn man kann sogar mühelos die Falten in den Backdrop-Vorhängen erkennen… Bild und Ton sind jedenfalls 1A (da es sich um die Kaufhaus-Version des „Galerie des Grauens“-Release handelt, überrascht das nicht). Wer mag, findet auf der DVD auch eine colorierte Version. Außerdem werden der deutsche und der amerikanische Trailer mitgeliefert.

Abschließende Worte – „Bestie des Grauens“, wie sich der Film hierzulande nennt, ist mit Sicherheit kein guter Film, aber ein unterhaltsamer Low-Budget-Trasher mit depperten, aber spaßigen Einfällen, der in feiner Qualität dargeboten wird. Kann man als Freund ulkigen SF-Kintopps allemal mal mitnehmen!


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 7


mm
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